Forum: Mikrocontroller und Digitale Elektronik CE Erklärung USB und Ethernet Konformitätsmessungen notwendig?


von heinz (Gast)


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Hallo zusammen,

ich suche nun schon den ganzen Tag, ob ich für eine notwendige CE 
Kennzeichnung auch den USB Anschluss und den Ethernet (100er IEEE802.3) 
Adapter validieren muss.
Als Bastler würde ich sagen das funktioniert schon, aber da das ganze in 
eine Industrieesteuerung soll habe ich dabei kein gutes Gefühl.

Da mir mein AG kein geeignetes Messgerät zur Verfügung stellen will wäre 
das echt ein Problem für mich.

Kann mir jemand von euch näheres sagen?

von Reinhard Kern (Gast)


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Hallo,

das sind verschiedene Baustellen. CE heisst, du hältst alle europäischen 
Bestimmungen ein (Sicherheit wie VDE, EMV, ROHS usw. usw.). USB hat 
damit eigentlich nichts zu tun, da gibt es eben die usb.org, die das 
Recht vergibt, das USB-Symbol zu verwenden - wenn eine 
Komformitätsprüfung bestanden ist, was auch die Mitgliedschaft dort 
voraussetzt (um überhaupt eine ID zu bekommen), und beides ist ziemlich 
teuer.

Ohne das darfst du also die Stecker nicht mit dem USB-Symbol 
kennzeichnen, und vermutlich auch nicht mit USB werben. Im Prinzip hängt 
es von deinen Kunden ab, ob sie "inoffizielle" Schnittstellen 
akzeptieren. Ich schätze, für grössere Firmen kommt das nicht in Frage. 
Meines Wissens gibt es auf dem Markt kaum nicht zertifizierte USB-Geräte 
- ob sich alle Chinesen daran halten oder einfach das USB-Zeichen 
fälschen, kann ich nicht beurteilen, und auch nicht, ob sich deine Firma 
auf dieses Niveau begeben will.

Gruss Reinhard

von Potter (Gast)


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Hallo Heinz,

ich beschäftige mich auch gearde mit der CE Konformität. Bei mir gehts 
um ein bus-powered USB-Gerät. Die folgenden Bestimmungen bzgl. EMC 
könnten auch bei Dir in Frage kommen:

EN 61326-1:2006   / IEC 61326-1:2005
EN 55011:2007   / CISPR 11:2003
EN 61000-4-2:2001  / IEC 61000-4-2:2001
EN 61000-4-3:2002  / IEC 61000-4-3:2002
EN 61000-4-4:2004  / IEC 61000-4-4:2004
EN 61000-4-5:2001  / IEC 61000-4-5:2001
EN 61000-4-6:2007  / IEC 61000-4-6:2003

Aber man kann durchaus auch einmal bei einem Meßlabor nachfragen.

Gruß Potter

von Heinz (Gast)


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Danke,

für die Antworten.


@Reinhard Kern:
Das mit der USB Problematik ist mir bekannt, allerdings habe ich Entwurf 
extra einen FTDI Chip vorgesehen obwohl der Controller ein USB Modul 
hat. Somit muss ich nicht extra eine VID PID kaufen. Das Thema 
Komformitätsprüfung der USB Schnittstelle (rein elektrisch, also 
physical layer) ist damit aber immer noch nicht vom Tisch. Ich bin der 
Meinung diese Messungen sind trotzdem nötig.
Das mit der Zertifizierung von USB.org gefällt meinem Chef halt 
überhaupt nicht!

Ob das verschieden Baustellen sind weiss ich nicht:
In der CE Komformitätserklärung beurkundet der Hersteller das er sich an 
alle europäischen Normen und am Stand der Technik orientiert hat um das 
Produkt herzustellen. Nachdem ich für USB und Ethernet keine DIN, VDE 
oder EN Norm gefunden habe könnte man sich durch die Grauzone mogeln 
(wenn da nicht der Ausdruck: " am Stand der Technik orientiert" wäre 
...)

Im weiteren fordert eine CE Komformitätserklärung das die laufende 
Produktion ständig mittels Stichproben überprüft ob sich das Produkt 
noch im Normenkonformen zustand befindet. Ohne geeignetes Messgerät ist 
das jedoch ebenfalls kaum möglich.

