Forum: HF, Funk und Felder HF Verstärker schwingt bei 150MHz - Wie kompensieren?


von lernender (Gast)


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Hallo.

Ich versuche gerade in das Thema Mikrowellenelektronik einzusteigen und 
haben in Agilent ADS einen Verstärker für 2.45 GHz entworfen. Dieser ist 
im Bild zu sehen. Das Signal kommt von links und wird nach rechts 
verstärkt. Oben ist die Biasspannung die man einstellen kann und unten 
die Versorgungsspannung. Das ganze stellt vereinfacht betrachtet wohl 
eine Art Emitter Schaltung, aber als HF-Version dar.

Problem ist jetzt, dass das ganze ohne Eingangssignal in der Simulation 
bei etwa 150MHz schwingt. In der S-Paramteranalyse sind bei dieser 
Frequenz positive Reflektionsfaktoren S11 und S22 zu sehen. Die 
Schwingung kommt definitiv durch die beiden Biaspfade, die mit dem 
Transistor irgendwie einen Resonanzkreis bilden.

Es ist natürlich müßig darüber zu Philosophieren wie nah die Ergebnisse 
an der Realität sind, weil die Spannungsquelle ja nicht direkt an den 
Pads bzw. den 0.5cm*0.5cm MLINs angeschlossen ist.
Die Spannungsquellen muss man sich ja mit Innenwiderstand, 
Induktivitäten durch die Zuleitungskabel und vermutlich noch anderen 
Parasiten vorstellen. Und lange Leitungen haben in der Simulation den 
Effekt der Schwingens verringert, so dass die Schaltung nach ein paar ns 
eingeschwungen war. (Dazu habe ich vor die Spannungsquelle einfach 
Induktivitäten, Widerstände und noch 50cm MLINs geschaltet.)

Aber trotzdem würde mich interessieren wie man in der HF-Welt solche 
Störungen vermeiden und evtl. kompensieren kann. Spannungsquelle auf der 
Platine mit Kondensatoren blocken? Induktivitäten in Serie dazu 
schalten?

Mein erster Gedanke war es eine Spule mit möglichst großer Induktivität 
vor die Versorgungsspannung zu schalten, allerdings sind Induktivitäten 
bei diesen Frequenzen wohl eher Kapazitäten...daher wird das wohl 
nichts.

von Purzel H. (hacky)


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Was ist denn das Ziel ? Wieviele dB, welche Bandbreite, welche Leistung, 
welche Rauschzahl ? Fuer Standardanwendungen wuerde ich einen MAR6 oder 
so hervorziehen.

Wenn man mit Reaktanzen arbeitet, ist das Design nicht breitbandig. Mir 
haett's etwas viel Reaktanzen auf dem Schema...

von lernender (Gast)


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Es soll mal ein Power Amplifier als Einzeltransistorschaltung werden. 
Ich wollte erstmal schauen wie weit ich mit einem Bipolartransistor 
komme, der leicht zu beschaffen ist. Später möchte ich einen HEMT 
Transistor benutzen, aber da die doch recht teuer sind soll das hier ein 
erster Testaufbau werden.

Daher möchte ich keinen fertigen kompletten Verstärker benutzen wie es 
der MAR6 ja zu sein scheint.

Der Transistor den ich da gefunden habe, hat nach Hersteller angaben nur 
noch 5 dB bei 2.4 GHz, ich komme mit der Schaltung auf 4.6dB. Was dann 
ja etwas mehr als einer Leistungsverdopplung entspricht. Das reicht fürs 
erste.

Die Bandbreite soll nur sehr schmal sein, etwa 2.45 GHz +- 50 MHz. 
Rauchzahl ist auch erstmal egal. Es ging jetzt im Prinzip nur darum eine 
Anpassstruktur und das Biasing mit geätzten Leitungselementen zu 
realisieren.

