Forum: Mikrocontroller und Digitale Elektronik EMG-Messungen, Biofeedback, Alternativen zu EMG


von Christoph (Gast)


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Hallo Microcontroller-Gemeinde,

ich wurde aus dem Roboternetz.de Forum hier auf dieses Forum mit meiner 
Anfrage verwiesen.

Vorab möchte ich kurz klarstellen, dass ich nicht vom Fach bin, also 
nicht so viel mit Elektronik zu tun habe. Aus diesem Grund bin ich mir 
auch nicht sicher, ob meine Frage schon gepostet ist, habe danach 
gesucht, konnte aber nichts für mich gewinnen. Meine Frage bezieht sich 
auf das Gebiet Health Care, in welchem heutzutage verstärkt Elektronik 
angewandt wird.

Bevor ich ganz konkrete Fragen stelle, möchte ich mein Ziel erklären.

Ich suche nach einer Möglichkeit Muskelaktivitäten für den Menschen 
nachvollziehbar zu machen. Um genau zu sein, geht es um die 
Oberschenkelmuskulatur, die dazu dient durch Anspannung, die 
Kniegelenksbewegung zu kontrollieren.

In der sportmedizinischen Literatur wird die neuromuskuläre Kontrolle 
als ein wesentlicher Faktor gesehen, welcher vor Kniegelenksverletzungen 
schützen kann.
Diese Einsicht resultiert aus einer Studie die gemacht wurde. Durch ein 
erhöhtes Aktivierungsverhältnis zwischen oberere und unterer 
Oberschenkelmuskulatur soll es zu den dort geschilderten Verletzungen 
kommen. Wie ich aus der Studie schließen konnte, wurden diese 
Messergebnisse ebenfalls mittels des EMG ( mit Oberflächenelektroden) 
erzielt. Die Datenaufbereitung fand mittels verschiedener Filter und 
Verstärkungen statt, auf die ich mich jetzt nicht beziehen kann, weil 
mir die nötigen Kenntnisse fehlen.

Mein Ansatz ist, dieses Verfahren des EMG-Monitoring transportabel zu 
machen, so wie es bei heutigen Biofeedback-Geräten der Fall ist.
Das Problem, das sich jetzt für mich stellt ist, die 
Muskelüberlagerungen in der betroffenen Muskulatur, und die somit 
zahlreich vorhandenen Artefakte im Ausgangssignal. Ich habe schon 
verstanden, dass es nicht so einfach ist, mittels Oberflächenelektroden 
ein genaues Signal zu bekommen.

Vielleicht gibt es neue Erkenntnisse oder Algorithmen oder sonstiges, 
die diese Störsignale herausfiltern können, und die derzeit über das 
Internet nicht auffindbar sind. Vielleicht gibt es auch ein anderes 
Feedback-System um eine Muskelaktivität anzuzeigen.

Mir würde ebenfalls helfen, wenn jemand mit Zuversicht sagen könnte, 
dass diese Systeme in näherer Zukunft so ausgereift und modifiziert 
sind, dass die erforderlichen Werte sicher angezeigt werden können.

Was heißt jetzt "erforderliche Werte"; Nun das kann ich selber nicht so 
genau sagen. Bin ebenfalls kein Mediziner oder Biomechaniker. Dieses 
Feld unterliegt, so nehme ich an, noch weiterer Forschungsnot. Hilfreich 
wäre es, wenn man die überlagernden Muskelstränge gegeneinander mittels 
Algorithmen ausrechnen könnte. Vielleicht mit einer höheren Anzahl an 
Elektroden.
Wie gesagt, eine zuversichtliche, theoretische Realisierbarkeit in naher 
Zukunft würde mir schon helfen.

