Forum: Digitale Signalverarbeitung / DSP / Machine Learning MP3 akustisch erkennen?


von Frank (Gast)


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MP3 verdankt die relative Kleinheit der Dateien zu einem großen Teil der 
Datenreduktion nach dem sog. "psychoakustischen Hörmodell". D.h. aus dem 
Frequenzgemisch werden gezielt Teile entfernt, die der Mensch sowieso 
nicht wahrnimmt oder zumindest nicht deutlich vermisst.

Da müsste es doch möglich sein, mit technischen Mitteln festzustellen, 
ob man z.B. im Radio oder in der Disco "fullspektrum"-Sound angeboten 
bekommt oder teilamputierte MP3s?

Ich habe mal irgendwo gelesen, dass das Gehirn schneller ermüdet, wenn 
es quasi die Lücken im MP3-Spektrum im Unterbeweusstsein wieder 
auffüllen muss (im Gegensatz zu vollständigem Sound) ...

Frank

: Verschoben durch Admin
von Andreas S. (andreas) (Admin) Benutzerseite


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Frank schrieb:
> D.h. aus dem Frequenzgemisch werden gezielt Teile entfernt

Stimmt nicht ganz; die Frequenzbaender werden unterschiedlich fein 
quantisiert, so dass das Quantisierungsrauschen in jedem Frequenzband 
unter der Wahrnehmungsschwelle liegt. Dabei wird Information 
weggeworfen, aber nicht unbedingt Signalenergie. Am Spektrum wirst du 
also nicht so einfach erkennen ob MP3-codiert wurde oder nicht.

von MaWin (Gast)


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Im Prinzip: Erneut MP3 codieren und dabei ermitteln, ob das Signal 
(direktvergleich) noch schlechter wird.

Das iwr dnicht bei jedem Signal eindeutige Antworten liefern, aber im 
Laufe eines Musikstücks sollte das schon computergestützt analysierbar 
sein.

von Hans Mayer (Gast)


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google ist dein Freund:
http://www.google.de/search?q=detect+mp3+compression

insbesondere:
http://audiohub.org/get/fa/fa.htm
Anscheinend schneiden mp3 encoder strikt bei 20kHz ab

von Eugenius Fragikus (Gast)


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Falls das Original vorliegt:

http://sourceforge.net/projects/peaqb/
http://www-mmsp.ece.mcgill.ca/documents/Software/Packages/AFsp/PQevalAudio.html

Alternativ einfach das Original vom MP3 subtrahieren - du wirst 
teilweise deutliche Unterschiede sehen. Aber Vorsicht, viele 
MP3-Encoder/Decoder fügen einen "zeitlichen Offset" von ~1k Samples 
vorne an den Track. Man kann aber per KKF den "echten" Anfang bestimmen.

Frank schrieb:
> Da müsste es doch möglich sein, mit technischen Mitteln festzustellen,
> ob man z.B. im Radio oder in der Disco "fullspektrum"-Sound angeboten
> bekommt oder teilamputierte MP3s?

Im Radio - sowohl analog als auch digital (DVB), DAB kann ich nicht 
beurteilen - wird eh nur Brei übertragen. Alles zu Tode komprimiert* 
(Dynamik, welche Dynamik?). Was interessiert dich das in der Disse?

*) Ich meine hier nicht einen Codec, sondern das hier:

http://de.wikipedia.org/wiki/Kompressor_%28Signalverarbeitung%29

von 20kHz (Gast)


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> Anscheinend schneiden mp3 encoder strikt bei 20kHz ab

Mehr als 20kHz gibt die CD auch nicht her und mehr würdest du eh nicht 
hören.

von Hans Mayer (Gast)


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Doch, die cd gibt maxima 22,irgendwas her.
Es geht ja auch nicht ums hören sondern darum ob das stück mal mp3 
komprimiert war.

von Olaf (Gast)


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> *) Ich meine hier nicht einen Codec, sondern das hier:

Du hast noch das hier vergessen: (1)

 http://de.wikipedia.org/wiki/Exciter_(Gerät)


Ich denke aber das dieses Vorhaben sehr sportlich wird. Einfach weil es 
viele verschiedene Encoder gibt und weil es halt noch andere 
Kompressionsverfahren gibt oder Dinge die sonstwie den Klang 
beeinflussen. Und das alles wird dann noch in verschiedenen Reihenfolgen 
angewandt.