Im weiteren ist es halt so das ich als Entwickler für grob fahrlässige 
Fehler hafte, und im Konkursfall der Firma selbst für fahrlässige 
Fehler. Da unsere Geräte weltweit an sehr exponierten Stellen stehen 
könnten sogar schon Transportkosten anfallen, für die man einen netten 
Gebrauchtwagen bekommt. Also mir geht schon bei dem Gedanken der Arsch 
auf Grundeis.


@Potter:
Das ich zur EMV Zertifizierung am besten in ein EMV Labor gehe ist mir 
schon klar, aber trotzdem Danke. Aber leider ist es halt mit der EMV 
Prüfung nicht getan. Nachdem du ein BUS Powered Gerät hast!? Ist es bei 
der geringen wahrscheinlichen Störaussendung überhaupt notwendig eine 
EMV Messung zu machen? Von der Niederspannungsrichtline bist Du befreit.

von Christian R. (supachris)


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Heinz schrieb:
> Nachdem du ein BUS Powered Gerät hast!? Ist es bei
> der geringen wahrscheinlichen Störaussendung überhaupt notwendig eine
> EMV Messung zu machen?

Auf jeden Fall. Bei schlampigem Design kommen die 480MHz da voll 
rausgeblasen. Wir waren mit unserem bus-powered Messgerät auch bei der 
Messung. Mit einem gescheiten USB Kabel mit Ferritkern sind wir sogar 
durch die Consumer-Messung gekommen. Ein größeres Gerät (9 FPGAs, 16 
parallel angesteuerte FIFOs und 16 Ultraschallsender (300V, 5ns 
Anstiegszeit) hat nach ein paar Nachbesserungen am Gehäuse zumindest die 
Industrienorm erfüllt. Mehr brauchts da aber auch nicht. Auf die USB 
Sache wurde ja schon hingewiesen. Man muss ja aber nicht unbedingt das 
original USB Logo ( http://www.usb.org/developers/compliance/logo/ 
)drauf pappen.....man kann ja auch das freie nehmen 
http://www.seeklogo.com/usb-logo-146631.html soweit ich weiß, muss dafür 
kein USB.org Test gemacht werden.

von Klaus (Gast)


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Ich denke, du vermischst da zwei Sachen. CE verlangt nicht, das ein 
Gerät eine vernünftige Funktion hat, also ob Ethernet oder USB 
funktioniert. Die beiden Kabel müssen nur elektrisch ok sein und dürfen 
kein EMV Problem verursachen. Der Kunde sieht das sicher anders. Eine 
USB Zertifizierung ist also für den Kunden und nicht für CE.

MfG Klaus

von Klaus (Gast)


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Christian R. schrieb:
> Auf jeden Fall. Bei schlampigem Design kommen die 480MHz

Heinz schrieb:
> allerdings habe ich Entwurf
> extra einen FTDI Chip vorgesehen

480 MHz aus einem FTDI ?

MfG Klaus

von ich (Gast)


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>480 MHz aus einem FTDI ?

Bei einem FT2232H mit USB2.0 (480MBit/s)... Ja

von Christian R. (supachris)


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Bei uns ein Cypress FX2, aber prinzipiell ja bei jedem HighSpeed. Am 
FullSpeed FTDI sinds ja nur 12MHz, das ist weniger kritisch. Weiß ja 
nicht, welcher da verbaut ist.

von Heinz (Gast)


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@Klaus:

Meinst Du mich?
Ich bin mir da nicht so sicher, wenn das Gerät überwachen/ dokumentieren 
soll, ob ein "nicht gesundheitsgefährdender Zustand" vorhanden ist, 
müssten doch auch die Signale den Spezifikationen entsprechen.

@Christian R.:
Soweit ich weiss kann man das bei Kabeln schon machen, aber dennoch 
meldet sich das Gerät dann am PC als USB Gerät an. In der Werbung kann 
man dann auch schlecht Schreiben "USP Schnittstelle und Etternet 
Anschluss". Ich bin auch kein Anwalt und will da jetzt auch kein 
Schlupfloch finden sondern ordentlich arbeiten.

Aber rein menschlich, wenn ich auf ein Produkt schreibe USB- und 
Ethernetschnittstelle schreibe. Dann muss ich mich doch dadurch allein 
schon an die Spezifikationen halten. Und wenn die nunmal einen 
Konformitätstest vorschreibenn habe ich mich doch daran zu halten!?

von Klaus (Gast)


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Heinz schrieb:
> Ich bin mir da nicht so sicher, wenn das Gerät überwachen/ dokumentieren
> soll, ob ein "nicht gesundheitsgefährdender Zustand" vorhanden ist,
> müssten doch auch die Signale den Spezifikationen entsprechen.

