Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Problem mit NE555 und Astabiler Kippstufe


von Torch M. (thelightener)


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Hallo,

im Anhang ist das LTSpice-Modell meiner astabilen Kippstufe zu sehen, 
wobei P1 und P2 einen Poti simulieren. Die Strompfade zum Laden und 
Entladen des Kondensators C2 sind über die Dioden D1 und D2 festgelegt. 
Aus der Literatur ist zu entnehmen, dass sich die Lade- und Entladezeit 
des Kondensators C2 nach: ln2*C2*(Summe der Widerstandswerte des 
entsprechenden Strompfades) berechnet, allerdings hat diese Formel 
(scheinbar) nur Gültigkeit bei der Verwendung reiner Widerstände, also 
nicht wie in meinem Fall mit Dioden. Meine errechneten Werte der Lade- 
und Entladezeit weichen beide um ca. 20% von der Simulation ab, was nur 
an den Dioden liegen kann. Ich möchte gerne wissen, aus welchem Grund 
die Dioden meine Ergebnisse so stark abweichen lassen und ob eine 
Möglichkeit besteht, diese Abweichung aufgrund der Dioden rechnerisch in 
die obige Formel einzubeziehen.

MfG
Torchlight

: Verschoben durch Admin
von Falk B. (falk)


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@  Torge Christ (Firma: HAWK) (thelightener)

>(scheinbar) nur Gültigkeit bei der Verwendung reiner Widerstände,

Ja.

> also nicht wie in meinem Fall mit Dioden.

Nein.

> Meine errechneten Werte der Lade-
>und Entladezeit weichen beide um ca. 20% von der Simulation ab, was nur
>an den Dioden liegen kann.

Ist auch so.

> Ich möchte gerne wissen, aus welchem Grund
>die Dioden meine Ergebnisse so stark abweichen lassen

Weil die Flußspannung der Dioden schon relativ groß ist im Verhältnis 
zur 5V Betriebsspannung. Simulier mal mit 15V, dann wird der Fehler 
kleiner.

>und ob eine
>Möglichkeit besteht, diese Abweichung aufgrund der Dioden rechnerisch in
>die obige Formel einzubeziehen.

Rechne x 0,8 ;-)

MFG
Falk

von Hubert G. (hubertg)


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Wenn du Schottky-Dioden, z.B. BAT42, nimmst, wird die Abweichung auch 
kleiner.

von Torch M. (thelightener)


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Was ich bislang gelesen habe ist, dass im Einschaltmoment, bedingt durch 
die Eingangskapazität der Diode, eine Stromspitze auftritt, durch die 
die Sperrspannung der Diode auf die Flußspannung steigt. Was die 
Flußspannung ist, ist mir auch klar. Unklar ist mir noch, inwiefern die 
Flussspannung der Diode Einfluss nimmt auf den Hi- und Lo-Pegel des 
NE555, bzw. auf die Ladezeiten des Kondensators? Warum wird mein 
errechneter Wert genauer, wenn ich die Betriebsspannung auf 15V anhebe?

MfG
thelightener

von Torch M. (thelightener)


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"schieb"

von Falk B. (falk)


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@  Torch C. (thelightener)

>Flußspannung ist, ist mir auch klar. Unklar ist mir noch, inwiefern die
>Flussspannung der Diode Einfluss nimmt auf den Hi- und Lo-Pegel des
>NE555, bzw. auf die Ladezeiten des Kondensators? Warum wird mein
>errechneter Wert genauer, wenn ich die Betriebsspannung auf 15V anhebe?

Weil die normale Formel darauf ausgelegt ist, dass die Ladung bzw. 
Entladung des Kondensators mit voller Betriebsspannung bzw. am Ausgang 
DIS mit fas 0V erfolgt. Die Dioden verfälschen diese Spannungen, die 
Ladung/Entladung ist langsamer, weil etwas weniger Spannung über den 
Widerständen abfällt und somit der Strom geringer ist. Der Fehler ist 
umso größer, je kleiner die Betriebsspanunnung ist, weil das Verhältnis 
U_F / Vcc immer größer wird.

MFG
Falk

von Torch M. (thelightener)


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Besten Dank!

von Torch M. (thelightener)


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Hallo,

ich versuche in meiner Schaltung (s. ersten Beitrag) die Entladezeit des 
Kondensators C2 zu bestimmen. Die allgemeine Formel für ein RC-Glied bei 
der Entladung des Kondensators lautet: u(t) = U0 * e^-t/tau, mit U0 als 
Entladespannung des Kondensators. Schaltungsbedingt durch den NE555 lädt 
sich der Kondensator ja auf 2/3 Ucc auf, auf 1/3 Ucc ab, usw. Daher 
setze ich für u(t) = 1/3 Ucc ein, da ich ja die Zeit haben möchte, bis 
sich der Kondensator soweit entladen hat. Tau ergibt sich zu: tau=C*P2, 
wobei P2 der Teilwiderstandswert des Potis ist (s. Abbildung im ersten 
Beitrag). Nun stellt sich mir die Frage bei U0. Die Entladespannung ist 
ja 2/3 Ucc wenn sich der Kondensator entlädt, aber es müssen noch der 
Spannungsabfall an der Diode D1 und die Sättigungsspannung Uces des 
Transistors am Discharge-Pin des NE555 beachtet werden. Ändern sich die 
Spannungsrichtungen bei der Entladung in der Form, dass sich für U0 = 
2/3Ucc + Ud + Uces ergibt? Eingesetzt in die allgemeine Form:

