Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Notch-Filterbaustein gegen 50 Hz Brummen


von Alex (Gast)


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Hallo Community,
ich suche empfehlungen für einen möglichst kleinen Notchfilter-baustein, 
der mir das 50Hz Brummen aus einem Biosignal herausnehmen soll. Ich habe 
hier nicht allzuviel erfahrung, habe aber gehört es gäbe relativ stark 
auf diesen Zweck angepasste Bauteile mit internen 
widerstands-/kapazitätswerten, die genauer sind, als die bei 
normalkäuflichen Rs/Cs Abweichungen.

Empfehlungen?

Grüße
Alex

von Purzel H. (hacky)


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Den Netzbrumm wird man mit einem geeigneten Aufbau los. Ein Filter 
bringt wenig. Der Aufbau nennt sich Praezisions-Analog und bedeutet 
sternfoermige Masseverteilung, differentielle Signale.

von Rokko der Rabe (Gast)


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Sept Oschi schrieb:
> Den Netzbrumm wird man mit einem geeigneten Aufbau los. Ein Filter
> bringt wenig. Der Aufbau nennt sich Praezisions-Analog und bedeutet
> sternfoermige Masseverteilung, differentielle Signale.

Nein, nein. Das Stichwort war Bio-Signal. Die 50Hz kommen nicht von der 
Schaltung, sondern vom Körper des Menschen/Tieres. Dies liegt am 
Einfluss der elektrischen Geräte und der Stromverkabelung in der 
Umgebung.

Ich nehme an der Threadsteller arbeitet mit Instrumentenverstärker. Da 
wird oft geglaubt, das die 50Hz durch den Common-Mode verschwinden. 
Stimmt aber leider nicht.

Integrierte Notch-Filter oder Notch-Filter-Module habe ich leider 
nirgends gefunden. Am besten ist es Cs und Rs der COG-Klasse bzw. 
niedrigster Toleranz zu wählen und durch Parallel und Reihenschaltung 
dieser, sich an den gewünschten Wert anzunähern.

Rokko

von ronnysc (Gast)


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Es geht auch ohne Notch-Filter, aber nur wenn man Ahnung von der Materie 
hat. Daran scheitert es aber meistens. Ich kann ein EKG ableiten OHNE 
50Hz-Filter wenn ich entsprechende Störfelder ausschließe und meine 
Schaltung und der Einbau so konstruiere das dies eine geringere Rolle 
spielt. Dazu gehören z.B. geschirmte Leitungen, ein geschirmtes Gehäuse 
und eine saubere Stromversorgung. Der gute Common-Mode-Bereich der 
heutigen Instrumentenverstärker spielt schon eine Rolle, aber halt nur 
eine von Vielen.
Gruß
Ronny

von Alex (Gast)


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danke soweit, über die rahmenbedingungen habe ich mir allerdings schon 
gedanken gemacht - der aufbau findet ohnehin bipolar differenziell 
verstärkt statt (niedrigeres common mode signal) und optional auch mit 
DRL-Elektrode.

Meine Frage ist wirklich momentan in erster Linie:
Wie bekomme ich auf kleinstem Raum eine 50Hz Bandpass/Notch Filterung 
aufgebaut? Das ganze muss nämlich auf die Elektrode, weil die eine 
Aktive ist.

von Rokko der Rabe (Gast)


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ronnysc schrieb:
> Es geht auch ohne Notch-Filter, aber nur wenn man Ahnung von der Materie
> hat. Daran scheitert es aber meistens.

Aha? Welche Materie meinst Du denn?

ronnysc schrieb:
> entsprechende Störfelder ausschließe und meine
> Schaltung und der Einbau so konstruiere das dies eine geringere Rolle
> spielt. Dazu gehören z.B. geschirmte Leitungen, ein geschirmtes Gehäuse
> und eine saubere Stromversorgung.

Kann nicht schaden. Aber was bringt ein geschirmtes Gehäuse etc. wenn 
Dein Störsignal am Messeingang anliegt? Merkwürdig ist auch, dass bei 
allen professionellen Geräten ein Prefilter, Notchfilter und 
Muskelfilter implementiert werden. Bei TI wird in den App-Notes der 
EKG-Frontend-ICs auch immer noch ein Notchfilter angehängt.

Naja, schön jedenfalls, wenn der Aufbau im Labor funktioniert und später 
unter anderen Umgebungsbedingungen gestört wird.

Viele Grüße,
Rokko

von Alex (Gast)


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um auf mein Problem zurückzukommen:
Wie würdet ihr das denn lösen?
Eine typische (zB Doppel-T) Notchfilterschaltung mit OPAmp - dann eben 
nicht integriert und mit Platz, den man nicht hat?

von Rokko der Rabe (Gast)


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Naja. Wenn Du keinen Platz auf der Platine hast, wird es schwierig. Bei 
mir war das schon ein Doppel-OP und etwas Gemüse. Sehr gut läßt sich das 
ganze durch ein digitales-Filter lösen. Dann müsstest Du in der Software 
die 50Hz herausfiltern. Ich war zu faul, die Koeffizienten zu bestimmen. 
Ansonsten ist das in Realtime kein Problem.

Schau Dir mal bei TI die EKG-Frontends an. Ich meine dort ein 
Software-Notch-Filter gesehen zu haben.

