Forum: Platinen Viagröße vs Platinendicke


von Robert (Gast)


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Hallo,

ich weiss, dass wenn ein Viadurchmesser zu klein gegenüber der 
Platinendicke ist der Prozess der Durchkontaktierung nicht mehr 
funktioniert. Ist das vom Platinenhersteller abhängig, muss ich das 
erfragen?
Wenn nicht: Mit welchem Verhältnis kann ich rechnen. Die Platine ist 
1,55 mm dick.

Danke!

von ... (Gast)


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Robert schrieb:
> Ist das vom Platinenhersteller abhängig, muss ich das
>
> erfragen?

Jeder vernünftige Leiterplattenhersteller gibt auf seiner Seite 
Layoutvorgaben an.

Robert schrieb:
> Die Platine ist
>
> 1,55 mm dick.

Mein Leiterplattenhersteller macht da lässig 0,6er Pads mit 0,3er 
Bohrung drauf.

von Uwe N. (ex-aetzer)


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Rechne mal mit dem Verhältmis 1:10. D.h. bei 1.55mm Platinenstärke geht 
ein Bohrdurchmesser bis 150µm. Theoretisch kannst du aber durchaus mit 
100µm arbeiten, da der LP-Hersteller sowieso etwas grösser bohrt (weil 
sich in der Galvanik ja ein Cu-Hülse bildet, die den Durchmesser wieder 
verringert).

... schrieb:
> Mein Leiterplattenhersteller macht da lässig 0,6er Pads mit 0,3er
> Bohrung drauf.

Das konnte der auch vor 20 Jahren schon ;-)


Gruss Uwe

von Robert (Gast)


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Okay, dann komm ich also meinen 0,3er Bohrungen lässig hin.

Danke

von Christian B. (luckyfu)


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Uwe N. schrieb:
> Rechne mal mit dem Verhältmis 1:10. D.h. bei 1.55mm Platinenstärke geht
> ein Bohrdurchmesser bis 150µm.

Das mag stimmen, ist aber nicht ratsam das auszunutzen, da es die 
Prozesstabilität negativ beeinflusst was dann in einem Preisaufschlag 
endet. 0,3-er Loch mit 0,6-er Pad ist ein guter Wald- und Wiesenwert. 
Wenns enger wird kann man auf 0,25 runter gehen, kleiner als 0,2 würde 
ich nicht verwenden.


Zur Erklärung:
Zwar bohrt der LP Hersteller das Loch größer, aber wie du ja bereits 
anmerktest wird es danach wieder mit Kupfer auf den Sollwert gebracht. 
Dabei muss man aber bedenken, daß die Aussenlagen einen stärkeren 
Kupferauftrag haben als die Lochwandungen (Etwa Faktor 1:2) Das führt 
dazu, daß sich an den Enden der Löcher "Kragen" bilden die in Richtung 
Lochzentrum wachsen. Ab einem bestimmten Mindestdurchmesser hat man ein 
Problem: Man bekommt die Chemie zwar in das Loch, aber nicht wieder aus 
diesem heraus. Das führt dann früher oder später zu Ausfällen.

Somit ist der minimal mögliche Lochdurchmesser nicht nur von der LP 
Dicke sondern auch vom gewünschten Kupferauftrag an der Lochwandung 
abhängig.
Wie bereits gesagt wurde hat jeder Hersteller diesbezüglich Designrules 
welche sich im sicheren Prozessfenster bewegen. Nach Absprache (und fast 
immer gegen Aufpreis) kann man davon Abweichen. Das ist jedoch nicht 
empfehlenswert und sollte nur gemacht werden, wenn es gar nicht anders 
geht.

Wir routen unsere hochkomplexen Platten mit mindestens 0,2mm Bohrung für 
SBU-Kerne, dk Löcher durch die ganze Platte haben mindestens 0,25mm (bei 
1,55mm Plattendicke)

von ... (Gast)


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Uwe N. schrieb:
> Das konnte der auch vor 20 Jahren schon ;-)

Deshalb macht er das ja auch *lässig.  ;)

von Uwe N. (ex-aetzer)


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Hallo Christian,

das man Toleranzgrenzen nicht unötigerweise ausnutzen sollte ist klar.
Roberts Frage deutete ich aber so, das er die Grenze wissen will - jetzt 
kennt er die.


