Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik (Unüber-)hörbare Störungen aus dem Stromnetz, seltsames Muster


von Jonas P. (jox)


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Hallo Leute,

ich wundere mich schon seit geraumer Zeit über gewisse Geräusche, die 
immer mal wieder aus irgendwelchen Netzbetriebenen Audio-Geräten kommen. 
Am vertrautesten ist es aus dem Gitarrenverstärker. Ich erlebe es zu 
Hause, im Übungsraum und an anderen Orten zu jeder Tages- und Nachtzeit 
(Großstadt Berlin).

Es ist ein spezifisches Surren mit mehr oder weniger (un)regelmäßigen 
Unterbrechungen. Von der Rythmik her klingts ein wenig nach sehr 
langsamem Morsen. Es tritt unregelmäßig auf, manchmal etwa alle 20-40 
Minuten für ein paar Sekunden bis zu einer Minute, dann wieder ein paar 
Stunden gar nicht. Für eine Hörprobe bitte mal Anhang 
"2-Netzspannung-50HzNotch.mp3" anhören.

Das größte Problem und schokierende für mich ist, dass diese obszönen 
Signale nun neuerdings auch aus meinen (aktiven) Studiomonitoren zu 
hören sind.

Lange Zeit hab ich es für irgendwelche HF-Einstreuungen o.Ä. gehalten. 
Konnte es aber inzwischen auf die Netzspannung zurückführen.

Ich habe dazu ein paar Anhänge vorbereitet:

1 - (MP3) Die Netzspannung mit Störung als Waveform
    (aufgezeichnet über einen Trafo).
2 - (MP3) Das gleiche mit 50 Hz Notchfilter. Also im Prinzip
    die reinen Verunreinigungen. Gut zum Anhören.
3 - (PNG) Die Hüllkurve der Störungen (ungewöhnlich langes
    Exemplar: 1 Min.).
4 - (PNG) Das gleiche im Detail mit ein paar Beschriftungen.
5 - (AVI) FFT-Darstellung eines Störungsintervals.
6 - (AVI) Oszi-Darstellung eines Störungsintervals.

In den Bildern sieht man gut, das die Störungen eine gewisse Ordnung 
haben. Außerdem erkennt man das innewohnende Schwingen bei ca. 1,4 Hertz 
(ist auch zu hören und in der FFT-Darstellung zu sehen).

Hat jemand eine Ahnung wo das herkommen könnte? Und/oder wie mans weg 
bekommt?

Vom Mobiltelefon kommt es übrigens nicht. Jedenfalls nach meinem 
Ermessen.

Bin sehr gespannt ob sich das aufklärt.

von tex (Gast)


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Die Netzversorger benutzen diese Signale um Steuerungsvorgänge 
auszulösen.
Such mal nach Rundsteuertechnik.
Ein weiterer Störenfried, aber meist räumlich sehr begrenzt ist der BJ 
Powerbus.
Auch das gerne zum Einsatz gebrachte UFO von Kathrein bedient sich 
dieser Signaltechnik.

von Sven W. (Firma: basement industries) (dj8nw)


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Also für Telegrafie ist das eindeutig zu langsam, das könnte ja keiner 
mehr anständig hören! Schließ ich für mich jetzt mal aus....

Das Audio erinnert mich irgendwie daran, dass etwas in deiner Nähe ganz 
schön gewaltig was abstrahlt, wie z.B. irgend ein defektes 
Vorschaltgerät oder vielleicht ein Starter, der immer versucht die 
Leuchte zum zünden zu bringen?

Oder jemand schweißt in Deiner Umgebung....
Ansonsten mal bei Deinem EVU anfragen mit Bitte um Klärung?

Gruß, Sven

von Bierhaubitze (Gast)


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Wir bekommen ähnliche störungen wenn wir große Lasten (normales 
Parlicht) mit Phasenanschnittsdimmern (die meisten in der Bühnentechnik) 
betreiben auf unseren Bühnen. Hast du irgendwo in der nähe etwas 
eventuell mit solchen dimmern arbeiten könnte? Discothek, Irgendeine art 
von Lager- oder Produktionshalle?
Mit fallen da spontan 4 Lösungsansätze ein:
1. Wir trennen immer peinlichst genau die Licht und Ton Phasen, damit 
wir dieses schöne Brummen nicht rein kriegen, könntest du auch machen, 
einfach mal eine andere Phase testen, musst dann halt mal guckenwelche 
Phase wo bei dir im Haus verteilt ist und mal nen verlängerungskabel 
legen.
2. Galvanikentkoppler, diese dinger kosten nicht viel und kriegen 
relativ viel in den griff, ob dieses brummen auch dazu gehört ist 
fraglich, aber bei dem geringen preis durchaus mal ein versuch wert.
3. Trenntrafos, die wohl teuerste methode, aber immerhin bist du dann 
komplett getrennt vom Stromnetz und es darf (eigentlich) kein brummen 
mehr kommen.
4. melde es deinem Stromversorger und tritt ihm ordentlich in den 
Hintern das er sich darum kümmern soll

