Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik 100n für HF, welcher C-Typ?


von Basti (Gast)


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Hallo kurze Frage:

Wenn in einer NF- oder HF-Schaltung die Versorgungsspannung mit einem 
100n Abblockkondensator versehen werden soll, nimmt man meistens Kerkos, 
so weit ich weiß.


Welcher Kondensatortyp eignet sich denn, wenn die HF selber über den C 
fließt? Nehme mal an, dass 100n-Kerkos mit ihrem enthaltenen 
Dielektrikum hier wenig geeignet sind.
Wenn man jetzt auf MKT o.ä. ausweicht, handelt man sich wahrscheinlich 
relativ große parasitäre Induktivitäten ein!?!

Welcher Kondensatortyp wäre also hier geeignet?


PS: es geht um Frequenzen bis ca. 30MHz

von Falk B. (falk)


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@  Basti (Gast)

>Wenn in einer NF- oder HF-Schaltung die Versorgungsspannung mit einem
>100n Abblockkondensator versehen werden soll, nimmt man meistens Kerkos,
>so weit ich weiß.

Jo.

>Welcher Kondensatortyp eignet sich denn, wenn die HF selber über den C
>fließt?

Die gleichen.

> Nehme mal an, dass 100n-Kerkos mit ihrem enthaltenen
>Dielektrikum hier wenig geeignet sind.

Warum?

>Wenn man jetzt auf MKT o.ä. ausweicht, handelt man sich wahrscheinlich
>relativ große parasitäre Induktivitäten ein!?!

Sagt wer? Weil die baulich größer sind?

>Welcher Kondensatortyp wäre also hier geeignet?

Keramik ist schon OK, wobei man den Wert nicht unnötig groß machen 
sollte.

>PS: es geht um Frequenzen bis ca. 30MHz

Da reichen bei einem 50 Ohm System schon 1-10nF.

MfG
Falk

von Basti (Gast)


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Danke für die Infos!

Es geht darum, dass bei einem NE602 der Pin2 lt. Datenblatt (für meine 
Anwendung) über einen 100n-C auf Masse gelegt werden soll.

Bin mir nicht ganz sicher, ob da HF fließt, weiß nur, dass 100n-Kerkos 
schon im NF-Signalweg ziemliche Verzerrungen verursachen können... habe 
deshalb bei HF sozusagen zusätzliche Bedenken.

von Falk B. (falk)


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Pack einfach mal 100nF Keramik dran und sieh dir das Ergebnis an. Man 
kann nicht immer alles 100% vorausplanen.

von Ulrich (Gast)


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Kritisch wird der Kondensator erst, wenn der Teil eines Resonanzkreises 
ist. Dann gehen die meisten SMD Keramik Kondensatoren mit 100 nF nicht 
mehr. Da sollte es dann schon Glimmer, NPO Keramik oder ähnliches sein. 
Bei 30 MHz wäre das aber schon eher ungewöhnlich, das man da noch 100 nF 
braucht.

Beim Ne602 Pin2 tut es auch ein kleinerer Kondensator und da wird wohl 
auch nur die HF durch gehen müssen.

von Basti (Gast)


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Ulrich schrieb:
> Beim Ne602 Pin2 tut es auch ein kleinerer Kondensator und da wird wohl
> auch nur die HF durch gehen müssen.

Glaube, die Eingangsimp an Pin1 und 2 liegt bei jeweils ca. 1K
...weiß nicht genau, wie klein der C an Pin2 da minimal werden darf.
Bringt es was, wenn ich von Pin2 nach Masse einen 100n-Kerko schalte und 
parallel dazu einen 100p-Kerko?

von Ulrich (Gast)


