Forum: Ausbildung, Studium & Beruf Schnelle Entscheidung für ein Projekt


von Freiberufler (Gast)


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Hallo,
ich bekomme manchmal ziemlich viel Anrufe von einem Vermittler, Vorwahl 
07121.
Da werden Projekte vorgeschlagen, und sie wollen das Profil auch zügig 
weitergeben.
Naja, sollen sie. Vielleicht ist was gutes dabei.
Dann bekam ich die Mitteilung, ein Kunde möchte mich kennenlernen. Das 
Telofoninterview sei morgen.
Zu diesem Zeitpunkt wusste ich den Namen und Standort der Firma, aber 
von der Tätigkeit nur, dass es was mit "C" und "hardwarenah" zu tun hat.
Ok.
Vor dem Anruf (ich wusste noch nichts weiteres über die Tätigkeit) 
fragte mich die Frau, ob ich denn im Fall eines Falles sofort zusagen 
könnte.
Da reichte es mir, und sagte ein klares Nein.

Der Anruf war überraschend interessant. Die Tätigkeit betraf DSP 
realtime programmierung. Etwas, was ich noch nicht machte (realtime 
allerdings schon).

Ich sagte der Frau aus 07121, dass ich das schon interessant finde, aber 
noch überlegen muss.
Da hatte sie kein Verständnis. Offensichtlich machte ich einen guten 
Eindruck auf den Kunden.
(Der Standort ist von meinem Wohnort 4-500km entfernt. Im RE/ICE braucht 
ich über 6 Stunden einfach.)

Da frage ich mich, stimmt da was mit mir nicht oder mit der 
Vermittlerin.
Man kann doch nicht so eben mal schnell entscheiden, wo man das nächste 
Jahr verbringt und mit welcher Tätigkeit.
Warum lassen DIE sich soviel Zeit mit der Suche? Ein Personalbedarf 
dürfte doch schon länger bekannt sein?

von UR-Schmitt (Gast)


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Freiberufler schrieb:
> Warum lassen DIE sich soviel Zeit mit der Suche? Ein Personalbedarf
> dürfte doch schon länger bekannt sein?

Verbummmelt, verbosselt, ...
Die Dame am Telefon muss ihr Soll erfüllen um Prämie zu kassieren.
Der Kunde hat gemerkt, daß er das Produkt schon verkauft hat es aber 
noch gar nicht existiert und jetzt sollst du in negativer Arbeitszeit 
(Du erfährst es heute, es muss aber schon seit 1 Monat fertig sein) die 
Kohlen aus dem Feuer holen.
Gründe gibts da viele, wenn es denen so unter den Nägeln brennt, dann 
handele doch was extra raus. In dem Fall sitzt du vieleicht am längeren 
Hebel!

von Mark B. (markbrandis)


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Freiberufler schrieb:
> Vor dem Anruf (ich wusste noch nichts weiteres über die Tätigkeit)
> fragte mich die Frau, ob ich denn im Fall eines Falles sofort zusagen
> könnte.

"Kommt drauf an."

von Freiberufler (Gast)


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> Gründe gibts da viele, wenn es denen so unter den Nägeln brennt, dann
> handele doch was extra raus.

Nein, der Stundensatz ist sowieso schon sehr gut.
Aber ich kann einfach kein 5 Tage arbeiten und am WE 14 Stunden im Zug 
sitzen. Das ist nicht mein Lebensstil. Ein bisschen Qualität und Ruhe 
brauche ich.

von Patrick (Gast)


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Das ist doch ganz normal.

Hatte einmal etwas Ähnliches mit Ferchau: Projekt wurde vorgeschlagen, 
dann zwei Wochen lang Sendepause, dann kam die E-Mail:

"
Herzlichen Glückwunsch, wir können Ihnen folgende Gesprächstermine zum 
Kennenlernen beim Kunden vorschlagen:
- [Zeitpunkt, zu dem die E-Mail kam, plus irgendwas um die vier Stunden 
(kann grad nicht nachschauen)]
- [Der Tag drauf]
- [Noch einen Tag später]
"

Der Kunde saß von mir auch um die 400 bis 500 Kilometer entfernt. Mir 
ist damals dann auch die Sicherung durchgebrannt; ich habe eine saftige 
E-Mail zurückgeschrieben, in der ich den Vermittlern (sinngemäß u. a.) 
mitteilte, dass ich es nicht nötig genug hätte, mir diesen Affenzirkus 
anzutun, und sie sich bitte einen anderen Dummen dafür suchen sollten.
An diesem Tag versuchte der gute Mann dann noch drei Mal, mich 
anzurufen, und schickte mir drei E-Mails, dann war ein paar Monate Ruhe, 
bis eine andere "Abteilung" begann, mir Projektvorschläge zu 
unterbreiten - offenbar war ich doch zu wertvoll, um mich aus der 
Datenbank zu löschen...