... schrieb:
> Deshalb macht er das ja auch *lässig.  ;)

Ja nun, ich meinte, das der das vor 20 Jahren bereits "lässig" machte 
...

Gruss Uwe

von Reinhard Kern (Gast)


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Hallo,

die LP werden in der Galvanik hin und her bewegt und damit eine Strömung 
durch die Löcher erzwungen. Daher ist bei normal dicken LP eher das 
Bohren der begrenzende Faktor (ein Hartmetallbohrer mit 0,2 mm ist schon 
eine sehr fragile Angelegenheit) oder anders gesagt, was man zuverlässig 
bohren kann kann man auch durchkontaktieren.

Anders ist das bei Blind Vias, die nicht durch die ganze LP gehen, da 
ist eine Durchströmung nur schwer realisierbar. Daher gilt für diese ein 
maximales Verhältnis Tiefe/Durchmesser (Aspekt Ratio) von etwa 1, daran 
hat sich auch in den letzten Jahren nicht viel geändert. Man kann also 
mit einem 0,3-Bohrer maximal 0,3 mm tief bohren und somit nur die 
äussersten Lagen erreichen. Um bis in die Mitte einer 1,5mm-LP zu 
kommen, müsste man 0,8mm bohren, was jeden Platzvorteil durch Blind Vias 
wieder zunichte machen würde.

Gruss Reinhard

von Christian B. (luckyfu)


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Reinhard Kern schrieb:
> oder anders gesagt, was man zuverlässig
> bohren kann kann man auch durchkontaktieren.

was ich nicht unterschreiben würde...
Es ist egal, ob die Platine dabei durchs Bad gezogen (hin und her 
geschwenkt) wird oder nicht. Dient dieses doch in erster Linie dem 
Vermeiden von Ausfällen durch Gasblasen (Die Badumwälzung könnte auch 
eine Strömungspumpe erledigen). Ausserdem gibt es ja auch 
unterschiedliche Verfahren, man muss die Platte nicht zwingend in ein 
Bad hängen, man kann sie auch durch einen Plater jagen, vollkommen 
anderes Verfahren aber identische Probleme bei den Lochdurchmessern. Das 
Problem ist einfach, daß in der Galvanik das Kupfer von den Aussenseiten 
zur Platinenmitte wächst. Dies ergibt somit eine "Bauchige" Form des 
Vias, welche dann an den Enden mehr Kupfer aufgetragen hat als in der 
Mitte. Bis zu einem gewissen Mindestdurchmesser ist das kein Problem, 
unterschreitet man diesen jedoch hat man eine erhöhte Ausschussrate beim 
Hersteller als auch im Betrieb später. Wieso schrieb ich ja bereits 
weiter oben.
Allerdings solltest du, als LP Hersteller das doch wissen.

Sacklöcher haben durchaus auch ihre Daseinsberechtigung (Kosten der 
Herstellung zumeisst, da sie billiger sind als eine 2. Verpressung aber 
dennoch einen gewissen Platzvorteil bieten), ich arbeite hier bei 
dichteren Designs jedoch ausschließlich mit HDI SBU Aufbauten. Dort kann 
man relativ kleinen Kernlöchern arbeiten und die Aussenlagen per Laser 
bohren. Das Wissen hilft dem Threadersteller jedoch nicht und eigentlich 
ist seine Frage ja schon beantwortet worden.

Was vielleicht noch nützlich zu wissen währe ist der spätere 
Einsatzzweck der Schaltung, daraus leitet sich dann die passende IPC 
Klasse ab welche dann beim Hersteller wiederum bestimmte Designrules 
besitzt.

von Reinhard Kern (Gast)


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Christian B. schrieb:
> Es ist egal, ob die Platine dabei durchs Bad gezogen (hin und her
> geschwenkt) wird oder nicht. Dient dieses doch in erster Linie dem
> Vermeiden von Ausfällen durch Gasblasen (Die Badumwälzung könnte auch
> eine Strömungspumpe erledigen).

