Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Wie funktioniert eigentlich diese Röhrenschaltung?


von Thomas H. (Gast)


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Ich hoffe ich bin hiermit in einem Mikrocontrollerforum nicht allzu fehl 
am Platze... aber ich hoffe, dass mir jemand beim Verstehen der 
angehängten Schaltung helfen kann.

So im Groben verstehe ich die Schaltung schon (Standart Anodenschaltung 
mit Gegenkopplung auf das Steuergitter) die Eingangsbeschaltung mit dem 
Übertrager verwirrt mich jedoch.


Dient die Sekundärwicklung des Übertragers als Gitterableitwiderstand 
oder wieso ist der hier garnicht vorhanden?

Wie setzt sich denn die Eingangsimpedanz der Schaltung zusammen? Der 
Übertrager ist ja sekundär gar nicht belastet... oder?!



Vielen Dank schon Mal!

Gruß,
Thomas

von Tom K. (ez81)


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Thomas H. schrieb:
> Dient die Sekundärwicklung des Übertragers als Gitterableitwiderstand
> oder wieso ist der hier garnicht vorhanden?

Ja. Für DC ist die Sekundärseite niederohmig, d.h. ein zusätzlicher 
Ableitwiderstand wäre überflüssig.

> Wie setzt sich denn die Eingangsimpedanz der Schaltung zusammen? Der
> Übertrager ist ja sekundär gar nicht belastet... oder?!

Doch. Wenn die Triode unendlich verstärken würde, wäre am 
Gitteranschluss ein virtuelles Massepotential (wie beim invertierenden 
OP), also wäre der EÜ mit 78k belastet. In der Realität werden es durch 
die endliche Verstärkung mehr als 78k sein.

Grüße

von Helmut S. (helmuts)


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Belastung der Sekundärseite wie erwähnt ca. 78kOhm.

Verstärkung falls Leerlaufverstärkung sehr groß:
v=-220k/78k=-2,8

Über die 820Ohm stellt sich automatisch der Arbeitspunkt auf der 
Ug-Kennlinie ein. Der parallele Kondensator soll für Wechselspannung 
einen Kurzschluss darstellen, damit man eine möglichst hohe 
Leerlaufverstärkung bekommt.

von Thomas H. (Gast)


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Ah jetzt ja! Vielen Dank =)

Die Röhre invertiert das Signal und das Gitter liegt durch den 
Spannungsteiler deshalb immer auf 0V.


Was ich jetzt allerdings nicht so ganz verstehe ist, wie die Röhre jetzt 
überhaupt ausgesteuert werden kann wenn die Gitterspannung immer 0V 
(bezogen auf Masse) beträgt. Der Anodenstrom (und damit ja auch die 
Ausgangsspannung) würde sich ja gar nicht verändern. Aber er muss sich 
ja irgendwie ändern um die Eingangsspannung auszugleichen. Ich glaub ich 
steh wohl grad aufm Schlauch...

von Thomas H. (Gast)


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... was ich mit dem "aufm Schlauch stehen" eigentlich sagen wollte ist, 
dass meine Elektrotechnik Kenntnisse leider relativ beschränkt sind und 
es mir wohl an den nötigen Grundlagen zum Verständnis der Schaltung 
mangelt ;)

von Peter R. (pnu)


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Die Annahme mit der virtuellen Masse (Ug = 0 )haut eher bei 
Operationsverstärkern mit ihrer hohen Leerlaufverstärkung hin.

Bei Trioden ist die Verstärkung schon durch die innere Gegenkopplung 
(Stichwort Durchgriff) auf beispielsweise 30 beschränkt.

Dadurch ergibt sich, dass am Gitter mindestens (Uaus/Verstärkung der 
Röhre) als Eingangsspannung vorhanden ist. Also etwa ein dreißigstel der 
Ausgangsspannung.

Auch der Eingangswiderstand wird nicht exakt 78k betragen sondern etwa 
78k mal (1+1/30)

Die Gegenkopplung setzt die Leerlaufverstärkung der Röhre (30) auf etwa 
die Verstärkung 220/78  (2,8) herab.(irgendwie kommt 1/30 noch dazu, 
aber genau leite ich das jetzt nicht her).

von Helmut S. (helmuts)


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Thomas H. schrieb:
> Ah jetzt ja! Vielen Dank =)
>
> Die Röhre invertiert das Signal und das Gitter liegt durch den
> Spannungsteiler deshalb immer auf 0V.
>
>
> Was ich jetzt allerdings nicht so ganz verstehe ist, wie die Röhre jetzt
> überhaupt ausgesteuert werden kann wenn die Gitterspannung immer 0V
> (bezogen auf Masse) beträgt. Der Anodenstrom (und damit ja auch die
> Ausgangsspannung) würde sich ja gar nicht verändern. Aber er muss sich
> ja irgendwie ändern um die Eingangsspannung auszugleichen. Ich glaub ich
> steh wohl grad aufm Schlauch...

Ugk ist nicht 0V sondern -irgendwas da ja an den 820Ohm eine 
Gleichspannung abfällt. Es interessiert nicht Ug sonden Ugk.

von Thomas H. (Gast)


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Helmut S. schrieb:
> Ugk ist nicht 0V sondern -irgendwas da ja an den 820Ohm eine
> Gleichspannung abfällt. Es interessiert nicht Ug sonden Ugk.

Deshalb hatte ich ja geschrieben "bezogen auf Masse". Mir ging es 
einfach darum, dass ich nicht verstanden habe wieso der Anodenstrom sich 
ändert, obwohl die Gitterspannung ja scheinbar konstant bleibt.


