Forum: Digitale Signalverarbeitung / DSP / Machine Learning Audio Effekte wie Hall, Echo, Flanger, Equalizer, usw Wie funktioniert das?


von Paul H. (powl)


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Hi,

ich würde gerne mal irgendwo nachlesen wie oben genannte und viele 
weitere interessante Audio-Effekte theoretisch funktionieren, und wie 
man sie algorithmisch auf digitale Audio-Daten anwenden kann.

Kennt da jemand ein paar gute Bücher oder Links?

Bei Googel finde ich nur kommezielles Kaudawelch, vll weiß ich auch nur 
nicht, nach was ich da genau suche.

Grüße,
Paul

: Verschoben durch Admin
von Johannes S. (meisterminz)


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Hi Paul,

wie ich finde ein gutes Buch darüber ist "DAFX - Digital Audio Effects",
ISBN: 0-471-49078-4.
Mehr Infos gibts auch auf: http://dafx.de/

- J.

von Dicke F. (dickefinger)


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Wenn du es ganz genau wissen willst, kommst du nicht am Dickreiter 
vorbei.
# ISBN-10: 3598117655
# ISBN-13: 978-3598117657

von Peter D. (pdiener) Benutzerseite


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Eine Implementierung vieler dieser Effekte findet man in den Sourcen von 
Audacity.

Grüße,

Peter

von Frank (Gast)


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Hallo,

hier der Verweis zu einem sehr hilfreichen Buch, um die grundlegendsten 
Effekte zu verstehen und zu programmieren: 
http://www.analog.com/static/imported-files/application_notes/21065L_Audio_Tutorial.pdf.

Der Sharc Assembler ist auch leicht zu verstehen, da dieser sehr gut 
dokumentiert ist...

Viele Grüße,
Frank

von mar IO (Gast)


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http://www.musicdsp.org/ Code in diversen Sprachen

von Hobbymusiker (Gast)


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Ich habe mich in jüngster Zeit an der Erzeugung von Hall versucht, komme 
aber nicht so recht voran. Nach der Literatur und auch nach meinem 
Verständnis entsteht ein Hall doch dadurch, dass permanent abgeschwächte 
Kopien des Ursprungschalls auf das Gehör treffen, welche von der 
Laufzeit abhängen, die wiederum von der Raumgeometrie bestimmt sind, 
wobei noch Streuung und frequenzabhängige Dämpfung wirken. Nach 
hintenraus werden die Schallkopien immer leiser und häufiger und damit 
dichter.

Ich habe mit unterschiedlichen Variationen probiert bekomme aber immer 
wieder den Effekt, dass sich - egal, was ich einpräge - immer wieder 
eine starke Resonanzfrequenz bildet, was auch verständlich ist, weil der 
Raum bestimmte Frequenzen betont.

Ich habe aber auch Aufnahmen realer Hallfahnen gemacht und bekomme da 
was völlig anderes. Pfeife ich z.B. in dem großen Treppenaufgang unserer 
Firma, bekomme ich einen über 1-2s langsam aufschwingenden Klang, der 
sehr lange trägt und mit weichen Echos durchsetzt ist. Der Pfeifton hält 
noch 3-4s gleichmäßig laut an und klingt dann in weiteren 2-3s schnell 
ab, wobei die Lautstärke weich moduliert, als würde jemand einen 
Lautstärkeregler mit 2 Hz leicht auf und runter drehen. Eine starke 
Resonanzfrequenz kann ich nicht wahrnehmen.

Ich kann es mir von der Theorie aber schon nicht erklären, wie dies 
zustande kommen kann, geschweige denn, wie ich es programmieren müsste.

Jemand eine Idee?