Vielleicht sollte ich noch erwähnen, dass die Schaltung mit maximal 10mV 
am Ausgang schwingt. Ich schätze diese kleinen Spannungen und Ströme die 
dann in der Schaltung auftreten würden real auch durch die 
Leitungswiderstände und Induktivitäten gedrosselt. Aber welche 
Bauelemente könnte man wo einbauen, um die Oszillation von Bias- zu 
Supply-Spannungsquelle zu unterdrücken?

von Martin L. (Gast)


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Wenn etwas schwingt ist idR. S11 oder S22 >0dB. Damit hat man einen 
negativen Realteil und schuppdiwup werden die parasitären Schwingkreise 
entdämpft.
Was man also machen muss, ist bei den Frequenzen welche ein S11/S22 >1 
ist einen resistiven Anteil hinzuzufügen. Oftmals sieht man das als 
Widerstand welcher mit einem Schwingkreis überbrückt ist. Entweder in 
Serie oder paralell.

Ohne Widerstand geht es nicht. Man kann dann zwar die negativen 
Realteile verschieben aber sie gehen nicht weg :)

Viele Grüße,
 Martin L.

von lernender (Gast)


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Danke Martin, das klingt sehr einleuchtend. Ich habe jetzt mal 
Serienwiderstände von je 1 Ohm vor die beiden Spannungsquellen 
geschaltet, jetzt bekomme ich keine positiven S11 und S22 werte mehr.
Ich probiere den Aufbau dann erstmal so aus. Die Spannungsquellen haben 
von sich aus ja schon einen kleinen Innenwiderstand. Zwar kleiner als 1 
Ohm, aber mal schauen, ob es überhaupt schwingt, falls ja baue ich dann 
noch 1 Ohm von Hand ein. Über die fallen ja auch kaum Leistung ab. Der 
DC Strom beträgt gerade mal 100mA.

von Martin L. (Gast)


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Hallo,

schön, dass es dort funktioniert. Da beeinflusst es das Nutzband nicht. 
In einem realen Aufbau würde ich aber nach dem Serienwiderstand (in 
Richtung Spannungsquelle) unbedingt noch ein Abblock-C vorsehen damit 
die Induktivität der Bias-Versorgung Dir nicht die niedrige Impedanz 
welche die Quelle in der Simulation hat verdirbt.

Viele Grüße,
 Martin L.

von Helmut S. (helmuts)


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Warum hat die 0,9V Spannungsquelle an der Basis keinen Serienwiderstand?
Da kann man doch locker bei so kleinen Strömen 50 oder 100Ohm einabuen 
oder sollte da Kurzschluss plus lambda/4-Leitung einen unendlicher 
Widerstand ergeben?

von Martin L. (Gast)


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Hallo,

> oder sollte da Kurzschluss plus lambda/4-Leitung einen unendlicher
> Widerstand ergeben?

Ja. So wird das üblicherweise gemacht. Das funktioniert aber nur bei den 
entsprechenden Frequenzen bei der die Leitung lambda/4 bzw. ganzahlige 
Vielfache lang ist. Das was man aber trotzdem beachten muss ist, dass es 
immer ein reaktiver unendlicher Widerstand ist. Er also hat keinen 
Realanteil. (Wenn man die Leitungen als verlustlos annimmt)

Viele Grüße,
 Martin L.

von Purzel H. (hacky)


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Bei 50MHz Bandbeite bei 2.4GHz sollte man mehr Verstaerkung erreichen. 
Man muss ja nur resonant arbeiten. Eine Guete von 30 sollte drinliegen. 
Dann sind die 150MHz auch weg.

von Peter (Gast)


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Wie kommst Du auf diese komplexe Beschaltung? Gefühlsmässig würde ich 
sagen, da könnte man 75% der Elemente einsparen (und somit auch 
unerwüntschte Resonanzen)

von Martin L. (Gast)


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Hallo,

Peter schrieb:
> Wie kommst Du auf diese komplexe Beschaltung? Gefühlsmässig würde ich
> sagen, da könnte man 75% der Elemente einsparen (und somit auch
> unerwüntschte Resonanzen)

Also für mich sieht das nach einem recht straigt forward entworfenen 
Verstärker aus. (Wobei mit den vielen Variablen wohl viel probiert wurde 
was aber in dem Business oft nicht zu vermeiden ist)

Man braucht ja für die konzentrierten Bauelemente 
Anschlussleitungen/Pads welche man als Leitung in die Simulation bringen 
muss.
Dann die Leistungs-/Rauschanpassung mit einem Stub und die 
Biaseinspeisung welche durch lambda/4 Leitungen und radial Stubs 
entkoppelt ist.
Was würdest Du dort weglassen? (Ausser L15/L16 und entsprechende 
zusammenfassen?)