Grundlegende Informationen zu EMG und Biofeedback habe ich hier 
aufgeführt.
Ebenfalls einen Link zu einem Biofeedback-Gerätehersteller. Wie 
glaubhaft und nützlich könnten diese Geräte für meinen Anwendungsfall 
sein?

http://www.elektronik-kompendium.de/public/schaerer/emg1.htm

http://www.biometricsltd.com/semg.htm?gclid=CKq15oq4h6QCFceOzAod3XJsIg

Lieben Gruß und ein Dankeschön vorab,

Christoph

von Ronny S. (ronnysc)


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Das wird ein schwieriges Unterfangen, da wie Du schon angeführt hast die 
Unterscheidung der einzelnen Muskelgruppen das Problem sein wird. Mir 
ist auch kein Gerät bekannt das dies leisten kann. Da wird man ein 
eigenes Gerät entwickeln müssen. Vorstellbar wäre ein Mapping des 
gesamten Oberschenkels mit vielen Elektroden. Anhand eines daraus 
erstelltem Plots könnte man vielleicht die Muskelgruppen unterscheiden 
und auch auswerten. Aber das ist nur ein theoretischer Ansatz.
Viel Erfolg.

von Reinhard Kern (Gast)


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Christoph schrieb:
> Ich suche nach einer Möglichkeit Muskelaktivitäten für den Menschen
> nachvollziehbar zu machen.

Hallo Christoph,

was du suchst, ist Knowhow über Muskelaktionspotentiale und ihre 
Messung/Auswertung. Knowhow soll heissen, nicht irgendeine Formel, 
sondern jahrzehntelange Erfahrung. Die findest du bei der Fa. Otto Bock, 
dem weltführenden Prothesenhersteller, denn die fertigen seit 
Jahrzehnten Prothesen mit Steuerung durch solche Potentiale. Ob sie dir 
helfen können und wollen, musst du halt fragen, eine direkte Konkurrenz 
bist du ja nicht.

Beispiel: eine elektrische Hand wird von den Potentialen im (am) 
Oberarmstumpf gesteuert. Das gibt es seit mindestens 30 Jahren. 
Vielleicht kann man dir dort auch ein Universitätsinstitut nennen, das 
sich damit befasst.

Gruss Reinhard

von Nils (Gast)


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@Reinhard
> Die findest du bei der Fa. Otto Bock,
> dem weltführenden Prothesenhersteller, denn die fertigen seit
> Jahrzehnten Prothesen mit Steuerung durch solche Potentiale.
Soweit ich richtig informiert bin, funktioniert diese Art von äußerst 
spezifischer Prothesen-Steuerung aber mittels implantierter Elektroden 
(an den jeweiligen synapt. Endungen per Mikro-Chirurgie). Ich denke 
nicht, dass derart spezifische Steuerungen mit Oberflächen-Elektroden 
möglich sind - oder ist man heute so weit, Reinhard?

Aber Christoph, Du vermischt hier auch zwei Dinge:
Wenn Du von 'oberer' und 'unterer' Oberschenkelmuskulatur sprichst, geht 
es eher um das zeitliche Muster der Reizleitung (was sich sicher durch 
entsprechende Elektrodenanzahl erfassen lässt). Die Filterung besteht im 
Wesentlichen auf eine Konzentration auf den Bereich von 100-500 Hz; 
dadurch werden schon eine Reihe von Artefakten ausgefiltert.

Die reale Oberschenkelmuskulatur würde ich (aus meiner Erinnerung aus 
'Anatomie-Klausur' und aus eigener Vorstellung) aber nicht nach 'oberer' 
und 'unterer' Oberschenkelmuskulatur gliedern, sondern eher nach 
oberflächlichlich gelegenen und tiefen Muskeln.
Letztere dürften durch eine Ableitung per Oberflächen-Elektroden schwer 
zu differenzieren sein.

Möchte ein Neurologe solche Muskelgruppen untersuchen, so piekst er Dich 
(mit seinen EMG-Elektroden), was nicht sehr angenehm ist...
(Wenn er die Reizleitung testen möchte, jagt er zusätzlich einen Impuls 
durch - was noch unangenehmer ist.)

von Christoph (Gast)


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Vielen Dank für die Rückmeldung.

Sicherlich habe ich mich mit der Nomenklatur "obere" und "untere" 
Oberschenkelmuskulatur falsch ausgedrückt.

Was ich genau mit "obere" meine, ist die Oberseite des Oberschenkels 
also anatomisch der quadriceps femoris und die weiteren lateralen 
Muskeln.

Analog dazu meinte ich mit "untere" die ischiocrulale Muskulatur (biceps 
femoris und weitere)

Vielen Dank für den Tipp mit Otto Bock, daran habe ich auch schon 
gedacht. Das wäre so der letzte Strohhalm, an den ich mich klammern 
würde, da die Firma, falls sie in diesem Bereich Fortschritte erzielt 
hat, dieses Wissen sicherlich für sich behält, es sei denn man geht eine 
Kooperation oder ähnliches ein.

