Forum: Markt Welche Bauteile werden nur noch in China hergestellt?


von Alexander H. (Gast)


Lesenswert?

Grund meiner Frage ist eine Aussage im SPON-Forum:


*"Und hier haben wir den Hauptunterschied zwischen dem Westen und China 
schon herausgearbeitet: Der Westen kann ohne China, China kann aber 
(noch) nicht ohne den Westen."*


Abgesehen davon, daß ich keinerlei Anlaß für eine grundsätzliche 
Änderung der Arbeitsteilung zwichen "dem Westen" und China sehe oder 
erwarte, bin ich einfach neugierig, ob die oben zitierte "messerscharfe" 
Aussage überhaupt korrekt ist. Speziell im Elktronikbereich:

1. Stimmt das so - oder nur noch eingeschränkt? Komplexe Bauteile wie 
CPUs, Speicher und bspw. hochwertige Sensoren werden ganz gewiß noch "im 
Westen" hergestellt (wobei auch diesbezüglich interessant wäre, welche 
Verschiebungen in Richtung Asien bereits erfolgten, momentan zu 
beobachten, und in Zukunft zu erwarten sind).

Aber welche Situation ist bspw. bei "einfachen" passiven Bauteilen, 
Glue-Logic, Standard-Controllern, Displays, und mechanischen Bateilen zu 
beobachten?


2. Bezogen auf die im SPON-Forum behauptete Abhängigkeiten:

Könnte "der Westen" tatsächlich jederzeit die Produktion aller 
inzwischen von China hergestellten Bauteile wieder aufnehmen?

Wie lange würde es dauern, die dafür erforderlichen Produktionsstätten 
neu zu installieren? Oder böten sich andere Schwellenländer als 
Produktionsstandorte an?

Wie lange würde die Verlagerung dauern? Mit welchen Lieferausfällen wäre 
zu rechnen? Wären die Kosten dafür finanzierbar? Mit welchem Preisschub 
für kleineres und größeres Hühnerfutter wäre zu rechnen?


3. Über Bauteile hinaus - welche Lage herrscht im Produktionsbereich?

Vornehmlich für Konsumer-Geräte, aber möglicherweise auch zunehmend im 
Bereich professioneller / industrieller Baugruppen und Geräte? Von der 
Platinenherstellung über die Bestückung bis hin zur komplett verlagerten 
Fertigung?



Neben Schilderungen des Ist-Zustandes sind auch Schätzungen und 
Prognosen, vielleicht für das nächste Jahrzehnt sicher interessant.

MfG

von Deh Es Peh (Gast)


Lesenswert?

Alexander H. schrieb:
> Könnte "der Westen" tatsächlich jederzeit die Produktion aller
> inzwischen von China hergestellten Bauteile wieder aufnehmen?
>
> Wie lange würde es dauern, die dafür erforderlichen Produktionsstätten
> neu zu installieren? Oder böten sich andere Schwellenländer als
> Produktionsstandorte an?
>
> Wie lange würde die Verlagerung dauern? Mit welchen Lieferausfällen wäre
> zu rechnen? Wären die Kosten dafür finanzierbar? Mit welchem Preisschub
> für kleineres und größeres Hühnerfutter wäre zu rechnen?


Es gab schon viele Turbulenzen auf dem Markt und lange 
Lieferverzögerungen nur weil die Lieferungen von der kleinen Insel Japan 
ein paar Wochen ausgefallen/langsamer als sonst waren.
Das ist sogar teilweise jetzt noch spürbar.
In der Krise wurden auch noch Produktionskapazitäten runtergefahren.

Teilweise haben manche Bauteile schon 20 Wochen ++ Lieferzeit.


Du kannst Dir selbst vorstellen was noch laufen würde wenn China+Taiwan, 
Japan, Korea, Singapur, Thailand, Malaysia, ...  wegfallen würden.

Genau, erstmal gar nüschts mehr.


