Forum: Ausbildung, Studium & Beruf Diplomarbeit und Geheimhaltung


von Michi (Gast)


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Hallo,

ich schreibe bei einer Firma Diplomarbeit. Allerdings will die Firma, 
dass ich und mein Betreuer an der Uni eine Geheimhaltungserklärung 
unterschreibe. Für mich ist das kein Problem. Aber mein Betreuer sträubt 
sich dagegen. Seine Argumentation: Die Diplomarbeit ist eine 
Prüfungsleistung und muss X Jahre im Archiv aufbewahrt werden, wo jeder 
Prof. Zugang hat. Daher kann er die Geheimhaltung nicht garantieren. Ich 
kann das schon nachvollziehen.
Ich soll in der schriftlichen Arbeit daher nur Punkte aufnehmen, die 
nicht vertraulich sind. Allerdings weiß ich nicht wie ich das 
realisieren soll, da außer den Grundlagen alle weiterführenden Sachen im 
engen Zusammenhang mit den vertraulichen Daten sind.

Hat jemand von euch ein ähnliches Problem gehabt? Wie habt ihr das 
gelöst? Die weiterführenden Kapitel kann ich ja auch nicht einfach 
schwärzen..


Danke
Michael

von moepmoep (Gast)


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Das Problem hatte ich auch. Es gibt bei Euch an der Uni bestimmt eine 
Rechtsabteilung oder jmd. der für sowas zuständig ist. Ergbnis bei mir 
war, dass die Geheimhaltungserklärung einfach ein Kooperationsvertrag 
mit der Uni war. Am Anfang der Arbeit stand dann noch sehr groß der 
Hinweis, dass die Arbeit nur zu Prüfungszwecken verwendet werden darf 
und schon war alles für den Prof und die Firma ok. Hoffe das hilft dir 
weiter.

von Mathias H. (mathias_h)


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Man kann auf die Diplomarbeit einen Sperrvermerk  machen, dadurch ist 
sie nicht mehr öffentlich zugänglich (z.b.  2Jahre...)

von Ich (Gast)


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Ich kenne das, wurde mir erzählt, aus dem Bereich Automotive.
Da unterlag die Diplomarbeit auch einer Geheimhaltung, allerdings nicht 
für die nächsten X Jahre, sondern bis zur Produkteinführung, 
Patentanmeldung, etc..

Die Frage ist doch, wie lange unterliegt das der Geheimhaltung?

von ole (Gast)


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Michi schrieb:
> Die Diplomarbeit ist eine
> Prüfungsleistung und muss X Jahre im Archiv aufbewahrt werden, wo jeder
> Prof. Zugang hat.
Bei uns war das nicht so. Das muss ist wohl ein Problem eurer 
Hochschule, was ich im übrigen gut finde. Ich würde vermuten, dass du 
den Prof wechseln musst oder die Firma, denn wenn Profs nicht so richtig 
wollen, dann wollen sie meist gar nicht.
Ansonsten ist es nicht ungewöhnlich das nicht alles in der Diplomarbeit 
auftaucht, es muss selbst einer reinen SW-Diplomarbeit nicht mal der 
Quellcode abgegeben werden. Ich habe es damals gemacht, weil mein Prof 
mich drum gebeten hat und die Firma das erlaubt hat.

von Troll (Gast)


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Und wie soll das Volk dann sehen, das du nicht eins auf Guttenberg 
machst?

von Joachim S. (jstrand)


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Hallo!

Ja, die Problematik kommt immer wieder. Lösungen bieten meist der 
Sperrvermerk, bzw. dass nur ein bestimmter Personenkreis Zugang zu der 
Arbeit hat (z.B. Mitarbeiter am Institut / Universität) und diese vor 
dem Lesen zur Geheimhaltung verpflichtet sind. Entsprechend wird auch 
kein Exemplar der Arbeit an die Bibliotheken ausgegeben.

Dieses Vorgehen hat mir zumindest die Abgabe meines Praktikumberichts im 
Studienbüro ermöglicht.

von Prof. Unrat (Gast)


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Kompromiss wäre, daß an kritischen Stellen auf ein anderes Papier 
verwiesen wird, was "im Giftschrank" steht?

von Frank B. (f-baer)


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Troll schrieb:
> Und wie soll das Volk dann sehen, das du nicht eins auf Guttenberg
> machst?