Viele Grüße,
Rokko

von Ulrich (Gast)


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Ein analoger 50 Hz Notch wird nun leider relativ groß, weil man einfach 
relativ große Kondensatoren braucht, wenn die Widerstandswerte im Rahmen 
bleiben sollen. Es könnte ggf. etwas kleiner gehen wenn man eine 
Schaltung findet die nur 2 Kondensatoren braucht statt der 3 im 2 T 
Filter.

von Alex (Gast)


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du meinst groß(wertige) Kondensantoren?
Ich verstehe gerade nicht so ganz was du meinst, glaube ich - bei einer 
standard Op-Amp-Notchfilterschaltung wie ich sie beispielhaft im netz 
gefunden habe verwendet man doch zB 49nF und 10/68kOhm - das sind doch 
"schöne" Werte?

von Alex (Gast)


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(die Werte bekomme ich doch als 0804 smd - oder wo liegt mein 
denkfehler)

von df1as (Gast)


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Ist die 50-Hz-Amplitude so groß, dass sie den Eingangsverstärker in die 
Begrenzung bringt? Wenn nicht, würde ich auf analoger Seite nichts 
weiter unternehmen und die Filterung digital vollziehen. (Falls es denn 
eine digitale Seite geben sollte - hier auf mikrocontroller.net ...)

von df1as (Gast)


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(Beträfe natürlich nicht nur den Eingangsverstärker, sondern eine 
Begrenzung im gesamten analogen Pfad bis einschließlich ADC.)

von Gebhard R. (Firma: Raich Gerätebau & Entwicklung) (geb)


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Warum jetzt der 50Hz notch in der (aktiven)Elektrode sitzen soll geht 
mir nicht ein. Mit einer Elektrode kann man noch gar nichts messen, da 
braucht es zumindest 2 + GND. Die wirst du vermutlich an deinem Gerät 
anschließen. Und dort kannst du wohl auch einen analogen Filter 
unterbringen. Allerdings: die Zeit der analogen notch Filter ist im 
ablaufen. Digital ist's wesentlich billiger und genauer.

Grüße

von Mäckel Eppentosch (Gast)


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Soll zum Messen in den Wald gehen, ist sowieso gesünder.
Handy zu Hause lassen!

von Alex (Gast)


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Gebhard Raich schrieb:
> Warum jetzt der 50Hz notch in der (aktiven)Elektrode sitzen soll geht
> mir nicht ein. Mit einer Elektrode kann man noch gar nichts messen, da
> braucht es zumindest 2 + GND.

recht hast du, die elektrode ist allerdings eine bipolarelektrode (also 
hast du schonmal 2)  und misst zudem kapazitiv mit einem ebenfalls 
kapazitiven bezugspotenzial.

df1as schrieb:
> Ist die 50-Hz-Amplitude so groß, dass sie den Eingangsverstärker in die
> Begrenzung bringt?

ich weiß ehrlich gesagt noch nicht genau, wie groß die 50Hz amplitude 
bei dem aufbau effektiv maximal wird, ich hoffe ja ohnehin, dass von ihr 
durch den bipolaren aufbau mit differenzverstärkung durch das gute cmrr 
des Verstärkers nicht viel übrig bleibt.

Mäckel Eppentosch schrieb:
> Soll zum Messen in den Wald gehen, ist sowieso gesünder.
> Handy zu Hause lassen!

bei dir brummt wohl auch im eeg frequenzbereich unter 40 herz schon 
einiges ;)

von Gebhard R. (Firma: Raich Gerätebau & Entwicklung) (geb)


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> und misst zudem kapazitiv mit einem ebenfalls
>kapazitiven bezugspotenzial.

Hmmm... was meinst du mit "kapazitives bezugspotential"

Grüße

von Alex (Gast)


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Gebhard Raich schrieb:
> Hmmm... was meinst du mit "kapazitives bezugspotential"

das thema kapazitive elektroden kann ich hier ja jetzt nicht komplett 
aufrollen, mit kapazitivem bezugspotenzial meine ich, dass die messung 
über die elektroden galvanisch getrennt (und zB durch stoff) passiert 
und die "masseverbindung", also das bezugspotenzial, ebenfalls kapazitiv 
eingekoppelt wird - zB durch sitzen auf einer isolierten massefläche.

von Gebhard R. (Firma: Raich Gerätebau & Entwicklung) (geb)


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>die messung über die elektroden galvanisch getrennt (und zB durch stoff) 
>passiert und die "masseverbindung", also das bezugspotenzial, ebenfalls 
>kapazitiv eingekoppelt wird - zB durch sitzen auf einer isolierten >massefläche.

Aha, und wo fließen die Bias-Ströme deines Verstärkers?

von Alex (Gast)


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durch einen biaswiderstand vor dem Verstärkereingang im Gigaohmbereich. 
Aber können wir das lassen und aufs thema zurück kommen?

Interesse: Gut (dann gebe ich auch gerne infos)
wenn es auf ein "schminks dir ab" hinausläuft: Kann jeder gerne 
behalten, ich weiß schon dass es geht. Mein Frage bezog sich auf 
BANDPASSFILTERN von 50 Hz aus einem Signal ohne viel Platz im Aufbau! :P

von ronnysc (Gast)


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Ach gottchen, jetzt fangen die Nächsten "kapazitive Elektroden" an. Na 
klar geht das, steht/liegt hier vor mir. AAABER so einfach ist das 
nunmal nicht. Also doch erstmal EKG-Basics lernen/anwenden und dann 
weiter machen. Mein System geht im Übrigen ohne 50Hz-Filter. Wasn Ding 
:-).
Aber Deine Hausaufgaben mußte schon schön selbst machen.

von Alex (Gast)


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Niemand hat dich gebeten hier Hausaufgaben zu übernehmen, ich auch 
nicht.
Ich habe weiterhin auch nicht das thema kapazitive elektroden hier 
aufreissen wollen, sondern lediglich nach erfahrung / bauteilwissen 
bezgl. notchfiltern gefragt. Scheint ja schwierig zu sein.

