Forum: Offtopic Frage zu (Badezimmer-)Verkabelung


von Daniel H. (Firma: keine) (commander)


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Hallo allerseits,

ich habe am Freitag eine Mietwohnung besichtigt. Diese gefällt mir 
soweit recht gut, aber nachdem ich nun das Wochenende drüber nachgedacht 
habe sind mir doch ein paar Dinge aufgefallen.

Die Wohnung wurde angeboten als modernisiert, d.h. Bad und Gäste-WC 
wurden neu gemacht (Fliesen + Sanitär), neues Laminat wurde verlegt, 
neue Türen eingesetzt und die Elektroinstallation "komplett neu" (Zitat) 
gemacht.

Um Letztere geht es mir eigentlich primär. Was ich sehen kann ist, dass 
der Sicherungskasten neu bestückt wurde ( 8 x 16A Sicherungen + 1 x 30mA 
FI) und alle Steckdosen und Lichtschalter ersetzt wurden. Allerdings ist 
mir aufgefallen, dass scheinbar die Leitungen nicht erneuert wurden, die 
Wände sind noch untapeziert und es sah nirgends so aus, als wenn die 
Wände aufgestemmt worden wären. An den Deckenanschlüssen für die Lampen 
kann man erkennen, dass zumindest diese als Stegleitung ausgeführt sind 
und dass auch im Badezimmer (dort auch über dem Waschbecken). In die 
Wände kann ich nun natürlich nicht schauen, aber da ich vorher das Glück 
hatte nur Neubauten zu bewohnen bin ich bisher nicht mit Stegleitungen 
in "Berührung" gekommen. Da mir die leitung daher als solche komisch 
vorkam habe ich mal etwas recherchiert und dabei festgestellt, dass 
Stegleitungen im Badezimmer wohl mittlerweile komplett verboten sind.

Ist dies soweit korrekt oder gibt es dazu Ausnahmeregeln, so dass solche 
Leitungen nicht erneuert werden müssen? Sollte ich darauf bestehen, dass 
auch die Leitungen (zumindest im Bad) erneuert werden? Das genaue 
Baujahr des Gebäudes kenne ich leider nicht (müsste ich noch erfragen), 
ich schätze es aber auf etwa 1970 - 1980. Ich will dem Vermieter nichts 
Böses, aber spätestens bei Strom + Feuchtigkeit verstehe ich keinen Spaß 
mehr.

Viele Grüße,
Daniel

von Winfried J. (Firma: Nisch-Aufzüge) (winne) Benutzerseite


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Hallo Daniel

Es gibt einen sogenannten Bestandsschutz. Aber das ist nicht "neu" und 
eine gößere Reparatur oder Modernisierung hebt diesen auch auf.

Am besten den Vermieter darauf ansprechen und Fragen "Welcher Norm das 
entspricht und in welcher Fassung, der aktuellen VDE jawohl nicht?"

Dann wirst du jemanden schwimmen sehen. Und er wird reagiegen ev. war 
auch der Strippenzieher zu faul oder der Vermieter wollte das nicht 
bezahlen. Aber das ist nicht dein Problem, sofern du zahlst. Dann hast 
du auch einen Anspruch auf fachgerechte Installation.

Namaste

von Tex A. (tex)


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Es gibt für Elektroanlagen keinen Bestandsschutz!

Es gibt bei Änderungen der Normforderung eine Nachrüstpflicht (z.B. 
Kragensteckvorrichtungen) oder aber keine Nachrüstpflicht (z.B. FI - 
Schutzschalter) für bestehende Anlagen.

Bei Erweiterungen oder Änderungen ist die Anlage an die aktuellen 
Normforderungen anzupassen.

Da die Erneuerung der Verteilung eine wesentliche Änderung der Anlage 
darstellt, hätte die Stegleitung im Bad auch ausgetauscht werden müssen.

von Winfried J. (Firma: Nisch-Aufzüge) (winne) Benutzerseite


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@tex

Tex Avery schrieb:
> Es gibt für Elektroanlagen keinen Bestandsschutz!

Wo kann ich mich über diese aussage auf stand bringen sprich wo finde 
ich dies belastbar belegt? Mich interessiert das auch beruflich.

Bei uns in der Aufzugtechnik ist eine Evaluierng durch staatlich 
geprüfte Sachverständge nötig um die Nachrüstpflicht mit Fristen 
durchzusetzen, ich darf nur beraten.