Das geht weit über CE und auch über alle Konformitätstests hinaus. 
Selbst wenn die Signale der Spezifikation entsprechen, ist damit noch 
lange keine (vernünftige) Funktion garantiert.

Heinz schrieb:
> Aber rein menschlich, wenn ich auf ein Produkt schreibe USB- und
> Ethernetschnittstelle schreibe. Dann muss ich mich doch dadurch allein
> schon an die Spezifikationen halten. Und wenn die nunmal einen
> Konformitätstest vorschreibenn habe ich mich doch daran zu halten!?

Spezifikationen schreiben keinen Test vor, sie beschreiben technische 
Eigenschaften. Behörden oder Organisationen können Tests vorschreiben 
und im Gegenzug die Benutzung erlauben oder verbieten (bei Behörden) 
oder die Verwendung eines Logos erlauben. Keine von diesen Behörden oder 
Organisationen wird aber deiner Firma die Verantwortung für die Funktion 
deines Systems abnehmen. Nicht umsonst schreibt z.B. Natinal in seine 
Datenblätter:

NATIONAL’S PRODUCTS ARE NOT AUTHORIZED FOR USE AS CRITICAL COMPONENTS IN 
LIFE SUPPORT DEVICES OR SYSTEMS WITHOUT THE EXPRESS PRIOR WRITTEN 
APPROVAL OF THE CHIEF EXECUTIVE OFFICER AND GENERAL COUNSEL OF NATIONAL 
SEMICONDUCTOR CORPORATION.

So als Beispiel: selbst ein 100% normkonformes Ethernetinterface kann 
durch falsche Konfiguration außer Gefecht gesetzt werden und damit die 
Funktion deines Systems stören.

Wenn es um, wie du sagst, das Überwachen/ Dokumentieren gehen soll, ob 
ein "nicht gesundheitsgefährdender Zustand" vorhanden ist, geht es IMHO 
um Dinge wie die Zuverlässigkeit des Gesamtsystems, Redundanz, Schutz 
vor Fehlbedienung etc. Wie gesagt, das ist eine Baustelle, die weit über 
CE oder usb.org hinausgeht.

MfG Klaus

von Reinhard Kern (Gast)


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Hallo,

Dokumentation ist alles, auch intern - wenn du irgendwo dokumentiert 
hast, dass dein Chef entschieden hat, USB nicht zu zertifizieren oder 
keine externe EMV-Prüfung durchzuführen, dann bist du da persönlich aus 
dem Schneider. Du darfst es nur nicht geschehen lassen, dass dein Chef 
im Zweifelsfall sagt "USB? Nie gehört, um solche Details kümmert sich 
mein Entwickler".

Ich würde schon mal diesen Thread hier gut aufbewahren, ist ein Beweis, 
dass du die Sache verantwortungsbewusst behandelt hast.

Gruss Reinhard

von Purzel H. (hacky)


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>CE verlangt nicht, das ein Gerät eine vernünftige Funktion hat, also ob Ethernet 
oder USB funktioniert.


Die EMV Messungen beziehen sich auf normalen Betrieb ... dh wenn man 
einen Schnittstelle nur fuer eine praktisch einmalige Konfiguration 
benoetigt, koennte man theoretisch dabei Stoeren. Unguenstig, wenn der 
Kunde diese Konfiguration dauernd macht und dabei etwas stoert.

von Christian R. (supachris)


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Heinz schrieb:
> In der Werbung kann
> man dann auch schlecht Schreiben "USP Schnittstelle und Etternet
> Anschluss".

Musst du doch nicht. USB ist meines Wissens kein geschützter Begriff, du 
darfst nur das Logo nicht drauf kleben, also das große, wo HighSpeed 
usw. drauf steht. Ich hab nirgends, auch auf der USB Homepage nicht, ein 
(R) hinter USB an sich gesehen. Das Logo ist wie beim Windows Logo 
Programm eine zusätzliche Sicherheit für den Käufer, dass das Produkt 
durch das USB IF getestet wurde. Es haben ja auch nicht alle Geräte das 
Logo dran. Wenn dein Kunde allerdings den Logo-Test von USB IF verlangt, 
müsstest du den dann machen (lassen). Ich bin kein Anwalt und das stellt 
keine Rechtsberatung dar.

von maveric00 (Gast)


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Hallo,


Heinz schrieb:
> wenn das Gerät überwachen/ dokumentieren
> soll, ob ein "nicht gesundheitsgefährdender Zustand" vorhanden ist,
> müssten doch auch die Signale den Spezifikationen entsprechen.