Viele Grüße,
dein Gottchen

von Gebhard R. (Firma: Raich Gerätebau & Entwicklung) (geb)


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>Scheint ja schwierig zu sein.
Nein, ist es nicht. Nimm eben ein aktives doppel T Filter, sind dann 
eben so 7 BT wobei R und C in 0402 ausgeführt werden können. OPV gibs 
mittlerweile auch in wahnwitzig kleinen Gehäusen. Wird aber alles nicht 
viel helfen, denn du unterdrückst damit nur eine einzige Frequenz. Es 
sind aber auch 100Hz(Netzteile) 150Hz (3.Harmonische) und 
250Hz(5.Harmonische)stark im Stör-Signal vertreten.

von Helfer (Gast)


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Alternativ kannst du auch ein digitales Filter mit einem SC Filter 
verwenden - kommt halt auf das unbekannte Drumrum an.
http://pdfserv.maxim-ic.com/en/an/AN431.pdf

von Ulrich (Gast)


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Einige der klein SMD Vielschichtkondensatoren sich für den Filter 
ungeeignet. Das sind die Typen mit Klasse 2 Keramik also X7R und 
ähnliche.

Die geeigneten Typen mit NPO Keramik kriegt man aber vor allem unter 1 
nF als SMD.

von Gebhard R. (Firma: Raich Gerätebau & Entwicklung) (geb)


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>Einige der klein SMD Vielschichtkondensatoren sich für den Filter
>ungeeignet. Das sind die Typen mit Klasse 2 Keramik also X7R und
>ähnliche.

Wer behauptet denn das? X7R ist mal für Filter nicht schlecht, besser 
sind natürlich NPO/COG schon wegen der Toleranz. Vergessen kann man den 
Z5U/Y5V Schrott, die eignen sich nicht mal gut zum abblocken.

von Alex (Gast)


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Gebhard Raich schrieb:
> Nimm eben ein aktives doppel T Filter

ist momentan auch mein favorit - nur bin ich mir bei dessen steilheit 
noch nicht so sicher, ob die ausreicht. das problem: Die interessanten 
(EMG) spektralanteile des Signals liegen zwischen 10 und 120 Hz, am 
stärksten bei 30 und 80 Hz. Die Oberschwingungen über 150Hz sind also 
schon relativ schnuppe, blos liegen die interessanten Frequenzen eben 
sehr nah an den 50 Hz...

von Alex (Gast)


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hat jemand mit aufbauten à la Fig. 16 hier erfahrung?
http://focus.ti.com/lit/an/sloa093/sloa093.pdf

von Helfer (Gast)


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Das Filterdesignprogramm FilterPro von TI kennst du?
http://focus.ti.com/docs/toolsw/folders/print/filterpro.html

von Gebhard R. (Firma: Raich Gerätebau & Entwicklung) (geb)


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Es ist nicht wirklich ratsam ein analoges notchfilter mit Q >10 (BW 5Hz) 
einzusetzen.Durch toleranzen der BT wird das schnell instabil, außerdem 
ist das Einschwingverhalten bei Impulsen sehr schlecht.
Ich hab so ein aktives T Filter mal vor über 20 Jahren gebaut und war 
einigermassen brauchbar, allerdings Q=5 /BW 10Hz. Die Kondensatoren 
waren Styroflex 0,5% nix SMD, und seeehr teuer.

von Christoph db1uq K. (christoph_kessler)


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Es gibt immer noch das "Universal-Analog-Filter" UAF42P von Burr-Brown / 
Texas-Instruments
http://focus.ti.com/docs/prod/folders/print/uaf42.html
das enthält schon alle Präzisionswiderstände und -Kondensatoren. Als 
sogenanntes "state-variable"-Filter ist es auch als Notch beschaltbar.
Der Typ UAF42AU ist im SO-16 Gehäuse, das wäre ziemlich kompakt.

Es gibt auch eine Applikationsschrift als 60Hz-Notch:
http://focus.ti.com/lit/an/sbfa012/sbfa012.pdf

von Gebhard R. (Firma: Raich Gerätebau & Entwicklung) (geb)


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Christoph Kessler (db1uq) schrieb:
> Der Typ UAF42AU ist im SO-16 Gehäuse, das wäre ziemlich kompakt.

16poliges breites SO kompakt???

von Gästchen (Gast)


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danke, das hilft mir insgesamt doch schon um einiges weiter!

von Elena (Gast)


Angehängte Dateien:

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Notch-Filter werden sehr wohl bei EKGs eingesetzt. Glücklicherweise 
weisen diese eine relativ niedrige Güte von rund Q=1 auf. Damit sind 
auch schon ohne irgendwelchen Abgleich Unterdrückungen von über 20dB bei 
50Hz möglich.

Viele Notchfilter sind notorisch instabil. Vor allem die, die zwei 
OPamps in einer Gegenkopplung enthalten. Oft kommt es dann am oberen 
Ende des Übertragungsbereichs der OPamp zu gefährlichen Phasendrehungen 
und Schwingneigung.

Eine Schaltung, die nur mit einem OPamp auskommt und bedingungslos 
stabil ist, wenn man nicht gerade größere Kapazitäten direkt an den 
Ausgang hängt, ist im Anhang gezeigt. In der Simulation wurden 
Bauteiletoleranzen von +/-1% für die Widerstände angenommen und +/-2,5% 
für die Caps. 318k ist gleich 300k + 18k und 159,1k ist gleich 150k + 
9,1k.

