G. schrieb:> Wer von euch macht Überstunden / Nachtarbeit?
In meiner Wehrdienstzeit 1981 arbeitete ich an den freien Tagen in einer
kleinen Dorfschlosserei. Ich hatte beim Militär viele Wochenenddienste,
dafür aber oft 3 Wochentage am Stück frei.
In der Dorfschlosserei arbeitete ich damals auf 390DM-Basis, das ist
heute etwa der 400€-Job, bekam dort 10DM die Stunde netto raus. Das war
für Hilfsarbeit ganz manierlich, und ich schätze die damaligen 10DM etwa
auf den Wert von heute 15€.
Ich konnte meine Zeit in der Schlosserei selbst bestimmen. Nur sollte es
doch schon immer ein ganzer Arbeitstag sein. Öfter gab es auch mal
Nachtschichten, denn nachts mußten kleine Alu-Teile in einem für das
Eloxalwerk gerechten Rahmen verschraubt werden, und die mußten morgens
früh gleich weg.
Meine Arbeitszeit konnte ich auch selbst bestimmen, ob ich da
Nachtschichten machen wollte. Jedenfalls gab es für jede Stunde gleich
bares Geld. Und das konnte ich ja gut gebrauchen, weil der Wehrdienst
mit seinen 230DM nichts her gab.
Bei manchen verpuffte der Wehrsold sofort nach der monatlichen
Auszahlung im Pokerspiel. Wir hatten da ein paar Fabrikantensöhne in der
Kompanie. Im Geldumgang waren das richtige Schweine.
> Wer arbeitet schon mal 12h am Stück?
Die Schicht dauerte schon mal 16 Stunden. Z.B. von 14 Uhr bis 6 Uhr.
Aber, wie gesagt, freiwillig.
Aber das war nachts ganz nett, man konnte Kaffee kochen gehen, und die
Jungs vom Dorf kannten sich alle. Eigentlich wie eine ausgelagerte
Kneipe, nur ohne Bier. ;-) Vor allem gab es nichts von der Hektik des
Tages.
Der Wilhelm hat ein Talent das immer so gelassen und cool zu bringen,
daß es sich sehr harmonisch und friedlich anhört.
Wenn man das als Auch-Gedienter, auf der anderen Seite des eisernen
Vorhanges, heute so liest oder hört: der Kapitalismus (Westen) bis zur
Wiedervereinigung muß doch das blanke Fast"Paradies" gewesen sein!
Beim VEB Gleichschritt = NVA lief das ganz anders ab > Wachdienst am
Wochenende, Pech gehabt, war ja sowieso mehr als 70% in
Gefechtsbereitschaft am Standort in der Kaserne.
Wenn man da so an seine eigene Zeit, v.a. in der Ausbildung auf der
"Insel" zurückdenkt, das war zeitweise selbstmörderisch >
Sicherheitsperiode über mehrere Wochen > naträglich Danke lieber Staat
DDR.
Zeitweise kein 2 Std. in der Nacht geschlafen, oder dazu gekommen: 2
Std.Wache + 2 Std.Bereitschaft + 2 Std."Nachtruhe", auf einer
Holzpritsche.
Dafür dann so todmüde am nächsten Tag, daß man im Postenbereich, während
des Wachdienstes im Stehen schon eingeschlafen ist. Immer dann wieder
geweckt, wenn der Stahlhelm auf den Lauf der MPI aufschlug, Dong unter
der Blechschüssel.
Dann noch an nebenbei in der Freizeit an Arbeiten denken, das Erstere
gab es so nicht, und das Zweite war ja von staatswegen für alle in
"Vollbeschäftigung" bestens geregelt.
Wenn Urlaub oder Freigang, dann war das bitter nötig, zur Erholung, oder
für Manche zur Sau raus lassen.
Nur heute hat man ganz andere Feindbilder, als die von Früher.
MINTi schrieb:> Was der Willem doch schon alles gemacht hat:-)
Der Willem hat früher nie auf der faulen Haut gelegen, und ist ja auch
schon etwas älter. Heute hat er aber die Schnauze gelegentlich von
faulen schlechten Kompromissen und Roßtäuschereien am Arbeitsmarkt voll.
Franz schrieb:> Der Wilhelm hat ein Talent das immer so gelassen und cool zu bringen,> daß es sich sehr harmonisch und friedlich anhört.
Das ist er im Grunde auch. Der Wilhelm ist auch nicht grundaggressiv,
aber ein wenig von den heutigen Arbeitsmarktentwicklungen enttäuscht.
