Forum: HF, Funk und Felder Empfängerempfindlichkeit: ISM vs. GPS


von Joerg F. (Firma: Rapid Devices) (e-joerg)


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Hallo zusammen,

ich habe eine Frage zu Empfängerempfindlichkeiten.

Wenn ich die Dateblätter von GPS Empfängern mit denen von ISM Band 
Transcievern im 433 MHz oder 868 MHz vergleiche, dann gibt es da 
Unterschiede in Bezug auf die Eingangsempfindlichkeit
mit dem Faktor 100 ?

ISM Transciever ~ -118dBm
GPS Empfänger ~ -163dBm

Ist es so das die Herstller der GPS Techniologie das System Antenne-LNA 
soweit verbessert haben das diese Unterschiede realisierbar sind oder 
was übersehe ich ?

Danke für jede Antwort
Joerg

: Verschoben durch Admin
von Andreas (Gast)


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Moin,

die nackten Zahlen sagen nicht aus. Dazu muss man wissen, für welche 
BER, bzw. bei analogen Verfahren S+N/N oder SINAD die Angaben sind und 
wieviel für eine stabile Verbindung in der entsprechenden Modulationsart 
notwendig sind.

Ausserdem spielt die Bandbreite eine Rolle, CW kommt mit 250Hz aus, 
Schmalband-FM mit ca. 15KHz, GSM ca. 200KHz, WLAN 5 MHz oder mehr.
Ergo kommst du bei den entsprechenden Empfänger auf unterschiedliche 
Werte, obwohl diese durchaus empfindlich sind.

Daher ist die Rauschzahl (englisch Noise figure) eigentlich 
aussagekräftiger, was die reine Empfindlichkeit der HF-Komponenten 
betrifft.

Gruß Andreas

von Joerg F. (Firma: Rapid Devices) (e-joerg)


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Dache mir schon das es da unterschiedliche Bezüge gibt.
Mich würde halt interessieren was de Rauschzahlen für heutige Low Cost - 
LNA sind. Kann ich ja nachlesen klar, aber was ist in einem GPS 
Empfänpfänger eingebaut ?
Ich werde mal googen...

Danke für deine Antwort Andres

J

von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


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Die GPS-Empfindlichkeit ist praktisch ausschließlich durch einen
sogenannten "Spreizgewinn" entstanden, d. h. es werden Signale weit
unter dem Rauschen des Empfängers detektiert.  Die effektive Bandbreite
der GPS-Übertragung ist vergleichsweise gering, dadurch lässt sich das
machen.

In geringerem Maße gibt's sowas auch bei anderen Funkübertragungen,
beispielsweise überträgt IEEE 802.15.4 im 2,4-GHz-Band auch nur
250 kbit/s auf einer Bandbreite von 2 MHz und hat entsprechend
Spreizgewinn.  Das widerspiegelt sich u. a. darin, dass man bereits
Signale zuverlässig demodulieren kann, die man per RSSI-Anzeige noch
nicht gemeldet bekommt.

von Joerg F. (Firma: Rapid Devices) (e-joerg)


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Halo Jörg,

ich habe mich gestern durch "alle" Artikel hier im Forum und im Netz die 
was mit (Auto)Korrelation Lock-In usw. zu tun haben gewühlt.

Ist eigenlich der Spreizgewinn für eine 1/13 Spreizung bei verwendung 
des 13 Bit Barker Codes in der Praxis schon von Vorteil ?
Ich habe nur gelesen das Speizungen ab 100/1 sinvolle Verbesserungen 
auslösen.

Gruß Joerg

von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


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Joerg Fichtner schrieb:
> Ist eigenlich der Spreizgewinn für eine 1/13 Spreizung bei verwendung
> des 13 Bit Barker Codes in der Praxis schon von Vorteil ?

Ich bin kein Signaltheoretiker, ich kenne das nur aus einer praktischen
Perspektive. ;-)

von Purzel H. (hacky)


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Die Spreizung geht linear ein. dh das waeren dann 11 dB. Wenn das den 
Unterschied ausmacht...
Das GPS hat zumindest als NMEA 9600 Baud. Dh die Spreizung kann 
beachtlich sein.

von Joerg F. (Firma: Rapid Devices) (e-joerg)


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@ Andreas
Nee bin ich auch nicht - mich interessiert mal was in der Praxis eine 13 
Fache Bandbreite - eben bei verwendung von 13 Bit barker wirklich an SNR 
dazu kommt.

@ hacky
Ich wusste nicht das der Spreizgewinn so einfach eingeht. Dann hatte 
Andreas ja in seinem SNR-Experiment für ein ISM Modul mit 1 -> 1000 
Spreizung ja ein Signal vorliegen das im schlechtesten Fall fast 30dB 
unter dem Rauschteppig lag - oder sehe ich das falsch ?
Auf jeden fall faszinierend.

J

von Purzel H. (hacky)


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Ja. Eine Spreizung um 1000 sind 30dB Gewinn. Denn, bei der Demodulation 
drueckt man die Signal-Leistung wieder um den Faktor 1000 im 
Frequenzspektrum zusammen. Aus 1MHz Bandbreite wird 1kHz Bandbreite. Das 
Rauschen der ungenutzten 999kHz wird entsorgt.

von Flo (Gast)


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Bei GPS werden effektiv 50 Bit/s Übertragen. Dabei wird allerdings eine 
Bandbreite von 2 MHz verwendet. Daher kommt der große Spreizgewinn!

von Joerg F. (Firma: Rapid Devices) (e-joerg)


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Ja die 999 kHz werden bei der Demodulation entsorgt.
Ich bin jetzt drauf gekommen, das die digitalen Verfahren zur Umsetzung 
der Korrelationsprüfung eben auch nur Filter sind.