Auch ohne einen Abgleich sind mindestens 22dB Brummunterdrückung 
erzielbar.

von Christian B. (casandro)


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Hmm, wenn das Brummen "Live" ist und nicht aus einer Aufzeichnung dann 
köntnest Du das auch einfach abziehen.

von Purzel H. (hacky)


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Falls die 50Hz von der Umgebung kommen wurde ich alles in einen Faraday 
reinstellen. Die 50Hz bringt man uebrigens besser mit einem 
Eisengehauese wie mit einem Kupfergehaeuse weg.
Das Problem mit 50Hz Filtern sind die grossen und daher 
temperaturabhaengigen und mikrophonischen Kapazitaeten.

von Elena (Gast)


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>Falls die 50Hz von der Umgebung kommen wurde ich alles in einen Faraday
>reinstellen.

Das Problem dabei ist, daß die Stromversorgungen für diese Systeme aus 
Sicherheitsgründen keinerlei echten Erdbezug mehr haben. Auf diese Weise 
erscheint 50Hz Brumm am Patienten keineswegs nur als "Common Mode" 
Signal, welches durch Einsatz von Differenzverstärkern ja eliminiert 
werden könnte.

von Purzel H. (hacky)


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Koennte man dann die 50Hz durch einen Kalibrationszyklus, bei welchen 
die Probe auf GND geschlossen gemessen wird, und nachfolgiger 
Subtraktion eines passend phasenverschobenen 50Hz Netzsignales, erreicht 
werden ?

von Elena (Gast)


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>Koennte man dann die 50Hz durch einen Kalibrationszyklus, bei welchen
>die Probe auf GND geschlossen gemessen wird, und nachfolgiger
>Subtraktion eines passend phasenverschobenen 50Hz Netzsignales, erreicht
>werden ?

Warum so aufwendig?

Abgesehen davon dürfte die Amplitude des 50Hz Brumms und auch die 
Phasenlage schwanken, wenn sich der Patient bewegt...

von Michael K. (charles_b)


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Wo liegen eigentlich eim EKG die interessanten Frequenzen? 120 Schläge 
pro Minute = 2 Hz, dazu noch ein paar Oberschwingungen (sorry, bin kein 
Arzt), so dass man vielleicht mit 30 oder 40 Hz oberer Grenze auskommen 
kann.

Warum dann nicht das EKG aufzeichnen und per Onkel Fourier die 50 Hz 
herausschneiden (sozusagen am offenen Herzen)?

von Purzel H. (hacky)


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Kann man machen wenn das 50Hz nicht den dynamischen Bereich kaputt 
macht. Dh geht nicht wenn das Biosignal uV ist und das 50Hz signal mit 
mV daherkommt.

von Michael K. (charles_b)


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Oktal Oschi schrieb:
> Kann man machen wenn das 50Hz nicht den dynamischen Bereich kaputt
> macht. Dh geht nicht wenn das Biosignal uV ist und das 50Hz signal mit
> mV daherkommt.

Das wäre aber doch bei der FFT eher unwichtig...(rechnerisch)

Aber klar, die 50 mV übersteuern den Eingang ,der für µV ausgelegt ist. 
Kann man die Spannung irgendwie begrenzen?

von Mike S. (drseltsam)


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Wie die Vorredner gesagt haben: Wenn die Schaltung ein Filter braucht, 
ist der Aufbau Mist.
Ein 50 Hz Notch ist vollkommen nutzlos, da 100 Hz und die weiteren 
Harmonischen ebenfalls das Signal kontaminieren.
Wenn es wirklich sein muss, würde ich den Aufbau optimieren, dass alles 
im Bereich des AD-Wandlers bleibt und dann digital einen netzsynchronen 
Filter verwenden, der alle netzsynchronen Störungen entfernt.
Die einzig sinnvolle Variante analog ist der Tiefpass! Steilen 30 Hz 
tiefpass, gut ist.

von Gebhard R. (Firma: Raich Gerätebau & Entwicklung) (geb)


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Die ganze Sache entstammt wohl einigen gelangweilten Bastlerhirnen.
Siehe: 
rzbl04.biblio.etc.tu-bs.de:8080/docportal/servlets/.../Oehler_diss.pdf
Wo da die Vorteile liegen sollen bleibt weitestgehend im Unklaren.
Die Eignung für EKG wurde prinzipiell festgestellt (vermutlich in 
abgeschirmter messkammer). EEG war sehr eingeschränkt (ist es denn die 
Möglichkeit?)
Das ganze hat wohl die Überschrift: Hurra wir haben jetzt Holzräder 
entwickelt mit denen man auch bis zu 100km/h fahren kann.

Grüsse

von Ulrich (Gast)


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Ein steiler Tiefpassfilter ist aufwendiger als ein vergleichbar 
wirksamer Notch filter. Die nächsten Störungen kommen dann ja erst 
wieder bei 100 Hz und 150 Hz und die sind dann meist auch noch viel 
kleiner. Für die Störungen ist dann der Tiefpaß ok.

Wenn einen der Phasen / Frequenzgang im Bereich 20-48 Hz stört, kann man 
den ggf. noch korrigieren - analog oder ggf. auch Digital.

von Gebhard R. (Firma: Raich Gerätebau & Entwicklung) (geb)


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von Purzel H. (hacky)


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Ein EEG wird sicher im Faraday gemessen, ein EKG nicht.

von Gebhard R. (Firma: Raich Gerätebau & Entwicklung) (geb)


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Oktal Oschi schrieb:
> Ein EEG wird sicher im Faraday gemessen, ein EKG nicht.