> Zeitweise kein 2 Std. in der Nacht geschlafen, oder dazu gekommen: 2> Std.Wache + 2 Std.Bereitschaft + 2 Std."Nachtruhe", auf einer> Holzpritsche.> Dafür dann so todmüde am nächsten Tag, daß man im Postenbereich, während> des Wachdienstes im Stehen schon eingeschlafen ist. Immer dann wieder> geweckt, wenn der Stahlhelm auf den Lauf der MPI aufschlug, Dong unter> der Blechschüssel.
Jep. Exakt so war das bei mir im goldenen Westen. Wache 2 Stunden,
Bereitschaft 4 Stunden, in mehreren Folgen hintereinander.
Wochenschichten ohne Durchschlafen am Stück. Daher kommen auch
gelegentlich die 3 freien Tage in der Woche. Und dann ging es in die
Schlosserei. Geld verdienen war wichtiger als Erholung. Mit 20 verträgt
man das auch noch. Ach, wenn ich mal vom Wehrsold absehe, war die Zeit
auch ganz nett. Immerhin war die Verpflegung beim Bund brauchbar, am
besten der Frühstückskaffee und frische Brötchen, und nur Butter. Habe
da in 15 Monaten auch 5kg zugelegt, die ich hinterher nie mehr so
wirklich richtig los wurde. Mehr brauchte ich damals gar nicht. Und die
Schlosserei war für ein besseres Auto, als die alte Schrottmühle, die
ich hatte. An Rentenvorsorge und Hausbau denkt man mit 20 nicht. Ist
auch OK.
Zuckerle schrieb im Beitrag #2398066:
> die Grenzen auf waren mußtest ihr feststellen daß das was die euch> erzählten, über das bescheidene, eigentlich alles stimmte.
FULL ACK.
DAS habe ich auch schon festgestellt.
asd
Es gibt das Arbeitszeitschutzgesetz.
Wenn Du nach 12h Arbeit ohne angemessene Pausen auf dem Weg nach Hause
einen Unfall hast, möchte ich nicht in der Haut Deines Chefs stecken.
Die Berufsgenossenschaft wird ihm nicht nur die
Hölle heiss machen, sondern auch in seinen persönlichen Geldbeutel
greifen.
Und zu Recht.
Zuckerle schrieb im Beitrag #2398134:
> Du mußt mal deinen Horizont erweitern! Deine Gesetze gelten vielleicht> in Deutschland und da nur vielleicht.
Kommt drauf an wo der Stammsitz deines Arbeitgebers ist. Ist der in D
und du malochst in Asien, gilt deutsches Recht.
Zuckerle schrieb im Beitrag #2398134:
> Wo? In Indien? Wen interessiert denn das? Spätestens an der Grenze zur> BRD> ist damit schluß.
Das interessiert z.B. die Berufsgenossenschaft auch wenn du im Ausland
bist.
Zuckerle schrieb im Beitrag #2443979:
>> Autor: Michael S. (technicans)>> Datum: 28.10.2011 14:06>>> Kommt drauf an wo der Stammsitz deines Arbeitgebers ist. Ist der in D>> und du malochst in Asien, gilt deutsches Recht.>> Quatsch!
Das ist kein Quatsch.
Es wird wohl darauf hinauslaufen was der Zuckerle in Asien anstellt.
Wenn er von den Behörden vor Ort kassiert wird, wird er auch von denen
verknackt, aber nicht alle Rechtssysteme sind gleich oder werden gleich
ausgelegt. Wenn er vor Ort noch davon kommt, kann er hier schon Ärger
bekommen. Unfallverhütungsvorschriften nach deutschem Recht werden
eben nur bei uns beachtet.
Zuckerle schrieb im Beitrag #2398066:
> gehört was der Kapitalismus doch für ein bescheidenes System ist und als> die Grenzen auf waren mußtest ihr feststellen daß das was die euch> erzählten, über das bescheidene, eigentlich alles stimmte.
Ja, leider. Beim VEB Gleichschritt spottete mal ein Offizier, das wir
(NVA) Freitags abends ohne Gegenwehr in die Bundesrepublik
einmarschieren können und die Soldaten der Bundeswehr merken vermutlich
Montag früh, wenn sie aus dem Wochenende kommen nicht mal, dass eine
andere Fahne am Mast hängt. Zu dem Zeitpunkt habe ich das für Quatsch
gehalten. Erst als ich ein paar Jahre später meinen Bruder bei der
Bundeswehr besuchte, musste ich feststellen, das der Offizier damals
sowas von Recht hatte.
Als jemand der im Westen gedient hat kann ich nur sagen, dass wir
ziemlich klare Vorstellungen von der Aufgabe der Bundeswehr hatten: Den
Feind an der Grenze so lange aufhalten, bis richtige Armee kommt. Und
das mit dem Aufhalten auch nur, wenn es sich gar nicht vermeiden ließ.
