Forum: Mikrocontroller und Digitale Elektronik EMV Problem. Klappferrit


von aloha333 (Gast)


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Hallo

Ich habe da einen merkwürdigen Effekt.

Ich war mit einem Gerät zu EMV-Prüfung und bin damit leider 
durchgefallen.

Das Gerät hat eine 24V-Versorgung, die wurde im EMV-Labor mit einer
Batterie hergestellt. Der Anschluss erfolgt über ein geschirmtes Kabel,
es sind keine weiteren Kabel an dem Gerät angeschlossen.

Wir hatten nun bei der Abstrahing einen Peak bei 170Mhz der über dem 
Grenzwert lag. Ein Klappferrit über dem Zuleitungskabel hat die 
Situation zwar verbessert lag aber trotzdem noch über dem Grenzwert.

Ich habe dann einen zweiten Ferrit draufgeklemmt, der Peak lag dann
über dem Wert ohne Ferrit. Hat jemand eine Erklärung dafür.

von Osche R. (Gast)


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Dein Gerät erzeugt mehr oder weniger breitbandig Störungen und regt 
damit die Antenne zur Aussendung an. Bei 170MHz passen 40, 80, 120, 160 
cm besonders gut. Mit dem Ferrit erhöhst Du die Dämpfung, verschiebst 
aber auch die Resonanzfrequenz. Wenn Du an die richtige Stelle schiebst, 
wird es wieder schlechter.

Du müßtest für die beiden Ferrite eine Position auf dem Leitungssatz 
finden können, welche die Antennengüte minimiert.

Abstellmaßnahme kann eigentlich nur eine breitbandige Entstörung Deiner 
24V-Einspeisung sein.


Patrick

von Kai Klaas (Gast)


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>Ich habe dann einen zweiten Ferrit draufgeklemmt, der Peak lag dann
>über dem Wert ohne Ferrit.

Wenn es ein unterschiedlicher war, könnten die zwei Ferrite eine 
Resonanz bilden, so wie zwei unterschiedliche Kapazitäten, die man 
parallel schaltet.

Eine andere Erklärung hat schon Patrick geliefert. Wenn der Kabelschirm 
auf beiden Seiten mit dem jeweiligen Gehäuse geerdet ist, sieht der 
Kabelschirm dort jeweils eine niedrige Impedanz, d.h. du hast dort einen 
Spannungsknoten. Jetzt werden nur ganz bestimmte Frequenzen abgestrahlt.
Schiebst du jetzt an einem Ende einen Ferrit über das Kabel, schaffst du 
dort eine hohe Impedanz, also einen Stromknoten. Jetzt werden ganz 
andere Frequenzen abgestrahlt.

Ferrite bringen dort nur eine relativ geringe Abschirmwirkung, weil sie 
nur wie eine eingefügte Impedanz funktionieren und keinen richtigen 
Spannungsteiler bilden, wie jetzt bei einem richtigen RC- oder 
LC-Filter.

Dein Problem ist, daß bei der Entwicklung des Geräts die innen liegende 
24V-Schaltung völlig ungenügend gefiltert wurde. Ich nehme mal an, daß 
dort ein Swicther oder ähnliches liegt? Dann brauchst du ein gutes 
Pi-Filter am Eingang, das bis in den GHz-Bereich funktioniert.

Wenn du Lust hast, kannst du ja einen Schaltplan und ein paar Fotos 
posten. Dann können wir das Problem lösen helfen...

Kai Klaas

von Anja (Gast)


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Kai Klaas schrieb:
> Ich nehme mal an, daß
> dort ein Swicther oder ähnliches liegt?

Falls ein DC/DC-Wandler mit Schottky-Diode verwendet wird kann auch ein 
kleiner Kondensator (ca 100pF) über der Diode Abhilfe schaffen.


aloha333 schrieb:
> Ich habe dann einen zweiten Ferrit draufgeklemmt, der Peak lag dann
> über dem Wert ohne Ferrit. Hat jemand eine Erklärung dafür.

Patrick S. schrieb:
> Mit dem Ferrit erhöhst Du die Dämpfung, verschiebst
> aber auch die Resonanzfrequenz.

Normalerweise dämpfen (absorbieren) die EMV-Ferrite nur. -> Ein solcher 
Effekt ist sehr ungewöhnlich. Eine Verschiebung der Resonanzfrequenz 
sollte eigentlich nicht auftreten.

Auf der anderen Seite kann man bei Abstrahlung durch geringfügige 
Änderungen (Drehung) des Prüflings oder des Kabels locker 10 - 20 dB 
Änderung erzielen. Ich vermute mal ihr hattet den Worst Case vorher noch 
nicht exakt getroffen.


Gruß Anja

von aloha333 (Gast)


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Hallo!

Ich wollte mich zunächst für die posts bedanken.

Also:

Die Schaltung kann ich leider nicht einstellen, da kriege ich Ärger
mit dem Arbeitgeber. Ich wollte das Problem nur verstehen nicht lösen.
Das Projekt wurde von unserer klugen, weise und unfehlbaren Geschäfts-
leitung an einen Externen vergeben, weil die eigene Entwicklung ja
viel,viel zu teuer ist. Der muss es jetzt natürlich auch lösen. Das
die Filterung der 24V föllig unzureichend ist, ist mir auch klar. Solche
Probleme bekämpft man an der Quelle. Das mit dem Ferrit war jedenfalls
nicht meine Idee.