Naja, wenn es nur dokumentieren soll, ob ein "nicht 
gesundheitsgefärdender Zustand" vorhanden war - also die Dokumentation 
erst im Nachgang ausgewertet wird, und es keine sicherheitsrelevanten 
Auswirkungen hat, wenn das Gerät versagt, so ist es ausreichend, wenn 
das Gerät funktioniert, bzw. die Haftungsfrage beschränkt sich dann wohl 
auf die Gewährleistungspflicht, wenn es einmal ausfällt.

Soll das Gerät allerdings die erste Funktion "überwachen" erfüllen (im 
Sinne, dass damit sicherheitsrelevante Funktionen der Anlage überwacht 
werden, um dann darauf manuell oder automatisiert in Echtzeit zu 
reagieren), dann muss das Gerät entsprechend der IEC 61508/DIN EN 
61508/VDE0803 entwickelt werden (Funktionale Sicherheit 
sicherheitsbezogener eletrischer/elektronischer/programmierbarer 
elektronischer Systeme). Dazu gehört dann wesentlich mehr, als "nur" 
eine EMV-Messung und USB-Zertifizierung. Die Norm hat 7 Teile mit 
zusammen rund 460 Seiten, da steckt also einiges 'drin. So als Anhalt: 
für einfache Steuergeräte gerne 500 - 1000 Stunden, für komplexere auch 
mal bis zu 10.000 Stunden Aufwand; so als Stichworte: Gefahren und 
Risikoanalyse, Safety Integritiy Level (SIL)-Einstufung, Induktive und 
Deduktive Analysen der Hard- und Software - FTA, FMEA, FMEDA -, 
Ausfallratenbestimmung Hardware, Redundanzen, Diagnosemöglichkeiten, 
Funktionsmonitoring, 3-Ebenen-Konzept, Tool-Qualifikation,...

Solltest Du aber als Entwickler von industriell eingesetzter Elektronik 
wissen, ansonsten hat Dein Betrieb versäumt, Dich entsprechend 
weiterzubilden. Zur persönlichen Haftung in dem Fall: Je nachdem wie 
Dein Dir vom Chef übertragener Entwicklungsauftrag war (entweder: "Bau 
mir ein Gerät mit dieser Funktion" oder "Entwickel ein Gerät für diese 
Anwendung mit allem was dazu gehört") bist Du entweder in der 
persönlichen Haftung (im zweiten Fall) oder nicht (im ersten Fall). Aus 
der persönlichen Haftung kommst Du, wenn Du - unter Hinweis auf die von 
Dir gesehene Problematik - um eine schriftliche Arbeitsanweisung 
bittest. In dem Fall tritt dann ein Organisationsverschulden ein, für 
den die geschäftsführenden Gesellschafter haften. Könnte aber ggf. böses 
Blut mit dem Chef geben (der will ja eventuell die Verantwortung auch 
nicht gerne übernehmen).

Schöne Grüße,
Martin

von Heinz (Gast)


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Danke für die Infos auf die IEC61508 bin ich heute auch schon gekommen.
Werde mir die Normen doch besorgen müssen und meinem Chef vorlegen 
müssen.

Das mit der schriftlichen Arbeitsanweisung ist mir auch schon gekommen; 
nächste Wocher kommt er aus dem Urlaub zurück. Das kann ja was werden.

Bezüglich Produkthaftung habe ich im Internet gefunden, das ich als 
Entwickler auch privat zur Kasse gebeten werden kann, falls die Firma 
den entstanden Schaden nicht mehr begleichen kann. Ob da dann eine 
schriftliche Anweisung meines Chefs, mit meinen persönlichen 
Haftungsausschlüssen ausreicht muss ich am WE mit einem befreundeten 
Anwalt abklären. Ich gebe dann Bescheid wenn ich mehr weiss.

Da ich ohnehin schon am Bewerbungen schreiben bin ist das ganze 
Hoffentlich nicht mehr lange mein Problem.....


Danke nochmals für die Hilfe

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