Forum: Ausbildung, Studium & Beruf Assessment-Center und der Krux mit begabten Ingenieuren


von movb (Gast)


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Hallo Zusammen!

Ich habe in meiner berufliche Karriere einige hochbegabte Ingenieure 
kennengelernt, welche aber mit Sicherheit durch jedes Schema-F 
Assessment Center Ankreuzspielchen durchfallen würden. Sie finden 
oftmals in kürzester Zeit äußerst gute Ansätze und schaffen es auch, 
diese in reale Applikationen zu integrieren. Hierbei überwiegt meines 
Erachtens die Kreativität und das Fachwissen welches sie sich in 
kürzester Zeit aneignen (ich kann das selbst nur sehr schematisch) 
Solche Leute trifft man hie und da, aber niemals in den großen Konzernen 
wie Bosch, Daimler, Audi, etc.


Habt ihr im eurem Umfeld solche Leute? Wenn ja, wie sind seht ihr das?

von Christian B. (casandro)


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Die Frage ist, ob solche Leute überhaupt in einem Unternehmen arbeiten 
wollen, in dem Assessment Centers verwendet werden.

Ich hab mal von einem renomierten Informatiker gehört, der mal von 
Google angeworben werden sollte. Der hat sich dann geweigert Code für 
den automatisierten Bewerbungsprozess abzugeben.

von Dirk (Gast)


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movb schrieb:
> Solche Leute trifft man hie und da, aber niemals in den großen Konzernen
> wie Bosch, Daimler, Audi, etc.
>
>
> Habt ihr im eurem Umfeld solche Leute? Wenn ja, wie sind seht ihr das?

Sehe ich nicht so. Die Fachpositionen werden in den Konzernen meist ohne 
Assessment Center vergeben.

von Wilhelm F. (Gast)


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Früher fuhr man da mal zum Ausflug mit der ganzen Familie hin.

Ach, nee, halt, das hieß glaube ich Zoo. ;-)

von Robocash (Gast)


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WBS-Training u.a. machen Weiterbildung mit Online-Kursen für das 
Arbeitsamt. Gleichfalls online, manchmal auch mit Papier, absolviert man 
dort vor dem Preisangebot einen Logiktest, der einem IQ-Test ähnlich 
ist, der dort aber nicht so heißen soll. Das Arbeitsamt versucht dann 
sehr viel, um den Kurs nicht genehmigen zu müssen.

In der Technikerausbildung machten wir einen Assesment-Trockentest. 
Dieser Test verfolgte betriebswirtschaftliche Ziele. Es war weder 
Kulturelles in der Technik noch erfinderischer Mehrwert gefragt. Der 
Kursleiter wollte, dass das Produkt und die aufgewendete Arbeitszeit 
höchstens so hoch waren, dass das Produkt die Mindestanforderungen 
erfüllte. Außerdem beobachtete der Kursleiter das Verhalten der 
Probanden. Hier ging es wohl darum, dass wir uns möglichst unauffällig 
verhalten sollten.

von Klaus R. (klaus2)


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...glaube mr, auch in den großen Konzernen gibt es die. Absolute 
Überflieger, wirkliche "Macher", die sich richtig reinknien - aber wehe, 
du lässt die auf (unvorbereitete) Kunden (aka "Zulieferer") los, das 
geht in die Hose. Wenig bis keine Sozialkompetenz, keine Projektbrille 
auf. Aber die gesunde Mischung aus den Überfliegern und den Projektlern 
(tech Ings mit den fehlenden softskills) klappt dann wunderbar.

Klaus.

von Rainer (Gast)


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Robocash schrieb:
> Es war weder
> Kulturelles in der Technik noch erfinderischer Mehrwert gefragt. Der
> Kursleiter wollte, dass das Produkt und die aufgewendete Arbeitszeit
> höchstens so hoch waren, dass das Produkt die Mindestanforderungen
> erfüllte.

