Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik OpAmp Schaltungen verstehen


von Thomas (Gast)


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Hallo,

wie geht man vor, wenn man verstehen will was diese Filter machen?

Die OpAmp-Grundschaltungen kenne ich.

Also Schritt 1 ist immer, davon auszugehen, dass die OpAmp-Eingänge 
gleiches Potential haben. Wenn einer der OpAmp-Eingänge auf GND oder 
Versorgungsspannung liegt, kann man als nächstes bestimmen, wie die 
Ausgangsspannung sein muss damit die Eingänge gleiches Potential haben.

Sobald aber Kondensatoren im Spiel sind komme ich nicht weiter...

von Helmut S. (helmuts)


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1. Wenn man die Schaltung selber gemacht hat, dann weiß man was die tut.
Dazu hat man in der Ausbildung gewisse Grundschaltungen gelernt.
Dazu gehören auch Filterschaltungen.

2. Lesen fremder Schaltpläne.
Eigentlich ist das erstmal Mustererkennung, speziell bei 
Filterschaltungen.
Dann erkennt man ja auch noch die Grundschaltungen. Von denen kann man 
gleich die Funktion als Formel hinschreiben falls nötig.

Ein erfahrener Schachspieler schaut aufs Spielbrett und erkennt und 
bewertet in Minuten die ganze Stellung.

Genauso ist das mit Schaltplänen. Auch hier hilft Erfahrung. Wenn man 
mal tausend Schaltungen verstanden hat. Dann genügen wenige Blicke um 
die Schaltung zu verstehen. Das analysieren kann natürlich länger 
dauern, da manche Schaltungen von den Grundstrukturen abweichen. Dann 
muss man die wirklich komplett selber berechnen, wenn es einen 
interessiert.

von Michael H. (michael_h45)


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Wichtig ist bei Schaltungen mit Rückkopplung immer, wie denn der Ausgang 
auf den/welchen Eingang rückwirkt.

Kondensatoren werden für hohe Frequenzen niederohmig.
Je höher die Eingangsfrequenz, desto stärker wirkt die Kopplung und 
zieht die Verstäkrung (mit R503) nach unten.

von Wolfgang H. (Gast)


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Ja, Thomas,

> wie geht man vor, wenn man verstehen will was diese Filter machen?

> Also Schritt 1 ist immer, davon auszugehen, dass die OpAmp-Eingänge
> gleiches Potential haben.

Das ist die Voraussetzung für einen stabilen Betrieb des OpAmp.

Ansonsten "mentale Simulation":
1. Zuerst den stabilen Grundzustand ohne Anregungen betrachten.
2. Dann am Eingang sich einen Spannungssprung vorstellen, oder einen 
Dirac-Puls.
3. Wie wirkt der auf den Eingang des OpAmp? Was bewirkt er an dessen 
Ausgang? Was über das Gegen/Rückkoppelnetzwerk wieder am Eingang?
Dazu wirst Du die R, C und L vielleicht in Zeitkonstanten umrechnen und 
ahnst so die Auswirkungen auf den zeitlichen Verlauf.

Schließlich aufbauen, Messgenerator anschließen und mit Oszi schauen, 
was da abläuft.

Ciao
Wolfgang Horn

von whatthe (Gast)


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Wolfgang Horn schrieb:
> Schließlich aufbauen, Messgenerator anschließen und mit Oszi schauen,
> was da abläuft.

oder wenn sich kein Oszi in deinem Besitz befindet, simulieren zB mit 
LTSpice, TINA, oä...
das hilft (mir) immer dann wenn man gedanklich nicht weiterkommt.

Zu deinem Problem: Für Gleichspannung ist ein Kondensator ein Leerlauf. 
das sollte dir weiterhelfen.

von Thomas (Gast)


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ja, Erfahrung und Mustererkennung, das hatte ich befürchtet.

LTSpice ist kostenlos sehe ich gerade... super :) Hätte ich ja nicht 
gedacht.

Also gut: Kondensator ist hochohmig für DC und der Widerstand nimmt ab 
mit wachsender Frequenz. Hätte ich selber wissen müssen, aber auf diese 
Formulierung mit dem Widerstand bin ich nicht gekommen.

Ich versuchs mal:

IC502A: (siehe Schaltung)

Aus Erfahrung weiß ich, dass es ein Transimpedanzverstärker mit 
Tiefpassfilter sein muss ;)
R501 legt die Verstärkung fest und C501 sorgt für geringere Verstärkung 
bei hohen Frequenzen.
Der Ausgangswert liegt zwischen 0 Volt und Versorgungsspannung.

C503 lässt nur Wechselspannung passieren und mit R507 wird der Nullpunkt 
auf 2,5 Volt gelegt.

IC501A:

Der OpAmp will dafür sorgen, dass an den + und - Eingängen dasselbe 
Signal anliegt, welches um 2,5 Volt schwingt.
Der Rückkopplungszweig besteht aus einem frequenzabhängigen 
Spannungsteiler nach GND.
Bei niedrigen Frequenzen ist C507 hochohmig -> an C507 und R506 fällt 
mehr Spannung ab -> mehr Gegenkopplung -> weniger Verstärkung ???
Hm also einen Hochpass erwarte ich hier nicht.

