Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Verständnisfrage: Pulldown am Transistor?


von Karol B. (johnpatcher)


Lesenswert?

Hi,

im AVR-Tutorial wird im Kapitel "IO-Grundlagen" abschließend ein 
Beispiel für eine Treiberstufe mittels NPN Transistor gezeigt. Dort wird 
darauf hingewiesen, dass man neben dem Basiswiderstand auch einen 
Pulldown Widerstand zwischen Basis und Emitter einbauen sollte.

Wenn ich mir jetzt so manch einen Schaltplan anschaue, dann ist das oft 
(bzw. eigentlich immer) nicht so gemacht. Handelt es sich dabei um 
Schlamperei (bzw. Unwissen) oder ist das in der Tat nicht notwendig? Und 
i.d.R. werden nicht die im Tutorial erwähnten "BCR135" Transistoren 
verwendet, sondern "stinknormale" BC337, welche ja scheinbar keinen 
internen Widerstand zwischen Basis und Emitter haben.

Das Datenblatt zu meinem ATmega 8515, welchen ich derzeit benutze, gibt 
an, dass sämtliche Ports (A - E) im Falle eines Resets "tri-stated" 
sind. Wenn ich die Tri-State Logik richtig verstehe, heißt das doch, 
dass die entsprechenden PINs alle parallel geschalten sind und nirgendwo 
"hinführen" sind. Demnach fließt (theoretisch) kein Strom. Kein Strom 
aber würde bedeuten, dass der Transistor nicht schaltet, und demnach 
sehe ich da gerade kein Problem?

Oder übersehe ich da etwas?

Mit freundlichen Grüßen,
Karol Babioch

: Verschoben durch Admin
von Dummschwaezer (Gast)


Lesenswert?

Notwendig nicht, der Transistor ist bei "Power On und der µC muss sich 
erst initialisieren" dadurch sicher gesperrt.

von Gerhard (Gast)


Lesenswert?

Karol Babioch schrieb:

> Wenn ich die Tri-State Logik richtig verstehe, heißt das doch,
> dass die entsprechenden PINs alle parallel geschalten sind und nirgendwo
> "hinführen" sind. Demnach fließt (theoretisch) kein Strom. Kein Strom
> aber würde bedeuten, dass der Transistor nicht schaltet, und demnach
> sehe ich da gerade kein Problem?

Sie sind nicht parallel geschaltet! Bei Tri-State sind die GPIOs 
"offen", d.h. sie hängen in der Luft.

Eine in der Luft hängende Basis eines Transistors bedeutet keinesfalls, 
dass hier kein Strom fließen kann. Je nach Typ (z. B. Darlington) kann 
dessen Stromverstärkung leicht in die Zehntausende gehen. Da reichen das 
bloße Berühren mit der Hand, Kriechströme durch Feuchtigkeit auf der 
Platine oder eingefangene elektromagnetische Felder aus, um den 
Transistor durchzuschalten.

Wenn der Transistor als reiner Schalter vorgesehen ist und die 
Wärmeabfuhr nur für den gesättigten Zustand ausgelegt ist, ergibt sich 
zusätzlich ein Problem bei unerwartet geringen Basiströmen: Der 
Transistor könnte "halb" aufsteuern und dann mit zu hoher 
Verlustleistung arbeiten.

Ein Pull-Down-Widerstand ist deshalb sehr zu empfehlen!

Bei den spannungsgesteuerten FETs geht es gar nicht ohne.

Übrigens: Korrektes deutsch ist geschaltet_ und nicht _geschalten.

von µC-Bastler (Gast)


Lesenswert?

Gerhard schrieb:
> Je nach Typ (z. B. Darlington) kann
> dessen Stromverstärkung leicht in die Zehntausende gehen. Da reichen das
> bloße Berühren mit der Hand, Kriechströme durch Feuchtigkeit auf der
> Platine oder eingefangene elektromagnetische Felder aus, um den
> Transistor durchzuschalten.

Bei dem o.g. BC337 mit angegebener max. Verstärkung von 630 besteht da 
nun wirklich keine Gefahr. Einfach- und Darlingtiontransistoren in einen 
Topf zu schmeißen, ist in der Schaltungstechnik absolut nicht 
zielführend.

von Dietrich L. (dietrichl)


Lesenswert?

