Forum: Ausbildung, Studium & Beruf Freundschaften


von Garr (Gast)


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Hi,

wie haben sich eure Freundschaften, die ihr während eurer Studienzeit 
aufgebaut habt, mit dem Berufseinstieg gehalten?

Gerne würde ich auch wissen, wie leicht es euch im fortgeschritteneren 
Alter (40-60+) im Vergleich zu während des Studiums fällt, neue Freunde 
zu finden.

Bin 22 und studiere noch. Ich habe ein bisschen Angst vor der 
Einsamkeit. Mein Gefühl sagt mir, dass viele Leute mit dem Alter weniger 
soziale Kontakte haben oder diese nicht mehr so intensiv sind. Habt ihr 
vielleicht gegenteilige Erfahrungen gemacht?

Gerne möchte ich auch wissen, was Freundschaft für euch bedeutet.
Hat sich eurer Verständnis von Freundschaft im Laufe der Jahre 
verändert?

Mir ist sehr wichtig, dass ich mit (einigen) meinen(r)  Freunde(n) über 
alles reden kann und alles teile. Ich mag das absolute Wir-Gefühl, es 
gibt entweder kein Problem oder unser gemeinsames Problem.

Mich zieht es nach Australien nach dem Studium, daher möchte ich dort 
sehr gerne wieder gute Freundschaften finden. Auch möchte ich unbedingt 
wieder in einer WG leben, egal ob ich auswandere oder hier bleibe.

Leben einige von euch in einer WG? Seid ihr mit Freunden, die ihr vorher 
kennengelernt habt, zusammengezogen oder habt ihr euch nachträglich 
kennengelernt?

Freue mich über eure Antworten und hoffe, durch diesen Thread ein 
bisschen Abwechslung ins manchmal bisschen kalte Ausbildungsforum zu 
bringen.

von Berufseinsteiger (Gast)


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Hi Garr,
lass dich von den beiden vorigen Antworten nicht abschrecken.

Ich finde das Thema sehr gut, denn ich bin fürs Master-Studium 
ausgewandert und für meinen Berufseinstieg wieder nach Deutschland 
zurückgekommen. Zu meinen Kommilitonen ausm Bachelor habe ich nicht mehr 
sonderlich viel Kontakt. Nur noch eine handvoll Leute treffe ich, wenn 
ich mal zu Besuch bin.

Anders ist es mit meinen Freunden ausm Master, die aus allen Ecken der 
Welt kommen. Zwar gestaltet sich das Treffen momentan eher schwierig, 
aber der Kontakt ist übers Internet noch vorhanden.

Gestatte mir bitte eine Gegenfrage:
Wie kommst du auf Australien? Welche Fachrichtung studierst du und weißt 
du schon, für welche Firma du arbeiten wirst?


Viele Grüße

von Purzel H. (hacky)


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Die Studienfreunde sind nach 30 Jahren immer noch Freunde. Man sieht 
sich jweils zu einer Hochzeit oder sonst was. Die einen hatten mehr 
Glueck, die anderen weniger. Die Einen sind noch mit der ersten Frau, 
Andere sind schon bei der Dritten. Die Einen haben schon die Dritte 
Firma mit Gewinn verkauft, Andere haben 2 Firmen in den Sand gesetzt, 
Andere haben die Million zwar zusammen, wurden vom Scheidungsrichter 
aber auf das Existenzminimum gesetzt, Andere hatten die Million 
zusammen, dann aber Pech mit der Boerse. Erstaunlich was man so alles 
zuschauen kann.

von Wilhelm; DK4TJ (Gast)


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Hallo Garr,

da hast du aber ein Thema aufgegriffen...

Dass du dir solche Gedanken schon mit 22 Jahren machst, erstaunlich 
...???
Ich bin wie Knalltüte 60+, um genau zu sein 62.
Freunde (?) aus der Schul- und Studienzeit gibt es ein paar wenige, ich 
betone wenige! Man kennt sich, trifft sich bei Zeiten, aber ich würde 
eigentlich keinem von Ihnen die Tür einrennen; ich denke, du verstehts 
was ich meine.

Das dumme Sprichwort:
"Freunde in der Not gehen Tausend auf ein Lot"
Da ist eine ganze Menge dran.
Habe zum Glück in meinem Leben die "Not" noch nicht testen müssen.
Echte! Freunde findet man mit etwas Glück im Laufe seines Lebensweges, 
und sie kommen aus "Ecken", die man nicht für möglich gehalten hätte.

