Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Wechselrichter - Blindleistung?


von K. A. (e-bastler)


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Hi.

Mich interessiert gerade folgende Frage:

Ein Wechselrichter- folgendermaßen aufgebaut:
Ein Schaltnetzteil, welches die Eingangsspannung auf eine 
Zwischenkreisspannung von ca 320 V DC bringt.
Dahinter eine Vollbrücke zur Erzeugung der Wechselspannung mit PWM, und 
anschließendes Filter, um eine bessere Ausgangsspannung zu bekommen.

Das Teil, ohne jegliche Regelung, es macht aus den 320V also blind 
Wechselspannung, in dem es einfach stur das im uC EEPROM fest 
einprogrammierte PWM Bitmuster "abfährt" und die Mosfets entsprechend 
durchschaltet.

Wie verhält es sich bei Blindleistung?

Müsste man bei einem Wechselrichter die Bildleistung irgendwie durch 
entsprechende Regelung ausgleichen, die über eine reine 
Spannungsregelung hinausgeht?

Könnte man überhaupt durch entsprechende Ansteuerung der Vollbrücke die 
Blindleistung ausgleichen? (d.H. Kompensations- Induktivität oder 
Kapazität "simulieren")

Wie würde man das machen?

Oder würde die Blindleistung in einem unkompensierten Wechselrichter 
einfach wie die Wirkleistung auf der DC-Seite als Last anstehen?

: Verschoben durch User
von Mine Fields (Gast)


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Die Blindleistung ist erst einmal natürlich für die Auslegung der 
Leistungstransistoren relevant, da diese nach dem Strom ausgelegt 
werden. Die Wirkleistung im DC-Kreis erhöht sich nicht wesentlich; 
Verluste entstehen aber natürlich auch bei Blindleistung.

von K. A. (e-bastler)


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Bei DC gibt es ja keine Blindleistung. Im DC Zwischenkreis kann also nur 
Wirkleistung sein.


Aber was passiert im wechselstromkreis hinter der Vollbrücke, mit der 
Blindleistung, wenn ich sie nicht ganz klassisch mit Kondensatoren und 
Spulen kompensiere. Muss die Blindleistung durch den Wechselrichter 
erzeugt werden? und da es im Gleichstrom-Zwischenkreis keine 
Blindleistung gibt, steht diese als reale Leistung dort an?

Und kann man die Blindleistung durch entsprechende Ansteuerung der 
Vollbrücke kompensieren? (manipulation der PWM o.ä)  Oder bräuchte man 
auf jeden Fall eine klassische Kompensation, mit realen 
Kapazitäten/Induktivitäten?

von Thilo M. (Gast)


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Im Netzparallelbetrieb (Einspeisung von PV-Anlagen z.B.) wird das über 
den cos-phi geregelt. Die neuen Wechselrichter für PV-Anlagen müssen 
das seit Neuestem können.

von Peter D. (pdiener) Benutzerseite


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Wenn man dem Wechselrichter PWM-Werte aus einer Tabelle vorgibt, 
entspricht der Momentanwert aus der Tabelle in etwa der 
Ausgangsspannung. Bei Belastung wird sich die Spannung etwas ändern, ob 
das wegen Blindstrom passiert, der vorwigend im Nulldurchgang fließt, 
oder wegen Wirkstrom, der vorwiegend bei großer Spannung fließt, ist 
egal. Ein bestimmter Strom zieht die Brücke etwas weg von der 
eingestellten Spannung. Wie stark dieser Effekt ist, hängt von dem 
Innenwiderstand ab.

Wenn man bei Wirkleistungsentnahme nicht nachregeln muss, dann muss man 
auch bei Blindleistungsentnahme oder Blindleistungseinspeisung nicht 
nachregeln.

Bei Einphasenwechselrichtern muss man beachten, dass eine Blindleistung 
eine Pendelleistung ist, die dem Zwischenkreiskondensator entnommen wird 
und wieder in diesen zurückgespeist wird. Daher muss der Kondensator 
groß genug sein, dass dadurch keine zu große Spannungsschwankung auf der 
Gleichspannungsseite entsteht.

Grüße,

Peter

von K. A. (e-bastler)


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Hi.