von .... (Gast)


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Wieso arbeiten freiberufliche Ingenieure eigentlich mit solchen 
Vermittlerbanden zusammen? Es ist schon klar, dass es einen gewissen 
Aufwand bedeutet, Projekte vom Kunden an die Ingenieure zu bringen. Aber 
warum überlässt man dieses (noch dazu lukrative!) Feld solchen 
Vermittlerhaien? Würde es nicht mehr Sinn machen, die Projektvergabe 
gewissermassen genossenschaftlich zu organisieren?

von Wolfgang H. (Gast)


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Hi, Freiberufler,

> Da frage ich mich, stimmt da was mit mir nicht oder mit der
> Vermittlerin.
Mit Dir hat was nicht gestimmt. Schweinehälften zieren sich nämlich gar 
nicht, wenn sie gerade verhökert werden.

Laste Dir nicht die Inkompetenz eines "Vermittlungs"systems an, das 
meint, Ingenieurhirn verscherbeln zu können wie genormte 
Schweinehälften.

Die "Vermittlerin" war nicht mal kompetent genug, "C und hardwarenah" 
von "DSP" unterscheiden zu können. Wer nur gelernt hat. Schweinehälften 
nach Schweinerasse, Güteklasse, Schlachtdatum und Gewicht zu 
klassifieren, der betrügt seine Kunden, wenn er ihnen höhere Leistungen 
anbietet.

Der Kunde sollte die Firma anzeigen wegen unlauteren Wettbewerbs. Sie 
sei nicht mal personell aufgestellt, ihre Angebote zu erfüllen.

> Man kann doch nicht so eben mal schnell entscheiden, wo man das nächste
> Jahr verbringt und mit welcher Tätigkeit.
Völlig richtig.

> Warum lassen DIE sich soviel Zeit mit der Suche? Ein Personalbedarf
> dürfte doch schon länger bekannt sein?
Das sind halt so die Symptome, wenn eine Branche versagt.
Zum Verschebeln von Schweinehälften genügen kaufmmännische 
Grundkenntnisse. Aber schon zum Verkuppeln von Mann und Frau gehören 
Menschenkenntnis und Geschick im Umgang mit diesen. Zur Vermittlung von 
Fachkräften gehört auch weit mehr als das, was ein Kaufmann lernt.


Ciao
Wolfgang Horn

von Freiberufler (Gast)


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> Mit Dir hat was nicht gestimmt. Schweinehälften zieren sich nämlich gar
> nicht,

Mir sind die Alarmglocken angegangen. Ich habe NICHT zugesagt.
Also bitte!

Das Thema war in der Tat sehr interessant. Was der Kunde da erzählt hat, 
hat mich total gefesselt. Mit Blackfin und ein physikalisch spannendes 
Thema.
Von Termindruck habe ich nichts gemerkt, vielleicht war ich durch die 
Thematik des Projektes zu sehr abgelenkt.
Es ist mir selten passiert, dass mir spannende Themen präsentiert 
wurden.

von Mark B. (markbrandis)


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.... schrieb:
> Wieso arbeiten freiberufliche Ingenieure eigentlich mit solchen
> Vermittlerbanden zusammen? Es ist schon klar, dass es einen gewissen
> Aufwand bedeutet, Projekte vom Kunden an die Ingenieure zu bringen. Aber
> warum überlässt man dieses (noch dazu lukrative!) Feld solchen
> Vermittlerhaien? Würde es nicht mehr Sinn machen, die Projektvergabe
> gewissermassen genossenschaftlich zu organisieren?

Warum sollte jemand freiwillig auf einen nennenswerten Teil seiner 
Gewinnmarge verzichten?

von War auch mal Freiberufler (Gast)


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Freiberufler schrieb:
> Nein, der Stundensatz ist sowieso schon sehr gut.

Und was ist mit Spesen?


> Aber ich kann einfach kein 5 Tage arbeiten und am WE 14 Stunden im Zug
> sitzen. Das ist nicht mein Lebensstil. Ein bisschen Qualität und Ruhe
> brauche ich.

Was ist Dein Problem?
Schreib der Dame eine nette eMail mit Deinen Konditionen. Entweder sie 
nimmt sie an oder eben auch nicht.
Es ist doch völlig egal, wer der AG ist und wo die Arbeit zu verrichten 
ist. Die Umstände müssen eben zusammen passen.
In den meisten Fällen ist es vor allem eine Frage des Geldes.
Wenn die Reisezeit mit z.B. 40€/Stunde vergütet wird wäre es für mich 
okay.
Denn diese Reisezeit ist zu ca. 90% gewonnene Zeit.

mfG
WamF

von Freiberufler (Gast)


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> Wieso arbeiten freiberufliche Ingenieure eigentlich mit solchen
> Vermittlerbanden zusammen?