Nein, EEG wird an allen möglichen und unmöglichen Orten gemessen und die 
EEG-Assistentin will immer ein "schönes "Signal haben, sonst ist das für 
sie unbrauchbar.

von Alex (Gast)


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Gebhard Raich schrieb:
> Die ganze Sache entstammt wohl einigen gelangweilten Bastlerhirnen.
> Siehe:
> rzbl04.biblio.etc.tu-bs.de:8080/docportal/servlets/.../Oehler_diss.pdf
> Wo da die Vorteile liegen sollen bleibt weitestgehend im Unklaren.

Die Dissertation habe ich auch durchgearbeitet - man muss aber sagen, 
dass es inzwischen schon auch einige andere wissenschaftliche arbeiten 
dazu gibt, die einiges versprechen (siehe Context Projekt oder IEEE 
Publikationen von Kim et.al.)
Die idee aber (also das erste gelangweilte bastlerhirn?) kommt von 
Richardson bereits ende der 60er.
Aber korrekt: Ob und wie weit das ganze vorteile bringt wird immernoch 
untersucht - und deshalb auch meine arbeit dazu - allerdings auf dem 
gebiet von EMG messung zur steuerung von rehabilitationshilfen.

Vorteile sind schon mal klar: eine mögiche Textilintegriertheit (siehe 
context) / vereinfachte anbringung, vorallem aber eine echt galvanische 
trennung vom patienten. je nach chronischer anwendung der elektroden 
auch je nach elektrodentyp hautirritationen oder drucknekrosen 
etc...(bei meiner projektzuarbeit für querschnittsgelähmte z.B. wären 
die elektroden jeden tag stundenlang angebracht)

also die frage ist doch vielmehr: In den anwendungsbereichen, bei denen 
es nicht in erster linie um die sauberkeit der messung (wie eine 
klinische multiple channel ekg messung mit zB 84 elektroden zum erkennen 
von vorhofflimmern etc) geht, sondern um die praktische, wiederholte und 
unkomplizierte anwendung im alltag - könnten kapazitive elektroden da 
nicht neue bereiche erschließen?

Gut, aber so wie ich das hier verstehe rät die mehrheit von einem 
notchfilter noch auf der elektrode ab. danke für dieses stimmungsbild 
auf jeden fall schon einmal!

von Alex (Gast)


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ah eine kurze Frage doch noch:
Was spricht denn gegen eine nichtaktiven doppel-T-Filter ohne OpAmp 
(weniger stabilitätsproleme)?

von Gebhard R. (Firma: Raich Gerätebau & Entwicklung) (geb)


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Leider aber auch keine gute Unterdrückung

von Elena (Gast)


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>Wo liegen eigentlich eim EKG die interessanten Frequenzen? 120 Schläge
>pro Minute = 2 Hz, dazu noch ein paar Oberschwingungen (sorry, bin kein
>Arzt), so dass man vielleicht mit 30 oder 40 Hz oberer Grenze auskommen
>kann.

Genau.

>Wie die Vorredner gesagt haben: Wenn die Schaltung ein Filter braucht,
>ist der Aufbau Mist.

Für einen festen Aufbau, läßt sich das brummmäßig sicher optimieren. Bei 
mobilen Geschichten geht das oft nicht. Da ist ein Notchfilter oft 
sinnvoll. Du willst den Patienten ja nicht eine halbe Stunde dazu 
mißbrauchen den Brumm wegzubekommen...

>Ein 50 Hz Notch ist vollkommen nutzlos, da 100 Hz und die weiteren
>Harmonischen ebenfalls das Signal kontaminieren.

Keineswegs. Ein Notchfilter wird wegen des steilen Abfalls genommen. Die 
100Hz kannst du immer noch mit einem schlappen Tiefpaß wegfiltern.

>Die einzig sinnvolle Variante analog ist der Tiefpass! Steilen 30 Hz
>tiefpass, gut ist.

Nein. Ein steiler Tiefpaß ist viel aufwendiger und das 
Einschwingverhalten ist nicht so gut.

>Ein steiler Tiefpassfilter ist aufwendiger als ein vergleichbar
>wirksamer Notch filter. Die nächsten Störungen kommen dann ja erst
>wieder bei 100 Hz und 150 Hz und die sind dann meist auch noch viel
>kleiner. Für die Störungen ist dann der Tiefpaß ok.

Genau.

>Was spricht denn gegen eine nichtaktiven doppel-T-Filter ohne OpAmp
>(weniger stabilitätsproleme)?

Die von mir simulierte Schaltung weiter oben ist vollkommen stabil. Du 
kannst sogar noch die Güte etwas erhöhen, indem du die Widerstände im 
Spannungsteiler auf 220R und 1k8 abänderst. Dann bitte 1%-ige Caps 
nehmen.

Ein rein passives Doppel-T-Filter hat schon im Nutzsignalbereich einen 
rasanten Abfall.

von Ulrich (Gast)


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Die Unterdrückung der 50 Hz ist bei einem abgeglichenen passiven 2T 
Filter auch sehr gut. Da ist die Schaltung mit dem OP nicht unbedingt 
besser. Die Schaltung mit dem OP hat aber weniger Einfluss bei anderen 
Frequenz.  Solange man es mit der Güte nicht übertreibt, ist die 
Schaltung mit dem OP auch kein Problem, und beim Passiven Filter braucht 
man in der Regel auch einen Impedanzwandler dahinter, ist also auch 
nicht viel einfacher.

von Elena (Gast)


Angehängte Dateien:

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Ich habe mal drei Güten simuliert, bei allen Schaltungen mit 1%-igen 
Widerständen und Caps.

Man erkennt den starken Abfall im Nutzsignalbereich des rein passiven 
Filters.