Nach dem Post von Peter R. (Vielen Dank!) habe ich es jetzt aber 
(zumindest im Ansatz) verstanden. Durch die begrenzte 
Leerlaufverstärkung ist zwangsweise eine Spannung am Gitter 
erforderlich.


Im Datenblatt der ECC81 (welche in der Schaltung eingesetzt wird) ist 
eine Leerlaufverstärkung von ca. 65 angegeben. Bei 1V am Gitter würde 
die Ausgangsspannung also 65V betragen. Dazu bräuchte man dann etwa 23V 
am Eingang vor dem 78k Widerstand. Hat das ganze also auch den Vorteil, 
dass hohe Eingangsspannungen die Röhre nicht übersteuern? Direkt mit 23V 
könnte man ja nicht auf das Gitter gehen.

von Peter R. (pnu)


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Das ganze hat die üblichen Vorteile gegengekoppelter Schaltungen.

Mit dem Gegenkopplungsgrad von etwa 20 (Ruheverstärkung 60,nicht 30) 
werden die von der Röhre erzeugten Verzerrungen auf 1/20 reduziert. Bei 
65V Hub dürfte der Klirrgrad kleiner als 10% sein, es wäre also etwa 
0,5% Klirrgrad zu erwarten sein. Der Verstärker ist ein echter 
Spannungsverstärker mit definierten Eingangsiderstand (78 kOhm)und 
niedrigem Ausgangswiderstand (relativ niederohmig, einige kOhm).

von Michael_ (Gast)


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Der Eingangswiderstand interessiert nicht, da der Innenwiderstand des 
Übertragers ja sehr klein ist. Die Widerstände dienen nur der 
Gegenkopplung.
Und bei einer Gittervorspannung von -1,5V (ECC81) möchte die 
Signalspannung so klein sein, das sie nicht in den positiven Bereich 
kommt. Da fließt Gitterstrom und das mögen Röhren meist nicht.
Wie hoch ist eigentlich die Anodenspannung?

von Tom H. (doktor_zischer)


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Peter R. schrieb:
> Das ganze hat die üblichen Vorteile gegengekoppelter Schaltungen.
>
> Mit dem Gegenkopplungsgrad von etwa 20 (Ruheverstärkung 60,nicht 30)
> werden die von der Röhre erzeugten Verzerrungen auf 1/20 reduziert. Bei
> 65V Hub dürfte der Klirrgrad kleiner als 10% sein, es wäre also etwa
> 0,5% Klirrgrad zu erwarten sein. Der Verstärker ist ein echter
> Spannungsverstärker mit definierten Eingangsiderstand (78 kOhm)und
> niedrigem Ausgangswiderstand (relativ niederohmig, einige kOhm).

Danke! Ich wünschte ich hätte auch so viel Ahnung von Schaltungstechnik 
und könnte die Zusammenhänge von alleine nachvollziehen.


Michael_ schrieb:
> Der Eingangswiderstand interessiert nicht, da der Innenwiderstand des
> Übertragers ja sehr klein ist....

Der Eingangswiderstand wird ja noch durch den Übertrager im Quadrat zum 
Übersetzungsverhältnis rübertransformiert wenn ich micht nicht irre. 
Aber warscheinlich ist er dann immer noch deutlich höher als der 1k 
Widerstand am Eingang und spielt deshalb wohl keine so große Rolle.

Leider kenne ich das Übersetzungsverhältnis des Übertragers aber nicht.


> Wie hoch ist eigentlich die Anodenspannung?

Ist mir leider auch nicht bekannt. Was wäre dann eine übliche 
Anodenspannung für die gezeigte Schaltung?




PS: ich bin der Threadersteller, bloß diesmal angemeldet ;)

von Peter R. (pnu)


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Der Arbeitspunkt lässt sich nur vermuten:

Da -1,5V als Gitterspannung irgendwo oben angegeben ist, ist der Strom 
1,5V/0,820 KOhm = ca. 1,8 mA.

Der Anodenwiderstand "frisst" 47kOhm x 1,8 mA, ca. 85V.

da der optimale Arbeitspunkt bei UB/2 liegen sollte, ergibt sich daraus 
eine Versorgungsspannung von 170V.

Das ist ein durchaus glaubhafter Wert für Röhrentechnik.

Wers nicht glaubt, zahlt einen Taler, sucht irgendeine alte Schaltung 
mit der ECC81 heraus oder sucht das Datenblatt im Internet.

von Michael_ (Gast)


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>Der Eingangswiderstand wird ja noch durch den Übertrager im Quadrat zum
>Übersetzungsverhältnis rübertransformiert wenn ich micht nicht irre.
>Aber warscheinlich ist er dann immer noch deutlich höher als der 1k
>Widerstand am Eingang und spielt deshalb wohl keine so große Rolle.
>
>Leider kenne ich das Übersetzungsverhältnis des Übertragers aber nicht.
Bei dem Übertrager spielt nur die Ausgangsspannung eine Rolle. Und sieh 
dir mal den Einganswiderstand einer Röhre an. Was ist da wohl zwischen 
Gitter und Kathode für ein Widerstand? Solange du nicht in den 
Gitterstrombereich kommst, ist er praktisch unendlich. Und hole dir mal 
von der Röhre die Kennlinie "Steilheit" heran, welche üblicherweise für 
die Dimensionierung genommen wird.
>Wers nicht glaubt, zahlt einen Taler, sucht irgendeine alte Schaltung
>mit der ECC81 heraus oder sucht das Datenblatt im Internet.
Den Dollar kriegst du nicht. Du hast da Recht, weißt gar nicht, wie sehr 
du Recht hast!

von Thomas H. (Gast)


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Vielen Dank ihr Beiden!


Gruß,
Thomas

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