Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Schutzschaltung für hochohmige Eingänge


von Philipp W. (philippw)


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Hallo,

Ich bin zwar neu hier im Forum, so ein paar Elektronik-Kenntnisse habe 
ich aber schon. :-)

Auf eine mich beschäftigende Frage finde ich jedoch leider keine 
Antwort:
Es geht um die Absicherung hochohmiger Eingänge (ESD).

Ich bin zur Zeit dabei, mir ein pH-Messgerät zu bauen. Das bedeutet, 
dass ich eine Spannung zwischen etwa -0,4 V und +0,4 V hochohmig messen 
muss.
Ein Problem sehe ich jedoch, wenn es um die Absicherung gegen 
elektrostatische Entladungen geht.
Ich weiß, dass sowas hier schon besprochen wurde, allerdings habe ich 
nichts über das Verhalten diverser Schutzschaltungen gesehen, wenn die 
Betriebsspannung abgestellt wird.
Ist die pH-Elektrode bei abgeschalteter Betriebsspannung angeschlossen, 
liegt am BNC-Eingang meiner Schaltung weiterhin eine Spannung an.
GND, +5V und -5V werden aber dann auf dem selben Potential liegen und 
die Kontakte der pH-Elektrode werden über die Schutzdioden im Inneren 
des Operationsverstärkers und die Spannungsversorgung relativ 
niederohmig verbunden. Die Lebensdauer der Elektrode sinkt.

Wäre es sinnvoll, den Eingang über ein Reed-Relais, wie im Schaltplan 
gezeigt, von der weiteren Schaltung zu trennen, wenn die 
Betriebsspannung ausfällt?
Wie reagiert das Relais auf elekrostatische Entladungen? Wird es kaputt 
gehen oder springt lediglich irgendwann ein Lichtbogen über die Kontakte 
und wird durch die nachfolgende Schutzschaltung verbraten?

Grüße und vielen Dank,

Philipp

von Michael (Gast)


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Wolltest du statt des NPNs an +5V nicht einen PNP setzen? Wird sich 
besser machen ;)

von Philipp W. (philippw)


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Michael schrieb:
> Wolltest du statt des NPNs an +5V nicht einen PNP setzen? Wird sich
> besser machen ;)

Hmm nein :-)
Was ich will ist ja ein Schutz gegen eine Überschreitung der maximalen 
Spannung am Eingang (+5V).
Durch die Verbindung von Basis und Emitter habe ich eine Diode, die im 
Normalfall (Eingangsspannung < 5V) sperrt.

von Michael (Gast)


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Philipp W. schrieb:
> Was ich will ist ja ein Schutz gegen eine Überschreitung der maximalen
> Spannung am Eingang (+5V).

Ist es aber nicht, schau dir mal an was passiert wenn 15 kV an R1 
auftritt, mit einem PNP wirds nicht so katastrophal.

von Michael (Gast)


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Wobei, was mir grad noch kam. Wenn du eh nur die Diode verwenden 
willst...warum dann nicht ne richtige Diode verwenden?

von Philipp W. (philippw)


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Das ganze geht natürlich auch mit einem PNP-Transistor, allerdings macht 
es dann nur Sinn wenn man die Kollektor-Basis Diode verwendet. Sonst 
messe ich mit meiner Schaltung immer etwa 4,3 V. Kann sein, dass wir da 
aneinander vorbei geredet haben :-)

Michael schrieb:
> Wobei, was mir grad noch kam. Wenn du eh nur die Diode verwenden
> willst...warum dann nicht ne richtige Diode verwenden?

Das Problem bei einer normalen Diode ist, dass ich eine höhere 
Offset-Spannung habe, wenn ich nicht solche Dioden mit winzigen 
Sperrströmen benutze.
Dass es da Unterschiede gibt wusste ich bis vor kurzem auch nicht... hab 
ich von da: 
http://www.elektronik-kompendium.de/public/schaerer/ovprot.htm

von Helmut L. (helmi1)


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Wenn du J-Fets als Diode nimmst erreichst du noch kleinere Sperrströme.

von Philipp W. (philippw)


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Helmut Lenzen schrieb:
> Wenn du J-Fets als Diode nimmst erreichst du noch kleinere Sperrströme.