Was Pico Oschi sagt, da ist auch eine ganze Menge dran.
Tel Aviv (c'est la vie), so ist das Leben.

Lass dich nicht blenden!
Du kennst die Werbung..., mein Haus, mein Pferd, meine Frau, mein Boot..

Alles Quatsch!!
Das Wichtigste: Du!!! bist mit dir!!!  zufrieden!!!!!!!

Ausserdem, Du wirst nie alleine sein; du darfst dich natürlich nicht im 
Keller vergraben.

Was du so machts, weiss ich nicht, aber in deinem Studienumfeld gibt es 
ja auch andere Menschen und folglich gibt es  auch Kontakte.
Mit 22 .....??

Auch mir ist es gelungen, vor ein paar Jahren nach meiner Scheidung eine 
neue Lebengefährtin zu finden.
Ist nicht zufällig bei mir vorbei gekommen, habe ich nach gesucht!!
Ein bisschen Aktivität muss man schon aufbringen.

Mach dir nicht so einen Kopp...
gehe Karneval feiern..
Und ab geht die Post....

Einen Seelenklempner wirst du sicher nicht brauchen.

Nicht so viel nachdenken, 'La Paloma', laufen lassen....
Der Rest wird sich finden.

vy 73 Wilhelm

von Klaus D. (kolisson)


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mit 22 solche Gedanken ... hmmm.
... aber dann sei es so.
richtige Freunde sind mir mit etwa 50 so 1,8 geblieben.
Es gibt halt genug Ochsen in der Welt.
Allerdings kann man sagen, dass die die bleiben auch die richtigen sind.

Ist aber wirklich ein krasses Thema obwohl wahrscheinlich viele
Leute darüber nachdenken.  ... aber doch nicht mit 22 ...

k.

von Oli (Gast)


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Garr schrieb:
> wie haben sich eure Freundschaften, die ihr während eurer Studienzeit
> aufgebaut habt, mit dem Berufseinstieg gehalten?
Null! Alle weg im Ausland, gestorben oder Kontakt weg.

Einige habe ich auf Xing wiedergefunden und auf WKW, aber zu denen hatte 
ich nie so nahen Kontakt. Meine aktuellen Bekannten sind alle neu. 
Netzwerke, die mir beruflich helfen, gibt es keine.

Das Ganze liegt auch daran, dass ich nicht am Heimatort studiert habe, 
später wieder an einem anderen Ort gearbeitet und mehrfach den Job 
gewechselt habe.

Siehe das hier:
Beitrag "Elektroingenieur 2012: 40, arbeitslos, keine Frau, keine Perspektive"

von Dipl.-Gott (Gast)


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Ich hätte meinen Werdegang und somit den symptomatischen Zustand des 
ostdeutschen Bildungsaufsteigers beizutragen:

1. Realschule
Freundeskreis nach dem Abschluß regelrecht implodiert. 10 Jahre lang 
niemanden, absolut niemanden von damals getroffen. Wir waren die letzte 
Generation, für die ein Telephon grundsätzlich ein Kabel hatte und in 
der sich wegen der 56k-Geschwindigkeit kein Arsch für das WWW 
interessierte, von E-Mail ganz zu schweigen. Dann 1. Klassentreffen und 
die Knalltüten nach 10 Jahren wiedergesehen. :) Kaum jemand erschien, 
vor allem die meisten Mädchen nicht. Bestenfalls ein Drittel der Leute 
kam. Im Grunde genommen wurde das Klassenkollektiv vom Winde in alle 
Himmelsrichtungen verweht. Die Dagebliebenen berichteten alle von ihren 
Kindern (Plural) und den elementaren ostdeutschen Existenzproblemen: 
sehr hohe Arbeitslosigkeit, industriell und mittelständisch 
zerschlagenes Land, schlechte Löhne, hohe Stundenlasten, von der Miete 
abgesehen hohe Lebenskosten. Sozusagen rabotten ohne Rücksicht auf 
Verluste und ohne irgendwelche Zukunftsperspektiven. Dieses 
Klassentreffen gehört definitiv zu den niederschmetterndsten Erlebnissen 
meines Lebens.