Kleinere Mengen - die kann man auch hier noch herstellen und werden auch 
im Westen noch hergestellt. Halbleiter Fabs gibts schon noch einige.
Aber mit Smartphones, Notebooks, Bildschirmen usw. für Aldi Preise wäre 
erstmal ende.

von (prx) A. K. (prx)


Lesenswert?

Alexander H. schrieb:

> 1. Stimmt das so - oder nur noch eingeschränkt? Komplexe Bauteile wie
> CPUs, Speicher und bspw. hochwertige Sensoren werden ganz gewiß noch "im
> Westen" hergestellt

Teils. Einer der wichtigsten Hersteller von Chips für Firmen ohne eigene 
Fabs ist TSMC, und die sitzen auch in China, wenngleich in Taiwan. 
Betrifft beispielsweise Grafikchips und das Zeug für Smartphones, 
Tablets etc.

Gibts im "Westen" überhaupt noch Fabs für DRAM und Flash? Korea ist da 
gross im Geschäft.

Ausserdem ist die Herstellung der Wafer eine Sache, der Rest wie das 
Zersägen und Einpacken ins Gehäuse eine andere. Weiss der Geier wo das 
heute läuft, sowas hat man bereits vor Jahrzehnten gern in Indonesien 
gemacht.

Nö, längere grössere Kriege zwischen Asien und dem Westen kannst du 
heute nicht mehr führen, oder nur noch mit Keulen und Speeren, weils 
garantiert irgendwo beim Nachschub klemmt.

von Hans B. (Firma: ohne) (dc4mg)


Lesenswert?

Abgesehen davon , dass im SPON-Forum meist sowieso nur weltfremde 
Ideologie verbreitet wird, ist die Situation inzwischen noch 
eindeutiger.

So ziemlich alles was kostenorientiertes Massengeschäft beinhaltet, wird 
eigentlich nur noch in China hergestellt oder ist ohne chinesische 
Zulieferung nicht mehr möglich.

Es ist davon auszugehen, dass alle europ. Chip-Hersteller (und einige 
US-Firmen ) in ca. 10 Jahren Halbleiterprozesse von 22nm und weniger 
nicht mehr selber fertigen werden können, sondern bei TMSC fertigen 
lassen müssen. Und owohl TMSC aus Taiwan stammt, bauen auch die 
inzwischen fabs in China auf (ideologie hin oder her) .

Eben alles  was Sie unter
> Vornehmlich für Konsumer-Geräte, aber möglicherweise auch zunehmend im
> Bereich professioneller / industrieller Baugruppen und Geräte? Von der
> Platinenherstellung über die Bestückung bis hin zur komplett verlagerten
> Fertigung?
aufgeführt haben.
Auch ich selbst beziehe zum Basteln inzwischen meine Leiterplatten aus 
China.
Chinesische Nachbaufirmen klonen inzwischen nicht mehr nur , sondern 
entfernen sogar aus den nachgebauten Geräten die Entwicklungsfehler.

Das US-Militär hat inzwischen erhebliche Probleme, da es bei 
Rüstungsprodukten von China absolut abhängig ist und von den Chinesen 
sogar noch für US-produkte chin. Nachbauten untergeschoben bekommt .
Hochsicherheits-Chips werden überhaupt nicht mehr in den USA entwickelt 
und gefertigt sondern stammen aus Europa und China (und bald nur noch 
aus China).


> Könnte "der Westen" tatsächlich jederzeit die Produktion aller
> inzwischen von China hergestellten Bauteile wieder aufnehmen?
> Wie lange würde es dauern, die dafür erforderlichen Produktionsstätten
> neu zu installieren? Oder böten sich andere Schwellenländer als
> Produktionsstandorte an?
> Wie lange würde die Verlagerung dauern? Mit welchen Lieferausfällen wäre
> zu rechnen? Wären die Kosten dafür finanzierbar? Mit welchem Preisschub
> für kleineres und größeres Hühnerfutter wäre zu rechnen?