> Doch, die cd gibt maxima 22,irgendwas her.

Schon, aber CD-Player haben doch auch nicht immer das gleiche Filter am 
Ausgang.

Ich will gerne glauben das man soetwas irgendwie hinbekommt, aber 
zuverlaessig?

Aber mir faellt da noch was anderes ein. Es gibt ja MP3-Encoder die eine 
variable Bitrate erzeugen. Interessant ist das Kriterium nachdem sie 
sich fuer eine bestimmte Bitrate entscheiden. Kann mich da mal jemand 
erleuchten wie die das machen?
Wenn es naemlich eine Funktion gibt die mir sagt das der aktuelle Frame 
total komplex ist und 160kbit braucht und der naechste nur 40kbit, dann 
koennte man zumindest schonmal normale ex-MP3s daran erkennen das sie 
nur eine bestimmte maximale Komplexizitaet beinhalten. Aber natuerlich 
versagt das dann bei VBR-MP3.

Olaf

(1) Ich habe letztens zu Testen meines MP3-Decoders mal ein paar alte 
Radiosendungen die ich 1994 mit einem DAT vom Radio aufgenommen habe als 
MP3 gehoert. Es handelt sich dabei um alte AlanBangsConnection mit den 
Nachrichten dahinter. Es ist unglaublich wie gut die Klangqualitaet im 
vergleich zu heutigem Radio ist. Selbst die Nachrichten (2) klingen 
besser wenn man UKW Original hoert. Man muss sich da keine Sorgen machen 
das das MP3-Verfahren an dem Signal noch gross was verschlechtert. 
Kompressor und Exciter haben bereits ganze Arbeit geleistet! Man 
braeuchte also einen Kuno-Kowalski-Filter. (3)

(2) Schon erstaunlich toll man es finden kann wenn der Radiosprecher 
erzaehlt das heute Carl Popper gestorben ist weil man sich wundert gut 
es klingt ohne das man genau sagen kann was jetzt besser ist.

(3) Def: Kuno Kowalski, Synonym fuer einen schlechten Toningenieur
         der noch dazu von irgendwelchen unmusikalischen Schwachkoepfen
         seines Radiossenders unter Druck gesetzt wird.

von HildeK (Gast)


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Eugenius Fragikus schrieb:
> Alles zu Tode komprimiert*

Das ist bereits auf den heutigen Pop-CDs so drauf! Wie mit der Schere 
abgeschnitten. Aber eine Kompression darf schon sein bei der 
Nachbearbeitung einer Aufnahme - es muss nur im Rahmen bleiben. Z.B. 
kann die Dynamik einer Live-Aufnahme bei Zimmerlautstärke im Wohnzimmer 
meist nicht mehr dargestellt werden, da hilft eine Kompression schon.

Hans Mayer schrieb:
> Anscheinend schneiden mp3 encoder strikt bei 20kHz ab

Diejenigen, die ich bisher angeschaut habe, hörten schon bei 16kHz auf. 
Daran kann man mit einem Wave-Editor sehr schön erkennen, ob das Stück 
schon mal MP3 war. O.K., die meisten davon war mit Lame selbst 
komprimiert worden.

Bei mit dem FM-Radio empfangenen Stücken dürfte es aber schwieriger 
sein, auch hier ist einen Bandbegrenzung auf 16kHz erfolgt. Zudem werden 
Modulator und Demodulator immer einen Einfluss haben, der in einem 
(technischen) Vergleich mit der Original-CD deutliche Differenzen zeigen 
wird.

Hören tue ich nur schlecht und auf niedrige Bitraten komprimierte MP3s.
Es soll schon Versuche gegeben haben, bei denen die Testpersonen die 
MP3s besser fanden als das Original.

von Eugenius Fragikus (Gast)


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HildeK schrieb:
> Das ist bereits auf den heutigen Pop-CDs so drauf! Wie mit der Schere
> abgeschnitten. Aber eine Kompression darf schon sein bei der
> Nachbearbeitung einer Aufnahme - es muss nur im Rahmen bleiben. Z.B.
> kann die Dynamik einer Live-Aufnahme bei Zimmerlautstärke im Wohnzimmer
> meist nicht mehr dargestellt werden, da hilft eine Kompression schon.