Namaste

von Vn N. (wefwef_s)


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Tex Avery schrieb:
> Es gibt für Elektroanlagen keinen Bestandsschutz!
>
>[...] oder aber keine Nachrüstpflicht (z.B. FI -
> Schutzschalter) für bestehende Anlagen.

Genau das ist i.A. mit Bestandsschutz gemeint.

von Dennis H. (t1w2i3s4t5e6r)


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Tex Avery schrieb:
> Es gibt für Elektroanlagen keinen Bestandsschutz!

Ich denke, man muss hier einfach mal den Begriff Bestandsschutz genauer 
definieren. Beim KFZ weis ich, das ab glabue ich 1959 ein Bremslicht 
angebracht sein musste, und da gab es keinen Bestandsschutz, das mussten 
zu diesem Zeitpunkt alle haben, auch KFZ's mit Baujahr vor 1959. Später 
kam dann das mit der dritten Bremsleuchte, keine Ahnung wann genau. Da 
gab es den Bestandsschutz. Da mussten einfach nur alle ab da 
erstzugelassenen diese dritte Bremsleuchte haben, davor erstzugelassene 
konnten nach wie vor ohne fahren. So ein Bestandsschutz gibt es auch 
laut VDE.

Festgehalten ist das indirekt in zwei Normen. VDE 0100T600 regelt die 
Erstinbetriebnahme einer elektrischen Anlage. Darin steht, das zu 
überprüfen ist, ob die Installation nach den aktuellen Regeln der 
Technik, also den VDE's ausgeführt worden ist. Dazu ist auch ein 
Protololl anzufertigen. Dieses Protokoll wird dem Kunden ausgehändigt, 
der Elektriker behält eine Kopie. Also kannst du von dem Vermieter 
dieses Protokoll mal anfordern, das muss er haben.
VDE0105 regelt die Wiederholungsprüfung. In dieser Norm steht nur, das 
die Elektrische Anlage den Normen zum Zeitpunkt der Errichtung 
entsprechen muss. Deswegen kann man auch so schön auf der VDE DVD nach 
Jahreszahlen suchen, also um rauszufinden, welche Normen eben zu diesem 
Zeitpunkt galten.

Das ist für mich ein Bestandsschutz.

Grob zusammengefasst heißt das also, wenn an einem Anlagenteil eine 
Änderung bemacht wird, muss es den aktuellen VDE's entsprechen. 
Anlagenteil heißt, das wenn eine Änderung in einer UV einer Wohnung in 
einem großen Wohnblock gemacht wird, muss nicht das ganze Haus auf den 
komplett neuen Stand gebracht werden.

MfG Dennis

von Daniel H. (Firma: keine) (commander)


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Hallo,

vielen Dank für eure vielen Antworten, ich sehe schon, dass die Sache 
mit dem "Bestandsschutz" etwas kniffelig zu sein scheint.

Soweit ich es beurteilen kann wurde die Elektronik eher "kosmetisch" 
erneuert, sprich neue Steckdosen und Schalter. Außerdem wurden im 
Sicherungskasten die Sicherungen erneuert und ein FI eingesetzt (oder 
ein alter ersetzt, das weiß ich nicht). Alles "tieferliegende" scheint 
aber nicht gemacht worden zu sein.

Jetzt ist eben die Frage ob es da nicht irgendwelche Schlupflöcher gibt, 
weswegen man dann z.B. die Leitungen im Bad nicht machen muss (z.B. weil 
ja nichts geändert sondern nur ersetzt wurde).

Insgesamt sind mir die Leitungen sogar eigentlich egal, am meisten 
ärgert mich gerade, dass gesagt wurde, dass die gesamte Installation neu 
wäre. Wobei das natürlich zusammenhängt, wenn wenn ich "neu" höre 
verstehe ich darunter halt nicht nur "nicht alt" sondern auch "auf dem 
Stand der Technik".

Viele Grüße,
Daniel

von Winfried J. (Firma: Nisch-Aufzüge) (winne) Benutzerseite


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Das solltest du mit dem Vermieterausdiskutieren, was Sache ist siehst du 
besser als wir und wo der Has langläuft weist jetzt.

Namaste

von Tex A. (tex)


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>> Wo kann ich mich über diese aussage auf stand bringen sprich wo finde
ich dies belastbar belegt? Mich interessiert das auch beruflich.

