Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik 2 Fragen zu Schaltnetzteil


von Martin B. (brehministrator)


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Hallo allseits,

ich habe nochmal 2 Fragen zur Dimensionierung von Schaltnetzteilen. Es 
gibt dafür ja die sehr gute Seite 
http://schmidt-walter.eit.h-da.de/smps/smps.html , die mir hier 
empfohlen wurde.

In diesem Beitrag geht es um einen geplanten 
Gegentakt-Vollbrückenwandler, der 150-350 V DC zu 50 V DC bei 40 A 
transformieren soll (2000 Watt). Die geplante Schaltfrequenz ist 100 
kHz. Ich weiß, dass das nicht leicht wird, dass das gefährlich ist und 
dass es auf ein gutes Layout ankommt, also bitte etwas zurückhalten mit 
"profanen Belehrungen" :)

1.) Ich habe einen ETD59-Kernsatz (aus N87) von Menting (ohne 
Luftspalt). In deren Tabelle steht, dass man mit diesem Kern bei 100 kHz 
mit einem Gegentaktwandler bis zu 3500 Watt übertragen kann. Wenn ich 
mir jedoch das Netzteil mit "nur" 2000 Watt bei 100 kHz auf der oben 
genannten Webseite dimensionieren lasse, erhalte ich das Resultat, dass 
mein ETD59 "viel zu klein" sei. Also habe ich mal mit Hand 
nachgerechnet. Die SMPS-Webseite schlägt mir 17:6 Windungen vor. Damit 
kann mein Kern unter Volllast schon mal nicht in die Sättigung geraten - 
daran kann das Problem also nicht liegen.
Dann kenne ich noch die Regel, dass die Impedanz der Primärwicklung 
mindestens um den Faktor 10 größer sein sollte als der (mit Ü^2) 
transformierte Lastwiderstand. Der Lastwiderstand ist ca. 1 Ohm, 
transformiert ergibt das ca. 8 Ohm. Die Impedanz meiner Primärwicklung 
ist 1500µH x 100kHz x 2 Pi = 950 Ohm. Also ist das Verhältnis zwischen 
Primärimpedanz und transformiertem Lastwiderstand bei mir > 100. Damit 
ist die "Faktor 10-Regel" ja super erfüllt. Aber hat es auch Nachteile, 
wenn das Verhältnis so riesig wird? Gibt es eine Regel, wie groß das 
Verhältnis maximal sein sollte?
Was hätte ich für Probleme zu erwarten, wenn ich das beschriebene 
Netzteil mit meinem ETD59-Kern aufbaue? Würde er sich übermäßig erwärmen 
(dürfte egtl. nicht, da der Flussdichtehub ja "im gesunden Bereich" 
liegt)? Computernetzteile dieser Leistugsklasse haben bei ähnlichen 
Schaltfrequenzen sogar noch kleinere Kerne...

2.) Der "klassische" Vollbrücken-Gegentaktwandler enthält ja durch die 
H-Brücke 4 Leistungstransistoren (s. oberer Schaltplan im Anhang). Wenn 
man die Primärwicklung mit Mittelanzapfung (und doppelt so vielen 
Windungen) auslegt, könnte man stattdessen auch den unteren Schaltplan 
im Anhang benutzen. Dadurch würde man 2 Leistungstransistoren einsparen 
(großer Vorteil) - und es ist ja immer noch ein Gegentaktwandler. 
Außerdem dürfte die Verlustleistung geringer sein, da der Primärstrom 
nur noch einen Transistor durchfließen muss. Der Nachteil wäre "nur", 
dass man doppelt so viele Windungen und die Mittelanzapfung für die 
Primärwicklung braucht (was aber kaum ins Gewicht fällt). Was ist der 
Nachteil der "unteren" Schaltung? Inwiefern verhält sie sich anders als 
die "obere"? Sonst würde man ja aus Kostengründen alle Gegentaktwandler 
so aufbauen...

Viele Grüße
Martin

von Εrnst B. (ernst)


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Martin B. schrieb:
> erhalte ich das Resultat, dass
> mein ETD59 "viel zu klein" sei

Zu eins:
Die Webseite berechnet das IIRC auch anhand des Pi-Mal-Daumen 
Drahtdurchmessers und des Wicklungsfensters.
Wenn der Draht bei dir reinpasst und nicht das glühen anfängt, passt das 
schon.
Wegen der Impedanzanpassung kann ich dir leider nicht weiterhelfen, da 
brauchts einen Profi ;)


zu zwei:
Simulier das mal und schau welche Spannungen dann deine FETs aushalten 
müssten.
=> FETs mit höherer Spannungsfestigkeit nötig => größerer RDSon => Der 
Vorteil schwindet ....

von Ben _. (burning_silicon)