@thilo
Der Wechselrichter, um den es geht, ist keiner mit Netzparallelbetrieb.
Aber wie macht man bei einem Wechselrichter eine Cos-phi Regelung, bzw 
Blindleistungskompensation? Geht das über die Art der Ansteuerung der 
Brücke oder muss man die Kompensation ganz normal mit realen Bauteilen 
aufbauen, das würde mich interessieren.

@peter
Wenn ich das richtig verstehe, wird bei einem Wechselrichter die 
Blindleistung über den Zwischenkreis als reale Wirkleistung den 
Zwischenkreiskondensatoren entnommen, und wieder zurückgespeißt.
Über den noch durchgeschalteten Mosfet in entgegengesetzter 
Stromflussrichtung oder über die Body-Diode wie bei einem 
Brückengleichrichter?

Und wenn die Zwischenkreiskondensatoren die rückgespeißtre Leistung 
nicht aufnehmen können, was passiert dann? Pendelt sich die Spannung 
dann hoch bis zur Zerstörung der Kondensatoren oder sonstiger Bauteile?

von Thilo M. (Gast)


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K. A. schrieb:
> Geht das über die Art der Ansteuerung der
> Brücke oder muss man die Kompensation ganz normal mit realen Bauteilen
> aufbauen, das würde mich interessieren.

Naja, bei Netzparallel ist's einfacher, da wird nur der Nulldurchgang 
verschoben (Synchronisation).

von Peter D. (pdiener) Benutzerseite


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Nimm doch einfach mal ein Tabellenkalkulationsprogramm und rechne mal 
den Momentanwert der Leistung aus bei Blindstrombelastung. Eine 
Wirkleistung ergibt im Einphasenfall bei ohmscher Belastung eine 
sinusförmige Leistung mit 100 Hz, die größer-gleich Null ist, also im 
zeitlichen Mittel dem Wechselrichter entnommen wird. Eine Blindleistung 
bei rein kapazitiver oder rein induktiver Belastung erzeugt auch eine 
sinusförmige Leistung, nur dass deren zeitlicher Mittelwert Null ist. 
Auf den Zwischenkreis wirkt immer nur die Momentanleistung, wodurch 
diese hervorgerufen worden ist, ist egal. Wenn man also mit 
Blindleistung belastet, sieht man eine Pendelleistung auf der 
Gleichspannungsseite.

Wenn der Kondensator zu klein ist, wird bei momentaner Leistungsentnahme 
der Strom vom Netzteil aufgebracht und bei momentaner 
Leistungsrückspeisung die Spannung soweit ansteigen bis etwas kaputt 
geht.

Grüße,

Peter

von K. A. (e-bastler)


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Klar, bei netzgekoppelten Anlagen kann man einfach eine 
Phasenverschiebung machen.
Aber bei einem einzelnen Wechselrichter im Inselbetrieb geht das ja 
nicht. Gegen was will man denn die Phase verschieben.
Also wird man die Kompensation bei Inselbetrieb wohl über reale spulen 
und kondensatoren machen müssen?

von Mine Fields (Gast)


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Oder vielleicht über einen zweiten Wechselrichter.

von Peter D. (pdiener) Benutzerseite


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>Also wird man die Kompensation bei Inselbetrieb wohl über reale spulen
>und kondensatoren machen müssen?

Nein, eine reale Kompensation ist vollkommen überflüssig.
Der Wechselrichter erzeugt im Normalfall die gesamte benötigte 
Blindleistung von ganz alleine.

von Peter D. (pdiener) Benutzerseite


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Blindleistung bedeutet nichts anderes, als dass der Strom nicht in Phase 
zur Spannung ist, sondern dagegen verschoben.
Das stört den Wechselrichter überhaupt nicht, es würde ihn nicht einmal 
stören, wenn der Strom gar nicht sinusförmig wäre. Das Stromsignal kann 
aussehen wie es will, der Wechselrichter liefert immer die korrekte 
Spannung und das ist das einzige, was für ein Inselnetz wichtig ist.

