Forum: Mikrocontroller und Digitale Elektronik Verständnisproblem PID Regler


von Thomas (Gast)


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Angenommen ich habe ich habe einen reinen P-Regler. Der Ausgangswert des 
Reglers, die Stellgröße, ist dann die P-Konstante multipliziert mit der 
Regelabweichung.
Die Stellgröße ist dann also immer Null, wenn die Regelabweichung Null 
ist.
Das finde ich intuitiv nicht sinnvoll. Folgendes Beispiel habe ich mir 
ausgedacht:

Ein Raum soll auf eine feste Temperatur geregelt werden. In dem Raum ist 
eine Vorrichtung zum Heizen und Kühlen. Wenn der Raum nun perfekt 
isoliert ist, dann muss der Raum nach erreichen der Soll-Temperatur 
(Regelabweichung = 0) weder gekühlt noch geheizt werden. Hier ist es 
sinnvoll, dass die Stellgröße zu Null wird.
Aber wenn aus dem Raum aufgrund schlechter Isolierung ein konstanter 
Wärmestrom abfließt, dann muss ständig geheizt werden, selbst wenn der 
Sollwert erreicht ist und die Regelabweichung Null ist.
Da der Regler das nicht kann (er gibt dann Null vor), muss er doch 
schwingen?

Intuitiv würde ich sagen wäre es besser, den Ausgangswert des Reglers 
auf den Stellwert zu addieren. Dann kann der Regler Null ausspucken und 
es wird trotzdem geheizt.

Was verstehe ich hier falsch?

von Waldo (Gast)


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Wie funktioniert ein PID-Regler eigentlich?

von achtung (Gast)


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dafuer ist der I anteil

von Chris S. (hondaracer1)


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falsch: du glaubst ein P-Regler würde dir eine feste Temperatur 
einstellen. Ein P-Regler hat immer einen Fehler, ausser es ist grad 
vollmond.
Wenn du wirklich eine feste Temperatur haben willst dann brauchst du 
einen I-Anteil, dieser integriert so lange den fehler auf bis er null 
wird oder deine Heizung nicht mehr heißer oder kälter werden kann, aber 
das ist dann eine Hardwarebeschränkung.
Wenn es auchnoch schnell und ultra geil sein soll, dann brauchst du 
allerdings auchnoch einen D-Anteil, der soll dafür sorgen das dein 
system auf Regelfehler sehr schnell reagiert, allerdings ist das bei 
etwas so langsamen wie einer Raumtemperatursteuerung total überflüssig.

von Roy (Gast)


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Chris S. schrieb:
> falsch: du glaubst ein P-Regler würde dir eine feste Temperatur
> einstellen. Ein P-Regler hat immer einen Fehler

Naja, das stimmt so auch nicht ganz. Der wird dir eine konstante 
Temperatur einstellen jedoch weicht diese vom Sollwert ab, da ein 
P-Regler den Fehler nie zu Null machen kann (gilt natürlic nur, wenn der 
Regler richtig dimensioniert ist).

von P-Regler (Gast)


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@Roy:

Womit Du gerade ganz genau bestätigt hast, daß ein P-Regler immer einen 
"Fehler hat". Nämlich die bleibende Regelabweichung! ;-)

von 0x53 0x54 0x45 0x46 0x41 0x4E (Gast)


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P-Regler schrieb:
> Womit Du gerade ganz genau bestätigt hast, daß ein P-Regler immer einen
> "Fehler hat". Nämlich die bleibende Regelabweichung! ;-)

Ausser, wenn der P-Regler eine unendlich hohe Verstärkung hat...

von Chris S. (hondaracer1)


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Roy schrieb:
> Chris S. schrieb:
>> falsch: du glaubst ein P-Regler würde dir eine feste Temperatur
>> einstellen. Ein P-Regler hat immer einen Fehler
>
> Naja, das stimmt so auch nicht ganz. Der wird dir eine konstante
> Temperatur einstellen jedoch weicht diese vom Sollwert ab, da ein
> P-Regler den Fehler nie zu Null machen kann (gilt natürlic nur, wenn der
> Regler richtig dimensioniert ist).

den stellfehler hab ich ja gemeint mit meiner aussage, aber stimmt 
schon, da war ich nicht sehr genau mit meiner formulierung.

von Chris S. (hondaracer1)


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0x53 0x54 0x45 0x46 0x41 0x4E schrieb:
> P-Regler schrieb:
>> Womit Du gerade ganz genau bestätigt hast, daß ein P-Regler immer einen
>> "Fehler hat". Nämlich die bleibende Regelabweichung! ;-)
>
> Ausser, wenn der P-Regler eine unendlich hohe Verstärkung hat...

xD man kann alles dazu zwingen das es funktioniert

von marqus (Gast)


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Also ein P-Regler hat dann keine Regelabweichung, wenn die Stellgröße 0 
ist.
Ansonsten ist die Regelabweichung immer Stellgröße / Kp.

von Thomas (Gast)


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OK, habs verstanden. Mit dem P-Anteil alleine hat man immer einen Fehler 
und durch den I-Anteil geht der Fehler langsam gegen Null.