2. Gymnasium
Alles wieder auf 0. Neue Schule, neue Klasse, neue Menschen. 3 Jahre 
später das gleiche wie zum Ende der Realschule. Jeder mußte zusehen, wie 
er zu Fache kam; trotz explosionsartiger Entwicklung des WWW-Zeitalters 
hielten eigentlich keine Kontakte dauerhaft. Wieder zerstreuten sich 
alle in alle Himmelsrichtungen, die meisten zum Studium. Soweit ich vom 
sporadischen Buschfunk weiß, hielten das nicht einmal die kräftigsten 
Cliquen aus der Gymnasialzeit lange aus und nur sehr, sehr vereinzelt, 
z.B. wo mehrere an der gleichen Uni bzw. zumindest in der gleichen Stadt 
studierten, hielt der Kontakt etwas besser.

Stufe 3: Studium
Elektrotechnik ist kein Studiengang, um viele Menschen zu treffen. Wenn 
der Audimax aufging und die BWL-Vorlesung herauspreschte, wußten wir gar 
nicht, wie uns geschah. Soviele Menschen - und soviele Mädchen. ;)

Wir wurden von den Pflichstudieninhalten der Uni ziemlich stark 
eingespannt und die Kommunikation zwischen den Fakultäten sowie den 
Fachschaftsräten untereinander war wohlwollend fomuliert miserabel. Der 
bürokratische Apparat und die unerträgliche Fixierung der Uni auf 
auswendiglernendes Mittelmaß und Bestrafung von Talent ließen niemals 
Freude am Studieren entstehen. Im Studium habe ich deutlich weniger 
Menschen kennengelernt als zuvor.
Dafür begannen die Auflösungserscheinungen früher und heftiger. :)
Der Schwund im Grundstudium war katastrophal. Im Hauptstudium spalteten 
dann die Vertiefungsrichtungen die stabile Gruppe der Überlebenden von 
30-40 Mann in Kleinstgruppen auf. Fakultativen Fächer und die 
Studienarbeit ließen uns mehr und mehr Zeit auf uns gestellt verbringen. 
Die Implosion kam zweifelsohne mit dem Fachpraktikum, der Entpunkt der 
Entwicklung. Die Winde trugen uns um den Erdball. Danach nur noch 
Kontakte, wenn man sich auf dem Flur über den Weg lief. Oberflächliches, 
dünnes Gesülze. Dennoch blieben einige relative intensive Kontakte. Mit 
einem ehemaligen WG-Mitbewohner stehe ich periodisch in Verbindung, hin 
und wieder telephoniere ich mit drei meiner Ex-Kommilitonen. Das ist die 
Crew, die sich im Studium früher immer zum Bierfäßchensaufen traf, 
insbesondere nach beschissenen Prüfungen und unerhörten Ereignissen in 
mündlichen Examina. Es wurden damals auch regelmäßig Spieleabende 
veranstaltet. Trotzdem auch hier: Jeder muß zusehen, wer er zu Stuhle 
kommt, jeder muß arbeiten, jeder hat mit seinem Leben genug zu tun. 
Hierbei könnte die Bandbreite der einzelnen Lebenswege unserer kleinen 
Crew nicht unterschiedlicher sein.

Insofern gilt in wirtschaftlich schwachen Gegenden: Nichts bleibt. Oder 
wie Heisenberg uns diktiert: Alles schwankt.



Ich finde es gut, daß Du Dir mit 22 Jahren Gedanken machst. Auf diese 
Weise kannst Du noch Gegenmaßnahmen einleiten. Mir sind, ohne daß ich 
hätte etwas tun können, dreimal im Leben die Freundeskreise komplett 
implodiert, mit 16, mit 19 und vor 2 Jahren mit 27. (Die Zwangszeit bei 
der Bundeswehr noch nicht einmal berücksichtigt.)
Retrospektiv hätte ich dennoch gewisse kleine Dinge verbessen können, um 
mehr aus dieser Zeit herauszuholen und um die wenigen, im Nachhinein 
wichtigen Beziehungen mehr zu pflegen.



Ahoi

von Abdul K. (ehydra) Benutzerseite


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Schöne Beschreibung. Mir erschließt es sich allerdings nicht, warum die 
Bundeswehrzeit zum Zerschlagen deiner Freundschaften führte. Zu meiner 
Zeit mußte man noch 15 Monate totschlagen. Die Freundschaften, die es im 
nachhinein Wert waren, hielten alle.

Ja, Elektrotechnik ist ein wirklich einsames Fach. Insbesondere was 
Frauen angeht. Man könnte da auch gleich ins katholische Priesterseminar 
gehen.