Der mit der DDR befreundete große sozialistische Bruder hatte ja den
Plan innerhalb von drei Tagen mit seinen Panzern am Rhein zu stehen und
Berlin stand auf der ToDo-Liste wohl mit einem Tag. In der Zeit wären
wir noch damit beschäftigt gewesen die Papiere für die Freigabe der
Munition auszufüllen.
Zuckerle schrieb im Beitrag #2444421:
> Vielleicht solltest du mal eine Tätigkeit anstreben die etwas> anspruchsvoller ist als Hartz-4 Anträge auszufüllen und sich alle 4> Wochen auf dem Arbeitsamt zu melden.
Das mache ich ja schon erfolglos. Antanzen muss ich nur zwei mal im
Jahr.
> Dann kannst du die tatsächlichen Sachverhalte im Arbeitsleben mit> Sicherheit besser beurteilen. Im Augenblick Philosophierst du nur und> kennst die Themen über die hier im Forum geredet wird bestenfalls aus> der Bildzeitung.
Erst mal Bild lesen. Da begnüge ich mich mit der HAZ.
Ein bisschen Berufserfahrung kannst du mir ruhig zugestehen.
> Nun ja, vor der Wiedervereinigung habt ihr von euren Parteibonzen> ständig> gehört was der Kapitalismus doch für ein bescheidenes System ist und als> die Grenzen auf waren mußtest ihr feststellen daß das was die euch> erzählten, über das bescheidene, eigentlich alles stimmte.
Das sehe ich nicht so!
Ende der 80er-Jahre war die Welt, verglichen mit dem heutigen Chaos, der
Panik und der ständigen Krisen, noch total in Ordnung. Ich war zwar fast
noch pubertierend, aber dennoch kann ich mich noch gut an die Zeiten
erinnern. In der Bundeswehr verschwendete von den W15-ern niemand auch
nur einen Gedanken daran, tatsächlich mal in einen militärischen
Konflikt zu geraten.
Im Vergleich zu heute waren die Arbeitsplätze sicher, auch wenn das
aufsteigende Japan schon ein ungutes Gefühl auslöste bei den
Arbeitnehmern in D. Ende der 80er konnte man noch sicher sein, dass das
hart ersparte Geld auch morgen noch etwas wert ist. Auch die
Gewaltbereitschaft unter Jugendlichen und die Verrohung der Gesellschaft
war vergleichen mit heute völlig harmlos. Ende der 80er konnte sich auch
noch ein Normalsterblicher ein Haus bauen, ohne sich wegen der
(aktuellen) Horrorpreise auf dem Immobilien- und Grundstücksmarkt bis
zum Lebensende bis über beide Ohren zu verschulden. Ja, es war eine
schöne Zeit. Und nein, das ist nicht das typische "früher war alles
besser". Mein Vater konnte damals die fünfköpfige Familie versorgen, es
waren bescheidene Urlaubsreisen möglich, und nebenbei haben meine Eltern
noch ein nettes Häuschen gebaut. Das wäre heute niemals mehr möglich.
Deutschland schlitterte nicht, wie in den letzten Jahren, von einer
Krise in die nächste, mit stets größerem Gefahrenpotenzial.
Also ich sage: ja, bis Mitte der 90er hatte wir hier in D das Paradies.
Zuckerle schrieb im Beitrag #2443979:
>> Autor: Michael S. (technicans)>> Datum: 28.10.2011 14:06>>> Kommt drauf an wo der Stammsitz deines Arbeitgebers ist. Ist der in D>> und du malochst in Asien, gilt deutsches Recht.>> Quatsch!http://dejure.org/gesetze/Rom-I-VO/8.html
"Artikel 8
Individualarbeitsverträge
(1) Individualarbeitsverträge unterliegen dem von den Parteien nach
Artikel 3 gewählten Recht. Die Rechtswahl der Parteien darf jedoch nicht
dazu führen, dass dem Arbeitnehmer der Schutz entzogen wird, der ihm
durch Bestimmungen gewährt wird, von denen nach dem Recht, das nach den
Absätzen 2, 3 und 4 des vorliegenden Artikels mangels einer Rechtswahl
anzuwenden wäre, nicht durch Vereinbarung abgewichen werden darf.
(2) Soweit das auf den Arbeitsvertrag anzuwendende Recht nicht durch
Rechtswahl bestimmt ist, unterliegt der Arbeitsvertrag dem Recht des
Staates, in dem oder andernfalls von dem aus der Arbeitnehmer in
Erfüllung des Vertrags gewöhnlich seine Arbeit verrichtet. Der Staat, in
dem die Arbeit gewöhnlich verrichtet wird, wechselt nicht, wenn der
Arbeitnehmer seine Arbeit vorübergehend in einem anderen Staat
verrichtet."