Es steht nicht das Endergebnis, sondern der Arbeitsprozess zur Debatte. 
Quellcode lässt sich deutlich einfacher durch Struktogramme oder PAPs 
ersetzen. In der DA steht dann nur noch, warum diese Lösung gewählt 
wurde und welche Vor- und Nachteile sie bietet.

Bei meiner DA stand auch die Frage des Sperrvermerks im Raum, 
wohlgemerkt angesprochen vom Hochschulbetreuer. Eine Hochschule, die 
etwas auf sich hält, ermöglicht den Kooperationspartnern auch 
Sperrvermerke. Dahingehend sollte sich dein Betrieb evtl. von der 
Geheimhaltungsklausel lösen und sich gegenüber der Hochschule in 
Richtung Sperrvermerk positionieren.

Meine DA liegt seit der Bewertung in zwei Kopien bei meinem damaligen 
Hochschulbetreuer, der jeglichen Zugriff dementsprechend kontrollieren 
kann.

von Karl (Gast)


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Geheimhaltung und Diplom/Bachelor/Masterarbeiten passen nicht zusammen.

1) Ein ernsthaftes Firmengeheimnis sollte kein Diplomand bearbeiten.
Er ist in ein paar Monaten vielleicht bei der Konkurrenz.
Kein erfahrener Gruppenleiter wird das so machen, außer es gibt 
übermächtige Bürokratie in der Firma.

2) Eine geheime Arbeit hat keine wirkliche Qualitätsicherung,
weder vom Inhalt noch von der "Origialität" (s. Guttenberg.)

3) Eine geheime Arbeit kann man nicht/schwer weiterführen, z.B. als 
Doktorand. Man kann Sie auch nicht bei Bewerbungen vorlegen.
Man kann eine Veröffentlichung schreiben usw.

4) Eine geheime Arbeit ist 100% im Interesse einer Firma,
die Uni oder FH wird aber von Steuern bezahlt. Es wird also 
Gemeinnützigkeit
gefordert. Der Prof. ist Beamter darf gar nicht im Interesse der Firma 
handeln.

5) Einige Firmen sagen geheim und haben den Umgang mit Geheimsachen 
garnicht definiert. Sie suchen nur einen juristischen Vorteil mit dieser 
Art Papier. Ohne Definition ist der Vorteil der
im Streitfall winzig oder groß, auf jeden Fall mit viel Streß für den 
Betroffenen verbunden (Haftung ...).



M.E. sind die Geheimhaltungsideen der Firmen überwiegend
auf wichtigtuende Formalisten und unterbeschäftigte Juristen 
zurückzuführen.
Man wäge dieses negative Indiz mit den Plus- und Minuspunkten der Firma 
auf.

Lösungen:
1) Unterschreiben und das Papier einfach vergessen, das geht zu 95% gut.
2) Oder neue Firma oder gutes Institut suchen ...
3) Im 100%igen Firmeninteresse nur für volles Gehalt (später) arbeiten.


Viele Grüße
Karl
(20 Jahre Beruferfahrung und über 30 betreute Abschlußarbeiten)

von Stefan H. (Firma: dm2sh) (stefan_helmert)


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Bei uns ist die Geheimhaltung auch üblich. Die Unis werden nur minimal 
vom Staat unterstützt. Sie sind auf Finanzierung durch Unternehmen 
angewiesen.

Der Diplomand arbeitet auch nicht das Firmengeheimnis aus. Es ist 
vorhanden und Grundlage für die Arbeit.

von BWLer (Gast)


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>Der Diplomand arbeitet auch nicht das Firmengeheimnis aus. Es ist
>vorhanden und Grundlage für die Arbeit.

Toll! Geld gespart, Diplomand machts für ein Zehntel! Das er danach zur 
Konkurrenz geht, tja, Pech eben.

von der mechatroniker (Gast)


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Ich kenne es eigentlich nur so, dass eine DA höchstens am Rande Details 
streift, die der Geheimhaltung unterliegen. Trifft dies zu, ist die 
übliche Vorgehensweise, dass die offizielle Fassung der Arbeit um die 
paar Details gekürzt wird, wobei der betreuende Prof, der Geheimhaltung 
verpflichtet, die ausführliche Version einsehen kann, um die Leistung 
besser beurteilen zu können.