Wir sind doch alle Nerds ;-)

von Klaus D. (kolisson)


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auch Abduls sind manchmal weniger Freund als man denkt.

k.

von MacGruber (Gast)


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Ich bin jetzt 31 und die meisten meiner Freunde sind nun entweder 
beruflich irgendwo anders untergekommen (genau wie ich), sind darüber 
hinaus verheiratet oder haben Kinder. Somit habe ich eigentlich kaum 
noch Kontakt zu ihnen und man muss schon ganz schön planen, um sich zu 
treffen. Unter der Woche bin ich zu faul nach Feierabend etwas zu machen 
und außerdem wüsste ich dann nicht mit wem.

Bin allein und habe mich damit abgefunden. Zu meinen Kollegen und 
Kolleginnen habe ich ein sehr gutes Verhältnis, doch keiner von uns 
macht auch nach Feierabend noch was gemeinsam. Man sieht sich eh den 
halben Tag.

von honk hank (Gast)


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Garr schrieb:
> wie haben sich eure Freundschaften, die ihr während eurer Studienzeit
> aufgebaut habt, mit dem Berufseinstieg gehalten?
Alle gewollt versandet.

> Gerne würde ich auch wissen, wie leicht es euch im fortgeschritteneren
> Alter (40-60+) im Vergleich zu während des Studiums fällt, neue Freunde
> zu finden.
Liegt an einem selbst, wer nur daheim in der Bude hockt wird nat. schwer 
neue Freunde finden.

> Bin 22 und studiere noch. Ich habe ein bisschen Angst vor der
> Einsamkeit. Mein Gefühl sagt mir, dass viele Leute mit dem Alter weniger
> soziale Kontakte haben oder diese nicht mehr so intensiv sind. Habt ihr
> vielleicht gegenteilige Erfahrungen gemacht?
Es liegt an dir, nicht am Alter,...

> Gerne möchte ich auch wissen, was Freundschaft für euch bedeutet.
> Hat sich eurer Verständnis von Freundschaft im Laufe der Jahre
> verändert?
Früher dachte ich auch so wie du, bis dann die ersten 
Sankastenfreundschaften auseinandergingen. Dann habe ich begriffen dass 
es an einem selber liegt ob man neue Freunde findet, die Studienzeit hat 
das noch verstärkt. Mit der Zeit ist auch die Erkenntniss gekommen, dass 
enge Freundschaften auch ein Hemmschuh sein können, mir ging das mit der 
Zeit auf die Nerven immer mit den selben Leuten zusammenzuhängen, immer 
das gleiche Gequatsche, die selben alten Geschichten,.... wäre früher 
für mich undenkbar gewesen. Seitdem bin ich auch Selbstständiger weil 
man eben nicht gleich zum besten Freund rennt wenn man mal ein Problem 
hat.
Freunde auf Zeit pro Lebensabschnitt sind mir am angenehmsten. Also 
während des Studiums, danach wieder andere. Neuer Job in neuer Stadt, 
neue Freunde. Zu manchen von vorherigen Lebensabschnitten hat man immer 
noch ein wenig Kontakt aber das beschränkt auf einmal im Jahr oder so. 
Manche haben einen auch immer wieder genervt das man sich mal wieder 
melden solle oder treffen, Geburtstagseinladungen,... habe das aber 
versanden lassen.

Für mich wäre es heute undenkbar jahrzehtelang mit den selben Leuten im 
selben Ort rumzuhängen, was öderes kann ich mir kaum vorstellen. Bei 
solchen Leuten fällt mir auch oft auf, dass die sehr unflexibel in jeder 
Beziehung sind, die kommen mir manchmal vor wie 80 Jährige. Geistig 
träge, festgefahren, flexibel wie ein Granitblock.

Im Rückblick erkennt man auch, dass manche Freunde einen teilweise 
miesen Charakter hatten, was man früher gar nicht so bemerkte. 
Vielleicht war man früher auch so drauf und hat sich weiterentwickelt 
während die Freunde immer noch so drauf sind, das merkt man ganz 
deutlich auf Klassentreffen.

> Mir ist sehr wichtig, dass ich mit (einigen) meinen(r)  Freunde(n) über
> alles reden kann und alles teile. Ich mag das absolute Wir-Gefühl, es
> gibt entweder kein Problem oder unser gemeinsames Problem.
Dann such dir einfach welche, trete in einen Verein ein da geht das am 
einfachsten.

> Mich zieht es nach Australien nach dem Studium, daher möchte ich dort
> sehr gerne wieder gute Freundschaften finden. Auch möchte ich unbedingt
> wieder in einer WG leben, egal ob ich auswandere oder hier bleibe.
Dann mach doch.

