Forum: HF, Funk und Felder Rauschanpassung


von ZF (Gast)


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Hallo,

für einen N-Kanal MOSFET gibt der Hersteller die S-Parameter und auch 
die (minimale) Rauschzahl an, beide bei gleichem Drainstrom. Leider wird 
Gamma opt nicht angegeben, also die Impedanz, die der Transistor am 
Eingang für minimales Rauschen sehen will. Gibt es eine Faustformel wo 
Gamma opt ungefähr liegt, sowas in der Art "Re=0,8 des Re von S11* und 
ein bisschen kapazitiver als S11*"? Oder ist das für verschiedene MOSFET 
sehr unterschiedlich und ich muss über das ganze Smith-Chart nach dem 
Rauschminimum suchen? In meinem Fall reicht schmalbandige Anpassung.

Vielen Dank für jeden Tipp
ZF

von df1as (Gast)


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Aus dem Stand kann ich das jetzt nicht sagen. Wenn man das genau 
analysiert haben will, muss man sicher jede Einzelheit im 
Rausch-Ersatzschaltbild berücksichtigen. Ich weiß aber, dass je nach 
Transistorausführung bei Rauschanpassung eine mehr oder weniger (sehr 
unterschiedliche!) Fehlanpassung in Relation zur Leistungsanpassung 
vorliegt. Und wenn ich mich richtig erinnere, liegen die Anpassungen 
umso weiter auseinander, umso niedriger das erzielbare Rauschen ist.

Bei Leistungsanpassung hat man logischerweise mindestens das thermische 
Rauschen, also eine Rauschzahl von 2, bzw. Rauschfaktor 3 dB 
(Raumtemperatur). Andere Rauschquellen (Stromverteilung etc.) kommen 
noch obenauf. Die ganz schnellen HEMT & Co. liegen aber z. B. bei 0,3 
dB, die Rauschanpassung liegt auch entsprechend weit entfernt.

Aber wie gesagt, welcher physikalische Zusammenhang sich ergibt, müsste 
vom Ersatzschaltbild abhängen. Wenn das für verschiedene Transistoren 
(Geometrie, Dotierungsprofile) gleich sein sollte (was ich nicht 
annehme), könnte auch der Versatz gleich sein, bzw. zumindest bestimmbar 
sein. Ich vermute nur, dass die Zusammenhänge zu komplex dafür sind.

von branadic (Gast)


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Hallo,

hast du mal, neben dem Datenblatt des FETs, die S-Parameter Files genau 
konsultiert? Um welchen FET handelt es sich oder ist das mehr eine 
allgemeine Frage?
Es scheint mir eher ungewöhnlich zu sein, dass Gamma Opt nicht angegeben 
sein soll.

branadic

von ZF (Gast)


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Danke für die Antworten. Ich hatte auch schon in der Literatur gesucht, 
aber nichts zu einem generellen Zusammenhang gefunden. Scheint also 
nicht trivial zu sein, obwohl so eine Richtlinie sicher für viele 
Entwickler nützlich wäre. Leider fehlen mir die Daten des Transistors, 
um ein Rauschmodell aufzusellen. Gamma opt ist wirklich nicht angegeben 
und S-Parameter Files gibt es für den Transistor nicht. Für mein File 
habe ich die S-Parameterwerte aus dem Datenblatt abgetippt. So bleibt 
wohl nur die messtechnische Suche nach dem Minimum. Leider nicht so 
einfach, weil ein verlustarmes Anpassnetzwerk eine hohe Leerlaufgüte in 
Verbindung mit einer kleinen, aber nicht zu kleinen, belasteten Güte 
braucht. Sowas ist leider nicht über weite Bereiche abgleichbar machbar. 
Falls trotzdem noch Jemand eine Idee hat, nehme ich die gerne entgegen.

ZF

von Normal (Gast)


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Hi ZF,

http://www.tu-harburg.de/et3/students/Skripte_ss10/V763.pdf

vlt hilft es ein bisschen,

Clemens

von df1as (Gast)


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Zitat Laborversuch TU Harburg:

> Bei kleinen Generatorenwiderständen ist demnach F ~ 1/RG und relativ
> groß; für große Werte von RG ist F ~ RG und auch wieder groß.
> Dazwischen liegt ein Minimum, das man für rauscharme Verstärker durch
> entsprechende Anpassung - Rauschanpassung - einstellen muss.

Jetzt fehlt noch die Ableitung der komplexen Rausch-Formel und auf 0 
setzen. Das Ergenbis (Rauschminimum) muss dann ins Verhältnis zur 
Leistungsanpassung gesetzt werden, um die Ausgangsfrage evtl. 
beantworten zu können.

Das Ersatzschaltbild ist aber vermutlich auch noch zu einfach gewählt. 
Der dort vermessene FET hat immerhin ein Rauschmaß von 2 dB, damit liegt 
die Rauschanpassung noch dicht bei der Leistungsanpassung. Die 
Verstärkung geht natürlich deutlich in die Formel ein (über y21). Umso 
höher die Verstärkung ist, umso mehr verschiebt sich das Rauschoptimum 
von der Leistungsanpassung weg.