Der Aufgang hat etwa 4x4m und erstreckt sich über 5 Doppeltreppen = 5 
Etagen. Der Schall muss also in einer Art Schnecke nach oben und zurück.

von MaWin (Gast)


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Die alten Hallgeräte auf Bandmaschinen haben eben keine  echten Hall 
produziert. Es ist nicht das erneute reinmischen eines zeitverzögrten 
abgeschwächten Signals in das Quellsignal, sondern nur das 
zusammenmischen unterschiedlich zeitverzögerter Originalsignale. Eher 
selten wird in der Natur dein "Hallo" vom Berg reflektiert UND dann 
wieder von deinem Standort fast so laut zurückgeworfen.

von Rolf S. (audiorolf)


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Soweit mir bekannt werden Schallwellen unterschiedlicher Frequenz 
unterschiedlich reflektiert, also die Höhen relativ geradlinig gebündelt 
und die Tiefen eher mit breiterem Winkel. Stichwort Bündelungsmaß. Wie 
man das rechnerisch fassen könnte, wüsste ich aus dem Stand aber auch 
nicht. Die Hallprozessoren machen das eher ergebnisorientiert, also die 
Reflektionen so einstellen, dass es sich anhört. Das dürfte nicht mit 
objektiven physikalischen Geometrieaspekten zusammenhängen sondern eher 
subjektiv sein.

Das klassische Bergecho entsteht dadurch, dass viele Reflektionen 
zeitgleich wieder eintreffen und sich verstärken und nirgendwo ist das 
Bergecho so schön wie in der Schweiz :-)

von Lohmich (Gast)


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>nirgendwo ist das Bergecho so schön wie in der Schweiz :-)
Hat das auch wirklich 24Bit bei 192kHz Samplerate ?

von Wie es in den Wald hineinruft .. (Gast)


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Das Schweizer Bergecho ist komplett analog! Es wird von original 
Alm-Öhis produziert, die zu alt sind, um Ziegen zu hüten und nun gegen 
Bezahlung durch den Schweizer Bund den ganzen Tag auf der Wiese sitzen 
und darauf warten, dass sie das, was naive deutsche Touristen in die 
Lande plärren, zurückrufen zu können.

von J. S. (engineer) Benutzerseite


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Lohmich schrieb:
> Hat das auch wirklich 24Bit bei 192kHz Samplerate ?
Die meisten Echo-Algos arbeiten eher mit herabgesetzter Samplerate, um 
RAM zu sparen. Die hohen Frequenzen werden beim Hall nicht benötigt, da 
sie sich auch real ohnehin schnell akustisch "totlaufen".

Ein einfaches Reverb-Echo bekommt man mit wechselseitigem Kopieren des 
primären Signals in die Stereo-Kanäle. Das gibt bei langen Delays ein 
Pendel-Echo, das man sinnvollerweise auf den Rhythmus der Musik 
einstellt und bei kurzen Delays, lassen sich damit Räume simulieren.

Hier ist ein Echo-Hall für das Digilent Atlys:

http://www.96khz.org/files/2011/digilent_atlys_audio_test.zip

von Mark B. (markbrandis)


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Wie es in den Wald hineinruft .. schrieb:
> Das Schweizer Bergecho ist komplett analog! Es wird von original
> Alm-Öhis produziert, die zu alt sind, um Ziegen zu hüten und nun gegen
> Bezahlung durch den Schweizer Bund den ganzen Tag auf der Wiese sitzen
> und darauf warten, dass sie das, was naive deutsche Touristen in die
> Lande plärren, zurückrufen zu können.

Ach deshalb hängt da immer ein ", odr?" am Ende des Echos, obwohl ich 
das gar nicht gesprochen habe... ;-)

von J. S. (engineer) Benutzerseite


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Mark Brandis schrieb:
> Ach deshalb hängt da immer ein ", odr?" am Ende des Echos, obwohl ich
> das gar nicht gesprochen habe... ;-)
Ich überlege gerade intensivst, wie man das signalverarbeitungstechnisch 
realisieren könnte :-)

von Toninschnoer (Gast)


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Jürgen Schuhmacher schrieb:
> Reverb-Echo

Das ist ein Widerspruch

von Christian B. (casandro)


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Hobbymusiker schrieb:
> Ich habe mich in jüngster Zeit an der Erzeugung von Hall versucht, komme
> aber nicht so recht voran. ...

Wenn Du schon die Möglichkeit hast, Aufnahmen zu machen, mach doch 
folgendes:

1. Bestimme die grobe Dauer des Halls. Das hast Du schon gemacht und es 
liegt bei einigen Sekunden.

2. Generiere eine Tondatei die mindestens so lang ist wie der Hall, und 
die eine Autokorrelation hat, die nur einen großen Peak bei 0 hat. Das 
kann zum Beispiel ein Sweep sein, oder ein Mehrfachsweep bei dem sich 
aber nichts wiederholt.