Ich denke, das Problem liegt an den "Kunden", d.h. den Firmen.
Sie sind zu faul zum Suchen nach Personal. Oder haben einfach nicht 
soviel Personalleute.
Dann gehen sie zu den Vermittlern.

Ich war schon bei einer grossen Firma, die hat nur über Vermittler 
Veträge gemacht. Selbst als ich nach mehr als einem Jahr wieder ein 
Projekt bekam und ich direkt mit denen einen Vertrag machen durfte (Die 
Projektverträge der Vermittler verbieten, dass man direkt mit den Kunden 
verhandelt bis 1 Jahr nach Projektende),
wollten sie das nicht und bezahlten lieber Provision (!!!)

von Wolfgang H. (Gast)


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Das war Ironie, Freiberufler!

>> Mit Dir hat was nicht gestimmt. Schweinehälften zieren sich nämlich gar
>> nicht,
>
> Mir sind die Alarmglocken angegangen. Ich habe NICHT zugesagt.
Klar, richtig gehandelt im Sinne von "nur Schweinehälften protestieren 
nicht, wenn sie von einem Tiefkühltransporter in den nächsten umgeladen 
werden."

> Das Thema war in der Tat sehr interessant. Was der Kunde da erzählt hat,
> hat mich total gefesselt.
Mag sein. Das Drängen auf schnelle Entscheidung ist aber genau das, 
womit man die zweifelnden Fragen nach dem tatsächlichen Wert der 
Lehmann-Zertifikate abwürgt mit dem Verweis auf die phantastische Höhe 
der Rendite.

Ungeschickt ist dies Drängen bei Neukunden, eben ein Indiz für 
Inkompetenz. Das geht nur zwischen Personen, die sich schon kennen und 
vertrauen.

Ciao
Wolfgang Horn

von Freiberufler (Gast)


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>> Aber ich kann einfach kein 5 Tage arbeiten und am WE 14 Stunden im Zug

> Was ist Dein Problem?
> Schreib der Dame eine nette eMail mit Deinen Konditionen. Entweder sie
> nimmt sie an oder eben auch nicht.

Wenn das Projekt brennt und alle Überstunden machen, dann kann man nicht 
nach 4 Tagen sagen "Tschüss, schönes WE".
Das ist menschlich schwierig. Und mir ein schnelles Auto kaufen und 
rasen will ich auch nicht.

von Wolfgang H. (Gast)


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Hi, Freiberufler,

> Ich denke, das Problem liegt an den "Kunden", d.h. den Firmen.
> Sie sind zu faul zum Suchen nach Personal. Oder haben einfach nicht
> soviel Personalleute.
> Dann gehen sie zu den Vermittlern.
Die Faulheit ist es sicherlich nicht. Die naheliegenden 
Schuldzuweisungen sind selten wahr.

Aber bedenke mal, wie mit der Verlagerung der Arbeit vom fest 
angestellten Mitarbeiter auf Freiberufler die Gefahr der Korruption 
zugenommen hat.
Wie sich Firmen unter "Governance" verpflichten, solcher Korruption 
vorzubeugen. Dann ist jeder Fall suspekt, wo eine mit der Person A 
angefangene Arbeit durch genau diese fortgesetzt werden soll. Also eben 
keine freihändige Vergabe, sondern eher Ausschreibung.

Wegen des Aufwandes muss man das dann halt so simpel machen wie der 
Handel von Schweinehälften.

Ich wundere mich, wie der Ansatz "festangestellte Mitarbeiter entlassen, 
billige Freiberufler und Zeitarbeiter beschäftigen" trotz der Maßnahmen 
gegen Nebenwirkungen wie Korruption wirklich billiger sein kann.

Ciao
Wolfgang Horn

von Diana (Gast)


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Die Verhaltensweise von "Freiberufler" halte ich für vollkommen richtig.
Die augenblickliche Situation gibt uns Freiberuflern gute Karten in die 
Hand.
Wenn die Auftraggeber merken, dass outsourcen nicht billiger und/ oder 
schneller als das Einstellen von qualifiziertem Personal ist und auch 
Freiberufler eine halbwegs menschenwürdige Behandlung erwarten, wird 
sich evt. etwas in der Wertschätzung von Freiberuflern und Mitarbeitern 
ändern.

Leider scheint die Konjuktur gerade wieder zu kippen und damit auch 
diese Hoffnung.

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