1-3 ist nur Wirkungsbekämpfung, die wirkliche Ursache kann 
wahrscheinlich nur dein Stromversorger herausfinden


Gruß
  Bierhaubitze

von Lothar M. (Firma: Titel) (lkmiller) (Moderator) Benutzerseite


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Bierhaubitze schrieb:
> 3. Trenntrafos, die wohl teuerste methode, aber immerhin bist du dann
> komplett getrennt vom Stromnetz und es darf (eigentlich) kein brummen
> mehr kommen.
Nicht ganz, denn immerhin soll ja der Strom vom Netz kommen... ;-)
Und wenn die Störungen ausreichend hochfrequent sind, koppeln die auch 
im Trenntrafo über. Erst wenn man weiß, was das eigentlich ist, kann man 
mit vertretbarem Aufwand was dagegen tun...

von dr.prof.schlau (Gast)


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Aloha.
In Köln gibt's die auch. Ich hatte schon sämtliche Geräte untersucht und 
tippte auf meinen Subwoofer (auf Standby). Die Geräusche kann ich nur 
abstellen, wenn ich den Fernseher stromlos mache. Ausschalten alleine 
half nicht. Teilweise sind sie so laut, dass man dabei nicht einschlafen 
kann. Wenn es wirklich vom Versorger kommen sollte, ist das schon eine 
nicht hinnehmbare Belästigung.

von byte (Gast)


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Würde sagen die üblichen Verdächtigen. Rundsteuersender/empfänger, 
Powerline, sämtliche Leistungselektronik in der Nähe 
(Industriebetriebe), Funkeinstrahlungen, evtl. Effekte aus Einspeisungen 
(Solar, Wind, etc.)
Guck dir mal die Rundsteuerempfänger an.

Vielleicht kannst du das Messtechnisch noch ein wenig eingrenzen.. 
verschiedene Orte messen mit Signalstärke etc.

=> http://www.rundsteuerung.de/html/grundlagen.html

Ich zitiere mal...

> Übertragung
> Die Rundsteueranlage dient zur Fernsteuerung von Verbrauchern im
> Energieversorgungsnetz des EVU. Als Übertragungsweg wird das normale
> Energieversorgungsnetz verwendet. Die Übertragung der Steuerbefehle
> erfolgt durch Impulsfolgen im Bereich von 167 bis ca. 2000 Hz, die der
> 50-Hz-Spannung mit einer Amplitude von ca. 1...8% der jeweiligen
> Netznennspannung überlagert sind. Die Tonfrequenz wird zur Übertragung
> nach einem Code (Impulsraster) ein- und ausgeschaltet, wodurch
> ein "Telegramm" entsteht. Dem fernzusteuernden Verbraucher ist ein
> spezieller Empfänger (Rundsteuerempfänger) vorgeschaltet, der die
> Impulstelegramme wieder aus dem Netz ausfiltert und daraus die
> gewünschte Steuerinformation ableitet.

von byte (Gast)


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Interessante Seite. Hier eine Übersicht welche Städte in Dland was 
verwenden
=> http://www.rundsteuerung.de/html/freq_d.html

> Berlin Vattenfall Europe AG Bewag AG  750 P10,P6 Zellweger, Decabit
> Berlin Vattenfall Europe AG Energieversorgung Berlin AG (EBAG) 220
> Freq.reserviert

Und hier die entsprechende Technik
=> http://www.rundsteuerung.de/html/traimpra.html

Siehe dann weiter unten unter Zellweger, Decabit.

Evtl. hilft dir das weiter.

von oszi40 (Gast)


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Da es im Sekundenbereich liegt, hätte ich auch mal über E-Heizung und 
Laserdrucker in der Nähe nachgedacht. Da es aber an verschiedenen Orten 
in Berlin ist, wäre die Frage, ob zufällig die U-Bahn/Eisenbahn in der 
Nähe ist? Da gibt es auch wunderliche Effekte.

von Jonas P. (jox)


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Vielen Dank für die Antworten!

Also das mit der Rundsteuertechnik wird es sein! Das passt ja von den 
Spezifikationen genau ins Bild. Die 750 Hz von Vattenfall in Berlin und 
die 600 ms Intervalle von Zellweger Decabit.

Bei Wikipedia lese ich dazu noch folgendes:

"Dem fernzusteuernden Verbraucher ist ein spezieller Empfänger 
(Rundsteuerempfänger) vorgeschaltet, der die Impulstelegramme wieder aus 
dem Netz ausfiltert und daraus die gewünschte Steuerinformation 
ableitet."

(http://de.wikipedia.org/wiki/Rundsteuertechnik)

Das mit dem rausfiltern scheint ja wohl nicht so ganz zu klappen...

Ich muss dazu noch sagen, dass hier in der Wohnung (Altbau) eine uralte 
Hauselektrik mit klassischer Nullung vorliegt. Kein FI und nix. Wie es 
allgemein im Hauses aussieht weiß ich nicht (der Mietvertrag hier läuft 
schon um die 20 Jahre). Andererseits habe ich die Signale wie gesagt 
auch schon an vielen anderen Orten wahrgenommen.