1/3 Ucc = (2/3 Ucc + Ud + Uces) * e^-t/tau

MfG

von Torch M. (thelightener)


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Niemand der mir helfen kann?

von Yalu X. (yalu) (Moderator)


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Torch C. schrieb:
> Die allgemeine Formel für ein RC-Glied bei der Entladung des
> Kondensators lautet: u(t) = U0 * e^-t/tau, mit U0 als Entladespannung
> des Kondensators.

Rechne besser mit folgender Formel für beliebige Lade- oder Entladevor-
gänge in einem RC-Glied:

bzw.

Dabei sind:

  U1: die Spannung am Kondensator vorher
  U2: die Spannung am Kondensator nachher
  UL: die Ladespannung, d.h. die Spannung, die an das RC-Glied angelegt
      wird
  t:  die Lade-/Entladezeit
  R:  der Widerstand des RC-Glieds
  C:  die Kapazität des RC-Glieds


Beim Laden ist

  U1 = ⅓·UB
  U2 = ⅔·UB
  UL = UB - UF
  R  = R1 + P1
  C  = C1

Beim Entladen ist

  U1 = ⅔·UB
  U2 = ⅓·UB
  UL = UCE + UF
  R  = P2
  C  = C1

Dabei sind:

  UB:  die Betriebsspannung (5V)
  UF:  die Flussspannung der Diode (bei den niedrigen Strömen ca. 0,5 V)
  UCE: Sättigungsspannung des DIS-Ausgangs des NE555 (ca. 75mV)


Eine ähnliche Schaltung habe ich vor einiger Zeit hier gepostet:

  Beitrag "Re: NE555 mit einstellbarer Puls Pause"

Mit einem CMOS-555er ist sie nahezu symmetrisch, so dass die Frequenz
weniger stark von der Potistellung abhängig ist. Außerdem wird der Aus-
gangsstrom des 555 vollständig zum Laden und Entladen des Kondensators
genutzt, während bei deiner Schaltung während der Low-Phase ein großer
Anteil des Stroms in R1 verpufft. Die Berechnung erfolgt ganz ähnlich.

von Torch M. (thelightener)


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1000 Dank für diese ausführliche Antwort!

von Torch M. (thelightener)


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Eine Frage hätte ich noch. In der Literatur findet sich die Formel fürs 
Laden des Kondensators: u(t) = U0 * ( 1- e^-t/tau), bzw. u(t) = U0 * 
e^-t/tau fürs Entladen. Deine Formel für das Entladen muss daran ja 
irgendwie hergeleitet sein (wobei ich in der Literatur auch noch nicht 
auf deine allgemeine Formel gestoßen bin). Ich verstehe nicht genau 
warum sich die Formeln fürs Entladen und Laden in der Literatur 
unterscheiden und wie die von dir angegebene Formel zustande kommt fürs 
Entladen.

von Yalu X. (yalu) (Moderator)


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Torch C. schrieb:
> In der Literatur findet sich die Formel fürs Laden des Kondensators:
> u(t) = U0 * ( 1- e^-t/tau)

Wenn du den Ladevorgang nicht bei 0V, sondern bei U1 beginnen lässt, hat
das den gleichen Effekt wie wenn du das Bezugspotential um diesen Betrag
nach oben verschiebst. Die Formel bleibt damit immer noch gültig, wenn
du von allen darin vorkommenden Spannungen U1 subtrahierst, also:

     u(t)-U1 = (U0-U1) * ( 1- e^(-t/tau))

  => u(t) = U1 + (U0-U1) * ( 1- e^(-t/tau))
  => u(t) = U1 + (U0-U1) - (U0-U1) * e^(-t/tau)
  => u(t) = U0 - (U0-U1) * e^(-t/tau)                        (1)

Das ist (bis auf die Bezeichnungen der Variablen) meine Formel von oben.

Beim Entladen ist die angelegte Spannung U0=0. Eingesetzt in (1) ergibt
sich:

     u(t) = 0 - (0-U1) * e^(-t/tau)

  => u(t) = U1 * e^(-t/tau)

Das ist die altbekannte Entladeformel.

von Torch M. (thelightener)


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Super, jetzt hab ich alles verstanden! Vielen Dank!

von ET-Tutorials (Gast)


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Falls Du Dir das noch einmal im Video angucken willst, poste ich hier 
einmal den Link zu meinser Video-Reihe:
http://et-tutorials.de/763/astabiler-multivibrator-mit-dem-timer-baustein-ne-555/

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