Das ist doch immer und überall die Zielstellung.
Nach DIN EN ISO 8402 ist Qualität "die Gesamtheit von Merkmalen einer 
Einheit bezüglich ihrer Eignung, festgelegte und vorausgesetzte 
Erfordernisse zu erfüllen." Mit anderen Worten: wenn der Kunde ein 
Lastenheft vorlegt in denen ein bestimmtes Maximalgewicht und ein 
spezifischer Entstörgrad vorgeben ist, dann habe ich nichts davon wenn 
ich zusätzliche Manpower aufwende um die Anforderungen zu unter- bzw. zu 
übertreffen. Die Anforderungen müssen erfüllt werden und der Preis hat 
möglichst niedrig sein. Nur wenn das klappt, hat eine Firma auch 
finanziellen Möglichkeiten sich regelmäßige Ideenworkshops o.ä. zu 
leisten. Erst die Pflicht, dann die Kür.

von Inschenör (Gast)


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habe gestern ein telefonisches bewerbungsgespräch gehabt
ein headhunter hat mich zu denen vermittelt

frage: wieso haben sie sich bei uns beworben?
ich: hab ich nicht, ihr headhunter hat gesagt, ich soll mich melden

frage: arbeiten sie lieber im team oder lieber alleine?
ich: arbeiten ihre leute als team? wenn ja, dann ja, wenn nein, dann 
alleine

frage: wieviel möchten sie verdienen?
ich: soviel, dass ich die gewissheit habe, einen gut bezahlten jbo zu 
haben

frage: können sie sich vorstellen, auch weniger zu bekommen, wenn sie 
spass am job haben?
ich: ich kann mir vorstellen, dass ich spass im job habe und der noch 
grösser wird, wenn das geld stimmt

frage: glauben sie, dass sie mir ihrer antwortstrategie erfolg haben?
ich: glauben sie, dass sie mit ihrer fragestrategie zu ingenieuren 
kommen?

so ging das noch 15min hin und her und am ende habe ich aufgelegt, war 
mir einfach zu blöd

solche überkandidelten personalheinis gehen mir mächtig auf den sack

von Dirk (Gast)


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Inschenör schrieb:
> so ging das noch 15min hin und her und am ende habe ich aufgelegt, war
> mir einfach zu blöd
>
> solche überkandidelten personalheinis gehen mir mächtig auf den sack

Tja, da hat wohl einer wenig Sozialkompetenz. Warum soll die 
Personalabteilung solche Fragen denn nicht stellen?
Wenn Dich z.B. deine Freundin frägt, warum Du sie gewählt hast, sollte 
auch mehr kommen als "nur wegen der Möpse".. ;-)

von Timm T. (Gast)


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Dirk schrieb:
> Warum soll die
> Personalabteilung solche Fragen denn nicht stellen?

Weil die ausnahmsweise was von ihm wollen. Und da müssen sie mal bißchen 
mehr bieten, als ihren Standardfragebogen abzuhaken.

movb schrieb:
> Habt ihr im eurem Umfeld solche Leute?

Im Umfeld? Ich bin so einer... ;-)

von honk1 (Gast)


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Ich habe solche Assementcenter aus Interesse schon mehrmals mitgemacht, 
einmal bei einer grossen Unternehmensberatung, einmal bei einem grossen 
Konzern.

Wie man damit gute Leute finden will, ist mir schleierhaft. Da wird die 
Schablone mit zweifelhaften Kriterien angesetzt und alles was durchs 
Raster fällt passt nicht.
Nicht umsonst sind diese Assessementcenter bei einigen grossen Firmen 
(angeblich) auf dem absteigenden Ast.
Bei AC für BWL-artige Berufe sind die Kriterien noch dämlicher, der 
reinste Affenzirkus.

Wenn eine Firma anhand eines AC sein Personal auswählt würde ich dort 
nie anfangen. Dort wird per Doktrien gehandelt, egal wie schwachsinning, 
nicht nach Vernunft.

M.M. ist dieser AC-Müll nur eine Ausgeburt von Schmarotzertum das sich 
zwischen Bewerber und Unternehmen breit gemacht hat. Der reinste Voodoo.
Weil gerade passt und aktuell ist:
http://www.spiegel.de/karriere/berufsstart/0,1518,791225,00.html

von Wolfgang H. (Gast)


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Hi, honk1,

> M.M. ist dieser AC-Müll nur eine Ausgeburt von Schmarotzertum
Dann schau genauer auf die Ursachen und auf die Absichten dahinter.