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Der 2. kleine Kondensator parallel bringt fast nichts. Wenn überhaupt 
wäre ggf. ein zusätzlicher größerer Kondensator sinnvoll, falls da doch 
eine NF Spannung anliegt. Solange das ein Fall ist wo einfach die 
Impedanz bei der Nutzfrequenz nur klein sein muss, sind die keramischen 
100 nF SMD Kondensatoren OK - da stört eine Nichtlinearität und 
temperaturabhängikeit nicht. 100 nF sind hier auch schon so groß, dass 
noch reichlich Reserve da ist - wenn es dann bei 100 C und 5 V 
Vorspannng nur noch 10 nF sind, ist es auch noch gut.

von Achim M. (minifloat)


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Ulrich schrieb:
> Da sollte es dann schon Glimmer, NPO Keramik oder ähnliches sein.

Folgende ASCII-Graph-Zeichnung zeigt das typische Verhalten von X7R:
1
Hochachse:
2
Kapazität in % des
3
Daenblatt-Wertes
4
   ^
5
   |      ___
6
100+__.--´   `--.__
7
   |               `--.__
8
   |                     `--.__
9
 75+                           \__
10
   |                              \__
11
   |                                 \__     Rechtsachse:
12
 50+-------+--------+--------+--------+----> Spannung am Kondensator
13
   0      25       50       75       100     in % des Datenblatt-Wertes
mfg mf

PS: Vishay druckt immer alles mögliche in ihre Datenblätter, also auch 
sowas :)

von Elena (Gast)


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>Bringt es was, wenn ich von Pin2 nach Masse einen 100n-Kerko schalte und
>parallel dazu einen 100p-Kerko?

Wenn das wirklich erforderlich wäre, stünde es im Datenblatt. Auch wenn 
die Bauform des Caps irgendwie kritisch wäre, stünde es im Datenblatt.

Basti, Paranoia in der Elektronik ist zwar manchmal angebracht, aber 
sicherlich nicht hier. Du siehst Probleme, wo keine sind...

von Basti (Gast)


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Elena schrieb:
> Basti, Paranoia in der Elektronik ist zwar manchmal angebracht, aber
> sicherlich nicht hier. Du siehst Probleme, wo keine sind...

Ok, ich dachte eben nur an die Kerkos im Signalweg von NF-Verstärkern, 
wo sie Verzerrungen verursachen können und dachte halt, wenn das bei NF 
schon problematisch sein kann, dann bei HF erst recht!

von Ralph B. (rberres)


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Du must nur auf eines aufpassen.

Alle Kondensatoren haben auch eine Resonanzfrequenz. Oberhalb der 
Resonanzfrequenz wird aus dem Kondensator plötzlich eine Induktivität.

Diese Resonanzfrequenz liegt bauartgemäß um so tiefer je größer die 
Kapazität ist.

Deswegen macht es keinen Sinn bei 100MHz einen 1uF Kondensator 
einzusetzen.

Man sollte also in den Datenblätter auch auf diese Angaben ( Kurve ) 
achten. Da könnte bei 30MHz ein 100nF Kondensator schon zu groß sein.
Ich würde da eher zu 1nF eventuell noch 10nF tendieren.

Bei 10GHz war schon ein 1pF SMD 0602 fast induktiv!

Wenn es extrem breitbandig sein muss ( wenige Kiloherz bis mehreren 
hundert Megaherz ) kann man auch verschieden große Kondensatoren 
parallel schalten.

Ralph Berres

von faustian (Gast)


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Einem 0603 X7R direkt am VCC Pin zur Groundplane trauere ich bessere 
HF-Eigenschaften zu als einem 100pF mit Stengel quer ueber die Pins....

von Basti (Gast)


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Ralph Berres schrieb:
> Man sollte also in den Datenblätter auch auf diese Angaben ( Kurve )
> achten. Da könnte bei 30MHz ein 100nF Kondensator schon zu groß sein.
> Ich würde da eher zu 1nF eventuell noch 10nF tendieren.

