Forum: Ausbildung, Studium & Beruf Von welchem "Leservorwissen" bei der Abschlussarbeit ausgehen?


von Absolvent (Gast)


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Hallo,
ich schreibe im Moment meine Abschlussarbeit. Jetzt mal eine Frage: Von 
welchem Wissensstand des Lesers soll man ausgehen? Soll es so 
geschrieben sein, dass jeder Leser (auch Fachfremd) möglichst alles 
versteht, oder soll man davon ausgehen, dass ein gewisses Grundwissen 
vorhanden ist und man nicht jede Kleinigkeit z.B. was ist ein Tiefpass 
usw. genau erläutern muss?

Danke und noch ein schönes Restwochenende

von Hans M. (hansilein)


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Von was ist es denn der Abschluss?
Meistens sagt man die Einleitung soll allgemeinverständlich sein.

von Ich (Gast)


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Der Zuhörer sollte ein technisches Vorwissen haben.
Das Ohmsche Gesetz solltest du nicht mehr erklären müssen.

Du solltest in einfachen Worten den Sinn deiner Abschlussarbeit erklären 
können, so das es auch deine Oma versteht, zumindest als Einleitung.

Den genaueren Inhalt braucht nur einer verstehen, der ein tieferes 
Wissen in dem Themenbereich hat.

Oma-Version: Sinn der Arbeit: Bessere Berechnung von XY, damit man ... .
Experten-Version: Berechnung mit XY unter Berücksichtigung von A,B,C, 
...
zur optimalen ... .

von Bob (Gast)


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Die Einleitung sollte allgemein verständlich sein,
Worum geht es bei der Arbeit, was will der Verfasser etc.

Im Hauptteil würde ich dann schon davon Ausgehen, daß die
Fachbegriffe bekannt sind, (sollte so sein).
Wenn der Leser bei "Microprozessor", "Microcontroller"
an verkleinerte "Prozesshansl" oder Kontroll-Fuzzies denkt,
kann man dem eh' nicht helfen, der kapiert dann auch den
Inhalt nicht.

Ganz spezielle Bergriffe würde ich durchaus erklären,
entweder bei der ersten Verwedung, oder besser im Anhang.

Viel Erfolg bei und mit der Arbeit!

von Mine Fields (Gast)


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Meiner Meinung nach sollte die Arbeit so geschrieben sein, dass ein 
potentieller Anwender deiner Ergebnisse damit umgehen kann. Eine Arbeit 
über die Optimierung eines Fertigungsablaufes wird dann eben anders 
beschrieben sein als die Entwicklung eines komplexen mathematischen 
Algorithmus, da der Anwenderkreis sich völlig unterscheidet. Im ersten 
Fall kann das eben auch ein BWLer oder Meister sein, während du im 
zweiten Fall von einem weitaus tieferen technischen Hintergrund des 
Anwenders ausgehen kannst.

Generell würde ich bei Grundlagen nach dem Grundsatz: "So viel wie 
nötig, aber so wenig wie möglich" arbeiten. Sonst kommst du aus dem 
Beschreiben nicht mehr raus und deine eigentliche Arbeit rückt in den 
Hintergrund.

Beispiel: Wenn man mit Ethernet arbeitet wird man das ISO-OSI-Modell 
zwar erwähnen oder auch ein Bild dazu in die Arbeit aufnehmen. Aber man 
wird es sicherlich nicht seitenweise beschreiben, sofern sich nicht 
wesentliche Thesen der Arbeit daraus ableiten.

von P. M. (o-o)


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Setze das Vorwissen voraus, das du am Anfang der Arbeit hattest. Denn: 
Deine Arbeit bringt einen gewissen Erkenntnisgewinn für dich. 
Dokumentation/Bericht/Paper dienen dann genau dem Zweck, diesen 
Erkenntnisgewinn zu teilen. Wirklich verwenden wollen deine Arbeit 
nämlich genau Leute, die ein ähnliches Problem haben wie du eben gelöst 
hast, also auch eine ähnliche Ausgangslage, ähnliches Vorwissen.

Beachten sollte man aber zwei Dinge:
- Bei Forschungsarbeiten ist in der Einleitung/Abstract sowie bei den 
Resultaten (!) wichtig, dass auch eine fachfremde Person versteht, worum 
es geht. Denn deine Erkenntnisse können ja auch für jemanden nützlich 
sein, der nicht von deinem Fach ist.
- Bei Schularbeiten weiss man oft deutlich mehr als der Lehrer. Und 
trotzdem ist er die Zielgruppe, also sollte man da eher etwas zu tief 
einsteigen.

von Wolfgang Horn (Gast)


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Hi, Absolvent,

> ich schreibe im Moment meine Abschlussarbeit. Jetzt mal eine Frage: Von
> welchem Wissensstand des Lesers soll man ausgehen?

"Was immer Du schreibst, schreibe kurz, und sie werden es lesen, 
schreibe klar, und sie werden verstehen, schreibe bildhaft, und sie 
werden es im Gedächtnis behalten." (Joseph Pulitzer)

Zur Klarheit gehört: Wenn Dein Auftraggeber nichts Näheres bestimmt hat, 
dann nimm keinerlei Vorkenntnisse als gegeben. Unterstelle dem Leser 
aber auch keine Unwissenheit.
Sondern sammle und nenne alle Quellen, die er brauchen könnte, um all 
das nachzuschlagen, was ihm vielleicht fehlen könnte. Behandle ihn, als 
sei er ein ebenso guter Fachmann wie Du.