@Ronny Schmiedel
>Vorstellbar wäre ein Mapping des
>gesamten Oberschenkels mit vielen Elektroden. Anhand eines daraus
>erstelltem Plots könnte man vielleicht die Muskelgruppen unterscheiden
>und auch auswerten. Aber das ist nur ein theoretischer Ansatz.

In meinen Vorstellungen habe ich diesen Ansatz gehabt..ich wusste halt 
nur nicht, ob das überhaupt machbar wäre.

Werde wohl das Netzwerk noch weiter stricken müssen, Ärzte etc. 
hinzuziehen. Falls noch jemand weitere Einfälle hat, bitte posten.

Vielen Dank,

Christoph

von Reinhard Kern (Gast)


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Nils schrieb:
> @Reinhard
> Soweit ich richtig informiert bin, funktioniert diese Art von äußerst
> spezifischer Prothesen-Steuerung aber mittels implantierter Elektroden
> (an den jeweiligen synapt. Endungen per Mikro-Chirurgie). Ich denke
> nicht, dass derart spezifische Steuerungen mit Oberflächen-Elektroden
> möglich sind - oder ist man heute so weit, Reinhard?

Hallo,

Verzeihung wenn ich lache, solche Oberflächen-Elektroden (mit 
Verstärker, Filter usw.) wurden schon etwa 1975 oder 1980 gefertigt. Die 
waren etwa markstückgross, wurden von einem Spezialisten an den 
geeignetsten Stellen positioniert (waren aber mit einer Art Strumpf 
abnehmbar), und dazu gehörte auch ein entsprechender Lernprozess, weil 
man nicht sofort damit umgehen kann - was Prothesen wohl allgemein an 
sich haben.

Damals zumindest konnte man mit der Hand greifen, aber soweit ich mich 
erinnern kann nicht einzelne Finger steuern. Es mag sein, dass mit 
implantierten Elektroden mehr möglich ist. Dann ist vielleicht die 
Entwicklung andersrum verlaufen als du vermutet hast.

Gruss Reinhard

von Kenny (Gast)


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So nachdem in diesem Forum mehr Feedback kommt, als im anderen, möcht 
ich mich an dieser Stelle an der Diskussion beteiligen.

Im anderen Thread gings ja nur um die Frage: "Wie kann man 
Muskelaktivität messen?". Aber hier sind wir ja schon etwas weiter.

Nun wenn das Gerät tragbar werden sollte, dann wirds wohl auf Elektroden 
hinauslaufen, da mir kein anderes Verfahren bekannt ist, das eine 
Mobilität in dem Maße erlauben würde.

Im anderen Thread wurde auch gesagt, das ein invasives EMG eher 
unerwünscht ist.

Der TE besitzt weder gute Kenntnisse in der Elektorinik -> kein 
Techniker
Der TE ist auch kein Mediziner.

Im anderen Thread war was von Produktdesigner?! die Rede. Da ist jetzt 
natürlich die Frage ob es hier nur um eine Konzeptstudie geht oder ob 
hier wirklich ein Prototyp realisiert werden sollte.

Wenn ein Prototyp realisiert werden sollte, dann möcht ich gleich klar 
stellen, dass es sich hier um ein medizinisch/diagnostisches Gerät 
handelt und damit um ein Medizingerät und das unterliegt daher erhöhten 
Anforderungen.

Wenn es wirklich nur Batteriebetrieben wird fällt es unter die 
Schutzklasse "Batteriegeräte". Wird das Gerät zusätzlich noch beim Laden 
ans Netz gehängt, muss sichergeställt werden, das das Gerät nicht in 
Betrieb genommen werden kann, sonst muss auch Schutzklasse 1 und/oder 2 
erfüllt werden.

Wenn das Gerät auch von nichtmedizinsichem Personen bedient werden soll, 
dann sieht der Gesetzgeber vor, das das Gerät so konstruiert ist, das 
ein 10 jähriges Kind diese Gerät bedienen kann (Laie = 10 jähriges 
Kind).

Man sieht also, dass das Thema nicht ganz trivial ist. So gesehen würd 
ich gern wissen wo der TE hin will um die Diskussion weiterführen zu 
können.

MfG

von ronny (Gast)


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