Vergiss es, die Produkte würden damit so teuer, dass sie keiner mehr 
kaufen würde! Warum solte man dann die Produktion aus China heraus 
verlegen.

Und zudem hat China inzwischen die CCC (China compulsatory certification 
) eingeführt.
Fast jedes kritische Produkt dass nach China importiert werden soll , 
muss für die Einfuhr bei einer staatlichen  organisation zertifiziert 
werden und dabei müssen alle Produktionsgeheimnisse (zb bei SW der 
Source Code ) offengelegt werden (um Schaden von der chin. Bevölkerung 
fernzuhalten).

und das wird so weitergehen (zb. bei der Energietechnologie, dort wird 
nämlich ganz sicher keine fossile Energiewende eingeführt wie bei den 
Deutschen)....

von chris (Gast)


Lesenswert?

> 1. Stimmt das so - oder nur noch eingeschränkt? Komplexe Bauteile wie
> CPUs, Speicher und bspw. hochwertige Sensoren werden ganz gewiß noch "im
> Westen" hergestellt

Soweit mir bekannt ist werden nur mehr die Metallisierungen hier im 
Westen gemacht und das auch nur wo eine grobe Technologie reicht.
Es gibt noch ein paar 0.350µm Fabs im Westen, die lassen sich auf
einer Hand abzählen, darunter ist alles in Asien. Aktuell ist immer noch
der 45nm Prozess, technisch sind 16nm machbar.

Widerstände, Kondensatoren, Mechanische Schalter, 99.99???% wird in 
Asien hergestellt.

von ert (Gast)


Lesenswert?

naja mit den Fabs in  Dresden  gibts  auch   ein  paar in DL
auch  Intel  scheint  da  noch  nicht auf  China  zu  setzen
und  nicht  jeder IC kann  oder   muss  in  der  kleinsten Technologie 
gefertigt werden,  so gibt  es  z.b.  auch  noch  Fertigungen  in  1µ

von (prx) A. K. (prx)


Lesenswert?

http://en.wikipedia.org/wiki/List_of_semiconductor_fabrication_plants
Von den dort mit Strukturgrösse angegebenen Fabs ist keine einzige der 
Highend-Fabs in Festlandchina.

von Fabs (Gast)


Lesenswert?

Es gibt einige Fabs in Deutschland, nicht die ganz großen wie im Silicon 
Vally aber doch einige. Aber das Gehäuse bekommen die alle in Asien.
Chip wird in Dland hergestellt -> wird zum verpacken nach Asien 
geschickt -> wird in Dland getest....

von Bond (Gast)


Lesenswert?

Auch hier in A werden Chips produziert, ist nur nicht so bekannt.
(Austria Microsystems), auch in CH gibt es eine sehr interessante
Chip-Produktion, gehört zum Swatch-Konzern.
Weder die einen noch die anderen werden ihr Know-How freiwillig
aus der Hand geben.
Und Qualität kostet auch in China Geld!

von Gerd E. (robberknight)


Lesenswert?

Lagerhaltung ist teuer und daher eines der ersten Punkte an dem gerne 
gespart wird. Selbst wenn die Fertigung im Westen stattfindet, wird die 
sehr schnell komplett stillstehen weil irgenein unscheinbares 
Zulieferteil/-chemikalie/-rohstoff fehlt.

Bestes Beispiel ist die Sache mit den seltenen Erden: China hat 
mittlerweile quasi ein Monopol da drauf und hat die Ausfuhr aus 
strategischen Gründen einschränkt. Das Problem ist seit 2-3 Jahren breit 
bekannt, trotzdem gibt es immer noch keine nennenswerten Liefermengen 
aus Bergwerken im Westen.

Wenn es also schwerwiegende und großflächige Lieferunterbrechungen aus 
China geben sollte (z.B. wg. Krieg, schwere Unruhen,...), wird hier die 
komplette Wirtschaft sehr schweren Schaden nehmen.

von agp (Gast)


Lesenswert?