Eine Abschlussarbeit, die ganz oder in wesentlichen Teilen der 
Geheimhaltung unterliegt, hielte ich aus den von Vorpostern genannten 
Gründen für bedenklich; ich aber von einem solchen Fall allerdings 
(wahrscheinlich eben aus diesen Gründen) auch noch nie gehört.

von Martin H. (marrtn)


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Stefan Helmert schrieb:
> Die Unis werden nur minimal
> vom Staat unterstützt. Sie sind auf Finanzierung durch Unternehmen
> angewiesen.

Hast Du da zufällig einen Link für mich? Ich bin bisher eher vom 
Gegenteil ausgegangen (>80% Staat)...

von HA (Gast)


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BWLer schrieb:
>>Der Diplomand arbeitet auch nicht das Firmengeheimnis aus. Es ist
>>vorhanden und Grundlage für die Arbeit.
>
> Toll! Geld gespart, Diplomand machts für ein Zehntel! Das er danach zur
> Konkurrenz geht, tja, Pech eben.

Das ist anders gemeint. Der Diplomand arbeitet mit einem Firmengeheimnis 
als Grundlage(z.B. Nächste Generation einer Steuerung) und entwickelt 
mit hilfe dieser Daten etwas Neues. Die Firma hat so lange ein Interesse 
an Geheimhaltung wie die neue Steuerung noch nicht auf dem Markt ist.

von Pit (Gast)


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Karl hat 100 % recht.
Mach einen Sperrvermerk in deine Arbeit rein und gib dem Prof eine 
Ausgabe. Wenn jemand deine Arbeit lesen will muss der sich an den Prof 
wenden und der Prof wiederum an die Firma. War an meiner Hochschule 
üblich bei solchen Arbeiten. Sowohl meine Bachelorarbeit und 
Masterarbeit sind nicht in der Bib zu finden sondern nur beim Prof 
obwohl da jetzt kaum etwas der Geheimhaltungspflicht unterliegt aber die 
Firmen wollen es so.

von diplingautomotive (Gast)


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Hi Leute

bei mir gabs ganz das gleiche Thema!!

War in der Automobilbranche tätig.

Hatte ein Diplomarbeitsthema in der Forschung & Entwicklung.

Mit Unterschrift des Diplomarbeitsvertrages verzichtete ich auf alle 
Rechte und verpflichtete mich , die Arbeit auf der Uni mit einem 
Sperrvermerk mit 5 Jahren zu versehen. Ist so.

In derjenigen TU (befindet sich außerhalb Deutschlands) ist es allgemein 
gültig, Sperrvermerke von 1 - 5 Jahre vergeben zu können, so können auch 
solche Diplomarbeitsthemen bearbeitet werden.

Und was war das Ergebnis? Ich schrieb eine Software und die Diplomarbeit 
erfolgreich, wo schon 2 vor mir an dem Thema gescheitert sind.

Angeblich wurde das Verfahren nach meinem Abschluss patentiert und sogar 
verkauft. Sie hatten also einen billigen Studenten gefunden (also ich) 
der denen das macht. Und ich schau durch die Finger.

Hab sogar erfahren, wieso ich dort keine Anstellung bekam: Aufgrund der 
Angst, dass ich meine Rechte einklagen würde oder mit einem Anwalt 
zumindest um einen Teil des Verkaufs oder Erlöses streiten würde.

Aber ich konnte viel lernen, hab eine gute Referenz und eine 
ausgezeichnete Note, aber musste es als Diplomand logischerweise für ein 
Appel und ein Ei machen. Ne Firma wäre denen wirklich teuer gekommen.

von Michael (Gast)


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Karl hat alles sehr schön zusammengefasst!!!


Wichtig für Dich ist noch, dass Du bei Bewerbungen NIE über Deine DA 
erzählen darfst.

