Forum: Ausbildung, Studium & Beruf befristet/unbefristet


von Absolvent (Gast)


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Hallo allerseits,

mir liegt von meinem zukünftigen Arbeitgeber ein auf 2 Jahre befristeter 
Anstellungsvertrag vor. Während der telefonischen Zusage wurde mir 
erklärt, dass es unter enormen Aufwand möglich sei, einen unbefristeten 
zu erstellen. Nun meine Frage; muss hierfür der Betriebsrat einberufen 
werden, sodass tatsächlich großer Zirkus entsteht oder ist das 
allgemeines blabla? D.h. ist es ratsam auf einen unbefristeten Vertrag 
zu bestehen?

von Purzel H. (hacky)


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>D.h. ist es ratsam auf einen unbefristeten Vertrag zu bestehen?

Wenn die Firma das nicht machen kann, wird es nicht gehen... Ich bin 
auch in so einer Firma, da gibt es nur befristete Anstellungen. Man kann 
damit leben. Man muss sich nur immer umsehen, wohin man gehen wuerde, 
falls der Vertag nicht verlaengert werden wuerde.

von FH.Ing. (Gast)


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Absolvent schrieb:
> D.h. ist es ratsam auf einen unbefristeten Vertrag
> zu bestehen?

Ratsamer ist es eine andere Firma zu suchen oder den Job nehmen, 
weitersuchen und kündigen.

Eine Firma die so mit ihrem Humankapital umgeht hat entweder 
wahrscheinlich kein solides wirtschafltiches Fundament und unzufriedene 
Klasse B Mitarbeiter.

von Michael S. (technicans)


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Alles nur Bla Bla. Damit hält man sich immer ein Hintertürchen offen
wenn der Umsatz in die Knie geht. Entweder der Vertrag endet dann
fristgerecht oder wird in einen unbefristeten umgewandelt was zulässig 
ist.
Unzulässig wäre einen weiteren befristeten Vertrag dran zu hängen, also 
verlängern. Ich bin nicht sicher, aber ich meine mal gehört zu haben das
ein solcher Versuch eine unbefristete Anstellung zur Folge hat.
Aber andererseits welches Arbeitsverhältnis ist schon so solide das
der Arbeitgeber nicht auch Mittel und Wege kennt Verträge zu kündigen?
Befristet/Unbefristet ist keine Garantie.

von Bernd O. (bitshifter)


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Absolvent schrieb:
> Hallo allerseits,
>
> mir liegt von meinem zukünftigen Arbeitgeber ein auf 2 Jahre befristeter
> Anstellungsvertrag vor. Während der telefonischen Zusage wurde mir
> erklärt, dass es unter enormen Aufwand möglich sei, einen unbefristeten
> zu erstellen. Nun meine Frage; muss hierfür der Betriebsrat einberufen
> werden, sodass tatsächlich großer Zirkus entsteht oder ist das
> allgemeines blabla?
Das ist nur blahblah. Der Betriebsrat muß sowohl bei befristeten wie 
auch bei unbefristeten Verträgen eingebunden werden. Normalerweise hat 
ein Betriebsrat nichts gegen Einstellungen (wenn deswegen nicht jemand 
anders entlassen wurde) - ganz im Gegenteil: Typischerweise ist es eher 
so, dass sich der Betriebsrat dafür einsetzt, dass mehr Leute 
eingestellt werden (um die Arbeitsbelastung der einzelnen MA in Grenzen 
zu halten).

Es ist auch nicht so, dass deswegen extra eine Sitzung des Betriebsrates 
einberufen werden müsste - typischerweise gibt es jemanden (einzelne 
Person oder BR-Ausschuss) im Betriebsrat, der darüber entscheiden kann. 
Die Firmenseite muß aber ggf. trotzdem "offiziell" beim BR anfragen. Das 
ist aber wie angedeutet kein "großes Ding", sondern eher eine Formalie. 
Selbst wenn der Betriebsrat über Einstellungen in einer offiziellen 
BR-Sitzung entscheiden will juckt das die Arbeitgeberseite nicht die 
Bohne. Das einzig lästige für die Arbeitgeberseite ist, dass sie 
anfragen muß - mehr aber auch nicht.