Man erkennt auch, daß höhere Güten nur mit Abgleich Sinn machen. Es gilt 
aber zu bedenken, daß Foliencaps eine gewisse Alterung zeigen, sodaß ein 
erfolgreicher Abgleich nach einiger Zeit wieder obsolet werden kann. 
Deshalb würde ich die Güte immer so klein wie möglich wählen. Für die 
Caps sollte man engtolerierte Glimmerkondensatoren nehmen.

von Alex (Gast)


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Hallo Elena, danke für deine ausgezeichneten Infos.
Glimmer werde ich wohl nicht nehmen können (oder gibts die als smd?) 
weil ich ja immernoch ein Platzproblem habe.
Gibt es da erfahrungswerte bei der langzeitabweichung von foliencaps - 
wie stark sich fc in einem solchen fall verschiebt?

von Mike S. (drseltsam)


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Woa, die Diss ist ja grindig. Dutzende Seiten Gelaber was nichts, aber 
auch wirklich nichts, mit kapazitiven Elektroden zu tun hat. Ich habe 
nur noch auf den Satz gewartet "Wie den meisten Lesern bekannt sein 
sollte, besitzt der durchschnittliche Mensch ein (1) Herz.".
Ja nee, zu dem Thema gibt es ne Menge richtiger Publikationen und das 
Ergebnis ist meist das gleiche: im Prinzip tut es, aber einen Vorteil 
gegenüber galvanischen Elektroden gibt es nicht.
Es gibt schließlich Pin-Elektroden, die nichtmal ein Gel brauchen und 
damit keine Sauerei verursachen.

von Timm T. (Gast)


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von Elena (Gast)


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>Gibt es da erfahrungswerte bei der langzeitabweichung von foliencaps -

Bei Polystyrol-Caps (mit freitragender Metallfolie) sind rund 0,2% Drift 
in 2 Jahren bei 40°C zu erwarten. Bei Glimmer-Caps ist die Langzeitdrift 
mit rund 0,05% deutlich geringer.

Allerdings ist die Temperaturdrift bei Glimmer-Caps nicht zu 
unterschätzen. 70ppm/K ergibt immerhin 0,14% Drift bei 20K.

Eventuell ist NP0 dann geeigneter, obwohl sich die Hersteller über die 
Langzeitdrift ausschweigen und eng tolerierte Caps nur schwer erhältlich 
sind. Man müßte also vier Stück selbst ausmessen.

von ronnysc (Gast)


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@gebhard raich
wer hier der Bastelfritze ist ist wohl schnell ersichtlich, Herr Dr. 
Oehler und die Anderen wohl eher nicht. Ich kenne Herrn Dr. Oehler 
persönlich und ich habe es selbst gesehen das das EKG perfekt und ohne 
farradayischen Käfig funktioniert. Auch meine kapazitiven Elektroden 
hier funktionieren ohne Käfig und ohne 50Hz-Filter. Aber bis dahin ist 
es schon ein steiniger Weg. Wer unbedingt einen 50Hz filter verwenden 
will sollte da über einen digitalen SC Filter nachdenken oder es gleich 
softwaremäßig machen. In dem Zusammenhang würde ich mir mal den ADS1298 
anschauen. Der hat bereits alles für ein EKG-Frontend integriert.

von Michel (Gast)


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Elena schrieb:
> Allerdings ist die Temperaturdrift bei Glimmer-Caps nicht zu
> unterschätzen. 70ppm/K ergibt immerhin 0,14% Drift bei 20K.

So doll wird sich die Hauttemperatur nicht ändern, sonst hat der 
Benutzer andere Probleme

von Gebhard R. (Firma: Raich Gerätebau & Entwicklung) (geb)


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ronnysc schrieb:

> wer hier der Bastelfritze ist ist wohl schnell ersichtlich, Herr Dr.
> Oehler und die Anderen wohl eher nicht. Ich kenne Herrn Dr. Oehler
> persönlich und ich habe es selbst gesehen das das EKG perfekt und ohne
> farradayischen Käfig funktioniert.

Mir scheint einfach, dass diese Sache an der Praxis weit vorbeigeht. 
Einen kleinen Vorteil bringt das ganze vielleicht bei einer räumlich 
fixen Elektrodenkonfiguration, erkauft mit massigen Störsignalen aus 
denen dann sehr aufwendig irgend ein "Wurm" herausgefiltert wird. Dass 
auch dabei die Kontaktstellen der Elektroden desinfiziert werden 
müssen,wurde wohl übersehen. Bei wahlfreier Anordnung der Elektroden hat 
man dann zusätzlich ein veritables Befestigungsproblem.
Alles in allem, wie so oft ,mehr eine Spielerei auf höherem Niveau als 
eine gut zu vermarktende Geschichte. Als ehemaliger Studienassistent an 
einer TU hab ich dieses Problem der universitären Einrichtungen schon 
vor über 20 Jahren erkannt und hab mich lieber selbständig gemacht.

>Auch meine kapazitiven Elektroden
> hier funktionieren ohne Käfig und ohne 50Hz-Filter. Aber bis dahin ist
> es schon ein steiniger Weg.
Ich würde meinen: ein brummiger Weg

Grüsse

von Elena (Gast)


Angehängte Dateien:

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>Mir scheint einfach, dass diese Sache an der Praxis weit vorbeigeht.

Ja, natürlich!

Man darf auch etwas anderes nicht vergessen: Selbst wenn sich der Brumm 
bei geeigneter Anordnung der Verkabelung, etc. dann doch irgendwann 
beseitigen läßt, wird das immer auf Skepsis beim Anwender stoßen. Er 
sieht nicht, wie wir Elektroniker, nur ein kleines Brummproblem, sondern 
für ihn ist die ganze Anlage "instabil" und "unzuverlässig". Die 
50Hz-Störungen werden im EKG nämlich als hochfrequentes Rauschen 
sichtbar. Siehe Anhang. (Man beachte die um 100Hz gespiegelten 
Faltungsprodukte!)