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dein zweiter schaltungsvorschlag ist müllig, aus zwei gründen. niemand 
würde bei sowas schwer ansteuerbare high-side FETs verwenden wenn es 
genau so gut mit low-side FETs geht (das ist ein vorteil der 
gegentaktschaltung, sehr einfache ansteuerung). und zweitens braucht die 
primärwicklung den doppelten platz auf dem spulenkörper. drittens hast 
du am gesperrten FET auch die doppelte eingangsspannung anliegen, bei 
350-400Vdc wären das bis zu 800V. da brauchts bei der leistung zwei sehr 
teuren transistoren.

das was du vorhast läßt sich am besten mit einem vollbrückenwandler 
bewerkstelligen. ein halbbrückenwandler würde es von der leistung her 
auch schaffen, habe schon IGBT-halbbrückenwandler für 3,5kW gesehen die 
sehr gut laufen.

halbbrücken/vollbrückenwandler eignen sich für hohe eingangsspannungen 
wobei mit dem vollbrückenwandler die höchsten leistungen und 
wirkungsgrade zu erzielen sind (ZVS z.b.). gegentaktwandler verwendet 
man am besten bei kleinen eingangsspannungen (z.b. 12V autoendstufen, da 
können sie mit mehreren ringkerntrafos auch schon mal bis zu 8kW 
bringen), weil die spannungsverdopplung am gesperrten FET da kein 
problem ist, die primärwicklung nur sehr wenige windungen hat (etwa 2-3v 
je windung) und die hohen ströme am besten mit einfachen low-side FETs 
zu schalten sind.

350-400Vdc schreibe ich mit absicht, weil deine schaltung insofern sie 
an netzwechselspannung betrieben werden soll nach neuen vorschriften 
zwingend mit einer PFC-schaltung ausgestattet werden muß.

von MaWin (Gast)


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> Was hätte ich für Probleme zu erwarten, wenn ich das beschriebene
> Netzteil mit meinem ETD59-Kern aufbaue? Würde er sich übermäßig erwärmen

Das ist ja letztlich das einzige limitierende für die Kerne.

Also Strom * Drahtwiderstand + Ummagnetisierungsverluste
müssen über die Oberfläche abgegeben werden können ohne daß
die Windungen im Inneren zu heiss werden und deren Isolation
weich wird.

Leider fehlen solche Angaben wie Wärmewiderstand Tamb meist
bei Kernen.


> Sonst würde man ja aus Kostengründen alle Gegentaktwandler
> so aufbauen...

Klar, aber halber Wickelraum bewirkt halben Drahtdurchmesser
also doppelten Widerstand. Das lohnt nur, wenn die Verluste
des Schalttransistor relativ gesehen hoch sind, also bei
niedriger Eingangsspannung.


Aber es ist gut und vernünftig, die Kerne mal EXAKT
auszurechnen (und später unter Volllast die Temperatur zu
messen), denn der Hersteller gibt natürlich immer optimale
Werte unter unrealistischen Randbedingungen an (eckiger
Silberdraht ?) und Schmidt-Walter schätzt leider auch nur.

von Martin B. (brehministrator)


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Hallo,

zu 1.) Ok, ich werde das Ding einfach mal mit dem Kern aufbauen und mich 
überraschen lassen :-) Klingt ja so, als sollte es keine großen Probleme 
geben.

zu 2.) Ah - an die Sache mit der doppelten Spannung hatte ich gar nicht 
gedacht; danke für den Tipp! Dann ist die Methode für hohe 
Eingangsspannungen natürlich nicht praktikabel. Das klärt meine Frage 
vollständig. Ich hab übrigens nur aus "Verpeiltheit" zwei High-Side-FETs 
eingezeichnet - natürlich wäre nur die Lösung mit zwei Low-Side-FETs 
überhaupt sinnvoll.

@Ben: Ja, eine aktive PFC plane ich zu bauen (muss ja). Du hast 
natürlich Recht, dadurch wird die Eingangsspannung nochmal ein ganzes 
Stück größer.

Vielen Dank soweit
Martin

von Peer (Gast)


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> Aber es ist gut und vernünftig, die Kerne mal EXAKT
> auszurechnen

gut und vernünftig schon, aber hast du auch einen Tipp für eine gut 
Vorlage solch einer Berechnung. Alle verweisen immer auf die oben 
erwähnte Seite und da ist ja auch flux was eingetragen und auf berechnen 
geklickt. Aber selber machen und verstehen ist doch was anderes. Schön 
wäre ein Beispiel zu einem Sperrwandler.

von MaWin (Gast)


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Ich hab mir nur mal Beispiele in Spice zu 50 Hz Trafos gemacht, muss man 
aber noch viel per Hand einstellen.

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