Kleinere Sperrströme klingt immer gut :-)
Gibts es denn da einen Unterschied zwischen N- und P-Kanal Typen bezogen 
auf meine Anwendung?
Wenn ich das richtig verstehe würde ich zwei P-Kanal Typen nehmen und 
jeweils Gate und Source verbinden.
Auf der oberen Seite Drain gegen VCC und Unten Gate/Source gegen GND, 
richtig?
Allerdings hätte ich doch auch da das oben beschriebene Problem bei 
Ausfall der Betriebsspannung?!

von Jenny (Gast)


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Die Schutzschaltungen, die du hier zeigst, sind nicht ESD tauglich. 
Dafür sind sie viel zu langsam. Die empfindlichen Sperrschichten deiner 
als Schutzdioden geschalteten Transistoren bzw. FETs werden schwer unter 
ESD leiden. Nach ein paar Treffern können die Leckströme stark 
ansteigen.

Da du wohl sehr hochohmig arbeitest und Leckströme ein Problem werden 
können, scheiden Varsitoren, Transzorbs und Schottkys wohl aus. Da du 
aber gleichzeitig sehr niederfrequent arbeitest, kannst du direkt an die 
Eingänge Kondensatoren als ESD-Schutz vorsehen. Eins zwei keramische 
100nF/50V/X7R/0805 fangen den Haupt-ESD ab. Danach kann deine 
Schutzschaltung folgen, wobei du zwischen R1 und den Schutztransitoren 
noch einmal eine Kapazität nach Masse schaltest. Dadurch kann der 
Rest-ESD ausreichend langsam an den Transistoren ansteigen und ihnen 
genügend Zeit zum Durchschalten geben.

Ungeschützte Relais-Kontakte sind natürlich ebenfalls durch ESD 
gefährdet, vor allem, wenn sie eine Edelmetallauflage besitzen, um das 
Trockenschalten zu ermöglichen: Ein ESD-Treffer und das Gold ist 
verdampft!

von Philipp W. (philippw)


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Vielen Dank, Jenny, die Antwort klingt sehr gut :-)
Wenn ich jetzt alles kombiniere, dann sollte die Schaltung im Anhang 
dabei rauskommen.
Das Reed-Relais wird somit ja durch die Kondensatoren geschützt und 
verhindert im Falle eines Stromausfalls einen Stromfluss durch die 
Schutzschaltung.
Liege ich damit soweit richtig?
Aber könnte ich so nicht auch auf C1 verzichten?

von Ulirch (Gast)


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Die JFets sind so nicht richtig angeschlossen. Wirklich besser als 
normale Transistoren sind sie auch nicht. Alternativ gibt es auch extra 
Dioden mit wenig Leckstrom (z.B. BAV199).

von Philipp W. (philippw)


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Ulirch schrieb:
> Alternativ gibt es auch extra
> Dioden mit wenig Leckstrom (z.B. BAV199).

Hab mir mal das Datenblatt der BAV199 angeschaut. Ich denke bei einem 
Leakage Current von 3 pA sind die 6 Cent gut investiert :-)


Ulirch schrieb:
> Die JFets sind so nicht richtig angeschlossen.

Aus reinem Interesse, was habe ich denn falsch angeschlossen?

von Jenny (Gast)


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>Liege ich damit soweit richtig?

Bei ESD fließt ein sehr sehr großer Strom, der sich besser auf mehr als 
einen Cap verteilen sollte. Also C1 sollte eine Parallelschaltung aus 
mindestens zwei Caps sein.

Außerdem verstehe ich den Sinn des Relais nicht. Begrenzt nicht schon R1 
den Strom auf ungefährliche Werte?

>Aber könnte ich so nicht auch auf C1 verzichten?

Dann muß der Widerstand den ESD aushalten, was er in der Regel nicht 
tut.

>Aus reinem Interesse, was habe ich denn falsch angeschlossen?

Du nutzt ja gerade die Sperrschichtdiode zwischen dem Gate und der Drain 
Source Strecke des FETs. Verbinde Drain und Source miteinander als den 
einen Pol der Diode und verwende das Gate als den anderen Pol der Diode.

>Wirklich besser als normale Transistoren sind sie auch nicht.