Danke für eure Antworten
J

von Abdul K. (ehydra) Benutzerseite


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Soweit ich mich erinnere, wird der Barker-Code nur zur Unterscheidung 
der vielen Satelliten verwendet. Einen nennenswerten Korrelationsgewinn 
bringt es nicht ein. Dafür müssen die Sequenzen länger sein.

Natürlich verschlechtern die gleichzeitig sendenden Satelliten, 
zumindest zum gerade empfangbaren Teil (Nicht alle sind sichtbar), den 
Rauschabstand.


-> Matjaz Vidmar lesen

von Andreas S. (andreas) (Admin) Benutzerseite


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GPS verwendet keinen Barker-Code, die Satelliten werden durch die 
unterschiedlichen Gold-Codes unterschieden.

von Abdul K. (ehydra) Benutzerseite


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Waren nicht die Gold-Codes eine Unterklasse der Barker-Codes? Naja, 
egal. Die Korrelationspeaks sind zu schwach ausgeprägt bei diesen sehr 
kurzen Längen.

von Joerg F. (Firma: Rapid Devices) (e-joerg)


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Also was ich mir gemerkt habe:
Die Barker Codes korrelieren nicht mit sich selber und können deshalb am 
besten zur Synchronisaton eingesetzt werden. Deshalb gibt es die eben 
auch nur bis 13 Bit Länge mehr hat man nicht gefunden - ich hoffe das 
das richtig ist.

> Die Korrelationspeaks sind zu schwach ausgeprägt bei diesen sehr
> kurzen Längen.

Hallo Abdul
hat du eine Quelle wo das her ist ?
Ich dachte mir das schon das es eine "statistisch undefinierte" Zone 
geben muß, in der sich der Einsatz von gespreizten Codes nicht lohnt.
Andreas schreibt das ein nennenswerteer Korrelationsgewinn erst ab einer 
Spreizung > 100 entsteht.

Mich würde mal interessieren ob es Untersuchhungen dazu gibt.

J

von Ralph B. (rberres)


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Es gab mal ein Artikel sowohl zur Spreizspektrummodulation , als auch zu 
den GPS Verfahren in den UKW-Berichten. Dieses Heft erscheint 4 mal im 
Jahr und ist eigentlich Pflichtlektüre für jeden HF Interessierten.
Es waren verschiedene Artikel. Der GPS Artikel befasste sowohl mit den 
Grundlagen des GPS als auch mit dem kompletten Selbstbau eines GPS 
Empfängers incl. HF Teil.
Der Spreizspektrumartikel war ein Grundlagenartikel.

Der Gewinn kommt tatsächlich aus dem Verhältnis belegter Bandbreite zur 
Bandbreite des Nutzsignals nach der Demodulation. Gleichzeitig wird der 
Spreizcode auch zur Unterscheidung der 24 ( oder waren es 28? ) GPS 
Satelliten  benutzt. Dies arbeiten nämlich alle auf exakt der selben 
Mittenfrequenz.

Ralph Berres

von df1as (Gast)


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Was mich dazu interessieren würde, ist, ob ein Vergleich von 
Spreizgewinn und Modulationsgewinn zulässig ist.

Beim Modulationsgewinn durch das Verhältnis FM-Hub zu 
Modulationsfrequenz ergibt sich der gleiche Zugewinn wie beim 
Spread-Spectrum. Allerdings wird dazu eine Schwelle definiert, ab der 
der Gewinn erst möglich ist (irgendwas um oder über 10 dB S/N). Darunter 
verschlechtert sich die Übertragung. Diesen Effekt finde ich beim 
Spread-Spectrum nicht erklärt. Hat das mit der Modulationsart zu tun? 
Wenn ja, wie?

von Abdul K. (ehydra) Benutzerseite


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FM ist auch eine Art von SS. Hast du richtig erkannt. Genauso wie ein 
analoges Filter ein korrelativer Integrator ist.

Was man bei FM Capture-Effekt nennt, könnte hier wieder auftauchen. 
Womöglich kann man das alles in eine gemeinsame Theorie zusammenpacken. 
Dafür brauchste aber Mathe-Studium. Da hänge ich dann leider, sorry.

-
Ich hab leider keinen direkten Link zur Frage, wann sich die Länge des 
Codes denn nun lohnt. Soweit ich mich erinnere, laß ich das wohl mal in 
einer Harris AppNote.

-
Bei GPS werden 50Baud übertragen! Der riesige Rest der Bandbreite ist 
Korrelation!!
Ob die da am Anfang zumindest während der Entwicklung wirklich 
Fernschreiber-Equipment dran hatten? Bzw. so ein System ein Vorläufer 
von GPS ist? Naja, die damaligen Entwickler sind zu 50% bereits tot, zu 
80% senil ;-)

-
Mit dem Ende des kalten Krieges und der Erkenntnis ständiger wachsendem 
Bandbreitenhunger der Anwender, wurde die $-Förderung dieser 'simplen' 
halbdigitalen Verfahren größtenteils eingestellt.
Bereits vor 1970 waren die meisten theoretischen Abhandlungen verfasst.

Wir kommen reichlich spät.

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