Ich habe mittlerweile eine eigene Theorie entwickelt, die ich auch
durch Messungen untermauern konnte. Die Zuleitung ist ein schwinungs-
fähiges Gebilde. Der Ferrit dämpft nun die Abstrahlung des Gerätes,
gleichzeiig bringt man aber eine magnetische Komponente in 
Versorgungsleitung. Die Güte ist zwar lausig, verschiebt aber die
Resonanzfrequenz der Leitung. Stimmen die Resonanzfrequenzen überein
bekommt man eine Resonanzüberhöhung. Durch verschieben des 2. Ferrits
kann man die Resonanzfrequenz änderen.

Nach meinen Feststellungen ist es besser nur einen Ferrit zu verwenden,
aber mit mehreren Windungen.

von Osche R. (Gast)


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Anja schrieb:

> Normalerweise dämpfen (absorbieren) die EMV-Ferrite nur. -> Ein solcher
> Effekt ist sehr ungewöhnlich. Eine Verschiebung der Resonanzfrequenz
> sollte eigentlich nicht auftreten.

Ferrite sind zwar auf hohe Dämpfung/schlechte Güte getrimmt, aber es 
bleiben trotzdem Induktivitäten. Der Impedanzverlauf steht im 
Datenblatt, z.B. der kleinste Star-Tec: 
http://katalog.we-online.de/kataloge/eisos/media/pdf/74271142.pdf

Die Übergänge sind in der Tat fließend, denn z.B. Doppellochkerne und 
UKW-Drosseln werden einerseits als UHF-Entstörferrit und andererseits 
auch als KW-Trafokern verwendet.


aloha333 schrieb

> Nach meinen Feststellungen ist es besser nur einen Ferrit zu verwenden,
> aber mit mehreren Windungen.

Oft, aber nicht immer. Das hängt vom Frequenzbereich ab, mit mehreren 
Windungen sinkt die Eigenresonanz und das Ding wird bei höheren 
Frequenzen kapazitiv. Im o.g. Datenblatt läßt sich das ganz gut 
erkennen.


Patrick

von Knut B. (Firma: TravelRec.) (travelrec) Benutzerseite


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Grundsätzlich solltest Du die Quelle der Störung finden und nicht 
versuchen, die abgehenden Kabel zu entstören. Wenn Du einen 
Schaltwandler drin hast, lege Dein Augenmerk auf diesen, platziere 
Abblock-Cs direkt an den Schaltkreis, halte die schwingenden Leiterzüge 
kurz und breit und lege in die 24V-Versorgungsleitung auf der Platine 
eine Stromkompensierte Drossel mit möglichst hoher Impedanz bei 100Mhz, 
bei noch genügend Stromfähigkeit.

von Student (Gast)


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aloha333 schrieb:
> Das Projekt wurde von unserer klugen, weise und unfehlbaren Geschäfts-
> leitung an einen Externen vergeben,

Aus Sicht der Geschäftsführung sinnvoll. Ihr hattet eure Chance und seid 
in der Prüfung durchgefallen. Vermutlich nicht das erste Mal mit einer 
Entwicklung und in der Vergangenheit wurde dann endlos rumgebastelt um 
doch noch durch die EMV-Prüfung zu kommen. Jetzt soll jemand ran, der 
Ahnung hat.

von aa (Gast)


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Student: lesen, verstehen, schreiben. Versuche es mal mit der 
Reihenfolge.

von Studi (Gast)


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Anja schrieb:
> Falls ein DC/DC-Wandler mit Schottky-Diode verwendet wird kann auch ein
> kleiner Kondensator (ca 100pF) über der Diode Abhilfe schaffen.

Ein kleiner Ferrit mit entsprechendem Widerstand bei der Frequenz in 
Reihe mit der Diode kann da auch sehr hilfreich sein. Der letzte Test 
hatte bei einem entsprechenden Wandler da sehr viele Störungen über dem 
Limit, nach Einbau des Ferrits waren diese nicht nur gedämpft sondern so 
gut wie weg ...

Mit Kondensator bei sowas bitte vorsichtig sein, dabei könnte auch 
schonmal der Mosfet hops gehen ... also entsprechende Spannungen 
beachten!

von Osche R. (Gast)


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Studi schrieb:
> Anja schrieb:
>> Falls ein DC/DC-Wandler mit Schottky-Diode verwendet wird kann auch ein
>> kleiner Kondensator (ca 100pF) über der Diode Abhilfe schaffen.

> Mit Kondensator bei sowas bitte vorsichtig sein, dabei könnte auch
> schonmal der Mosfet hops gehen ... also entsprechende Spannungen
> beachten!

Das Du dem Kondensator noch 10..100 Ohm in Reihe schaltest, hat sie 
natürlich vorausgesetzt. Die Werte für so ein Snubberglied kann man 
eigentlich nur empirisch bestimmen.


Patrick

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