IC501C:

Der OpAmp hat direkte Gegenkopplung, arbeitet also bloß als 
Spannungsfolger. R504 und C505 bilden ein RC-Glied mit 1KHz 
Grenzfrequenz.
R503 und C502 sind mir schleierhaft.

von Helmut L. (helmi1)


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Thomas schrieb:
> R503 und C502 sind mir schleierhaft.

Das ganze ist ein Tiefpass 2. Ordnung in Sallen-Key Struktur.
Ob das jetzt ein Bessel,Butterworth oder Tschbyscheff Filter ist haengt 
von den Verhaeltnissen der Kondensatoren und Widerstaende ab ebenso die 
Grenzfrequenz.

Thomas schrieb:
> Sobald aber Kondensatoren im Spiel sind komme ich nicht weiter...

Im Frequenzbereich schreibst du fuer den Kondensator 1/jwc an in deiner 
Ubertragungsfunktion im Zeitbereich muss du dafuer leider eine DGL 
aufstellen und loesen.

von Thomas (Gast)


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Helmut Lenzen schrieb:
> Im Frequenzbereich schreibst du fuer den Kondensator 1/jwc an in deiner
> Ubertragungsfunktion im Zeitbereich muss du dafuer leider eine DGL
> aufstellen und loesen.

OK, bin da wohl etwas naiv rangegangen. Mal ne andere Frage: Wie heißen 
denn die Lehrveranstaltungen im E-Technik-Studium in denen man sowas 
lernt? Also Stichworte Zeitkonstante, Übertragungsfunktion, 
Sprungantwort usw.
Vielleicht lade ich mir mal ein paar Skripte dazu runter.

von Arsch G. (arschgwaf)


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Also bei mir hieß die "Schaltungstechnik" ;)

von Hugo W. (Gast)


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Wir hatten sowas in:
Regelungstechnik, Entwurf analoger Schaltungen und Systemtheorie.

Systemtheorie/Regelungstechnik wenn Du auch Schaltvorgänge 
berücksichtigen willst/musst (da geht es dann aber schon ziemlich 
mathematisch zu).

Elektronik/Entwurf analoger Schaltungen wenn eher nach Mustern 
gearbeitet wird und lediglich das Bode-Diagramm und Grezfrequenzen 
interessant sind...

Grüße

von Michael H. (michael_h45)


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Das sind Basics, die macht man immer wieder. Signal[theorie, lehre], 
Schaltungstechnik, System[theorie,  lehre], (elektronische) 
Regelungstechnik usw.

Aber ich glaube das, was du suchst, wäre ein gutes Buch über 
Filterschaltungen. Und da kann ich den Lunze empfehlen!

von Klaus S. (Gast)


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Du nimmst die 3 goldenen Regeln für (ideale) Operationsverstärker her:
- U+ = U-
- Eingangswiderstand = unendlich (d.h. es fleisst kein Strom hinein)
- Ausgandswiderstand = 0

Dann zählt nur noch die äussere Beschaltung, deren Übertragungsfunktion, 
also Ua/Ue, kannst du mit Maschen- und Knotenregel aufstellen.

Gruß Klaus

von Michael H. (michael_h45)


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Das ist die akademische Methode.
Verständnis bringt die aber in meinen Augen weit weniger als 
Methode-scharfes-Hinschaun.

von Timm T. (Gast)


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Thomas schrieb:
> IC501A:
> Hm also einen Hochpass erwarte ich hier nicht.

Doch, da soll nur die Wechselspannung vom TIA verstärkt werden.

Für Gleichspannung => C unendlich, Gain = 1
Für Wechselspannung hoher Frequenz => C klein, Gain 180k / 10k = 18

Das macht im Prinzip jeder einfache Audioverstärker so...

Grenzfrequenz => müsste man mal rechnen, oder in Switcher Cad 
simulieren. ;-)

von Lukas K. (carrotindustries)


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von Ulli N. (Gast)


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Michael H. schrieb:
> Das ist die akademische Methode.
> Verständnis bringt die aber in meinen Augen weit weniger als
> Methode-scharfes-Hinschaun.

Ich finde, das kommt auf die Sichtweise an. Die "akademische" Version 
mit den 3 goldenen Regeln funktioniert ja ohnehin nur, solange der OP 
als spannungsgesteuerte Spannungsquelle arbeitet, also die Gegenkopplung 
die Eingangsimpedanz um die Schleifenverstärkung erhöht und die 
Ausgangsimpedanz um denselben Faktor verringert wird. Das ist bei den 
Grundschaltungen (praktisch) immer erfüllt. Das gibt dem Anfänger aus 
meiner Sicht einen "einfachen" Zugang mit Mitteln, die er kennt 
(Maschen- und Knotenregel) und nachvollziehen kann.
Bei stark nichtlinearen Schaltungen oder Kippschaltungen, sieht das 
Ganze ja schon ganz anders aus. Dann sind die goldenen Regeln ja auch 
nicht mehr ohne Weiteres anwendbar. Aber wenn er (der Anfänger) dazu 
kommt, hat er über die Vereinfachung mit den idealen Bedingungen bereits 
einen Zugang zum Thema gefunden, den er verstanden hat und 
nachvollziehen kann.
Ich gebe zu, daß ich Berufschullehrer bin, aber ich habe bei der 
Technikerausbildung mit dieser Methode gute Erfahrungen gemacht :-)

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