Forum: Ausbildung, Studium & Beruf Beschäftigungsdauer bei wissenschaftlichen Mitarbeitern


von sumsim (Gast)


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Hallo,

ich würde gerne erfahren, ob es üblich ist, dass die befriestet 
angestelten (2-3 Jahre) wissenschaftlichen Mitarbeiter vorzeitig ihre 
Stelle kündigen, um in die Wirtschaft zu wechseln. Zum Beispiel nach nur 
einem Jahr in der Anstellung.

Ist es eine vollkommen normale Vorgehensweise für die akademischen 
Angestellten im öffentlichen Dienst, oder wird es garnicht gern gesehen. 
Und man riskiert deswegen den Ärger seines Vorgesetzten auf sich zu 
ziehen ?

von Grolle (Gast)


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Ich würde sagen, das hängt ab von:
- Den Einzelheiten des Vertrags
- Dem Vorgesetzten
- Der Situation der begonnenen und nicht abgeschlossenen Projekte
- Den Erwartungen und ausdrücklichen und stillschweigenden 
Übereinkünften über die Zukunft der Beziehung

von Hannes J. (Firma: _⌨_) (pnuebergang)


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Wer Leuten nur befristete Verträge anbietet, muss von der ersten Sekunde 
der Beschäftigung damit rechnen, dass der Mitarbeiter sich woanders nach 
einer Festanstellung umsieht, und bei Gelegenheit natürlich das 
befristete Arbeitsverhältnis zugunsten einer Festanstellung woanders 
aufgibt.

von Jast (Gast)


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Da wisschenschaftliche Mitarbeiter eh nur mit lächerlichen Gehalt 
abgefrühstückt werden, sehe ich kein Problem sich auch früher nach was 
neuem umzusehen.

von sumsim (Gast)


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@Hannes Jaeger und Jast:

Ja, ich bin gefühlsmäßig auf der gleichen Welle wie ihr, aber mich 
interessiert mehr die allgem. akzeptierte Ansichte von der Angestellten 
in der Sache bzw. wie lauten die "inoffizelle Regel" in solchem Fall ?

von Hannes J. (Firma: _⌨_) (pnuebergang)


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sumsim schrieb:
> @Hannes Jaeger und Jast:
>
> Ja, ich bin gefühlsmäßig auf der gleichen Welle wie ihr, aber mich
> interessiert mehr die allgem. akzeptierte Ansichte von der Angestellten
> in der Sache bzw. wie lauten die "inoffizelle Regel" in solchem Fall ?

Das war die allgemeine Regel: Wer Zeitverträge vergibt, noch dazu 
schlecht bezahlt, darf nicht mit irgendeiner Art von Loyalität rechnen. 
Wer mit einem Zeitvertrag arbeitet ist ein besserer Arbeitssuchender.

von wk (Gast)


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Eine ordentliche Kündigung ist bei einem befristeten Vertrag nicht 
möglich, wenn dies nicht vertraglich vereinbart wurde (z.B. im Arbeits- 
oder Tarifvertrag), man kürzer als 5 Jahre beschäfigt ist und der 
Arbeitgeber keine Insolvenz angemeldet hat. Eine außerordentliche 
Kündigung wegen grober Vertragsverletzung ist natürlich immer möglich.
Alternativ bleibt nur die einvernehmliche Auflösung des 
Arbeitsverhältnisses (Aufhebungsvertrag).

von Jens (Gast)


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wk schrieb:
> Eine ordentliche Kündigung ist bei einem befristeten Vertrag nicht
> möglich, wenn dies nicht vertraglich vereinbart wurde (z.B. im Arbeits-
> oder Tarifvertrag), man kürzer als 5 Jahre beschäfigt ist und der
> Arbeitgeber keine Insolvenz angemeldet hat. Eine außerordentliche
> Kündigung wegen grober Vertragsverletzung ist natürlich immer möglich.

So einen groben Unfug habe ich schon lange nicht gelesen. Wenn in einem 
Vertrag zu einem Punkt keine Angaben gemacht werden, gelten die 
gesetzlichen Fristen bzw. Regelungen. Abgesehen von von der rechtlichen 
Unzulässigkeit eines solchen Vertrages kenne ich keinen Arbeitgeber, der 
auf sein Kündigungsrecht verzichtet. Falls doch, ist ein solcher Vertrag 
fast so gut wie eine Verbeamtung. Krankheit und Minderleistung sind 
nämlich kein Grund für eine außerordentliche Kündigung.

von ehem. Wiss Mitarbeiter (Gast)


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Ich war auch mal Wissenschaftlicher Mitarbeiter im ÖD. In TV-L / TVÖD 
sind normale Kündigungsfristen auch bei befristeten Verträgen 
beschlossen, also ist es völlig problemlos, jederzeit auszusteigen. Das 
sollte auch keinerlei Problem ergeben, gerade weil Dir auch egal sein 
kann, was Dein (dann) ehemaliger Chef denkt, wenn Du bereits ein 
attraktives Angebot aus der Wirtschaft hast. Ich habe selbst noch nicht 
erlebt, dass es ein Prof. krumm genommen hat, wenn man vorzeitig 
ausgestiegen ist.