> Leben einige von euch in einer WG? Seid ihr mit Freunden, die ihr vorher
> kennengelernt habt, zusammengezogen oder habt ihr euch nachträglich
> kennengelernt?
Ich nicht aber Bekannte, erstes und letzeres traf zu. Aber gehalten 
haben diese Freundschaften alle nicht lange. Das sind 
Lebensabschittsbekannte, Freunde kann man das eigentlich gar nicht 
nennen.

von Volker (Gast)


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Hmmm, ein interessantes Thema für einen Samstag.
Zwei Aspekte fallen mir ein, zu denen ich meinen Senf dazugeben möchte:


1) Tiefe, wahre, aufrichtige Freundschaft ist wohl eine seltene Sache, 
hat mit Vertrauen und Charakter zu tun. Vielleicht durchaus vergleichbar 
mit einer Beziehung, nur daß man in der Regel ja nun die Schwerter nicht 
kreuzt, also, ähem, eben vergleichbar mit der nichtsexuellen Komponente.
So selten wie man einen Traumpartner trifft, trifft man Menschen, die 
man vom ersten Augenblick an mag, bei denen eine Art innerer 
Verbundenheit da ist. Worthülsen wie "Freunde machen" sind bullshit. Man 
kann die Chance wohl erhöhen, einen Partner oder echte Freunde zu 
finden, wenn man öfters mal neue Leute kennen lernt, aber man kann 
nichts erzwingen.

2) Freundschaft baut auch auf Engagement und Wertschätzung füreinander 
auf und das über lange Zeit. Vielleicht muß man sie sich verdienen. 
Dabei zählt sicher auch die Qualität - keine dumme SMS sondern eine 
handgeschriebene Weihnachtskarte, keine Facebook Eintrag sondern eine 
sorgsam formulierte von Herzen kommende Email. Bei wahrend Freunden 
zählt auch nicht zu meinen: "Wenn der sich nicht meldet, dann brauch' 
ich auch nicht." sondern "Wenn der olle Sack es nicht gebacken bekommt, 
muß ich halt mal wieder anrufen." Man ist irgendwann über das Stadium 
hinweg, alles gegeneinander aufrechnen zu müssen.

3)(Fiel mir noch so ein) Dann und wann mal ein eiskaltes Bier gemeinsam 
an einer großartigen Bar genossen, kann viel bedeuten.

Resümee: Alles hat seinen Preis, und den muß man auch bezahlen, und das 
über lange Zeit. Oder eben mit eher oberflächlichen 
Lebensabschnittsbekanntschaften glücklich sein - manche sind sicherlich 
auch total zufrieden damit, öfters mal neue Menschen um sich herum zu 
haben.
Eine schönen Samstag wünsche ich.

von Wolfgang Horn (Gast)


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Garr schrieb:

> Gerne möchte ich auch wissen, was Freundschaft für euch bedeutet.
> Hat sich eurer Verständnis von Freundschaft im Laufe der Jahre
> verändert?

Oft, vor allem in unser alltäglich Glotze, wird Freunschaft 
oberflächlich mit Verhalten begründet. Trainer in sozialen Kompetenzen 
vermitteln uns, wie geschickt wir lügen müssen, damit andere uns die 
Vorteile gewähren, die man sonst nur misstrauisch hütet und Freunden 
gewährt.

Andere führen Freundschaft auf gemeinsame Werte zurück.

Meine besten Freunde kannte ich schon weit vor der Pubertät. Zu einer 
Zeit, als wir alle zu jung waren zum Lügen. Als wir uns noch aufrichtig 
geprügelt haben um die Mädels....

Selbst Deine Herzallerliebste, Deine Frau, lernst Du niemals so gut 
kennen.

Freundschaft unter Personen, die sich erst als Erwachsene kennen gelernt 
haben, kommt etwas anders zustande.

„Ich habe ihn zum General gemacht, damit er weiß, wann er ungehorsam 
sein muß.“ (Friedrich der Große)

Wenn der General nicht bereits ein Freund des Alten Fritz war, dann hat 
er ihm anschließen sicher vertraut wie einem.

Freundschaften entstehen, wenn der eine sein Leben für den anderen 
riskiert. Nicht aus Kalkül, nicht aus Pflicht, nicht für die Ehre, 
sondern aus freundschaftlicher Zuneigung.
Schwachere Freundschaften mögen sich aus kleineren Geschenken ergeben. 
Einen hungrigen Hund gewinnst Du schon zum Freund, wenn Du ihm zu 
fressen gibst.