Ich habe kein Problem mit Kompression, aber wenn hinten nur noch Matsch 
raus kommt dann schon.

von Olaf (Gast)


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> Aber eine Kompression darf schon sein bei der
> Nachbearbeitung einer Aufnahme - es muss nur im Rahmen bleiben.

Wenn ich Sachen auf meinem DAT aufnehme dann habe ich ein VU-Meter das 
von links nach rechts ueber das VFD reicht und da sieht man sehr gut das 
bei neueren Aufnahmen so 20dB ausreichen wuerde weil die so weit 
runterkomprimiert sind. Das ist einfach nur erschreckend.

> Es soll schon Versuche gegeben haben, bei denen die Testpersonen die
> MP3s besser fanden als das Original.

Ich weiss nicht ob man das so sagen kann. Mein Eindruck, je hoeher die 
Bitrate um so geringer die Wahrscheinlichkeit das  bei einem Musikstueck 
eine Stelle vorkommt wo man mit den Zaehnen knirschen muss. Ich koennte 
aber jetzt nicht sagen das 128kbit immer schlechter klingt als 192. Nur 
bei 128kbit gibt es vielleicht in jedem 10 Lied was zu bemaengeln, bei 
160kbit jedes 100. und bei 192 dann noch seltener.

Allerdings denke auch ich manchmal das sich 15-20Jahre alte Aufnahmen 
auf DAT besser anhoeren als eine moderne MP3 Version. Aber das kann dann 
ja durchaus an einer anderen Nachberarbeitung (kompression) liegen. Oder 
vielleicht ist es nur Einbildung weil frueher ja alles besser war. :-)


Olaf

von Nico S. (nico22)


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DATs sind klanglich sowieso das Beste ;-)

von Stefan P. (form)


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Eugenius Fragikus schrieb:
> Aber Vorsicht, viele
> MP3-Encoder/Decoder fügen einen "zeitlichen Offset" von ~1k Samples
> vorne an den Track. Man kann aber per KKF den "echten" Anfang bestimmen.

Hallo,
könntest Du das näher erläutern?
Ich finde leider keine Infos zu KKF - ist das ein automatisiertes 
Verfahren um den Offset zu messen?

von Eugenius Fragikus (Gast)


Angehängte Dateien:

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Stefan P. schrieb:
> Hallo,
> könntest Du das näher erläutern?
> Ich finde leider keine Infos zu KKF - ist das ein automatisiertes
> Verfahren um den Offset zu messen?

Ich meinte die Kreuzkorrelation.

http://de.wikipedia.org/wiki/KKF#Kreuzkorrelationsfunktion

Olaf schrieb:
> Ich koennte
> aber jetzt nicht sagen das 128kbit immer schlechter klingt als 192.

Ich schon. ;)  Ich finde, dass selbst 192kbit/s schon sehr grenzwertig 
sind. In Zeiten von TByte-Medien kann man doch gleich 320kbit/s nehmen, 
oder? Ich habe hierzu mal eine Untersuchung gemacht, siehe Anhang. 
Leider kann ich nicht das gesamte Dokument hier rein stellen.

von HildeK (Gast)


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Eugenius Fragikus schrieb:
> HildeK schrieb:
>> Das ist bereits auf den heutigen Pop-CDs so drauf! Wie mit der Schere
>> abgeschnitten. Aber eine Kompression darf schon sein bei der
>> Nachbearbeitung einer Aufnahme - es muss nur im Rahmen bleiben. Z.B.
>> kann die Dynamik einer Live-Aufnahme bei Zimmerlautstärke im Wohnzimmer
>> meist nicht mehr dargestellt werden, da hilft eine Kompression schon.
>
> Ich habe kein Problem mit Kompression, aber wenn hinten nur noch Matsch
> raus kommt dann schon.

Dann sind wir uns doch vollständig einig :-)

von __tom (Gast)


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Frank schrieb:
> Da müsste es doch möglich sein, mit technischen Mitteln festzustellen,
> ob man z.B. im Radio oder in der Disco "fullspektrum"-Sound angeboten
> bekommt oder teilamputierte MP3s?

in der disco dürfte das schwierig werden, die setzen dort zusätzlich 
noch EQs, limiter und teilweise noch kompressoren ein, zusätzlich 
dürften reflextionen der wellen anstrengend werden, da bleibt von deinem 
signal nicht mehr viel übrig.

von Martin (Gast)


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... Ich finde, dass selbst 192kbit/s schon sehr grenzwertig sind. ...