Das spricht sich natürlich schnell herum und das Gerät wird letztlich 
ein Ladenhüter. Es gibt in der Medizinelektronik schließlich nichts 
Schlimmeres als Unzuverlässigkeit. Deshalb wird der Hersteller in der 
Regel selbst dann ein Notch-Filter einbauen, wenn der Kunde es garnicht 
braucht.

Und nein, der Hersteller wird es kaum rein digital implementieren, weil 
bei ganz großen Störungen die Eingangselektronik immer zu übersteuern 
droht.

von Alex (Gast)


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Ich möchte nur spaßeshalber kurz darauf hinweisen dass meine Anwendung 
sich auf EMG bezieht - was nicht ganz so sensibel kleine Amplituden wie 
EKG und EEG und eine Tiefpassfilterung bis 10 Hz (auch hier die 
Artefakte durch Bewegungen) bedeutet. Bei mir geht es erst einmal 
lediglich um eine "on-off"-erkennung, später bestenfalls eine 
proportionalsteuerung. ich denke (noch), dass in diesem 
anwendungsbereich definitiv akzeptable lösungen gefunden werden können.

von ronnysc (Gast)


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denke ich auch und kann ich mir gut vorstellen.

von Mike S. (drseltsam)


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Tja, nur wieso brauchst Du da ein 50 Hz Filter?

von Tilo (Gast)


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Michael K-punkt schrieb:
> Wo liegen eigentlich eim EKG die interessanten Frequenzen? 120 Schläge
> pro Minute = 2 Hz, dazu noch ein paar Oberschwingungen (sorry, bin kein
> Arzt), so dass man vielleicht mit 30 oder 40 Hz oberer Grenze auskommen
> kann.

Dein Herz gibt keinen sinus von sich. Die Form der R-Zacke ist für 
Diagnosen durchaus relevant. Mit 30 oder 40Hz wird die Spitze rund, 
daher reicht die Bandbreit nicht aus. Der nächste Punkt ist, dass die 
50Hz bereits stark gedämpft sein müssen, daher würde ein solcher Filter 
eine sehr hohe Ordnung haben.

Alex schrieb:
> Ich möchte nur spaßeshalber kurz darauf hinweisen dass meine Anwendung
> sich auf EMG bezieht - was nicht ganz so sensibel kleine Amplituden wie
> EKG und EEG und eine Tiefpassfilterung bis 10 Hz (auch hier die
> Artefakte durch Bewegungen) bedeutet.
Ähm, wie im alles in der Welt kommst du darauf? Gerade für EMG braucht 
man die empfindlichsten Verstärker.
Bei einem EMG mit einem Tiefpass bei 10Hz wird nicht mehr viel 
vernüftiges rauskommen. Bei EMG sind Bandbreiten von mehreren kHz 
üblich. 10Hz könnte man noch als Hochpass durchgehen lassen!

Wie schon geschrieben, analoge Notchfilter sind nicht gerade angenehm, 
da man den Filter für eine brauchbare Güte abstimmen muss. Warum 
verwendest du keinen digitalen Notch? Die sind wesentlich gutmütiger.

von Alex (Gast)


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Tilo Lutz schrieb:
> Bei einem EMG mit einem Tiefpass bei 10Hz wird nicht mehr viel
> vernüftiges rauskommen.

Tut mir leid, ich bin definitiv schon zu müde. Selbstverständlich ist es 
ein 10Hz Hochpass und kein Tiefpass. Das von mir betrachtete Spektrum 
liegt zwischen 10 und 500 Hz.

Mike Strangelove schrieb:
> Tja, nur wieso brauchst Du da ein 50 Hz Filter?

Ich bin noch nicht sicher, ob ich es zwingend brauch. ich hielt es 
(erstmal) nur für angeraten es zu bedenken, um das Signal möglichst früh 
möglichst sauber zu bekommen - und wie Elena schon sagte

Elena schrieb:
> bei ganz großen Störungen die Eingangselektronik immer zu übersteuern
> droht.

von Tilo (Gast)


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Das kommt schon eher in :)
Die Abtastrate solltest du deutlich höher wählen, nicht wegen Nyquist 
sondern deshalb, weil bei EMG Laufzeiten sichtig sind.

Die 50Hz sollten deinen Verstärker nur dann übersteuern, wenn die 
Elektroden offen sind. Das ist aber nicht relevant. Die 
Gleichtaktunterdrückung bekommt man mit einem internen CM-Feedback ganz 
gut in den Griff.

Bei den EMG-Verstärkern, die ich gesehen habe, war nirgends ein HW-Notch 
eingebaut. Problematischer sind da eher die DC-Offsets.

von Mike S. (drseltsam)


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>ch bin noch nicht sicher, ob ich es zwingend brauch. ich hielt es
>(erstmal) nur für angeraten es zu bedenken, um das Signal möglichst früh
>möglichst sauber zu bekommen -

Ich würde sagen, bau Dir lieber einen Bandpass für eine relevante 
Frequenzspanne. Es geht doch nur um on/off, da ist ein Notch wirklich 
die falsche Herangehensweise. Ich habe selbst einige Erfahrung mit dem 
Bau solcher Systeme und ich sage Dir, ohne einen 100 Hz und 150 Hz Notch 
sieht das alles nicht toll aus, und all diese Filter haben negative 
Eigenschaften auch für das aufgezeichnete Signal. Ich würde, um die 
analoge Seite abzudecken, die Bandbreite wirklich nur auf einen 
biologisch relevanten Bereich beschränken, der außerhalb alles 
Netzobewellen liegt. Z.B 60-80, 110-140 oder irgendsowas. Aber natürlich 
nur, wenn es um on/off geht.