Ok, dann nehme ich einen 1nF-Kerko und löte später mal provisorisch was 
größeres parallel




Noch eine andere Frage:

bei einer Aktivantenne mit Rückkopplung liegt im RK-Zweig ein 
470R-Widerstand mit einem 100n-C parallel zum R.

Wieder 100n-Kerko oder was anderes?
Hier macht ein kleinerer C möglicherweise wenig Sinn...

von Ralph B. (rberres)


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Ein 1nF hat bei 30MHz einen Blindwiderstand von ca 5 Ohm.
Mit einen 10nF dürftest du bei dieser Frequenz richtig liegen.
Der hat dann einen Blindwiderstand von ca 0,5Ohm.

Wie groß dein Kondensator im Gegenkopplungszweig sein muss hängt ja auch 
von der Impedanz der Spannungsquelle und Senke ab. Dazu müßte man erst 
mal die Schaltung analysieren.

Aber probieren geht manchmal über studieren. Auserdem gibt es ja auch 
noch Spice.

Ralph Berres

von Elena (Gast)


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>Alle Kondensatoren haben auch eine Resonanzfrequenz. Oberhalb der
>Resonanzfrequenz wird aus dem Kondensator plötzlich eine Induktivität.

Nicht plötzlich. Der induktive Anteil ist die ganze Zeit vorhanden. Und 
selbst wenn der induktive Anteil beginnt zu dominieren, ist die Impedanz 
immer noch sehr niedrig. Und genau darum geht es hier schließlich.

Nimm an, dein 100nF-Cap ist bedrahtet und hat 5nH Serieninduktivität, 
dann ergibt das bei 30MHz eine Impedanz von 0,9 Ohm.

>Deswegen macht es keinen Sinn bei 100MHz einen 1uF Kondensator
>einzusetzen.

Das ist so auch wieder nicht richtig. Hast du eine SMD-Ausführung mit 
1nH, dann ergibt das bei 30MHz eine Impedanz von 0,19Ohm.

>Ok, dann nehme ich einen 1nF-Kerko und löte später mal provisorisch was
>größeres parallel

Siehst du, und genauso wird es falsch!

Figure 9 des Datenblatts

http://www.nxp.com/documents/data_sheet/SA602A.pdf

zeigt in einer 35MHz-Anwendung einen 100nF-Cap. Warum willst du dann 
allen Ernstes 1nF nehmen????? 1nF ergibt bei 30MHz eine Impedanz von 5,3 
Ohm. Das ist rund 30mal schlechter als ein so vermeindlich völlig 
verkehrter 1µF Cap und rund 6 mal schlechter als ein 100nF Cap.

Damit hast du mit deiner Grübelei genau das Gegenteil von dem erreicht, 
was du haben wolltest! Du wolltest es ganz toll machen und hast es jetzt 
in den Sand gesetzt! Warum vertraust du dir mehr als dem Datenblatt?? Da 
sitzt ein ganzes Ingenieurteam, das sich abplagt, dir Tipps zu geben und 
eine funktionierende Schaltung auszutüfteln und du verkleinerst einfach 
mal einen Cap um den Faktor 100.

Basti, in Datenblätter empfohlene "Typical Apllication Circuits" werden 
erst einmal 1:1 nachgebaut, wenn man mit einer Entwicklung beginnt. 
DANN, SPÄTER, kannst du beginnen, die Schaltung an deine Anwendung 
anzupassen. In der Regel wird das Resultat mit jeder Änderung, die du 
vornimmst, schlechter, sodaß man letztlich doch bei der 
Herstellerempfehlung bleibt. Nur in begründeten Ausnahmefällen kann es 
sinnvoll sein, Modifikationen anzubringen.

von Erich (Gast)


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Im allgemeinen gilt: Nach Datenblatt bzw. Application note.
Sonst 100 nF, ist fast immer gut.

In "richtigen" HF Schaltungen werden an kritischen Stellen mehrere 
Kondensatoren parallel geschaltet, z.B. ein 100nF (X7R) und ein 1nF 
(NPO).