Viele Grüße,
 Martin L.

von lernender (Gast)


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L15/L16 ist eine Mikrostreifenleitung und ein Lötpad. Wir machen das am 
Lehrstuhl immer so, dass wir Lötflecken in die Schaltung bauen, an die 
mit Drähten einfach die gewünschte Spannung angelegt wird und am Rand 
der Platine ist dann eine Leiste mit 2mm Bananensteckerbuchsen, an die 
man alles anschließt. Insofern wird zusammenfassen schwierig.

Aber ich hab grad etwas den Faden verloren.

Erstmal: ja das Design ist wohl als straight-forward zu bezeichnen. Ich 
habe in der Literatur dieses "standard" Layout gefunden, mit dem man die 
Impedanzanpassung erreicht. Es entspricht im Prinzip einem Kondensator 
gegen Masse mit einer Spule in Serie, die dann am Ein- und Ausgang an 
den Transistor angeschlossen wird.

Die Biasleitungen entsprechen quasi einer RF-Drossel...also extrem 
hochohmig für hohe Frequenzen. Genauer gesagt sind es zwei lambda/4 
Leitungen in Reihe. Der Stub ist eine etwas breitbandigere lambda/4 
Leitung. Es ist also eine breitbandige lambda/2 Leitung, die für die 
Ausgelegte Frequenz ein Leerlauf darstellt. So habe ich das zumindest 
verstanden.

Abblockkondensatoren habe ich eingebaut, die sind nur nicht im 
Schaltplan zu sehen. Ich habe 10nF, 100nF und 100µF an jeder Quelle.

Wieso soll ich vor die Quelle noch einen Serienwiderstand bauen?


Das von hacky hab ich nicht ganz verstanden:
"Bei 50MHz Bandbeite bei 2.4GHz sollte man mehr Verstaerkung erreichen."

Mehr Verstärkung ja, allerdings ist vom Hersteller bei der Frequenz nur 
5.5dB angegeben und leider war das der beste Bipolartransistor, den ich 
gefunden habe. In der zweiten Version werde ich dann für Leistung 
optimieren, es ging jetzt nur um das HF-Layout.

Und was sollte das heißen:
"Man muss ja nur resonant arbeiten."

Meinst du man hängt an den Emitter einen Resonator z.b. Schwingkreis für 
die Frequenz? Ich habe das schon bei LNA Layouts gesehen, bei denen die 
Transistoren auf einen Schwingkreis gearbeitet haben. Meintest du sowas?

von lernender (Gast)


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Hallo.

Ich habe das ganze gerade mal fertig aufgebaut. Am Anfang schwang es 
sehr stärk...viel stärker als in der Simulation angegeben (über 10V 
Amplitude), aber erst nachdem ein bestimmter Schwellwert der 
Biasspannung überschritten wurde.

Ich habe jetzt vor die Versorgungsspannungsquelle die im Layout zu sehen 
sind je 10 Ohm gesetzt, jetzt sind es nur noch ca 80mV mit denen es da 
schwingt. Wie könnte ich das noch weiter reduzieren?

von Martin L. (Gast)


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Hallo,

wenn der Transistor so stark schwingt, musst Du aufpassen, dass er nicht 
zu heiß wird und vor allem, dass Dein Messgerät nicht kaputt geht.
Dann wäre die Frage, mit was Du gemessen hast. Wenn Du die Amplitude so 
genau kennst liegt Oszilloskop nahe. Das wiederum hat aber keinen 
besonders guten 50 Ohm Abschluss.
Auch ist noch offen wie der Eingang während der Messung beschaltet war. 
Weiter wäre zu klären ob Du die Simulation nur mit dem Spice-Model 
gemacht hast oder ob Du auch mal eine lineare Analyse mit den vom 
Hersteller angebotenen S-Parameter gemacht hast.