Jetz stell Dir selbst die Frage: Wie kommt das in einem 
Bewerbungsgespräch an? "Entschuldigung, ich darf ihnen nichts über meine 
DA erzählen, das ist TOP SECRET!"... Wenn Du dann noch eine gute Note 
hast sieht es doch absolut nach Guttenberg aus ...

von Hänschenklein (Gast)


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Das kann doch nicht sein das es da immer noch zu Problemen kommt. Solche 
Diplomarbeiten werden seit Jahrzehnten geschrieben. Da sollte jede 
Hochschule eine Richtlinie gefunden haben, wie damit umgegangen wird. 
Sperrvermerk rein für nen gewissen Zeitraum und fertig. Die Teile werden 
im Schrank eingeschlossen und alle Leute die da dran müssen dürfen da 
auch dran.

Weiß nicht was da für ein Aufstand gemacht wird.

von al3ko (Gast)


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Michael schrieb:
> Wichtig für Dich ist noch, dass Du bei Bewerbungen NIE über Deine DA
> erzählen darfst.
So ein Quatsch, du hast wohl noch nie mit einer Firma in Kontakt 
gestanden...

Selbst wenn die Abschlussarbeit einer Geheimhaltung unterliegt, bekommt 
der Student ein Arbeitszeugnis von der Firma, in dem u.a. seine Aufgaben 
aufgelistet sind. Und natürlich hat die Arbeit auch einen mehr oder 
minder treffenden Titel, aus dem sich der Inhalt der Arbeit ableiten 
lässt.

Natürlich sollte man keine Ergebnisse ausplaudern wie z.B. Wirkungsgrade 
von neuen Wandlertopologien oder Sachen/Konzepte nennen, die z.B. 
gegenwärtig bei der Patentanmeldung sind und demnach mit Leichtigkeit 
noch kopiert werden können.

Aber zu sagen, was der Inhalt der Arbeit war, was man gemacht hat usw. 
ist doch völlig normal.

Und das sollte jeder potentielle Arbeitgeber respektieren. Arbeitest du 
für ihn, wirst du auch mit seinen geheimen Technologien vertraut 
gemacht. Wenn du später mal die Firma wechselst, was gar nicht mal so 
ungewöhnlich ist, erwartet er ja auch von dir, dass du nicht aus dem 
Nähkästchen plauderst sondern lediglich deine Qualifikation und 
Kenntnisse preisgibst.

von Joe (Gast)


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Wenn du in der Arbeit Wissen und Produkte der Firma verwendest, so 
werden diese in einer Arbeit zitiert, aber nicht offengelegt.

Wenn du im Zusammenhang mit deiner Arbeit von der Firma bezahlt wirst, 
d.h. wenn ein Arbeitsvertrag gegen Entgelt besteht, dann ist in diesem 
Arbeitsvertrag in der Regel festgeschrieben, dass alle Entwicklungen dem 
Unternehmen gehören und der Geheimhaltung unterliegen.
Dies ist mit einer Prüfungsarbeit nicht vereinbar!

Wenn du eigene Entwicklungen ohne Entgelt (außer 
Aufwandsentschädigungen) machst, dann sind diese vorerst dein geistiges 
Eigentum. Im Rahmen der wissenschaftlichen Arbeit steht deinem Prof. ein 
Nutzungsrecht zu. Eine Vermarktung ist separat mit dem Prof. zu regeln.
Das Unternehmen hat keinen Anspruch auf Nutzung bzw. Vermarktung.
Die beiden letzen Punkte müssen beim Abschluss einer Vereinbarung 
geregelt werden!
Hier ist eine Rückfrage beim Fachanwalt sehr sinnvoll.

Joe

von Georg A. (georga)


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Sowas habe ich schon häufig betreut und ist (zumindest bei uns) kein 
Thema. Das läuft dann so, dass NDA-relevante Details in einen Anhang 
ausgelagert werden, der zwar beim Prof abgegeben wird (und naürlich vom 
Inhalt her in die Benotung einfliesst), aber nicht beim Prüfungsamt 
auftaucht. D.h. damit ist der Anhang im Gegensatz zum Rest nicht 
öffentlich. Im Rest steht dann halt so allgemeines Zeug ;) Der Prof sagt 
dem PA noch, dass es einen nicht öffentlichen Teil gibt, und gut ist. 
Dann gibt es nicht mal einen Sperrvermerk.

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