Erstens muss man eine Klage wegen Diskrimierung vermeiden.
Zweitens nimmt der Anteil der Manager ab, welche bereit sind, die Folgen 
von Fehlentscheidungen zu tragen.
Drittens will sich die einstellende Führungskraft den (unbeweisbaren) 
Einfluss erhalten, das AC nur als Lautsprecher seines "Bauchgefühls" zu 
verwenden. Das halte ich auch für so legitim, wie das persönliche 
Vertrauen zwischen Chef und Mitarbeiter wichtig ist für den gemeinsamen 
Erfolg.
Viertens wollen die Psychologen auch bezahlt werden.

Aus diesem Gemenge an Interessen kann nur Krampf draus werden.

Ich lobe diejenigen Führungspersönlichkeiten, die sagten: "den will 
ich!" und sich dann auch nicht scheuten, ihre Entscheidung in Wahrheit 
umzusetzen.

Ciao
Wolfgang Horn

P.S. Den Spiegel-Artikel gerade gelesen. Der Wahnsinn in der Methode: 
Gute Mitarbeiter kriegt man sowieso nicht vom Arbeitsmarkt, sondern man 
nimmt sich einen guten, der lernwillig ist, und dann macht man ihn sich 
zum besten Mitarbeiter.
Dieser Prozess beginnt aber mit Vertrauen. Nicht mit dem Misstrauen 
einer "Hintergrund-Abfrage".

W.H.

von Dirk (Gast)


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Timm Thaler schrieb:
> Dirk schrieb:
>> Warum soll die
>> Personalabteilung solche Fragen denn nicht stellen?
>
> Weil die ausnahmsweise was von ihm wollen. Und da müssen sie mal bißchen
> mehr bieten, als ihren Standardfragebogen abzuhaken.

Ja, aber die Firma will auch was vom Bewerber. Was ist an einer Frage, 
die auf die Motivation für die Bewerbung bei Firma X abzielt, so 
verkehrt?

Viele Firmen, v.a. größere Konzerne, können sich ihre Mitarbeiter nach 
wie vor aussuchen.

von Mark B. (markbrandis)


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movb schrieb:
> Ich habe in meiner berufliche Karriere einige hochbegabte Ingenieure
> kennengelernt
> [...]
> Solche Leute trifft man hie und da, aber niemals in den großen Konzernen
> wie Bosch, Daimler, Audi, etc.

Das ist natürlich Unsinn - auch in großen Konzernen gibt es solche 
Leute.

Auf der anderen Seite vom Flur hier sitzt ein Dr.-Ing. Maschinenbau, den 
kann man alles fragen, von einfach über mittelschwer bis 
hochkompliziert. Man erhält in jedem Fall mindestens eine Viertelstunde 
lang kompetente Antwort - auch wenn zwei Minuten genügt hätten. ;-)

von Robocash (Gast)


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Mechatronic AG in Darmstadt 2010:
=================================

Die DIS-AG wirbt dich an und du fährst mit einem von denen in die 
Mechatronic AG ("rein kommen nur die besten"). Dort habt Ihr zwei 
Interviewpartner:

Der fachliche Interviewer stellt natürlich Fachfragen. Davon hat die 
DIS-Person als BWLer keine Erfahrung, schnappt nur Worthülsen auf und 
beobachtet dich als Menschen.

Die Personalerin bittet dich, zehn deiner persönlichen Eigenschaften auf 
einen Zettel zu schreiben, will den Zettel aber von dir nicht haben. Im 
Anschluss sollst du alle zehn Eigenschaften einzeln mündlich begründen.

von Michael L. (Firma: Desert Irrigation Systems) (overingenieur)


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Robocash schrieb:
> Die Personalerin bittet dich, zehn deiner persönlichen Eigenschaften auf
> einen Zettel zu schreiben, will den Zettel aber von dir nicht haben. Im
> Anschluss sollst du alle zehn Eigenschaften einzeln mündlich begründen.

Wer denkt sich nur sowas aus.

Was will man da schon sagen?

1. Teamfähigkeit
Hängt von den bisher erlebten Teams ab - muss nicht für neue Teams 
gelten..

2. Führungsstärke
Außer ich habe Betonköpfe im Team.

3. Entscheidungsfreudigkeit
Außer man wird gefesselt..

4. Flexibilität
Aha..

5. Gute Auffassungsgabe
Außer man ist überfordert oder gelangweilt.

6. Offenheit
Wenn man ständig auf der backstage rumhängt - kann gefährlich sein..

7. Überblick
Außer man ist neu im Thema...