Was spricht dagegen nur mit I-Anteil zu arbeiten? Ich nehme an die 
Regelung ist dann langsamer. Und wenn ich den I-Koeffizienten deswegen 
erhöhe dann hat das Nachteile (Schwingen) sodass ich lieber den P-Anteil 
dazunehme?

von msr (Gast)


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ja wenn du einen reinen I regler nimmst ist deine regelung langsam.
warum willst du die regelungstechnik neu erfinden? nimm einen pi regler 
und fertig.

von chick (Gast)


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Lernen durch diskutieren. Auch ne Möglichkeit.

Es gäb ja noch Fachliteratur...

von Thomas (Gast)


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chick schrieb:
> Lernen durch diskutieren. Auch ne Möglichkeit.
>
> Es gäb ja noch Fachliteratur...

Es gibt immer verschiedene Ebenen auf denen man etwas verstehen kann.
Etwas intuitiv und durch Erfahrung zu verstehen ist ein Aspekt. Das 
andere Extrem ist, es mathematisch exakt zu erfassen. Die erste 
Möglichkeit bedeutet weniger Aufwand und ist manchmal auch besser, da 
schneller, man kann im Leben ja nicht alles lernen.
Man erwartet von einem Autofahrer ja nicht, zu verstehen wie ein Auto 
funktioniert. Er muss nur wissen wie er es bednutzt.
Ich bin in diesem Fall ein PID-Regler-Nutzer und die Literatur die ich 
zu PID-Reglern gefunden habe ist für die Praxis kurzfristig wenig 
hilfreich.

von Chris S. (hondaracer1)


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wenn es um eine derart langsame Anwendung wie eine Temperatursteuerung 
in einem Raum geht, dann ist ein reiner I-Anteil voll ausreichend. Es 
macht nur normalerweise keinen wirklich zusatzaufwand einen P-Regler 
dazu zu nehmen. Und selbst wenn man den P-Regler schlecht dimensioniert 
ist es meist immernoch besser als ihn weg zu lassen.

von Karl H. (kbuchegg)


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Thomas schrieb:

> Was spricht dagegen nur mit I-Anteil zu arbeiten?

Der P-Anteil hat auch einen netten Effekt. Wenn der Istwert sich dem 
Sollwert nähert, sorgt der P-Anteil dafür, dass die Stellgröße bereits 
vor Erreichen des Sollwertes zurückgenommen wird. Dadurch flacht sich 
der Anstieg des Istwertes ab noch ehe der Sollwert erreicht ist.
Hat man nur einen I-Anteil, dann würde der erst mit dem tatsächlichen 
Erreichen des Sollwertes anfangen die Stellgröße zurückzunehmen, weil ja 
erst ab dann die Fehlerterme in die Gegenrichtung zu wirken anfangen.

> Es gibt immer verschiedene Ebenen auf denen man etwas verstehen kann.
> Etwas intuitiv und durch Erfahrung zu verstehen ist ein Aspekt.

Da hast du recht. Bei mir war es eine schnell geschriebene Simulation 
auf dem PC um zu sehen, wie die einzelnen Teile des PI-Reglers 
zusammenwirken. Ist ganz interessant zu sehen, wie der P-Anteil mit dem 
Annähern des Istwertes an den Sollwert ganz zurückgenommen wird um dann 
bei Erreichen desselben auf 0 abzusinken, wobei im Gegenzug der I-Anteil 
sukzessive vergrößert wird um den Sollwert zu halten. Meinem Verständnis 
davon, wie so ein Regler arbeitet, hat die Simulation gut getan.

von Regeltechniker (Gast)


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das ein P-Regler immer eine Regelabweichung beibehält ist grundsätzlich 
nur  richtig für Regelstrecken die nicht integrierend sind. Falls man 
einen P-Regler auf eine integrierende Regelstrecke (z.B. hydraulische 
Lageregelung mittels einseitig oder beidseitig wirkendem Kolben) 
ansetzt, ist natürlich auch eine vollständige Ausregelung des 
Regelfehlers möglich. Das Ganze geht immer dann mit einem P-Regler gut, 
sobald der Regler für verschiedene Istwerte nicht die Stellgrösse 
liefern muss, sondern diese von z.B. der Strecke oder einer Vorsteuerung 
mit Beobachter geliefert wird ...

von Ingenieur (Gast)


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Halbwissen über Halbwissen über Halbwissen, und die Frage des 
Fragestellers ist selbst nach über 6 Jahren immer noch nicht 
beantwortet. Im Grund hatte der Fragesteller nämlich mit seiner 
Vermutung absolut Recht!