Bei aktuellen rauscharmen FET mit Rauschmaßen im 1/10-dB-Bereich müsste 
m. E. die Fehlanpassung (SWR) bereits zweistellig sein. Vielleicht lässt 
sich aber eine Faustformel für die Verschiebung Leistungsanpassung => 
Rauschanpassung finden, in die zumindest die Verstärkung mit eingeht. 
Der Arbeitspunkt für Rauschanpassung ist dann auch noch einderer, könnte 
vlt. aber vernachlässigt werden.

von Normal (Gast)


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Hallo,

das folgende Dokument kann noch einige Deiner Fragen beantworten.

http://www.rohde-schwarz.de/file_4091/n153_fsm_de.pdf

Nach so viel Simulation und Theorie kommt man dann doch nicht
um Messungen herum. Die Ernüchterung folgt auf dem Fuße. Schafft man
es noch einen Print zu bestücken ist die Messumgebung kaum noch zu 
realisieren, die Messmittel kaum noch zu beschaffen oder zu bezahlen. 
Schaut man sich das Protokoll der frisch kalibrierten Rauschdiode an. 
Mit den angegebenen Messunsicherheiten, weiß man in welcher abgelegenen 
Ecke der Elektrotechnik man sich gerade befindet.

Was bleibt übrig von der Rauschzahl des Halbleites, wenn er auf dem 
Print bestückt ist, wenn der Print mit zwei SMA Buchen im Gehäuse 
versehen wurde, wenn noch ein Adapter und ein bisschen Semi Rigid zur 
Antenne benötigt wird. De Vries ignorieren wir hier gänzlich.

Das Thema bleibt faszinierend.

Clemens

von Martin L. (Gast)


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Hallo,

> Bei Leistungsanpassung hat man logischerweise mindestens das thermische
> Rauschen, also eine Rauschzahl von 2, bzw. Rauschfaktor 3 dB
> (Raumtemperatur).

Zumindest diese Aussage ist falsch. Denn die Rauschzahl bezieht sich auf 
das thermische rauschen des Generators im Verhältnis zum gesamten 
Rauschen am Ausgang - natürlich um die Verstärkung bereinigt.
Ein Stück Koaxkabel oder ein Koppelkondensator hat (ideal) eine 
Rauschzahl von 0dB. Nicht alle Zweitore sind ja resisitiv. Und er 
resistive Anteil der Last geht in die Berechnung der Rauschzahl nicht 
ein.

> Andere Rauschquellen (Stromverteilung etc.) kommen
> noch obenauf. Die ganz schnellen HEMT & Co. liegen aber z. B. bei 0,3
> dB, die Rauschanpassung liegt auch entsprechend weit entfernt.

Auch das ist so nicht richtig. Betrachten wir z.B. den ATF54143. Der hat 
bei 0.5GHz eine Rauschzahl von 0.17dB. Dabei ist abs(Gamma)=0.34. Das 
SWR ist entsprechend 1.9 was ja noch ganz ordentlich ist.

Ich habe jetzt keine Lust das auszurechnen weil ich das Tool auch gerade 
nicht installiert habe. Aber selbst wenn man eine Leistungsanpassung 
vornimmt, wird die  Rauschzahl nur marginal schlechter. Irgednwas bei 
0.3dB waren es, wenn ich mich richtig erinnere.

Viele Grüße,
 Martin Laabs

von df1as (Gast)


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Wo hast du ein SWR von 1,9 her? Auch laut der R-&-S-Beschreibung liegt 
die Rauschanpassung von rauscharmen FET bei annähernd S11 = 1, 
entsprechend einem SWR von unendlich (fast rein kapazitiv).

Bei Leistungsanpassung spiegelt man (konjugiert komplex) das gleiche R 
der Quelle (Antenne) wider. Damit muss m. E. zwangsläufig eine 
Rauschzahl von 2 das mindeste sein - außer man kühlt das System 
herunter. Nur mit (Leistungs-) Fehlanpassung kommt man ohne Kühlung 
unter die 3 dB. Es muss allerdings dazu genügend "Verstärkungsreserve" 
vorhanden sein.

Wegen der groben Fehlanpassung ist ggf. auch die Stabilität ein Problem. 
Das kann im mittleren bis hohen GHz-Bereich zwar ggf. noch als absolut 
stabil durchgehen, im unteren GHz-Bereich und darunter ist K meist < 1.

von df1as (Gast)


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Ich habe gerade im Netz ein Beispiel gefunden mit folgenden Daten:

Schaltung mit Leistungsanpassung:
LNA für 70 cm; F = 0,4 dB; v = 23 dB; IP3out = +30,5 dBm

Schaltung mit Rauschanpassung:
LNA für 70 cm: F = 0,3 dB; v = 21 dB; IP3out = +29,5 dBm

Demnach wäre der Unterschied zwischen den beiden Apassungen tatsächlich 
nur marginal. (Was mir nicht verständlich ist.)