µC-Bastler schrieb:
> Verstärkung von 630 besteht da nun wirklich keine Gefahr.

Da wäre ich mir nicht so sicher. Rechne mal alle Ströme (Port-Pin, 
Kollektor-Basis-Reststrom, Einstreuungen ...) zusammen unter 
Berücksichtigung von Streubereich und Temperaturgang, dann könnte das 
schon mal stören.
Bei einer Bastler-Schaltung ist das vielleicht egal, aber bei 
Profi-Anwendung würde ich das nicht empfehlen. Das hängt natürlich auch 
davon ab, was mit dem Ausgangssignal des Transistors gemacht wird.

Gruß Dietrich

von Karol B. (johnpatcher)


Lesenswert?

Ok, vielen Dank für die Antworten. Allerdings stellt sich mir jetzt die 
Frage wie man den richtigen Wert eines Pulldown Widerstands berechnet. 
Ich habe da gerade nichts brauchbares gefunden :(.

von Helmut L. (helmi1)


Lesenswert?

Karol Babioch schrieb:
> Ok, vielen Dank für die Antworten. Allerdings stellt sich mir jetzt die
> Frage wie man den richtigen Wert eines Pulldown Widerstands berechnet.
> Ich habe da gerade nichts brauchbares gefunden :(.

Im allgemeinen als Faustregel sollte dort 1/10 des Basisstromes 
fliessen.

von Karol B. (johnpatcher)


Lesenswert?

Und gibt es da auch irgendwelche Formeln, um den Wert genau bestimmen zu
können? Nicht, dass ich anzweifle, dass 1/10 gut genug ist, aber ich
greife nur ungern irgendwelche Werte aus der Luft auf - nach dem Motto: 
Wird schon passen. Selbst die
entsprechenden Wikipedia Artikel erwähnen nur die typischen Werte für 5V
ohne Informationen über die dazugehörige Berechnung zu liefern :(.

von Helmut L. (helmi1)


Lesenswert?

Karol Babioch schrieb:
> Und gibt es da auch irgendwelche Formeln, um den Wert genau bestimmen zu
> können? Nicht, dass ich anzweifle, dass 1/10 gut genug ist, aber ich
> greife nur ungern irgendwelche Werte aus der Luft auf - nach dem Motto:
> Wird schon passen.

Was willst du denn da grossartig berechnen? Schau dir mal im Datenblatt 
die Streuung der Werte an. Da wird nur was von maximalen Leckstroemen 
angegeben.
Den Basisvorwiderstand legst du ja auch nur so aus mit einem 
Sicherheitsfaktor von rund 3 .. 10 fach.

von Dietrich L. (dietrichl)


Lesenswert?

Karol Babioch schrieb:
> Und gibt es da auch irgendwelche Formeln, um den Wert genau bestimmen zu
> können? Nicht, dass ich anzweifle, dass 1/10 gut genug ist, aber ich
> greife nur ungern irgendwelche Werte aus der Luft auf - nach dem Motto:
> Wird schon passen.

Das Prinzip bei 1/10 ist: den Widerstand so klein wie möglich machen 
ohne zu viel Basisstrom zu "verheizen". Daher sind 10% Basisstrom ein 
Wert, auf den man ohne große "Gewissenskonflikte" verzichten kann.

Wenn Du es genau rechnen willst, musst Du alle Worst-Case-Werte der 
Restströme zusammenzählen, deren Temperaturabhängigkeit berücksichtigen 
und den gewünschten Störabstand hinzunehmen. Und da wird es 
philosophisch: mit welchen Störeinkopplungen (kapazitiv, induktiv, ..) 
ist zu rechnen? Und auch: wir kritisch ist ein kurzes Durchschalten des 
Transistors? Wenn da nur eine LED dranhängt ist das völlig egal.
Also wirklich genau rechnen ist kaum oder zumindest schwer möglich, 
daher ist das 1/10 schon sehr hilfreich...

Gruß Dietrich

Bitte melde dich an um einen Beitrag zu schreiben. Anmeldung ist kostenlos und dauert nur eine Minute.
Bestehender Account
Schon ein Account bei Google/GoogleMail? Keine Anmeldung erforderlich!
Mit Google-Account einloggen
Noch kein Account? Hier anmelden.