Bzgl. schlechter Bezahlung: das kann ich nicht so ganz nachvollziehen. 
Ich habe TV-L 13Ü bekommen, damit kommt man gut über die Runden (46k€ im 
Jahr). Wenn ich hier so lese, was manche in er Wirtschaft bekommen ist 
das sogar hervorragend.

von Fabian B. (fabs)


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@Jens: das ist so nicht richtig.
Wenn ein Arbeitsvertrag befristet ist, also ein fixes Enddatum der 
Beschäftigung vorgibt ist das Vertragsverhältnis bis zu diesem Zeitpunkt 
nicht kündbar. Weder von AG noch von AN Seite. Das gilt, sofern nichts 
anderes in diesem Vertrag verankert ist. Darum steht in den meisten 
befristeten Verträgen sinngemäß ein Absatz wie "die gesetzlichen 
Kündigungsregelungen bleiben gültig". Damit ist die Kündigung mit 
regulären Fristen vor Ablauf der Befristung möglich.
Es liegt ja im Interesse des AG, dass z.b. eine 
Schwangerschaftsvertetung (regulärer Befristungsgrund) nicht gleich 
wieder abhaut / abhauen kann. Und für den AN auf der anderen Seite ist 
es die Sicherheit, dass er bis zum Befristungsende sicher einen Job hat 
(Probezeitregelungen mal vernachlässigt).

Bei WiMis ist vorzeitiges Kündigen meiner Meinung nach nicht so gern 
gesehen, wenn sich die Beschäftigung an ein bestimmtes Projekt knüpft. 
Die Befristung wird ja in solchen Fällen auch grad gern für den Zeitraum 
der Dissertation gemacht, da sollte also auch der AN ein Interesse am 
Bleiben haben.

Gruß
Fabian

von Jens (Gast)


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Fabian B. schrieb:
> @Jens: das ist so nicht richtig.

Sorry all, ihr habt Recht. Das TzBfG ist wieder so ein Gesetz, was für 
mich nicht nachvollziehbar ist. Trotzdem ist es meiner Meinung nach 
nicht sehr realitätsnah. Der AN ist praktisch unkündbar, außer aus 
wichtigem Grund. Das wird kein AG wollen, aber auch da lasse ich mich 
gern berichtigen ...

von Michael X. (Firma: vyuxc) (der-michl)


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Hannes Jaeger schrieb:

> Das war die allgemeine Regel: Wer Zeitverträge vergibt, noch dazu
> schlecht bezahlt, darf nicht mit irgendeiner Art von Loyalität rechnen.
> Wer mit einem Zeitvertrag arbeitet ist ein besserer Arbeitssuchender.

In welchem Space lebst du denn? Befristete Verträge bei WiMis sind seit 
Jahren die Regel. Festanstellung gibts höchstens beim Bodenpersonal.

von Hannes J. (Firma: _⌨_) (pnuebergang)


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Michael X. schrieb:
> Hannes Jaeger schrieb:
>
>> Das war die allgemeine Regel: Wer Zeitverträge vergibt, noch dazu
>> schlecht bezahlt, darf nicht mit irgendeiner Art von Loyalität rechnen.
>> Wer mit einem Zeitvertrag arbeitet ist ein besserer Arbeitssuchender.
>
> In welchem Space lebst du denn? Befristete Verträge bei WiMis sind seit
> Jahren die Regel. Festanstellung gibts höchstens beim Bodenpersonal.

Mir ist das völlig klar, dass das so ist und dass die Unis richtig geil 
auf Zeitverträge sind. Das ändert aber nichts an meiner Aussage. Wer 
Zeitverträge anbietet kann nicht mit Loyalität rechnen.

Mit einem Zeitvertrag an einer Uni rumhängen ist nichts, auf das man 
eine Karriere aufbauen kann, ausgenommen man hat dabei eine Promotion 
laufen. Sonst sollte man da so schnell es geht raus. Mit jedem Jahr, das 
man weiter an der Uni rumhängt, ohne Zusatznutzen wie eine Promotion, 
wird man für die Industrie uninteressanter. Aus Sicht der Industrie ist 
so ein Zeitvertrag im Lebenslauf Gift "hat wohl nicht für eine richtige 
Anstellung in der Industrie gereicht. Na ja, besser als arbeitslos".

von Grolle (Gast)


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Es gibt die rechtliche Seite (Gesetz, Vertrag) und die moralische Seite 
(Erwartungen, Bewertungen, Auswirkungen). Beide wurden hier schon 
mehrfach angesprochen.