Hängt die Betrachtungsweise des Eingangsrauschens mit der 4- resp. 
8-pol-Beschaltung (bei Gegenkopplungsnetzwerken) zusammen?

Von rückwirkungsarmen Anpasstufen (z. B. J-FET) weiß ich, dass die immer 
mit F über 2 (3 dB) liegen.

von df1as (Gast)


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In

//www.ihe.kit.edu/download/MMICdesign_4_LowNoiseAmplifiers_handout.pdf

wird sogar als Designziel angegeben, Leistungs- und Rauschanpassung in 
Übereinstimmung zu bringen! (Ab S. 22)

Meine bisherige Annahme streiche ich damit vollständig, die ist S12 /= 0 
zum Opfer gefallen. Ein Großteil des der Quelle angebotenem R stammt 
demnach von der Ausgangsseite, der thermische Rauschanteil dieser 
"fiktiven" Last wird so um den Verstärkungswert verringert.

von ZF (Gast)


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Danke für eure Rückmeldungen. Was mich bei
www.ihe.kit.edu/download/MMICdesign_4_LowNoiseAmplifiers_handout.pdf
in dem Beispiel auf Seite 23 allerdings wundert ist, dass der Punkt für 
Leistungsanpassung einen kleineren Realteil hat als der für 
Rauschanpassung. Damit Rg nicht zu groß wird hätte ich das umgekehrt 
erwartet. Ob das daran liegt, dass bei dem betreffenden Transistor der 
Anteil der Rauschspannungsquelle höher ist als der der 
Rauschstromquelle, oder ob das so ist weil die Rückwirkung vom Ausgang 
so hoch ist? Habt ihr Erfahrung ob das bei anderen echten Bauteilen, 
insbesondere MOSFETs, der Realteil für Leistungsanpassung auch kleiner 
ist als der für Rauschanpassung?

Der von R&S beschriebene Aufwand zur Messung ist ja erheblich. Schade, 
dass sie nur ein Diagramm der Testschaltung und nicht das eines echten 
Transistors veröffentlicht haben.

Viele Grüße
Jörg

von miko (Gast)


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ZF schrieb:
> Danke für eure Rückmeldungen. Was mich bei
> www.ihe.kit.edu/download/MMICdesign_4_LowNoiseAmplifiers_handout.pdf
> in dem Beispiel auf Seite 23 allerdings wundert ist, dass der Punkt für
> Leistungsanpassung einen kleineren Realteil hat als der für
> Rauschanpassung. Damit Rg nicht zu groß wird hätte ich das umgekehrt
> erwartet. Ob das daran liegt, dass bei dem betreffenden Transistor der
> Anteil der Rauschspannungsquelle höher ist als der der
> Rauschstromquelle, oder ob das so ist weil die Rückwirkung vom Ausgang
> so hoch ist?

Auch nicht direkt mein Spezialthema, aber das, was da auf Seite 23 in 
www.ihe.kit.edu/download/MMICdesign_4_LowNoiseAmplifiers_handout.pdf zu 
sehen ist, ist aber auch schon die ganz hohe Schule des LNA-Designs. Da 
werden der Punkt für Maximum-Gain-Anpassung und Rauschanpassung 
übereinandergeschoben, um mit einer Abschlussimpedanz gleich beides auf 
einmal perfekt erfüllen zu können. Der "normale" Fall ist doch eher ein 
Kompromiss, den man je nach Bedarf zwischen Rausch- und Maxmimum-Gain 
eingeht.

ZF schrieb:
> Habt ihr Erfahrung ob das bei anderen echten Bauteilen,
> insbesondere MOSFETs, der Realteil für Leistungsanpassung auch kleiner
> ist als der für Rauschanpassung?

Über die Hintergründe habe ich mir noch nicht wirklich Gedanken gemacht, 
aber ich bin mir ziemlich sicher, dass mir beides bereits untergekommen 
ist (größer + kleiner). Die Anpassung läuft ja sowieso über quasi 
rauschlose kapazitive und induktive Elemente, von daher spielt es meiner 
Meinung nach auch keine Rolle. (Die Leute, die mehr im Thema stecken 
mögen mich hier bitte verbessern falls ich falsch liege).

von ZF (Gast)


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Hallo Miko,

im Prinzip hast du Recht. Da ich aber denke, dass mein Anpassnetzwerk 
nicht gut hohe Güte mit großem Abgleichbereich vereinen kann, wäre es 
schön zu wissen in welche Richtung die Reise auf dem Smith Diagramm 
geht. Aber vermutlich gibt es da keine allgemeingültige Aussage. Ich 
stimme dir auch zu, dass man nicht immer beide Punkte vereinen muss. 
Wenn man an niedrigstem Rauschen interessiert ist, kann man eventuell 
auf das letzte dB an Verstärkung verzichten. Vielleicht passt es ohne 
das letzte dB sogar besser in den Pegelplan.

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