> Mich zieht es nach Australien nach dem Studium, daher möchte ich dort
> sehr gerne wieder gute Freundschaften finden.
Kein Problem, überhaupt keines. Warte nur ein wenig, bis eine Person in 
echter Not ist, weil ihr keiner hilft. Dann hilf ihr uneigennützig, und 
Du hast zumindest ihre Sympathie.

Aber wenn Du ein Fan des TSV1860 sein solltest, dann vergiss diesen 
Stolz. Denn sehr wahrscheinlich, wenn überhaupt, schwärmt die Person für 
einen anderen Verein. Mit anderen Worten: Einen Freund kannst Du nur 
gewinnen, wenn Du ihn selbst für wichtiger nimmst als alles andere.

Ciao
Wolfgang Horn

von Backflow (Gast)


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@Michael Horn,

ich glaube, du hast das Zitat von Friedrich dem Großen völlig falsch 
verstanden:

„Ich habe ihn zum General gemacht, damit er weiß, wann er ungehorsam 
sein muß.“

"Als Beispiel für die Auslegung preußischen Gehorsams kann eine 
Begebenheit aus der Schlacht von Zorndorf herangezogen werden. Seydlitz 
verweigerte mehrmals den Befehl des Königs, mit seinen 
Kavallerieeinheiten in die Schlacht einzugreifen, obwohl ihm gedroht 
wurde „er hafte mit seinem Kopf für den Ausgang der Schlacht“. Seydlitz 
griff erst dann an, als er durch einen Angriff in die Flanke die 
maximale Wirkung erzielen konnte. Dies trug zum siegreichen Ausgang der 
Schlacht maßgeblich bei. Seydlitz gehorchte dem Befehl seines Königs 
nicht dem Wort nach, sondern nach dem Sinn."

Aus 
http://de.wikipedia.org/wiki/Deutsches_Heer_(Deutsches_Kaiserreich)#F.C3.BChrungsprinzipien_im_deutschen_Heer

Aber Hauptsache irgendein Zitat raushängen lassen, um irgendwelche 
Plattitüden aufzupeppen.

von Wolfgang Dummbatz (Gast)


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Wolfgangs Poesiealbumsprüche sind doch immer wieder gern gesehen.

Was würde er nur ohne machen?

Komm´Wolle, hau´wieder einen raus.

von Abdul K. (ehydra) Benutzerseite


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Zuckerle schrieb im Beitrag #2554858:
>> Autor: Abdul K. (ehydra) Benutzerseite
>> Datum: 18.02.2012 03:58
>
>> Mir erschließt es sich allerdings nicht, warum die Bundeswehrzeit zum
>> Zerschlagen deiner Freundschaften führte. Zu meiner Zeit mußte man noch
>> 15 Monate totschlagen. Die Freundschaften, die es im nachhinein Wert
>> waren, hielten alle.
>
> Bei mir waren es noch 18 Monate, dem Rest kann ich zustimmen. Wir haben
> Heute auch noch Kontakt miteinander. Mittlerweile sind alle in
> entsprechenden Positionen und eine Hand wäscht die andere. Gute Kontakte
> sind Gold wert.

Du gehörst also auch zu den Amigos?

Müßte jetzt wirklich nachsehen, obs 15 oder 18 waren. Habs vergessen.


>
>> Insbesondere was Frauen angeht. Man könnte da auch gleich ins
>> katholische  Priesterseminar gehen.
>
> Mann hast du eine Ahnung, dort geht die Post ab. Weiber, Suff, Kippen,
> die komplette Palette.

<lach> Du warst wohl schon überall. Aber stimmt, meine Freundinnen die 
auf Mädchengymnasium&Co. "erzogen" wurden, waren die schlimmsten. Was ja 
ganz nett war.

von Abdul K. (ehydra) Benutzerseite


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Klaus De lisson schrieb:
> auch Abduls sind manchmal weniger Freund als man denkt.
>

Mit dem falschen Bein aufgestanden? Was erwartest du denn?

von Exstudent (Gast)


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Garr schrieb:
> wie haben sich eure Freundschaften, die ihr während eurer Studienzeit
> aufgebaut habt, mit dem Berufseinstieg gehalten?

Mein Alter 50
Die Freundschen die im Studium geschlossen wurden existieren heute alle 
noch. Wir sehen uns nicht mehr täglich, dafür 2-3 mal im Jahr und sehr 
intensiv. Es sind auch nicht 1 oder 2 Freundschaften sondern ein 
Dutzend.

von Backflow (Gast)


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>Und es gab ein paar Sternchen für die Uniform, damit man
>bei den Mädchen Fratzen machen konnte.