Beispiel in angehängtem Schaltbildauszug, entnommen von Seite 20 aus
http://www.rftechnology.com.au/downloads/Manual%20PA50.pdf

Ganz wesentlich ist bei diesen Schaltungen dann aber auch die 
Platzierung, Leiterbahnführung, Platinenmaterial etc.
Stichworte sind hierzu Impedanz (-anpassung) (Wellenwiderstand).

Für "einfache" Schaltungen --sagen wir mal bis so 30 MHz-- spielt das 
aber i.d.R. keine Rolle.
Ordentliche Platzierung bzw. Layout, kurze Leiterbahnlängen natürlich 
schon.

Info zu den Dielektrikums:
http://www.holystoneeurope.com/PDF/TechNotes/200712181125470.Capdielectriccomp3.pdf

von Erich (Gast)


Angehängte Dateien:

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Schaltbildauszug vergessen:

von Basti (Gast)


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Danke für die Infos!

Habe mal ein paar 100n-Cs rausgesucht. Habe hier verschiedene Kerkos mit 
unterschiedlichen Durchmessern und Spannungsfestigkeiten, bei den 
meisten ist aber nichts näheres bekannt.
Und ein paar Vielschicht-Cs 100n von Kessler. Von denen könnte man wohl 
auch ein Datenblatt auftreiben, schätze ich.

Was würde denn gegen MKT oder Folie sprechen?

von Elena (Gast)


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>Habe mal ein paar 100n-Cs rausgesucht. Habe hier verschiedene Kerkos mit
>unterschiedlichen Durchmessern und Spannungsfestigkeiten, bei den
>meisten ist aber nichts näheres bekannt.

Ein hochwertiger Klasse-2-Cap, bzw. X7R sollte es schon sein.

>Und ein paar Vielschicht-Cs 100n von Kessler.

Ja, so etwas. Bei bedrahteten Caps auf kurze Anschlüsse achten. Generell 
ist eine SMD-Version im HF-Bereich vorzuziehen.

>Was würde denn gegen MKT oder Folie sprechen?

Die höheren Kosten und der niedrigere ESR, der gelegentlich zu stärker 
ausgeprägten Resonanzen führen kann.

von Basti (Gast)


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Elena schrieb:
> Ein hochwertiger Klasse-2-Cap, bzw. X7R sollte es schon sein.

Wie erkennt man die?


Elena schrieb:
>>Und ein paar Vielschicht-Cs 100n von Kessler.
>
> Ja, so etwas. Bei bedrahteten Caps auf kurze Anschlüsse achten.

Echt, hätte ich nicht gedacht, dass die gut taugen, waren ziemlich 
günstig.
Kurze Anschlüsse mach ich sowieso immer, wenn es irgendwie geht!


Elena schrieb:
>>Was würde denn gegen MKT oder Folie sprechen?
>
> Die höheren Kosten und der niedrigere ESR, der gelegentlich zu stärker
> ausgeprägten Resonanzen führen kann.

Und wahrscheinlich auch die oftmals größere Bauform. Hm, an MKTs habe 
ich durchaus keinen Mangel, wenn die bis 30MHz mitspielen, würde ich 
glatt MKT nehmen...

von Elena (Gast)


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>Wie erkennt man die?

Du bestellst sie als solche.

>Echt, hätte ich nicht gedacht, dass die gut taugen, waren ziemlich
>günstig.

Keramische SMD-Caps sind praktisch immer Vielschicht.

>Und wahrscheinlich auch die oftmals größere Bauform. Hm, an MKTs habe
>ich durchaus keinen Mangel, wenn die bis 30MHz mitspielen, würde ich
>glatt MKT nehmen...

Also, ein richtig großer Foliencap geht natürlich garnicht. Der muß dann 
schon die Bauform eines handelsüblichen, keramischen 100nF/X7R/RM5 
haben.

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