von Gebhard R. (Firma: Raich Gerätebau & Entwicklung) (geb)


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Tilo Lutz schrieb:

> Die 50Hz sollten deinen Verstärker nur dann übersteuern, wenn die
> Elektroden offen sind. Das ist aber nicht relevant.

na ja, mit einigen GOhm abgeschlossen ist für mich quasi offen oder?

von Tilo (Gast)


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Einige GOhm ist übertrieben, aber du hast schon Recht, ein GOhm kommt 
schon gut hin. Bei den EMG Verstärkern ist deshalb auch vor allem die 
Eingangskapazität bestimmend. Deshalb hat man auch bei idealer 
Gleichtaktunterdrückung Brummen im Signal.

Wenn beide Eingänge offen sind, also in der Luft hängen, ist die 
Potentialdifferenz sehr groß und der Verstärker übersteuert. Sind beide 
Elektroden angelegt, liegen die Eingänge fast auf gleichem Potential.

von Alex (Gast)


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Tilo Lutz schrieb:
> Sind beide
> Elektroden angelegt, liegen die Eingänge fast auf gleichem Potential.

Die Elektroden, die ich soweit entwickelt habe sind bipolarelektroden 
(also zwei elektroden in "einem" gehäuse), deren signale direkt nach der 
extrem hochohmigen (für die kapazitive messung eben) impedanzwandlung 
durch und mit einem ina116 differenzverstärkt werden... ich hoffe, dass 
das den CM schon ein bisschen drückt.

Mike Strangelove schrieb:
> Ich würde sagen, bau Dir lieber einen Bandpass für eine relevante
> Frequenzspanne

schon fertig, sieht auch soweit (in der simulation) ganz schön aus.
Die anwendung soll zwar erst einmal nur für on/off (muskel aktiv/nicht 
aktiv) gebraucht werden, die elektroden sollten aber bestenfalls schon 
auch für mehr zu gebrauchen sein, deshalb der bandpass zwischen 10 und 
500 Hz (der in der literatur am häufigsten als relevant angegebene 
frequenzbereich).

von Tilo (Gast)


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Du willst kapazitives EMG machen?
In diesem Fall erzeugst du dir dein "CM" durch die unterschiedlichen 
Koppelkapazitäten selbst. Nur einige pF Kapazitätsunterschied reichen 
aus, um eine Phasenverschiebung zu verursachen. Dadurch wird das CM 
Signal zu einem Differenzsignal und selbst ein idealer OP kann nichts 
mehr ausrichten.
Kapazitiv hat zumindest den Vorteil, dass man sich um den DC 
Arbeitspunkt keine Gedanken machen muss. Denk daran, dass fast alle INAs 
am Eingang eine Biasstrompfad benötigen.


Ich habe schon Scahltungen gesehen, in denen versucht wurde, 
Kapazitätsdifferenzen aktiv auszugleichen. Die CMRR lässt sich deutlich 
verbessern, wenn man keine Differenzverstärker verwendet sondern den 
Verstärker volldifferenziell ausfürhrt und dann auf einen 
volldifferenziellen ADC geht. Die 192kHz ADCs für Audio sind gar nicht 
schlecht.

von Alex (Gast)


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Tilo Lutz schrieb:
> Denk daran, dass fast alle INAs
> am Eingang eine Biasstrompfad benötigen.

das wäre ja durch den oben benannten Biaswiderstand im Gigaohm-Bereich 
erledigt (5G um genau zu sein, für eine cutoff-frequenz des hochpasses 
(elektrode-biaswiderstand) von ca 10 hz)).

Tilo Lutz schrieb:
> Ich habe schon Scahltungen gesehen, in denen versucht wurde,
> Kapazitätsdifferenzen aktiv auszugleichen.

hättest du da konkrete verweise? interessiert mich.

Grüße

von Tilo (Gast)


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Schau dir das Datenblatt an, ob 5GOhm nicht zu hoch sind, da der 
Stromfluss kleiner als der nötige Biasstrom sein könnte.

Die Grundidee beim Ablgeich ist, an beide Signale eine Kapazität zu 
legen. Eine ist mit Bezugspotential verbunden und die andere an einen 
DAC, welcher um das Bezugspotential ausgelenkt werden kann.
Damit kann man die Phasenlage der Signale zueinander verschieben. Das 
schwierige ist, den Versatz zu bestimmen. Mögliche Lösungen wären z.B. 
über die Referenzelektrode ein bekanntes CM Signal einzuspeisen, dieses 
dann mit einem nachgeschaltetem Lock-In Verstärker verstärken und mit 
dem DAC eine Regelschleige realisieren, mit dem das CM Signal minimiert 
wird.

von Alex (Gast)


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Tilo Lutz schrieb:
> Schau dir das Datenblatt an, ob 5GOhm nicht zu hoch sind, da der
> Stromfluss kleiner als der nötige Biasstrom sein könnte.

5G sind ok, ich habe von arbeiten gelesen, in denen wesentlich höhere 
Widerstände im biaspfad vor dem ina116 erfolgreich verwendet wurden.

Mein derzeitiger Aufbau sieht verschiedene Möglichkeiten vor eine 
Referenz zu schaffen - neben einer kapazitiven großen masseelektrode 
werde ich auch eine kapazitive DRL-Variante versuchen. Vielleicht löst 
das schon einiges. Das ganze findet aber elektrodenextern statt, und da 
bin ich momentan (noch) nicht - erstmal muss die elektrode fertig werden 
:P

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