Eine gute Orientierung waren mir immer, sind für mich Patentanmeldungen. 
Denn das Patentgesetz schreibt klar vor, wie eine technische Neuerung 
beschrieben sein muss, damit sie patentierbar ist.
Erfinder und Patentanwälte formulieren zwar gern "Stand der Technik" und 
"allgemein bekannt ist...", unter den Quellenangaben finden sich dann 
aber doch zitierte Patente und Konferenzbeiträge und andere 
Fachliteratur.

Außerdem - die Gliederung eines Patentes mit Zusammenfassung, Stand der 
Technik, Bewertung des Standes der Technik mit Grenzen und Nachteilen, 
erfindungsgemäße Lösung, Beschreibung der Erfindung mach den Fortschritt 
deutlich sichtbar.

Ciao
Wolfgang Horn

von P. M. (o-o)


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Wolfgang Horn schrieb:
> Zur Klarheit gehört: Wenn Dein Auftraggeber nichts Näheres bestimmt hat,
> dann nimm keinerlei Vorkenntnisse als gegeben.

Nein, das ist völlig übertrieben. Dann wären ja selbst mässig 
anspruchsvolle Papers dutzende Seiten dicker. Du willt ja wohl nicht 
allen ernstes in einer Dokumentation, die sich an techniche Fachleute 
richtet, erklären, was ein Mikrocontroller ist oder wie eine 
Programmiersprache funktioniert oder was eine Fouriertransformation 
macht. Solche Dinge muss man als bekannt voraussetzen können.

von Johannes O. (jojo_2)


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Du könntest auch einfach mal nachfragen bei deinem Prof oder wer auch 
immer die Arbeit betreut. Wir können dir hier viel erzählen, aber wenns 
der hernach anders sieht, hast du ein Problem!

von Hugo W. (Gast)


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Normalerweise gibt es dazu auch von der Hochschule ein Schriftstück 
dazu.
So war es zumindest damals bei mir (FH KA).

Der Prof meinte dann nur noch dazu: "Bewertet wird, was selbst 
erarbeitet wurde. Sämtliches Allgemeinwissen was man in jedem Buch 
findet (z.B. das CAN-Protokoll o.ä) wird nicht mit in die Bewertung mit 
eingezogen. Man kann davon ausgehen, dass die Leute die die 
Abschlussarbeit lesen den gleichen Wissensstand haben wie jemand der 
gerade sein Studium abgeschlossen hat."

Er meinte damit, Lehrinhalte sind als bekannt vorauszusetzen...sonst 
nichts!

Aber eine Rücksprache mit Deinem Prof. ist mit Sicherheit nich schlecht.
So kannst Du vielleicht auch noch gewisse "Vorlieben" bei ihm 
herauskitzeln.

Grüße

von Ich (Gast)


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P. M. schrieb:
> Du willt ja wohl nicht
> allen ernstes in einer Dokumentation, die sich an techniche Fachleute
> richtet, erklären, was ein Mikrocontroller ist oder wie eine
> Programmiersprache funktioniert oder was eine Fouriertransformation
> macht.

Man kann aber mit einfachen Sätze die Funktion eines Mikrocontrollers 
erklären und das die Programmierung in XY erfolgt.
Was wird mit dem Mikrocontroller gesteuert, geregelt, ..., welche 
physikalischen Grundlagen benötigt man, um das zu verstehen.
Umrichtersteuerung, Oberwellen etc.

Wikipedia-Definitionen können da helfen. (Quellenangabe nicht vergessen)

Das ganze auf 1-2 Seiten, bevor es ans Eingemachte geht und für den 
Laien unverständlich wird.

von Wolfgang H. (Gast)


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Hi, P. M.,

>> Zur Klarheit gehört: Wenn Dein Auftraggeber nichts Näheres bestimmt hat,
>> dann nimm keinerlei Vorkenntnisse als gegeben.
>
> Nein, das ist völlig übertrieben. Dann wären ja selbst mässig
> anspruchsvolle Papers dutzende Seiten dicker.
Die Frage ist: "Was ist denn bestimmt, was nicht?"
Wo eine "Abschlussarbeit", da müsste es vorher schon "Zwischenarbeiten" 
gegeben haben. Um beispielsweise solche Fragen zu klären.
Natürlich erwartet keiner eine Definition der natürlichen Zahlen.
Aber wo es dem Autor unklar ist, da nennt er besser seine Quelle, als 
eine Frage offen zu lassen.

> ...oder was eine Fouriertransformation
> macht. Solche Dinge muss man als bekannt voraussetzen können.
Ja, in diesem Kreise hier.

Ciao
Wolfgang Horn

von Clemens M. (panko)


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Ich finde es ist ein Unterschied, ob die "Abschlussarbeit" zu einer 
Projektwoche gehört oder einer Promotion....

Faustregel für mich wäre: inhaltlich an die verwendete Literatur 
angleichen. Veröffentlichungen beim ieee dürften ja bei einer 
Diplomarbeit recht dominant sein, also würd ichs auch so halten.
Und zur Not einfach mal den Betreuer fragen. Der bewertet das ja auch 
alles.

von Marx W. (Gast)


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Johannes O. schrieb:
> Du könntest auch einfach mal nachfragen bei deinem Prof oder wer auch
>
> immer die Arbeit betreut. Wir können dir hier viel erzählen, aber wenns
>
> der hernach anders sieht, hast du ein Problem!

Genau so ist es!
Faustformel:
Du schreibts die Einleitung der Arbeit so, wie die Fachkenntnis der 
Bewerter ist!

von Ich (Gast)


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Generell sollte man mit seinem Prof. den Aufbau/Struktur der Arbeit 
besprechen, ob das so OK ist, etc.

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