3. Spiele die Tondatei von der gewünschten Schallquelle aus ab, und 
zeichne am gewünschten "Hörpunkt" das Ergebnis auf.

4. Mach eine Kreuzkorrelation zwischen der originalen Datei und der 
Aufzeichnung und Du bekommst die Impulsantwort des Raumes.

5. Falte eine Datei mit dieser Impulsantwort und Du bekommst präzise das 
den Hall den Du vorher gemessen hast.

Die Schritte 3 und 4 kannst Du auch mehrfach machen, damit Du 
Störgeräusche herausmitteln kannst.

Mit diesem Verfahren kannst Du im Prinzip jedes lineare System nachahmen 
und Räume sind, zumindest bei normalen Lautstärken, solche Systeme. 
Schwieriger wird es bei Hallplatten und Hallspiralen, denn die verbiegen 
sich ja elastisch und können somit potentiell nicht-lineare 
Eigenschaften haben.

Hallplatten sind große Metallplatten die über Lautsprecher und 
Mikrophone angeregt werden die direkt mit der Platte verbunden sind. Die 
Kanten der Metallplatten reflektieren den Schall.
Hallspiralen sind im Prinzip Spiralfedern die auf der einen Seite vom 
Signal angeregt werden und auf der anderen Seite wieder abgehört werden. 
Häufig hat man da noch Metallteile auf den Federn die zusätzliche Echos 
erzeugen sollen.

Dann gibts auch noch Hallgeräte auf der Basis von Bandechos. Der große 
Unterschied zwischen Echos und Hall ist die Impulsantwort...

Und übrigens hier Bandecho mit Videorekordern: (Das ist so richtig 
aufwändig)
 http://www.youtube.com/watch?v=fezrsTAf5x0

von J. S. (engineer) Benutzerseite


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Toninschnoer schrieb:
> Jürgen Schuhmacher schrieb:
>> Reverb-Echo
> Das ist ein Widerspruch
Ich weiss, was Du meinst und das ist aus musikalischer Sicht auch 
richtig. Technisch gesehen aber lässt sich Nachhall aus lauter kleinen 
Echos zusammensetzen, wenn sie die richtige Abfolge, Dichte und 
Amplitude haben.

von Toninschnoer (Gast)


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Kein Einspruch.
Die Begriffe sind normalerweise allerdings schon scharf voneinander 
getrennt (Reverb->statistisch, bzw. siehe Echo Grenze).
Ich bezweifel aber, dass der TO mit ein paar Delays beeindruckend 
klingende 5 Doppeltreppen von etwa 4x4m simulieren wird. Selbst einfache 
Naehrungen beruecksichtigen zumindest frequenzabhaengige Laufzeiten und 
Amplitudenveraenderungen beim auftreffen auf eine Grenzflaeche.
z.B. Schroeder Alg.
http://www6.in.tum.de/pub/Main/TeachingSs2003AlgorithmenWerkzeugeAudiobearbeitung/v3-hall2.pdf

praktisch alle Hallgeraete implementieren aber auch nicht zeitinvariante 
Elemente, z.B. Chorus oder Flanger (beim Lexicon z.B. Spin genannt)

Ein einfacher Weg an einen ganz passablen Hallalgorhythmus zu kommen ist 
abklingendes gefaerbtes Rauschen mit einem Original(direkt)signal zu 
falten und anteilig beizumischen. Ueber die Abklinglaenge des Rauschens, 
die Laenge der ITDG und das Verhaeltnis von Direktsignal zu gefaltetem 
Signal kann die Raumgroesse und der Abstand zur Schallquelle ganz 
ordentlich simuliert werden.
http://www.sengpielaudio.com/AnfangszeitlueckeUndPredelay.pdf

von 'Schnoer (Gast)