Kann man sehr gut auf der Seite 2 deiner "Untersuchung" erkennen.

von Mark B. (markbrandis)


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Eugenius Fragikus schrieb:
> Ich schon. ;)  Ich finde, dass selbst 192kbit/s schon sehr grenzwertig
> sind. In Zeiten von TByte-Medien kann man doch gleich 320kbit/s nehmen,
> oder? Ich habe hierzu mal eine Untersuchung gemacht, siehe Anhang.
> Leider kann ich nicht das gesamte Dokument hier rein stellen.

Naja nach Deiner Grafik zu urteilen passiert oberhalb von 256k nicht 
mehr groß was an Unterschied, oder seh ich das falsch?

von Olaf (Gast)


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> Naja nach Deiner Grafik zu urteilen passiert oberhalb von 256k nicht
> mehr groß was an Unterschied, oder seh ich das falsch?

Eine Statistik ist wie ein Bikini. Was sie zeigt ist interessant,
aber das was sie verbirgt ist wirklich wichtig. :-)

Es waere also mal interessant zu wissen wie sowas zustande gekommen ist. 
Mein Eindruck ist halt das man wirklich eine grosse Anzahl von MP3s 
vergleichen muss und die muss man auch komplett und sehr aufmerksam 
hoeren.  Ich kann jedenfalls immer 128er Files finden an denen ich 
nichts auszusetzen habe, aber auch welche die ich wirklich schlimm 
finde. Und die schlimmen wiederum sind nur an ein paar Stellen schlimm. 
Ohne es jemals gemessen zu haben wuerde ich sagen das ich etwa an jedem 
zehnten 128er Stueck was zu bemaengeln habe. Bei 160ern finde ich sowas 
deutlich seltener, aber es kommt durchaus auch vor. Deshalb verwende ich 
halt nur 192er. Allerdings habe ich keinen Zweifel wenn ich sehr lange 
suche, wuerde ich auch da ein File finden wo man es hoert.
All das gilt jetzt aber nur fuer meine Ohren. Das kann sich bei anderen 
Leuten durchaus unterscheiden. Es muessen also auch noch viele Leute 
sehr viele Files hoeren damit etwas brauchbares bei rauskommt.

Und dann gibt es noch ein psychisches Problem. Gelegentlich hoert man 
Stellen in einem MP3 wo man denkt das sie halt durch die Reduktion 
zerstoert wurden, aber ist das wirklich der Fall? Ist das Original nicht 
vielleicht auch schon so? Oder ist auf dem Original vielleicht ein 
kleines gesampeltes Stueck drauf das sich der Musiker irgendwo geklaut 
hat und das schonmal anders reduziert war und jetzt beim zweiten mal 
staerker gelitten hat als der Rest?

Allerdings muss ich auch sagen das wir heute in Zeiten leben wo 
Plattenplatz und Bandbreite so unproblematisch sind das man sich schon 
fragen muss wieso man nicht einfach immer 320kbit oder gar PCMs nimmt.

Olaf

von Eugenius Fragikus (Gast)


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Martin schrieb:
> Kann man sehr gut auf der Seite 2 deiner "Untersuchung" erkennen.

So so.

Mark Brandis schrieb:
> Naja nach Deiner Grafik zu urteilen passiert oberhalb von 256k nicht
> mehr groß was an Unterschied, oder seh ich das falsch?

Richtig, im Schnitt zumindest.

Olaf schrieb:
> Und dann gibt es noch ein psychisches Problem. Gelegentlich hoert man
> Stellen in einem MP3 wo man denkt das sie halt durch die Reduktion
> zerstoert wurden, aber ist das wirklich der Fall?

Das ist sicher ein Problem. Mir fällt nur immer wieder auf, dass viele 
MP3-Tracks wirklich anstrengend klingen. Gucke ich dann nach mit welcher 
Datenrate diese Tracks codiert sind sind es meist (nicht immer) 
<196kbit/s. Natürlich gucke ich nur nach wenn es schlecht klingt...hinzu 
kommt, dass man oft nicht wissen kann, ob die Tracks direkt von CD 
gerippt wurden, zusätzlich verschlimmbessert (EQ, Hall, ...) wurden oder 
sogar schon das Original schlecht gemastert wurde.

Olaf schrieb:
> oder gar PCMs nimmt

flac!

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