Selbst wenn es legal ist zu gehen, kann es trotzdem zu Enttäuschungen 
führen, und je nachdem, in welcher Umgebung es geschieht, können die 
große Auswirkungen haben. Die Welt ist klein, und in bestimmten 
Fachbereichen/Industriebereichen kennt jeder jeden Relevanten.

Wenn dem AG große Versprechungen gemacht wurden, die dann plötzlich 
gebrochen wurden und ihn evtl. in einer blöden Situation belassen, kann 
das möglicherweise juristisch und vertraglich "in Ordnung" sein, aber 
ggf. nicht verhindern, das die betroffene Person zornig oder enttäuscht 
ist und das gegenüber Kollegen zum Ausdruck bringt. Sowas kann einem den 
guten Ruf ruinieren, und je nach Situation und Verhalten und 
Vorgeschichte ggf. auch ganz zu recht. Wer sein Wort bricht, wird damit 
selten Freunde finden und demonstriert damit nicht seine 
Zuverlässigkeit.

Die Ausgangsfrage schien mir ja gerade auch auf diese moralische Ebene 
abzuzielen.
Um dazu was zu sagen, braucht man aber sehr viel mehr Infos, als hier 
gegeben wurden, sofern die überhaupt gegeben werden können. Daher bleibt 
wohl jede "fertige" Beurteilung nur Stückwerk.

Mein Rat wäre daher, das mit der betroffenen "Gegenseite" direkt zu 
besprechen.
Man muss sowas auch nicht gleich direkt ansprechen, sondern kann auch 
mal in einer Kaffeerunde indirekt vorsondieren, indem man mal einen 
ähnlichen Fall einwirft oder eine Möglichkeit äußert oder über "was wäre 
wenn"'s spricht.

von Jens (Gast)


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TVÖD-L E 13 Stufe 1-2 lachhaft...

von Glücklicher (Gast)


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Das Problem an den Unis zumindest in Ba-Wü ist, dass die überhaupt nicht 
fest einstellen dürfen! Ein Festvertrag ist die absolute Ausnahme.

Des weiteren verarschen manche Hochschulen einen auch ordentlich. Ich 
bin auf eine Hochshcule hereingefallen, die ein Medizintechnikprojekt am 
laufen hatte. Am ersten Tag stellte sich dann heraus, dass es um den 
Nachweis von esoterischem Schwachsinn ging.
Nun ja, nach 3 Monaten war ich weg und hab jetzt einen guten Job in der 
Wirtschaft.

von Thisamplifierisloud (Gast)


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Hannes Jaeger schrieb:
> Wer Leuten nur befristete Verträge anbietet, muss von der ersten Sekunde
> der Beschäftigung damit rechnen, dass der Mitarbeiter sich woanders nach
> einer Festanstellung umsieht, und bei Gelegenheit natürlich das
> befristete Arbeitsverhältnis zugunsten einer Festanstellung woanders
> aufgibt.

So ist es.

von sumsim (Gast)


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@  ehem. Wiss Mitarbeiter (Gast)

>Bzgl. schlechter Bezahlung: das kann ich nicht so ganz nachvollziehen.
>Ich habe TV-L 13Ü bekommen, damit kommt man gut über die Runden (46k€ im
>Jahr). Wenn ich hier so lese, was manche in er Wirtschaft bekommen ist
>das sogar hervorragend.

Wie kommt es , dass du sofort bei E13 Ü sofort in die Stufe 4 angefangen 
hast ?
So weit ich weiß, fängen die Neulinge zwangsläufig bei Stufe 1 an.

von Wilhelm F. (Gast)


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sumsim schrieb:

>Wie kommt es , dass du sofort bei E13 Ü sofort in die Stufe 4
>angefangen hast ?
>So weit ich weiß, fängen die Neulinge zwangsläufig bei Stufe 1 an.

Auf welch hohem Roß schwebt ihr hier eigentlich? Für FH-Absolventen ist 
durchaus EG10 der Standard.

von Mark B. (markbrandis)


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sumsim schrieb:
> So weit ich weiß, fängen die Neulinge zwangsläufig bei Stufe 1 an.

Richtig, so kenne ich es von einer Freundin die im Öffentlichen Dienst 
arbeitet.

von sumsim (Gast)


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@ Wilhelm Ferkes (ferkes-willem)

>Auf welch hohem Roß schwebt ihr hier eigentlich? Für FH-Absolventen ist
>durchaus EG10 der Standard.

Die Entgeltgruppe bezieht sich mehr auf den Aufgabenschweregrad und 
nicht auf den Abschlussgrad. Sinngemäß besteht aber zwischen Beiden eine 
Beziehung.

Für bestimmte Stellenanforderungen wird ein TU/Uni - Abschluss 
vorausgesetzt. Diese Stellen werden in E13 Tvöd eigestuft.

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