Ein Regler an sich ist nämlich absolut ungeeignet für das 
Führungsverhalten einer Ausgangsgröße, also das Vorgeben einer 
Stellgröße. Diese Aufgabe übernimmt immer eine Steuerung. Der Regler ist 
lediglich dazu da, die von der Steuerung ausgegebene Stellgröße derart 
zu korrigieren, dass z.B. beim Eintreten von Störungen, die 
Regelabweichung verschwindet, der Ausgangs also den Wunschwert annimmt. 
Wenn man wie hier in diesem Beispiel einen konstanten Wärmestrom nehme, 
der dein System verlässt, dann muss die Heizung exakt diesen konstanten 
Wärmestrom aufbringen, um die Temperatur auf dem gleichen Niveau zu 
halten. Dieser konstante Wärmestrom muss im Voraus mathematisch 
berechnet (oder empirisch ermittelt) werden. Dieser Wärmestrom wird dann 
in der Steuerung eingestellt. Sollte der tatsächliche Wärmestrom 
schwanken, dann erst tritt der Regler in Kraft und verändert den von der 
Heizung aufgebrachten Wärmestrom, indem der Ausgang des Reglers auf den 
Ausgang der Steuerung addiert wird (eingeschlossen den Fall eines 
negativen Reglerausgangs).
Hätte man keine konstante Wärmestromvorgabe, würde bei jedem primitiven 
Regler (also vollkommen egal ob P, I, PI, PD oder PID) das System 
schwingen. Denn angenommen die Solltemperatur wäre erreicht, wäre die 
Regelabweichung gleich Null und damit auch der Eingang des Reglers. Da 
der Ausgangs des Reglers (in diesem Fall der Wärmestrom der Heizung) 
direkt abhängig ist vom Eingang, würde die Heizung ausschalten. Dadurch 
wird es wieder kälter und der Regler fährt die Heizung wieder hoch. 
Daran ändert auch ein I-Glied im Regler nichts.
Es wird für ein gutes Führungsverhalten stets eine Steuerung benötigt. 
Für ein gutes Störverhalten hingegen wird immer zusätzlich eine Regelung 
benötigt. Diese Anordnung nennt sich Zwei-Freiheitsgrade-Regelung.


Ein reiner Regler ist nur für Regelaufgaben geeignet, bei denen die 
Stellgröße im Normalfall sowieso Null sein soll, also wenn um 
mathematische Ruhelagen des Systems geregelt werden soll. In diesem Fall 
würde eine theoretische Steuerung also nichts zur Stellgröße beitragen.
Was eine Ruhelage ist, hängt dabei von der Systembeschreibung und den 
gewählten Zustandsgrößen ab.
Beispiel: Soll ein Regler entworfen werden, der eine Drohne um eine 
Achse immer in der Ruhelage (horizontal) halten soll, und man betrachtet 
die Geschwindigkeitsdifferenz der Motoren auf beiden Seiten der Achse 
als Stellgröße, so ist diese im Normalfall immer Null. Lediglich wenn 
Störungen (wie Wind) auftreten, wird diese ungleich Null und der Regler 
greift ein.

Das Beispiel hier hingegen erfordert bei konstantem Wärmestrom, der das 
System verlässt, auch eine konstante Stellgröße für die Heizung. Diese 
konstante Stellgröße liefert der Regler aber nicht!

Wenn in diesem Fall alle Störungsgrößen (also alle Wärmeströme) gemessen 
werden können und das System perfekt bekannt ist (also man genau weiß, 
wie man die Heizung einzustellen hat, damit ein exakter Wärmestrom exakt 
von der Heizung erzeugt wird) wird sogar gar keine Regelung notwendig. 
Erst wenn eine weitere, nicht messbare Störgröße (in diesem Fall ein 
weiterer, aber nicht messbarer Wärmestrom fließt), wird eine Regelung 
notwendig.

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