Was mich aber wundert ist, dass Du dem Augenschein so wenig 
Unterstützung von Deinem Lehrstuhl bekommst. Woran liegt das?

Viele Grüße,
 Martin L.

von lernender (Gast)


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Ja es war ein Oszilloskop, das kann gut sein, dass es Einfluss auf die 
Amplitude hat, aber ich glaube nicht dass es das Schwingen beeinflusst 
oder gar erzeugt.

Ich hab das ganze auch mit einem S-Parameter File für den oben erzeugten 
Arbeitspunkt simuliert. Da produzierten das Spice Modell und das 
S-Parameter File dieselben Ergebnisse.

Ich bekomme ja Unterstützung, kann ja jederzeit da vorbei und Fragen 
stellen etc., aber war halt über WE noch nicht wieder da. Ich werde das 
die Tage mal in der Uni an eines der HF-Oszilloskope hängen, da weiß ich 
dass die ziemlich genau 50 Ohm haben wenn man es denn will und nicht 
High Z eingestellt hat.

von Martin L. (Gast)


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Hallo,

trotzdem wäre das geeignetere Messgerät ein Spektrumsanalysator mit 20dB 
Dämpungsglied vor dem Eingang. Denn wer weiß ob die Schaltung nicht auch 
noch bei anderen Frequenzen schwingt was man auf dem Oszilloskop nicht 
sieht.
Wie gesagt - ganz wichtig auch einen Dummyload/Abschluss an den Eingang. 
Kannst Du mal die Stabilitätskreise für die kritische Frequenz posten?

Viele Grüße,
 Martin L.

von lernender (Gast)


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Was muss man plotten, um die Stabilitätskreise zu erhalten?

von Martin L. (Gast)


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Hallo,

in ADS gibt es dafür IMHO ein eigenes Simulations-Item. Stability 
Circles oder ähnlich. Ansonsten findest Du unter dem Stichwort auch in 
der Hilfe etwas passendes.

Viele Grüße,
 Martin L.

von lernender (Gast)


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Bin mir nicht sicher ob das richtig ist. Es heißt auf jedenfall so. Aber 
für mich sind diese Kreise neu, was erkennt man daraus?

von Martin L. (Gast)


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Hallo,

die Kreise werden üblicherweise im Smith-Chart gezeichnet und dieses 
dann so skaliert, dass man den Reflektionsfaktor nur bis Gama=1 sieht. 
(Also die normale Ansicht)
Dann plottet man nur zwei oder drei Kreise für die interessanten 
Frequenzen. Wenn der Kreis den Einheitskreis vom Smith-Chart schneidet, 
weiß man, dass der Verstärker nur bedingt stabil ist.

Der Kreis trennt dann die Ein-/ bzw. Ausgangsimpedanz (je nachdem 
welchen Kreis man hat zeichnen lassen) in das Impedanzgebiet bei dem der 
Verstärker stabil ist und das bei dem er schwingt.
Wenn man z.B. 
http://www.maxim-ic.com/images/appnotes/1852/1852Fig12-6.jpg ansieht, 
erkennt man, dass der Verstärker bei 50Ohm Abschluss am Eingang stabil 
arbeitet. Wenn der Eingang jedoch kapazitiv belastet wird (mit einer 
nicht zu kleinen Kapazität) wird er schwingen.

Soetwas will man in der Realität idR. vermeiden weil man durch 
Leitungstransformation von nicht perfekten Abschlüssen eine ganze Menge 
Impedanzen bekommt die dann ggf. im instabilen Bereich liegen.
Akzeptabel ist es idR. nur dann, wenn diese bedingte Stabilität in 
Zwischenstufen wie z.B. einem Treiber für eine Endstufe auftritt und man 
klar definierte Impedanzverhältnisse hat die sich nicht ändern können.

Viele Grüße,
 Martin L.

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