Naja, der BC547 als typischer Kleinsignaltransistor hat da 200pA typisch 
und 15nA maximal und der 2N4117 hat 1pA typisch und 10pA maximal. Das 
ist schon ein Unterschied, wobei natürlich Verunreinigungen auf dem 
Board in Verbindung mit Luftfeuchtigkeit diese sehr kleinen Ströme zur 
blanken Theorie verkommen lassen.

von Philipp W. (philippw)


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Jenny schrieb:
> Außerdem verstehe ich den Sinn des Relais nicht. Begrenzt nicht schon R1
> den Strom auf ungefährliche Werte?

Auf ungefährliche Werte für den Opamp ja, aber die pH-Elektrode darf 
nicht belastet werden, da diese nur sehr sehr kleine Ströme liefern 
kann.
Eingangswiderstände im Mega-Ohm Bereich dürften da kritisch sein!
Und ohne Betriebsspannung und angeschlossener Elektrode dürften die 
Dioden alles überhalb ihrer Vorwärts-Spannung vernichten. Diese 
Strapazen möchte ich den Elektroden ungern zumuten.
Das Relais würde die Elektrode schlichtweg von den Dioden trennen.

Jenny schrieb:
> Dann muß der Widerstand den ESD aushalten, was er in der Regel nicht
> tut.

Das leuchtet mir ein!

Im Anhang nochmals die neuesten Erkenntnisse

von Jenny (Gast)


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>Das Relais würde die Elektrode schlichtweg von den Dioden trennen.

Ok. Dann würde ich das RC-Glied aus R1/C2 aber hinter dem Relais 
anbringen. Oder R1 und C2 dort lassen wo sie sind und hinter dem Relais 
ein zusätzliches RC-Glied vorsehen, falls das Relais besonders 
empfindlich ist.

von Philipp W. (philippw)


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Ich bin mir nicht sicher wie empfindlich so ein Relais ist, weshalb ich 
vorsichtshalber den Widerstand davor gesetzt habe.
Gäbe es denn anstelle des Relais eine elegantere Lösung?

Und wie wichtig ist die Kapazität der Kondensatoren? Kann ich da auch 
kleinere Werte benutzen? Könnte mir vorstellen, dass dies der Sonde 
besser gefallen würde...

von Philipp W. (philippw)


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So, ich hab nun nochmal ein bischen überlegt und gemessen:
Die internen Dioden eines MCP602 sowie eines TLC272 scheinen eine 
Vorwärtsspannung von rund 0,6V (Masse - Eingang) zu haben.
Zwischen Eingang und VDD hat mir das Messgerät rund 1,7V angezeigt. Das 
dürfte aber eher am Operationsverstärker ansich und nicht an 
irgendwelchen Schutzdioden liegen, da es diese meines Wissens nach 
zumindest beim MCP602 nicht gegen VDD gibt.

Da ich im Extremfall am Eingang meiner Schaltung +/- 0,4V anliegen habe, 
dürfte durch die Operationsverstärker auch bei abgeschalteter 
Spannungsversorgung ziemlich wenig Strom fließen.

Die Vorwärtsspannung der BAV199 beträgt laut Datenblatt 0,9V (bei IF = 
1mA) und sollte meiner Elektrode daher auch keine Probleme machen.
Hierbei stellt sich mir jedoch die Frage, ob damit überhaupt noch ein 
wirksamer Schutz gegeben ist oder ob der Operationsverstärker das 
zeitliche segnet, bevor die Diode aktiv wird?

So betrachtet dürfte man aber auf das Reed-Relais verzichten können, 
wenn die Eingangsspannung -0,6V nicht unterschreitet.


Nur mit der Kapazität der Kondensatoren bin ich noch nicht 
einverstanden... 100n dürften zu viel für die pH-Elektrode sein.
Das Ganze bildet, wenn ich das richtig verstanden habe, mit der 
"ESD-Quelle" einen kapazitiven Spannungsteiler.

Wenn ich bei den Kondensatoren auf z.B. 1nF herunter gehe und die 
Kapazität meiner Quelle bspw. 300pF beträgt, dann teilt das meine 
Spannung etwa um den Faktor 4.
Bei ein paar Tausend Volt bleibt danach aber noch ziemlich viel übrig... 
Das kann nicht gut sein...

Gibt es hierfür noch eine andere Lösung?

Grüße

Philipp

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