> D.h. ist es ratsam auf einen unbefristeten Vertrag
> zu bestehen?
Absolut. Ansonsten hast Du zwei Jahre Unsicherheit, ob und wie es für 
Dich in dieser Firma weitergeht. Wenn die Konkunktur in zwei Jahren 
schlecht ist, kann es sein, dass Du obwohl Du sehr gute Leistungen 
erbringst die Firma verlassen musst.
Die meisten Firmen wollen in Krisenzeiten preiswert und einfach Leute 
loswerden - und preiswerter und einfach als einen Vertrag nicht zu 
verlängern geht es nicht. Wie gut Du bist und ob es jemanden gibt, der 
wesentlich schlechter ist als Du spielt dann keine Rolle mehr. Da wird 
von oben bestimmt: "Keine Vertragsverlängerungen!" - und Du bist raus. 
Und wenn Du erst mal raus bist, wird es sehr schwer in der Krise einen 
(neuen und gut bezahlten) Arbeitsplatz zu finden, wenn sämtliche 
Personalabteilungen nur darüber nachdenken, wie sie noch ein paar mehr 
Leute freisetzen können.

In einer Krise läuft es typischerweise so:
1) Kosteneinsparungen
2) Externe MA freisetzen
3) Befristungen nicht verlängern
4) Interne MA kündigen.

Die ersten drei Möglichkeiten kosten quasi nichts - und werden 
leichtfertig durchgeführt. Die vierte Möglichkeit ist für die 
Arbeitgeberseite sehr aufwändig, da ein Sozialplan aufgestellt werden 
muß (kostet die Personalabteilung viel Zeit - auch der Betriebsrat muß 
angehört werden und verzögert das zeitlich auch gerne etwas um die 
Mitarbeiter zu schützen) und den zu kündigenden Mitarbeitern Abfindungen 
bezahlt werden müssen (kostet viel Geld).

Für Dich hat die Befristung keinerlei Vorteile, da Du ohnehin mit kurzer 
Kündigungsfrist zu einem anderen Arbeitgeber wechseln kannst wenn Du 
willst. Je nachdem, was Du im Leben gerade vorhast, kann eine Befristung 
aber gravierende Nachteile nach sich ziehen, da Du beispielsweise 
schlechtere Konditionen bei der Kreditaufnahme, schlechtere Chancen bei 
der Wohnungssuche, etc. hast. Man weiß eben nie sicher, wie es nach den 
zwei Jahren weitergeht - und die meisten Vermieter wollen Konstanz und 
nicht das Risiko, dass sie nach zwei Jahren einen Sozialhilfeempfänger 
in ihrer Wohnung sitzen haben und auch nicht, dass sie nach zwei Jahren 
wieder einen neuen Mieter suchen müssen, weil Du der Arbeit 
hinterherziehen musstest.
Bei den Banken genauso. Es ist eben wesentlich wahrscheinlicher, dass 
jemand nach der Befristung keinen oder nur einen schlechter bezahlten 
Job hat als jemand, der unbefristet angestellt ist. Das heißt nicht, 
dass man mit einer Befristung keinen Kredit bekommt - man bezahlt aber 
mehr dafür als jemand mit unbefristetem Vertrag, da für die Bank das 
Risiko, ihr Geld nicht mehr zu bekommen größer ist.


Nochmal eindringlich:
Besteh' auf jeden Fall auf einen unbefristeten Vertrag. Das mit dem 
Aufwand für die Firmenseite ist quatsch - und es hat für Dich ggf. 
handfeste finanzielle Nachteile. Wenn man die Konditionen für einen 
Vertrag aushandelt, dann sollten sich auch beide Seiten an das Ergebnis 
halten. Genauso wie es die Firmenseite für unseriös halten würde, wenn 
Du nach den Verhandlungen auf einmal 5000 Euro mehr brutto verlangen 
würdest ist es unseriös wenn die Firmenseite Dir schlechtere Konditionen 
(Befristung) unterschieben will - und das dann womöglich auch noch als 
"Nebensächlichkeit" schönredet.

Vielleicht wollen sie auch nur austesten, ob Du's nicht blickst oder ob 
Du nicht in der Lage bist, deine Interessen zu verfolgen? In diesem Fall 
wäre es um so wichtiger dass Du Dich durchsetzt, wenn Du in der Firma 
Karriere machen willst.

Du musst ja nicht direkt sagen, dass Du Dich verarscht fühlst, sondern 
einfach nur, dass es Dir wichtig ist eine gute Zukunftsperspektive zu 
haben. Und wenn dann das Argument kommt, dass die Befristung nur eine 
Formalie sei und dass man auf jeden Fall vorhat, Dich zu behalten, dann 
kannst Du leicht einhaken und sagen, dass es dann ja auch kein so großes 
Problem sein sollte auf die Befristung zu verzichten. Wenn das Gespräch 
dann intensiver wird, kannst Du evtl. noch die finanziellen Nachteile 
der Befristung (Hauskredit / Wohnung finden) anführen und etwas 
"ausschmücken", also von Erfahrungen vom Bekannten erzählen, die die 
Traumwohnung nicht bekommen haben als der Vermieter erfahren hat, dass 
der Arbeitsvertrag nur befristet war, etc...