Die Zwischenkreiskondensatoren sollten auch bei rein ohmscher Belastung 
groß genug sein um die Leistungsschwankung während eines Sinusdurchlaufs 
auszugleichen, sonst hat man die 100 Hz mit dem versorgenden Netzteil 
auszuregeln, was sehr unangenehm ist. Von daher ist das mit der 
Pendelleistung in der Regel auch kein Problem. Die benötigten 
Kondensatoren sind dafür auch nicht besonders groß.

Grüße,

Peter

von eProfi (Gast)


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Bedenkt, dass es neben der klassischen Blindleistung 
(Verschiebeblindleistung) auch noch die Verzerrungsblindleistung gibt.
de.wikipedia.org/wiki/Verzerrungsblindleistung
Sie entsteht bei nichtsinusförmiger Belastung, z.B. durch Gleichrichter 
+ Siebelko.



>Autor: Thilo M. (power)
>Datum: 30.07.2010 19:57
> Im Netzparallelbetrieb (Einspeisung von PV-Anlagen z.B.) wird das
> über den cos-phi geregelt. Die neuen Wechselrichter für PV-Anlagen
> müssen das seit Neuestem können.

Thilo, weißt Du in etwa, wie groß die Verluste im Netz sind, die durch 
VZ-Blindleistung entstehen? Könnten PV-Wechselrichter hier ausgleichend 
wirken, indem sie in den Spannungsmaxima extra viel Strom erzeugen, der 
von den ganzen Geräten verbraucht werden, die Gleichrichter und Elko, 
aber keine PFC haben?

von Peter D. (pdiener) Benutzerseite


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Ein Wechselrichter kann auch Verzerrungsblindleistung liefern und macht 
das auch von ganz alleine im Inselbetrieb.

Im Netzparallelbetrieb (PV-Anlagen) wird bei alten Anlagen nur 
Wirkleistung eingespeist, das Einspeisen von Blindleistung müssen erst 
die aktuellen Geräte können. Theoretisch kann die Hardware auch 
Verzerrungsblindleistung liefern, hierfür muss aber erst ein Bedarf 
festgestellt werden und das ist dezentral messtechnisch nicht so 
einfach.

Grüße,

Peter

von Andi (Gast)


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Hallo,
ich habe auch eine Frage zu dem Thema. Jetzt nicht genau die selbe, aber 
da es in die selbe Richtung geht, nehme ich gleich diesen Thread.

Mich interessiert die Blindleistungseinspeisung von netzgekoppelten 
Solarwechselrichtern. Wie man da Blindleistung einspeist versteh ich 
soweit.

Was ich aber noch nicht so hundertprozentig verstanden habe ist das 
Thema Blindleistung.
Ich zitiere mal kurz folgende Erklärung, die ich im Internet bezüglich 
dieses Themas gefunden habe:

"Wenn beim Solarwechselrichter der eingespeiste Strom der Netzspannung 
nacheilt, gibt der Wechselrichter induktive Blindleistung ab. D.h. Der 
Wechselrichter wirkt im Netz wie eine Kapazität. Auf diese Weise lässt 
sich die im Netz üblicherweise überwiegend vorhandene induktive 
Blindleistung kompensieren".

Kann mir mal bitte jemand erklären, warum das Einspeisen von induktiver 
Blindleistung genau das selbe ist, wie wenn man am Netz einen 
kapazitiven Verbraucher (Kondensator) betreibt?

Außerdem würde mich noch interessieren bzw. eine Erklärung dafür haben, 
warum bei einer Induktivität die Blindleistung immer positiv und bei 
einer Kapazität die Blindleistung immer negativ ist?

Vielen Dank schon mal im Voraus fürs Erklären

Gruß Andi

von Andi (Gast)


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Keine Blindleistungsexperten unter uns?
Hab meine Frage wohl zu ner ungünstigen Uhrzeit gestellt^^.

Gruß

von Düsendieb (Gast)


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Hättest besser einen neuen Thread aufgemacht.

Würde sagen, dass bei einem Einspeisewechselrichter die Phasenlage der 
Wechselrichterspannung zur Netzspannung verändert werden kann. Damit 
wird auch die Phasenlage des Stromes verschoben.