Wo sind denn solche Rundsteuer-Empfänger generell zu finden? Direkt in 
den Wohnungen, zentral im Haus, oder eher noch weiter entfernt?

Ich glaub ich ruf mal meinen Versorger an.

von oszi40 (Gast)


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dr.prof.schlau schrieb:
> Wenn es wirklich vom Versorger kommen sollte, ist das schon eine
> nicht hinnehmbare Belästigung.

Nicht vertragsgemäße Lieferung der Energie?
Es wurden 230V 50 Hz bestellt. EN ...

von Jonas P. (jox)


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Hab mit Vattenfall telefoniert. Erst mit dem Kundenservice, dann mit dem 
Störungsdienst. Letzterer hat sich meine Telefonnummer notiert und will 
sich dem Problem annehmen. Mal sehen was dabei rauskommt...

von Jonas P. (jox)


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Jonas P. schrieb:
> Bei Wikipedia lese ich dazu noch folgendes:

bzw.

byte schrieb:
> Ich zitiere mal...

von Jonas P. (jox)


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Hab es mal nach folgender Decabit-Code-Tabelle entschlüsselt:

http://www.rundsteuerung.de/html/decabit.html

Jetzt sollte kein Zweifel mehr bestehen.

von Bierhaubitze (Gast)


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Solche Verbraucher können z.b. Nachtspeicheröfen, also Elektroheizungen 
sein

von DC9DT (Gast)


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Danke für die Messungen
Ich habe genau die selben Störungen, aber nur aus 2 älteren aktiven PC 
Lautsprechern.
Ich vermute, daß die Schaltfrequenz des Schaltnetzteils aus dem Takt 
gerät
und dann die Siebung nicht mehr ausreicht

Mit meinen neuen PC-Lautsprechern höre ich nichts mehr.

DC9DT
Erich aus Köln.

von Bernd K. (bmk)


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DC9DT schrieb:
> Ich habe genau die selben Störungen, aber nur aus 2 älteren aktiven PC
> Lautsprechern.
> Ich vermute, daß die Schaltfrequenz des Schaltnetzteils aus dem Takt
> gerät

Ich schätze, das hängt auch damit zusammen, wenn die Resonanzfrequenz
des verwendeten Lautsprechers um die 750 Hz liegt. Wenn dann minimal
Netzfrequenz eingekoppelt wird, verstärkt der diese Rundsteuerfrequenz
bestmöglich hörbar.

Ich hatte hier mal einen Tischventilator, bei dem diese 750 Hz gut
hörbar waren. Das führe ich auf die Ventilatorblätter zurück, deren
akustische Resonanzfrequenz wohl auch in dem passenden Bereich lagen.

von Ueli Grüninger (Gast)


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Hallo
Hier in der Schweiz am Bodensee habe ich auch so ein Problem.
Ich habe einen Deckenlüfter von Westinghouse. Im Betrieb höre ich die 
Geräusche nicht. Habe ich aber den Lüfter ausgeschaltet aber nicht vom 
Strom getrennt kommt es nach einem nicht bekannten Muster zu Geräuschen, 
welche aus dem Gehäuse des Lüfters kommen. Das einzige was hilft ist das 
trennen des Lüfters vom Netz. Ich möchte auch etwas dagegen unternehmen, 
weiss aber im Moment nicht was.
Freundliche Grüsse
Ueli

von nachtmix (Gast)


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Ueli Grüninger schrieb:
> Hier in der Schweiz am Bodensee habe ich auch so ein Problem.

In deiner Schilderung sind zu viele Unbekannte.
Wenn du die Zuleitung umpolen kannst, dann probier das mal aus, denn 
evtl. stehen nach dem "Ausschalten" noch Bauteile unter Spannung, weil 
du nur den N unterbrichst anstatt L oder beide.

von Matthias S. (Firma: matzetronics) (mschoeldgen)


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Ueli Grüninger schrieb:
> Ich möchte auch etwas dagegen unternehmen,
> weiss aber im Moment nicht was.

Wenn du den Ventilator über einen Frequenzumrichter betreibst, sind 
diese Störungen garantiert weg. Allerdings kann es je nach PWM Frequenz 
zu Störungen durch den FU kommen. Mein Westinghouse jedenfalls ist bei 
14kHz PWM Frequenz, eingestellt am FU, lautlos.

von Peter D. (peda)


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Ueli Grüninger schrieb:
> Hallo
> Hier in der Schweiz am Bodensee habe ich auch so ein Problem.

Dann solltest Du nicht einen uralten Thread kapern, sondern einen neuen 
aufmachen. Viele lesen nur die ersten Postings und antworten darauf.

Ueli Grüninger schrieb:
> Ich habe einen Deckenlüfter von Westinghouse.

Westinghouse gibt es seit 1886.
Ist der Lüfter noch von 1886?
Der hat doch bestimmt ein Typenschild mit der genauen Bezeichnung.

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