Forum: Ausbildung, Studium & Beruf Frage an höhere Semester Elektrotechnik oder Absolventen


von stefan g. (steve5)


Lesenswert?

Hallo,
lese zwar schon länger hier mit habe mich aber soeben erst angemeldet.

Ich studiere derzeit Elektrotechnik im zweiten Semester an der 
Hochschule.
Eigentlich ist das zweite Semester schon fast zu Ende. Zwei Prüfungen 
werde ich die nächsten Tage noch schreiben.
Das Studium und die Inhalte finde ich sehr interessant und ich bin mir 
sicher, das Richtige zu studieren.
(Bevor jetzt wieder die Diskussion los geht, dass der E-ing heutzutage 
sowieso keinen Job mehr bekommt: Dem erlogenen Fachkräftemangel bin ich 
mir bewusst aber ich glaube trotzdem, dass es einem in dieser Branche 
vergleichsweise mit am Besten geht.)


Noten im ersten Semester waren gut und auch diesmal scheint alles gut zu 
laufen.
Aber rückblickend auf das nun fast vergangene Semester und vor allem die 
letzten Wochen stelle ich fest, dass der Lernaufwand einfach enorm war.
Am Wochenende abends immer schön etwas unternehmen aber sonst eigentlich 
keine Freizeit.
Vor allem im Vergleich zum ersten Semester fällt mir das auf. Daher 
stelle ich mir natürlich die Frage, ob sich diese Steigerung fortsetzen 
wird.

Sollte dem nämlich so sein und dies höre ich immer öfter, werde ich mir 
für die Zukunft wohl eine etwas andere Strategie überlegen müssen.

Ich bin gespannt auf Antworten von Leuten mit diesbezüglicher Erfahrung. 
Wie war es bei euch?

Mit freundlichem Gruß
Stefan

von Studieninteressierter (Gast)


Lesenswert?

Darf man fragen welche Uni/FH?

von stefan g. (steve5)


Lesenswert?

Hallo,
ja ich studiere an der Hochschule München.

von Müde (Gast)


Lesenswert?

Bin im 10. Semester. Bachelor war Schwerpunkt Nachrichtentechnik, Master 
Energietechnik (alles an der FH). Wenn du dazu neigst auf Nummer sicher 
zu gehen und nicht den "Mut zur Lücke" hast was Prüfungen angeht, und 
auch nicht bei den Naturtalenten bist die eh den Dr. dran hängen, dann 
wird es auf jedenfall streßiger werden. Die schlimmsten Semester waren 
für mich das 4. und das 6. Im Master waren die Fächer zwar inhaltlich 
schwer, die Prüfungen aber leicht.

von TestX .. (xaos)


Lesenswert?

Es steigert sich die ersten paar Semester (so 60% des Studiums) immer 
weiter..das ist ganz normal

von Dirk K. (knobikocher)


Lesenswert?

Bin auch an einer FH: Etech - Nachrichtentechnik. Das Lernen an sich für 
die Klausuren war nie das größte Problem. Habe keine Supernoten, Schnitt 
2,0 aber der Lernaufwand dafür war schaffbar. Anstrengend war das 
vergangene (6.) Semester mit 5 Laboren + Vorlesungen. 
Labrorvorbereitung, Durchführung und anschließende Berichte kosten 
vieeel Zeit und lassen sich nicht aufschieben. Da muss man sich die Zeit 
gut organisieren. War aber trotzdem schaffbar und habe befriedigende bis 
sehr gute Noten erarbeiten können trotz Nebenjob.

Vom Stoff her fordernd fand ich das dritte und vierte Semester, wo die 
Grundlagen ihren Höhepunkt erreichen. Danach gehts mit spezialisierten 
Themen weiter, welche zwar nicht einfacher, dafür aber umso 
interessanter wurden. Das geht dann viel besser in den Kopf, weil 
Spannend :D

von Eule (Gast)


Lesenswert?

Ich habe auch an der Hochschule München studiert, habe vor kurzem meine 
Masterarbeit abgegeben und warte noch auf das Zeugnis :). Nach meiner 
Erfahrung sind die ersten vier Semester am schwierigsten. In den ersten 
beiden Semester hängt viel von deinem Vorwissen (Schule etc.) ab. Der 
Lernaufwand ist sehr groß, vor allem wenn man gute Noten haben will. 
Leichter wird es sicher nicht. Zum Ende des Studiums lernt man aber mit 
den Dingen umzugen, weiß wie man sich effektiv auf Prüfungen vorbereiten 
muss und das erleichtert vielleicht einiges. Dazu kommt, dass die Profs 
auch nicht mehr "Aussortieren", daher die Studenten, die es bis dahin 
geschafft haben auch normalerweise das Studium erfolgreich beenden und 
denen will man keine schlechten Noten ins Berufsleben mitgeben. Was das 
Masterstudium angeht schließe ich mich meinem Vorredner an: Die Inhalte 
von manchen Fächern sind schwierig, aber die Prüfungen sind 
normalerweise leichter.