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Toninschnoer schrieb:
> Ein einfacher Weg an einen ganz passablen Hallalgorhythmus zu kommen ist
> abklingendes gefaerbtes Rauschen mit einem Original(direkt)signal zu
> falten und anteilig beizumischen. Ueber die Abklinglaenge des Rauschens,
> die Laenge der ITDG und das Verhaeltnis von Direktsignal zu gefaltetem
> Signal kann die Raumgroesse und der Abstand zur Schallquelle ganz
> ordentlich simuliert werden.

https://soundcloud.com/user409193016/covolut

Hier wäre dann noch der Beweis nachgeliefert:
Auf die schnelle zurechtprogrammiert.
Man hört:
unverhaltes Signal - Faltung mit weißem Rauschen (ca. -21dB) (ca. 2 sec 
abklingend) - Faltung mit weißem Rauschen (ca. - 17 dB ca. 2 sec 
abklingend und einer ITDG von ~55 ms) - Faltung mit Tiefgepasstem 
Rauschen (ca. - 6 dB ca. 2 sec abklingend und einer ITDG von ~12 ms).
Für 12,5 min Arbeit doch gar nicht übel? :)
Schönen Montag Morgen in die Runde

von Amateur (Gast)


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Vielleicht hilft Dir folgendes:
Echo: Früher wurde hier gerne eine kurze Tonbandschleife verwendet,
      an der sich mehrere Tonköpfe befanden und bei der zusätzlich die
      Geschwindigkeit regelbar war.
Hall: Hier wurden "echte" Federn (10 bis 20 cm) beidseitig in Spulen
      aufgehängt verwendet.
      Das Prinzip: Auf der einen Seite das des Lautsprechers, auf der
      anderen Seite das des Mikrophones. Das elastische Nachschwingen
      der Feder ergab den Hall.

von Soundcloudhörer (Gast)


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@'Schnoer
Was muss ich machen, um das zu hören? Habe den file geklickt aber es 
kommt nichts.

von 'Schnoer (Gast)


Angehängte Dateien:

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keine Ahnung, draufklicken reicht eigentlich.
Hier gibt es das File nocheinmal - unkomprimiert allerdings

von J. S. (engineer) Benutzerseite


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Das mit dem Zufallshall habe ich auch schon probiert, ist aber recht 
aufwändig. Lexicon hat das in den Geräten erstmalig dringehabt, meine 
ich und es fand auch breiten Anklang bei den Tonmeistern. Interessant 
finde ich das aber eher für die Kurzreflexionen.

von 'Schnur (Gast)


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Jürgen Schuhmacher schrieb:
> Lexicon hat das in den Geräten erstmalig dringehabt, meine
> ich und es fand auch breiten Anklang bei den Tonmeistern.

Auf jeden Fall fällt es gegenüber höherwertige Algorithmen schon stark 
(negativ) auf. :)
Ich finde man kann aber schön damit herumspielen und recht einfach 
interesante Effekte erzielen.
z.B. das zugrundeliegende Rauschen kontinuierlich zu verschieben, den 
Pegelabfall des Rauschens z.B. logarithmisch/exponentiell zu gewichten. 
Die "Impulsantwort" gegen andere statische Signale zu tauschen 
(Wasserrauschen/ Feuerknistern/ Wind) oder eben wie Christian schrieb, 
echt Impulsantorten benutzen usw. usw.

> Interessant finde ich das aber eher für die Kurzreflexionen.

Das interessiert mich. Kannst du ein Beispiel nennen?

von chris_ (Gast)


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Julius O.Smith ist hier sehr gut:
https://ccrma.stanford.edu/~jos/Reverb/

von chris_ (Gast)


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Hier die Hall-Struktur als Bild, wer es lieber mag:
https://ccrma.stanford.edu/~jos/Reverb/Reverberation_Transfer_Function.html

von J. S. (engineer) Benutzerseite


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Da erkenne ich noch nicht viel :-)

Zu den KRs: Man modelliert einen nicht quadratischen Raum mit variablen 
Wänden. Das Problem ist nur das morphing der Hall responses.

von Rolf S. (audiorolf)


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Christian Berger schrieb:
> Mit diesem Verfahren kannst Du im Prinzip jedes lineare System nachahmen
Klingt aber interessant, was Du da machst. Hättest Du einen Tipp für ein 
Software, die das automatisieren hilft?

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