>>Bei uns in der Aufzugtechnik ist eine Evaluierng

Sofern Dein Aufzug elektrisch betrieben wird, gibt es im Haus einen Ort, 
von dem er seinen Strom bekommt. Da solltest Du an der Wand mindestens 
eine blaue, eine grüne und eine gelbe Tafel finden.
Die Gelbe Tafel fasst kurz die Pflichten des Betreibers einer 
elektrischen Anlage zusammen.
Natürlich findet sich alles auch schön gestückelt und verklausuliert in 
der VDE 0100 in der TAB und natürlich in der TRBS und der BGV wieder.


> In dieser Norm steht nur, das
> die Elektrische Anlage den Normen zum Zeitpunkt der Errichtung
> entsprechen muss. Deswegen kann man auch so schön auf der VDE DVD nach
> Jahreszahlen suchen, also um rauszufinden, welche Normen eben zu diesem
> Zeitpunkt galten.

Und genau da liegt eben der Fehler. Es gibt nämlich keinen 
Bestandsschutz
(http://www.juraforum.de/lexikon/bestandsschutz-im-baurecht)
in elektrischen Anlagen. Und darum sind die alten Kragensteckverbinder, 
obgleich dereinst legal und Normgerecht, absolut und ohne Einschränkung 
unzulässig, denn hierfür galt die Nachrüstpflicht.

von Winfried J. (Firma: Nisch-Aufzüge) (winne) Benutzerseite


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@tex

VDE Nachrüstpflichten etc war klar
da selbst Elektromonteur

Das Problem lag bei mir, wie bei wahrscheinlich vielen in der juristisch 
defierten Begriffsbestimmung und die klärt das baurecht ja wie dien link 
belastbar belegt

Danke, das war nicht nur informativ sondern auch hilfreich für die 
zukunft auch wenn ich das für mein Aktionsgebiet verifizieren muss.

MfG Winne

von Daniel H. (Firma: keine) (commander)


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Hallo,

danke für eure Antworten. Ich habe nun folgendes PDF gefunden:
http://www.hirsch-elektrotechnik.at/download/Anlagenzustand%20bei%20Mieterwechsel.pdf

Da nach meinem Kenntnisstand weder eine wesentliche Änderung, noch eine 
wesentliche Erweiterung gemacht wurde dürften die Stegleitungen im Bad 
dann wohl zulässig sein. Dennoch werde ich das mal ansprechen, mal 
sehen, was herauskommt.

Gruß,
Daniel

von Tex A. (tex)


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>> Da nach meinem Kenntnisstand weder eine wesentliche Änderung, noch eine
>> wesentliche Erweiterung gemacht wurde

... Und Du hast nicht den Eindruck, dass Dein geposteter Text und Deine 
Beschreibung der Anlage in einem erheblichen Widerspruch zu dem Inhalt 
des von Dir verlinkten Dokuments (z.b. Seite 3 / Anstrich 3) steht ?!?

von Daniel H. (Firma: keine) (commander)


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Inwiefern besteht denn ein Widerspruch? Ich kann nur beurteilen, dass 
z.B. jetzt neue Sicherungen und ein neuer FI drin sind. Sofern vorher 
auch schon ein FI drin war wäre das doch keine wesentliche Änderung der 
Anlage, oder? Die Stromart wurde auch nicht geändert, die Nennspannung 
sollte gleich sein und die Maßnahmen gegen Berührungsschutz wurden 
(gegenüber dem Urzustand) auch nicht herabgesetzt.

In meiner jetzigen Wohnung habe ich z.B. auch schon einen FI drin (das 
Haus wurde 1999 errichtet), wenn dort nun Stegleitungen im Badezimmer 
verlegt wären verstehe ich das so, dass es zulässig ist wenn ein neuer 
FI eingesetzt wird und die Stegleitungen nicht erneuert werden, da sich 
ja an der Schutzmaßnahme nichts ändert und der bau/die Ausrüstung nach 
dem Stand der Dinge von 1999 erfolgte. Wenn hingegen kein FI vorhanden 
wäre und er würde neu eingebaut, dann müssten auch die Stegleitungen 
raus.