Hallo,

das ist ganz und gar unzutreffend, auch wenn du später richtige 
Schlussfolgerungen ziehst. Metallabscheidung ist nur möglich, wenn der 
Elektrolyt auch Metall enthält, und logischerweise wird das bei der 
Abscheidung weniger, es muss also frischer Elektrolyt nachgeliefert 
werden: eines der grundlegenden Probleme in der Galvanik. Dass in der 
Mitte eines engen Bohrlochs die Nachlieferung behindert ist, ist wohl 
intuitiv verständlich, daher scheidet sich dort weniger Metall ab. Dazu 
kommt natürlich noch die elektrische Feldverteilung, aber die Bäder sind 
so konzipiert, dass Feldeffekte durch entsprechende Diffusionshemmung 
möglichst unterdrückt werden.

Wie eine Umwälzpumpe die Strömungsverhältnisse in einer 0,3mm-Bohrung 
verändern soll, ist mir unverständlich. Leiterplatten werden auch nicht 
hin und her bewegt, um das Bad umzuwälzen, das wäre ja ein geradezu 
hirnrissiger Aufwand, aber die Umwälzung erledigt sich nebenher mit.

Gruss Reinhard

von Christian B. (luckyfu)


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Die Umwältzpumpe war ja nur ein Beispiel. Tut mir leid wenn ichs nicht 
richtig wiedergab.

Was die Abscheidung angeht: mir wurde es von den Galvanikern so erzählt 
(Die Platinenbewegung dient in erster Linie der Umwälzung und Luftblasen 
Entfernung), sicherlich spielen andere Faktoren auch eine Rolle aber das 
Grundproblem ist immer gleich, wo viel Kupfer ist da lagert sich auch 
viel an (Aussenlagen gegenüber Vias). Das Problem hat man ja 
insbesondere auch bei, von wenigen, feinen Leiterzügen, durchzogenen 
Masseflächen. Die Masseflächen werden schnell dicker, während die 
Leiterzüge "verhungern". Das liegt aber mit Sicherheit nicht daran, daß 
weniger Elektrolyt an diese kommt. Da sie ja an 3 Seiten Kontakt zum 
Elektrolyt haben müssten sie, nach deiner Theorie, ja eigentlich sogar 
stärker wachsen als die Masseflächen, die im Mittel nur eine 
Kontaktfläche haben. Oder hab ich hier wieder nen Denkfehler?

von Reinhard Kern (Gast)


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Christian B. schrieb:
> .... Da sie ja an 3 Seiten Kontakt zum
> Elektrolyt haben müssten sie, nach deiner Theorie, ja eigentlich sogar
> stärker wachsen als die Masseflächen, die im Mittel nur eine
> Kontaktfläche haben. Oder hab ich hier wieder nen Denkfehler?

Hallo,

die haben keine 3 Seiten Kontakt - vielmehr befinden sich Leiterbahnen 
am Grund eines Grabens im entwickelten Fotolack, was bez. 
Elektrolytzutritt den gegenteiligen Effekt hat. Bei den üblichen 
Verhältnissen wächst die Leiterbahn gerade so bis zur Oberfläche des 
Lacks, was durchaus erwünscht ist, denn dann erzwingt der Lack eine 
definierte Flanke. Ist der Lack dünner, wachsen die Leiterbahnen 
pilzförmig darüber hinaus.

Ein ganz anderes Thema ist die Feldverteilung, die sich natürlich auch 
auf die Abscheidung auswirkt: erhöhte Feldstärken treten überall auf, wo 
sich die Kupferdichte stark ändert, besonders auch an den Kanten. Daher 
kann es passieren, dass die äusseren Teile "verbrennen", d.h. es wird Cu 
porös abgeschieden. Besonders schwierig sind LP mit einseitigen Flächen. 
Dem kann man nur entgegenwirken, indem man Blenden einsetzt und/oder den 
Strom auf Vorder- und Rückseite getrennt regelt. Aber: unsymmetrische 
Auslegungen sind immer Mist!

Gruss Reinhard

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