Gerd E. (robberknight) schrieb:

> Bestes Beispiel ist die Sache mit den seltenen Erden: China hat
> mittlerweile quasi ein Monopol da drauf ..
> Wenn es also schwerwiegende und großflächige Lieferunterbrechungen aus
> China geben sollte (z.B. wg. Krieg, schwere Unruhen,...), wird hier die
> komplette Wirtschaft sehr schweren Schaden nehmen

Dann sehe den Wirtschaftskreislauf mal von deren Seite. Wenn die ihr 
Zeug nicht mehr loswerden an die westliche Industriegemeinschaft, gehen 
bei denen auch irgendwann die Lichter aus und das Geld fehlt für die 
riesigen Bauprojekte. Dann springen die chinesischen Geschäftsleute bald 
im Dreieck und heizen ihrer Staatführung ein deren Geschäfte nicht 
abzuwürgen. Der parteigelenkte Staatskapitalismus chinesicher Prägung 
funktioniert nur so lange ohne Rebellion, wie das Geld aus dem Westen 
(für die Chinaware) fließt und das weiß auch das kommunistische 
Ein-Parteien-Politbüro.

von Werner (Gast)


Lesenswert?

Wenn man die Beschreibung im Untertitel dieses Forums lesen würde, 
könnte man zu dem Schluß kommen, das allgemeines Stammtischpalaver über 
Märkte hier soetwas von überhaupt nichts zu suchen hat. Vielleicht 
verschiebt einer der Moderatoren den Thread mal in die passende Ecke.

"Wenn ihr etwas kaufen oder verkaufen wollt, dann seid ihr hier richtig. 
Bitte nur direkte Angebote, keine Ebay-Links. Keine gewerblichen 
Angebote."

von Abdul K. (ehydra) Benutzerseite


Lesenswert?

Ich finde dieses 45nm Gerede ziemlichen Blödsinn. Das ist nur für 
High-End Prozessoren, FPGAs und Speicher interessant!
Innovative Produkte brauchen nur 1um oder noch schlechter. z.B. sind 
Linearität und Rauschwerte dort viel besser als bei 45nm!
Und da können auch Firmen in DE noch punkten. Machen sie aber selten. 
Selbst auf die Idee einfach erfolgreiche Produkte nachzubauen, kommen 
sie nicht!
Ist doch ganz einfach bei digikey im Lagerbestand zu sehen, was gut 
läuft. Das baut man nach - nach Prüfung der Patenlage und Möglichkeiten 
der eigenen Fertigungsstrukturen.
Im Preis von LTC oder Agilent-Produkten ist extrem viel Luft. Die sehr 
teure Werbung würde ich dagegen diesen Firmen weiterhin überlassen. 
Google macht dann den Rest...


Aktuell sitzt China auf 1 Billion (wohlgemerkt, deutsche Billionen) 
US-Dollar und weiß nicht wohin damit ohne den Markt zu destabiliseren!

von ich (Gast)


Lesenswert?

Abdul K. schrieb:
> Aktuell sitzt China auf 1 Billion (wohlgemerkt, deutsche Billionen)
> US-Dollar und weiß nicht wohin damit ohne den Markt zu destabiliseren!

Ein paar Chinesen, die nicht gerade in einer der Boom-Towns sitzen, 
hätten da schon eine Verwendung für, aber das würde leider nicht so viel 
neuen Profit abwerfen.

von Abdul K. (ehydra) Benutzerseite


Lesenswert?

Eigentlich schon, denn der Wert des Geldes ist nur zu ca. 10% real. Der 
Rest ist virtuell durch Bewegung des Kapitals. Aber scheinbar traut 
Chinese seinem Nachbarn am wenigsten. Das Problem haben wir hier ja 
auch.

Bitte melde dich an um einen Beitrag zu schreiben. Anmeldung ist kostenlos und dauert nur eine Minute.
Bestehender Account
Schon ein Account bei Google/GoogleMail? Keine Anmeldung erforderlich!
Mit Google-Account einloggen
Noch kein Account? Hier anmelden.