Ich bin einfach nicht vom Fach und auch kein Elektriker, daher kann es 
sein, dass ich das falsch verstanden habe.

von Dirk J. (dirk-cebu)


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Daniel H. schrieb:
> Sollte ich darauf bestehen, dass
> auch die Leitungen (zumindest im Bad) erneuert werden?

Wenn Du die Wohnung nicht haben willst, bestehe ruhig darauf. Es gibt 
sicher andere Wohnraumbewerber, die das nicht stört (weil sie es nicht 
wissen).

von Daniel H. (Firma: keine) (commander)


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Hey, super Tip, ich danke dir, der war wirklich wertvoll.

von Paul M. (paul_m65)


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> Bei Erweiterungen oder Änderungen ist die Anlage an die aktuellen
> Normforderungen anzupassen.

Kommt wohl auf den Umfang der Erweiterung an. Wenn nur eine neue 
Steckdose installiert wird, wird wohl niemand die komplette 
Elektroinstallation im Altbau rausreißen, selbst wenn es dort 
Stegleitungen ohne Schutzleiter gibt. Das Thema hatten wir hier im Forum 
ja schön öfter. Natürlich wird der Elektromeister etwas anderes 
erzählen, denn er wittert das große Geschäft.

von Tex A. (tex)


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>  Natürlich wird der Elektromeister etwas anderes erzählen, denn er wittert das 
große Geschäft.

@Paul
Wusste ich es doch. Und ich habe immer gedacht es wären die Anwälte, 
Steuerberater, Oracle-Programmierer und sonstige Softwarefuzzies,Bänker 
und Unternehmensberater, die mit den fetten Spritschleudern durch die 
Stassen kurven. Nein, es sind diese hinterfuzzigen Elektromeister, die 
mit den 80m NYM 3x1,5 und 7 Steckdosen das fette Geschäft machen und 
nach jeder Altbauinstallation erst mal 8 Wochen  5 Sterne St. Moritz für 
ihre eigenen Muschpoke und das ganze Familienpack Ihrer Gesellen buchen! 
Mistvolk elendes, habgieriges!

@Daniel
Was genau schützt denn der FI? Alle Steckdosen oder nur die in Bad und 
Küche?
Wenn er alle schützt, hat er das vorher dann in revolutionärer Weitsicht 
auch schon getan? Und wann wurde der FI eingebaut?

von Daniel H. (Firma: keine) (commander)


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Tex Avery schrieb:
> Was genau schützt denn der FI? Alle Steckdosen oder nur die in Bad und
> Küche?
> Wenn er alle schützt, hat er das vorher dann in revolutionärer Weitsicht
> auch schon getan? Und wann wurde der FI eingebaut?

Das muss ich noch klären, allerdings bin ich aktuell in der komfortablen 
Situation, dass alle weiteren Besichtigungstermine abgesagt wurden weil 
man mich gerne als Mieter hätte. Heute habe ich noch einen Termin, da 
werde ich das Ganze nochmal abklopfen.

von Dennis H. (t1w2i3s4t5e6r)


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Tex Avery schrieb:
> Und genau da liegt eben der Fehler. Es gibt nämlich keinen
> Bestandsschutz
> (http://www.juraforum.de/lexikon/bestandsschutz-im-baurecht)
> in elektrischen Anlagen. Und darum sind die alten Kragensteckverbinder,
> obgleich dereinst legal und Normgerecht, absolut und ohne Einschränkung
> unzulässig, denn hierfür galt die Nachrüstpflicht.

In Einzelfällen, wie deine genannten Kragensteckverbinder ist das 
richtig, das es da keinen Bestandsschutz gibt. Aber was Leitungen in 
Wänden betrifft, gibt es durchaus einen Bestandsschutz, wie beim 
großteil einer elektrischen Anlage. Oder hast du etwa 2007 deine ganzen 
Steckdosen über FI laufen lassen? Mag sein, das du das in deinem 
Eigenheim vielleicht vorher schon gemacht hast, aber z.B. irgend so eine 
Wohnbaugenossenschaft macht nur das, was unbedingt nötig ist. Die haben 
vor 2007 eben nicht alle Steckdosen über FI genommen, weil FI's nunmal 
viel Geld kosten, und die mussten 2007 auch nicht umrüsten, sondern 
erst, wenn sie wirklich eine Änderung in der elektrischen anlage 
vornehmen. Nenn es, wie du willst, für mich ist das Bestandsschutz.


MfG Dennis

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