Wenn die Firma trotz allem auf die Befristung besteht wäre ich sehr 
vorsichtig, da es dann schon zwei unsaubere Dinge vorgefallen sind: (1) 
Bis zum Vertrag verschwiegene Befristung und dann (2) für Dumm verkauft, 
da es eben doch mehr als "großer Zirkus" ist, nämlich scheinbar ein 
"no-go". Unter diesen Bedingungen ist dann auch fraglich ob Du 
tatsächlich mehr als zwei Jahren Perspektive in dieser Firma hast. Keine 
vernünftige Firma lässt deswegen ein Einstellung, die schon in der 
Vertragsphase ist platzen.


Gruß,
Bernd

von Absolvent (Gast)


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Danke für die vielen Beiträge (v.a. Bernd)!

Mich hat besagte Firma heute morgen kontaktiert, nachdem der befr. 
Vertrag Samstag per Post kam. Kontext: Sie wollen mich haben und klären 
den Punkt nun intern mit dem Personalwesen ab- Super! :)

>Vielleicht wollen sie auch nur austesten, ob Du's nicht blickst oder ob
>Du nicht in der Lage bist, deine Interessen zu verfolgen? In diesem Fall
>wäre es um so wichtiger dass Du Dich durchsetzt, wenn Du in der Firma
>Karriere machen willst.

Ich vermute an der Aussage ist was dran. Ebenso ist bei aller mündlichen 
Beschwichtigung (man habe bisher jeden Vertrag entfristet und auch in 
der Krise niemanden entlassen) ein fader Beigeschmack. Wenn's hart auf 
hart kommt, bin ich einer der ersten, der fliegt. Worte sind da nichts 
mehr als Schall und Rauch.

Besten Gruß

Absolvent

von Michael K. (charles_b)


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auf einem unbefristeten Vertrag bestehen, wenn es irgend möglich ist.

Die Firma muss ja auch wollen, dass du bei ihr bleibst und nicht aus 
reiner Vorsorge nach 12 Monaten neu auf die Suche gehst...

Einen Betriebsrat (falls es daran liegen sollte) der sich bei 
EINSTELLUNGEN querstellt kann ich mir eigentlich nicht richtig 
vorstellen - es sei denn, du hast dem BR schon mal den Parkplatz vor der 
Nase weggenommen und er will dir das heimzahlen.

von Rudi Radlos (Gast)


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Erkundige Dich unauffällig ob es dort weitere Befristete gibt. Dann 
weißt Du ob es zufällig ein "Drehtürgeschäft" ist.

Ein befristeter Vertrag endet am letzten Tag ohne Kündigung!

von Axel (Gast)


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>Einen Betriebsrat (falls es daran liegen sollte) der sich bei
>EINSTELLUNGEN querstellt kann ich mir eigentlich nicht richtig
>vorstellen - es sei denn, du hast dem BR schon mal den Parkplatz vor der
<Nase weggenommen und er will dir das heimzahlen.

Och, da gibt es schon Gründe. Z. B. wenn direkt nach einer 
Kündigungsrunde eingestellt werden soll. Oder wenn jemand eingestellt 
werden soll, von dem jemandem im BR bekannt ist, dass er ein reiner 
Schaumschläger ist. Oder wenn Leute zu abenteuerlichen Gehältern (im 
positiven wie im negativen) eingestellt werden sollen.

Gruss
Axel

von Michael L. (Firma: Desert Irrigation Systems) (overingenieur)


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2 Jahre ist wirklich komisch.

1 Jahr befristet ist schlicht der Erkenntnis geschuldet das man einen MA 
erst nach etwa einem Jahr gut beurteilen kann.

Wer heiratet denn auch nach 6 Monaten - sicher hinkt der Vergleich, aber 
es gibt Leute die können sich auch ein Jahr verstellen - 2 Jahre kaum.

Man kann sich im gegenseitigen Einvernehmen ohne die üblichen 
"Beschmutzungen" trennen.

von wurst (Gast)


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Ich würde mir lieber ne unbefristete Stelle suchen, die aufgrund des 
Fachkräftemangels ja nicht allzu schwierig zu finden wäre.

von Michael S. (technicans)


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Wenn der Schotter stimmt darf auch gern eine Befristete sein.
Bei der Höhe scheiden sich dann die Geister weil auf AG-Seite
geglaubt wird das immer nur das gleiche gezahlt werden braucht.
In der Vergangenheit konnte man sich das vielleicht erlauben
aber in naher Zukunft wohl nicht mehr und das zu lernen schaffen
die Arbeitgeber niemals.

von Michael K. (charles_b)


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Da muss man nur aufpassen, dass man nicht zu hoch pokert.

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