Andi schrieb:
> warum bei einer Induktivität die Blindleistung immer positiv und bei
> einer Kapazität die Blindleistung immer negativ ist?

ist eine willkürliche Festlegung, wie Frost ist immer unter null. oder 
habe ich die Frage nicht verstanden?

von Andi (Gast)


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Düsendieb schrieb:
> Würde sagen, dass bei einem Einspeisewechselrichter die Phasenlage der
> Wechselrichterspannung zur Netzspannung verändert werden kann. Damit
> wird auch die Phasenlage des Stromes verschoben.

Also die Frage hast du definitiv falsch verstanden^^. Denn das was du 
mir hier antwortest, hab ich gar nirgends gefragt, sondern weiß ich 
selber schon^^.

Düsendieb schrieb:
>> warum bei einer Induktivität die Blindleistung immer positiv und bei
>> einer Kapazität die Blindleistung immer negativ ist?
>
> ist eine willkürliche Festlegung, wie Frost ist immer unter null. oder
> habe ich die Frage nicht verstanden?

Ist das wirklich nur ne Definitionssache? Ich hätt jetzt eigentlich 
schon gedacht dass das nen Grund hat.

So, jetzt hätt ich noch gern ne Antwort auf meine andere Frage:
Kann mir mal bitte jemand erklären, warum das Einspeisen von induktiver
Blindleistung genau das selbe ist, wie wenn man am Netz einen
kapazitiven Verbraucher (Kondensator) betreibt?


Gruß Andi

von Axel D. (axel_jeromin) Benutzerseite


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Andi schrieb:
> Kann mir mal bitte jemand erklären, warum das Einspeisen von induktiver
> Blindleistung genau das selbe ist, wie wenn man am Netz einen
> kapazitiven Verbraucher (Kondensator) betreibt?

weil durch die Einspeisung von Strom mit der gleichen Phasenlage wie der 
schon fließende induktive Strom dieser in Netz verringert wird. Das hat 
den gleichen Effekt wie eine Kompensation

von Andi (Gast)


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Axel Düsendieb schrieb:
> weil durch die Einspeisung von Strom mit der gleichen Phasenlage wie der
> schon fließende induktive Strom dieser in Netz verringert wird. Das hat
> den gleichen Effekt wie eine Kompensation

Tut mir leid, aber mit der Antwort kann ich jetzt nicht wirklich viel 
anfangen. Du sagst, dass wenn ich Strom mit der gleichen Phasenlage, wie 
der Strom der verbraucht wird, ins Netz einspeise, es zu einer 
Verringerung des im Netz fließenden Stroms kommt.
Kann mir das vielleicht jemand ein bischen genauer erklären?

von batt_energy (Gast)


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Andi schrieb:
> Axel Düsendieb schrieb:
>> weil durch die Einspeisung von Strom mit der gleichen Phasenlage wie der
>> schon fließende induktive Strom dieser in Netz verringert wird. Das hat
>> den gleichen Effekt wie eine Kompensation
>
> Tut mir leid, aber mit der Antwort kann ich jetzt nicht wirklich viel
> anfangen. Du sagst, dass wenn ich Strom mit der gleichen Phasenlage, wie
> der Strom der verbraucht wird, ins Netz einspeise, es zu einer
> Verringerung des im Netz fließenden Stroms kommt.
> Kann mir das vielleicht jemand ein bischen genauer erklären?

Kapazitiv bedeutet,dass der Strom der Spannung voreilt. In einem 
Zeigerdiagramm ist der Zeiger des Stroms daher um 90° voreilend. Rein 
induktiv ist entgegengesetzt, also 90° nacheilend. Addiert man diese 
Zeiger (gleichen Betrag vorausgesetzt), erhält man einen Zeiger mit 
Betrag und Phase 0.
Man kann also einen induktiven Verbraucher (z.B. eine Asynchronmaschine) 
durch einen Kondensator kompensieren, so dass die Blindleistung Null 
wird. Man könnte also sagen, dass ein induktiver Erzeuger durch den 
kapazitiven Verbraucher kompensiert wird. Man muss halt immer das 
Vorzeichen mitbeachten, ob man sich im Erzeuger- oder 
Verbraucherzählpfeilsystem befindet.
Gruß
batt_energy

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