Mehr ist offensichtlich nicht drin. Aber wenn das für dich schon ein 
Erfolg ist, daß man zumindest dadurch überhaupt in deine Richtung 
schaut, warum nicht.

von Dipl.-Gott (Gast)


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Abdul K. schrieb:

> Schöne Beschreibung. Mir erschließt es sich allerdings nicht, warum die
> Bundeswehrzeit zum Zerschlagen deiner Freundschaften führte. Zu meiner
> Zeit mußte man noch 15 Monate totschlagen. Die Freundschaften, die es im
> nachhinein Wert waren, hielten alle.


Der Dienst bei der Fahne war die bisher dümmste, sinnloseste und 
schlimmste Zeit meines Lebens. Ich wollte studieren, studieren, 
studieren!

Die Diplom-Psychologin hingegen, die am Ende der Musterung mit mir die 
Testergebnisse auswertete, ließ aber nicht zu, daß ich ausgemustert 
wurde oder in den Zivildienst abbiegen durfte. Die Frau war sehr hübsch 
und nett, und ihre Begründung war hochinteressant: "Mit diesem 
Testergebnis kann ich Sie nicht ausmustern. Das könnte ich nie und 
nimmer begründen. Bestwerte in Rechnen, Logik, Rechtschreibung, 
Auffassungsgabe usf.".

Und danach: "Eine mögliche Wehrdienstverweigerung ist unter diesen 
Vorzeichen nicht glaubhaft. Wie wollen Sie die denn begründen? Mit Ihren 
Testergebnissen glaubt Ihnen kein Mensch, wenn Sie von Gewissen oder 
Pazifismus sprechen. Der Verdacht bestünde, daß Sie sich völlig im 
Klaren darüber sind, wie Sie das System austricksen können und welche 
Formulierungen Sie hierfür anwenden müssen. Zudem sind Sie Atheist, so 
daß eine religiöse Begründung unmöglich ist."

Auch in der medizinischen Untersuchung wurde mir der Standort 
Ostdeutschland zum Verhängnis. Die alten NVA-Typen mit ihrem extremen 
Kasernenton (die NVA war eine richtige Armee) und ihren harte Maßstäben 
aus DDR-Zeiten ließen sich nicht weichklopfen. Ich mußte sogar zu einer 
zweiten Untersuchung ins übergeordnete Wehrersatzamt Dresden, um meine 
Wirbelsäule und Lungen genauer untersuchen zu lassen. Das Ergebnis war 
T3 + ellenlanger Statuszettel. Ich war im letzten Jahrgang, in dem T3 
noch eiskalt eingezogen wurde. Ein Jahr später wurden selbst weite Teile 
T2 nicht mehr einberufen.


Der Kulturschock kam dann in der Kaserne. Abiturienten aus ganz 
Deutschland. Dort mußte ich zum ersten Mal live erleben, daß viele 
Bundesländer ihre Abschlußzeugnisse regelrecht verscherbeln und die 
Bestnoten zum Fenster rausschmeißen.
Da traf man auf dümmste, ungebildete Dorftrottel aus Niedersachsen, 
Brandenburg, Nordrhein-Westfalen, Bayern etc., die ihre große Fresse 
aufrissen und mit ihren guten Endnoten in einer Tour angeben mußten.

Zugegeben, keiner war so gut wie ich, doch ich hielt mich bedeckt und 
kommentierte nichts; dennoch mußte selbst ich mich in Sachsen für 
gewisse Noten ein wenig länger machen als sonst. Es fiel mir ingesamt 
zwar leicht, doch ständig nur den linken Ärmel schütteln is' nich' 
gegangen. Unsere Lehrer - sehr strenge Typen, die zu DDR-Zeiten auf der 
EOS lehrten - verlangten schließlich etwas und kämpften bis zur 
Vergasung gegen selbstgefälliges Mittelmaß.


Diese initialen zwei Wochen bei der Fahne machten mich dauerhaft wütend 
und prägten die 9 Monate Zwangsdienst.

Rund um die Uhr an fünf Tagen der Woche dieses unerträgliche Gesockse um 
einen herum. Diese ganze minderbemittelte, unfähige und arrogante Bagage 
aus West wie Ost kotzte mich an, aber richtig. Wohlwollend formuliert 
könnte ich sagen, daß diese Mischpoke einen geistigen Horizont von 12 
bis Mittag hatte. Die Gruppendynamik und der Gruppenzwang waren 
unerträglich. Ich umschiffte die Untiefen, so gut wie möglich, doch 
andere Zugmitglieder wurden faktisch terrorisiert Die unterbelichteten 
Uffze, Stuffze und Feldwebel taten das Übrige.