8. Belastbarkeit
Solange bis man die Lasten für schwachsinnig hält oder man mit 
Überstunden fertig gemacht wird.

9. Sozialkompetenz
Kann man sich immer einbilden.

10. Gelassenheit
Mich bringt nichts aus der Ruhe, auch nicht das der Standort geschlossen 
wird wenn ich das Projekt an die Wand fahre..

Aha.

Also was wollen die hören??

von Wolfgang H. (Gast)


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Hi, Michael,

> Wer denkt sich nur sowas aus.
> Also was wollen die hören??

"Ein Fürst, der nicht weise ist, kann auch niemals weise beraten 
werden."  (Niccolò Machiavelli, Der Fürst)


> 1. Teamfähigkeit - 2. Führungsstärke...

Der grundlegende Fehler in diesem System ist das "Hexensyndrom".
Denn Schönheit und Hexe sind weniger Eigenschaften der Person, sondern 
Zuschreibungen der Dorfdeppen. Diese Zuschreibungen beruhen zum Teil 
sicher auf Merkmalen der beobachteten Person, aber gerade solche wie 
"der ist böse!", "der ist ein Möchtgern-Diktator" oder "ich bin nicht 
nur gut, sondern der Beste der Welt!" beruhen sehr viel stärker auf den 
Äbsichten der Urteilenden.
"Ich mißtraue jedem Urteil, das in einer Angelegenheit gefällt wird, 
welche die Intseressen des Urteilenden berührt." (Herzog von Wellington)


So ein Dorfdepp, allerdings einer der studierten Sorte, verlangt solche 
Zuschreibungen auf sich selbst? Das ist allergrößter Quatsch, eine Folge 
dieser Ursache: "Trennung von Personalverantwortung und 
Personalbeurteilung" im Zuge ungeschickter Arbeitsteilung:
a) Wenn der Personalverantwortliche über einen Einzustellenden urteilt, 
dann hat er ein Interesse, dass sein Urteil auch wahr wird. Deshalb wird 
es eher wahr.
b) Wird das Urteil aber an eine andere Person übertragen, an einen 
Personalverleiher oder ein Gremium im Assessment Center, dann urteilen 
die lieber so, dass ihnen persönlich kein Vorwurf gemacht werden kann.
Urteile vom Typ b) ergehen im Zweifelfalle eher gegen den Kandidaten, im 
Fall a) eher für ihn.

Die Aufforderung zur Zuschreibung auf sich selbst ist pure Dummheit. 
Vielleicht hat der Frager sogar eine Kuppel-Software "Teamformung" 
gekauft, was die Dummheit zum Dogma veredelt und jede Kritik als 
Ketzerei verdammt.

Zum Konstruktiven. Was würde ich auf solche Fragen wie 
"Durchsetzungsfähigkeit" und "Teamfähigkeit" wohl antworten?
(Alle diese Dorfdeppen-Urteile beruhen auf Fähigkeiten der beobachteten 
Person.)
Daher kann ich antworten: "Den durchsetzungsfähigen Diktator kann ich 
genauso spielen wie den harmoniesüchtigen, kritik- und ideenlosen, 
teamfähigen Mitläufer in einer Neuauflage des Nationalsozialismus. Es 
ist nur die Frage des Könnens, was der Vorgesetzte will, und der 
Bezahlung."


Ciao
Wolfgang Horn

von Gästchen (Gast)


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Hallo.

Wie schon erwähnt werden Fachpositionen für Großkonzerne eher ohne 
Assesment-Center aufgeführt. Mit Assessent-Center werden oft 
BWL-ler-Positionen begleitet wobei sich die Firmen durch diesen Quatscht 
oft ins eigene Bein schiessen. Durch Assesment-Center wird erhofft 
gehorsame Roboter zu finden die jede Frage ohne Verzögerung und mit 
eiskalter Miene beantworten. D.h. da kommen oft Menschen mit 
unmenschlichen Eingenschaften durch: ein prima Filter für Psychopathen 
die z.B. einen Satz ohne Probleme ein Tausend Mal wiederholen können. 
Mit solchen Leuten haben sie später ein großes Problem: es gibt 
regemäßig den gleichen Mob und gleiche Konflikte die sich periodisch 
wiederholen. Alles schön hinter dem Deckmäntelchen der Arrangements und 
des Ehrgeizes. Hab schon solche Situationen selbst erlebt: ganz schön 
stressig solche "Leute" in der Nähe zu haben.

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