Es war schlicht und ergreifend die größte Verblödung, die es im Leben 
geben überhaupt kann. Ich konnte dort nichts lernen, sondern nur 
vergessen und verlieren. Ich konnte zuvor bereits mein Bett machen, mein 
Zimmer in Ordnung halten, selbständig und unabhängig mein Leben 
organisieren - gute preußische Erziehung zu Hause. Für diese 
Selbstverständlichkeiten brauchte ich keine Pseudoarmee wie die 
Bundeswehr. Der Start ins Studium ein Jahr später gestaltete sich 
dementprechend katastrophal und ich mußte viele Dinge wiederholen, um 
den hohen Bildungsstand am Ende der 13. Klasse wiederzuerlangen.

Später, nach dem Grundwehrdienst, mußte ich jeden Sonntag mehr als 400km 
mit dem Zug in entvölkerte Gegenden fahren. Dank der Verbindungsgüte 
ging der Sonntag fast völlig drauf, gefolgt von sinnlosestem, 
stumpfsinnigsten "Dienst" in der Woche.

Wie ich es haßte.

Jedenfalls hatte ich keinerlei Interesse, mich mit all den Holzkaspern 
aus der Bundeswehrzeit abzugeben. Kontakte brach im umgehend nach der 
Entlassung ab, Kontaktanfragen ließ ich unbeantwortet. Die zwei, drei 
normalen Leute, mit denen ich im Zug "diente", waren die Mühe nicht 
wert.


Ach, glatt vergessen: Nazis und Rußlanddeutsche, die sich wie die Axt im 
Walde benahmen, gab es in der Kompanie ebenfalls.




Ahoi

von Toni (Gast)


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Ein interessantes Thema am Samstag, in der Tat.
Leider auch wieder einmal die typischen Entgleisungen von ein paar, 
eigentlich schade.

Aus meiner Erfahrung (Ü50) kann ich nur bestätigen echte Freunde
sind leider sehr selten, aber wenn man welche hat sind die nicht
mit Gold aufzuwiegen. Man kann sich blind vertrauen, weiß was der
oder die andere denkt, man kann mit den paar guten Freunden
"Pferde stehlen" (Altes Sprichwort)

Bei vielen sogenannten "guten Freunden" steht leider, leider
öfters nur der eigene Vorteil für die "Freundschaft", darauf
kann ich verzichten.

"Freundschaft" und "Vorteile", gab es nicht gerade was?
Uups, Thema verfehlt.

Ein schönes Wochenende!

von ich (Gast)


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Sobald deine Jugendfreunde eigene Familie haben, denken und leben sie 
nur noch für diese. Alte Freundschaften sind dann nie mehr das, was sie 
mal waren. Auch alte Interessen/Hobbys werden zugunsten der Familie 
vernachlässigt oder aufgegeben. Auch die besten Freundschaften sind nur 
ganz ganz selten über verschiedene Lebensabschnitte hinweg von Dauer.

von Abdul K. (ehydra) Benutzerseite


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Na das ist aber nicht immer so. Klar, eine Familie <vor allem wenn sie 
jung ist> ist belastend für die unerfahrenen Eltern. Manche Frau will 
auch dem Nunmann die alten Kumpels ausreden. Ist er dann komplett 
verändert, will sie ihn nicht mehr...

Also meine Freundschaften hielten. In beiden Varianten. Vielleicht ist 
der Begriff Freundschaft doch sehr unterschiedlich weit gefasst?

von Gästchen (Gast)


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Du solltest dir keine Gedanken machen denn im fortschreitenden Alter 
wird man auch erfahrender und weiser dass man zwischenmenschliche 
Beziehungen besser zu schätzen weiß. Das bezieht sich natürlich auf 
"normale" Menschen, nicht auf Politiker oder sonstige Ackermännchen. Im 
jungeren Alter fällt man noch auf diesen Blödsinn rein mit Egoismus und 
Individualismus. Mit der Zeit lernt man dass es Bullshit ist und z.B. 
dass eine Gemeinschaft immer höherwertiger ist als irgendwelche 
Einzelgänger. Das siehste schon beim Hausbau wie schnell die Menschen 
voran kommen denen geholfen wird.

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