Aber wie ich mitbekommen habe, gab es an der Hochschule München in den 
letzen Jahren auch Änderungen im Lehrplan. Also könnte sich auch einiges 
geändert haben. Das sind eben nur meine Erfahrungen.

von Marx W. (Gast)


Lesenswert?

stefan gruber schrieb:
> ja ich studiere an der Hochschule München.

Die Frage war FH/Uni!

von Studieninteressierter (Gast)


Lesenswert?

Marx W. schrieb:
>> ja ich studiere an der Hochschule München.
>
> Die Frage war FH/Uni!

stefan gruber schrieb:
> Hallo,
> ja ich studiere an der Hochschule München.

 --> FH München?

von MaWin (Gast)


Lesenswert?

> Daher stelle ich mir natürlich die Frage, ob sich diese
> Steigerung fortsetzen wird.

Das liegt an dir.

Allgemein ist die Uni heute wohl mit höherem Lernaufwand verbunden als 
früher.

Aber auch früher konnte man schon rein zeitlich nicht alles machen, was 
sich die Professoren gewünscht hätten.

Mut zur Lücke.

Manche Vorlesungen werden eben gar nicht mehr besucht (rote Linie vor 10 
Uhr im Stundenplan), nur noch 1 Woche vor der Prüfung gelernt, das ist 
dann ein bischen blöd wenn man in der mündlichen Prüfung den Prof nicht 
erkennt, weil man ihn nie zu Gesicht bekommt hat, geht aber schon mal.

Entscheidend ist, was hinten rauskommt, sagte mal jemand.

Als Student lernt man durchaus die ganze Zeit, auch im Park, abends in 
der Kneipe, mittags in der Mensa, am Wochenende am See, aber das muß ja 
nicht heissen, daß man über Skripten brütet, sondern denkt, mitdenkt, 
mitredet, sich mitunterhält.

Nach deinen Studium musst du die Klausuren alle bestanden habe, und ein 
bestimmtes (hochspezialisiertes) Fachwissen haben, deswegen dich die 
Unternehmen einstellen sollen. Dieses Fachwissen kann dir nur 
ansatzweise von der Uni beigebracht werden, vergiss nicht, Professoren 
sind nichts andere als Studenten die nach dem Diplom, ach nee, Master, 
an der Uni geblieben sind. Der normale Professor hat auch nicht mehr 
Ahnung, als daß er vor 10 Jahren dieselben Vorlesungen gehört hat, und 
sich danach nie mehr damit beschäftigt hat, ausser in seinem 
hochspezialisierten Fachbereich.

Lernen ist also normal, der Unistoff nur ein Teil davon, aber lernen tut 
(im akademischen Bereich) nicht weh (bei anderen Jobs können Fehler 
schmerzhaft sein).

von Finsbury (Gast)


Lesenswert?

Studiert an einer FH und es war bzgl. Lernaufwand und Labore etc. 
eigentlich genau so wie schon beschrieben. Als Fachschaftsmitglieder 
hatten wir glücklicherweise zwei Räume im Gebäude zur Verfügung und da 
für einige von uns der Weg heim nicht weit war, hat uns der Nachtwächter 
auch schon mal öfter um 22 Uhr herausbitten müssen.
Der Gesamtaufwand mag von Studi zu Studi unterschiedlich groß ausfallen 
und unterschiedlich viel bringen - sobald die Entscheidung getroffen ist 
zählt eigentlich nur eines - das Studium bewusst so weit es irgend 
möglich ist mitnehmen und eben die erforderlichen Resourcen einfach 
reinstecken - auch wenn es stofflich lange Strecken fad sein kann. Dann 
klappts auch mit dem Ergebnis. Wie du dir das regelst und was du 
investieren musst wirst du schon herausfinden.
Zeit um Mensch zu sein findet sich schon auch noch. Keine Sorge.
Der Jobeinstieg ist auch ohne größere Probleme gelungen. Wobei man sagen 
muss dass diesbezüglich Noten zwar relevant sind, über Erfolg und 
Qualität des Erfolges aber ganz andere Facetten entscheiden.
Fachkräftemangel ist Unsinn. Ein Hirngespinst, welchem die Politik nun 
schon so lange idiotisch nachplappert, dass es mittlerweile der letzte 
kapiert haben müsste. Lass dich vom einfältigen öffentlichen Gewäsch 
nicht verunsichern. Es war doch genaugenommen nie anders. Oder besser.

von Dipl.- G. (hipot)


Lesenswert?

stefan gruber schrieb:

> Ich studiere derzeit Elektrotechnik im zweiten Semester an der
> Hochschule.

Der Abschluß ist bei mir inzwischen eine Weile her, etwas über 2 Jahre.
Uni, Diplom, Elektrotechnik, Vertiefung Energietechnik 
(Starkstromtechnik).

In den ersten zwei Semestern kam jede Menge Stoff. Die ersten Klausuren 
fanden aber erst nach dem 2. Semester statt. Die meisten Studenten 
nahmen es deswegen auf die leichte Schulter, mich eingeschlossen. Ich 
kam von technischen Schulen, wußte ungefähr, was ich hier eigentlich 
mache in der Etechnik (die meisten technisch ahnungslosen Gymnasiasten 
wußten es nicht), vertraute dem Minimalprinzip und dem Improviseren, 
Sachen, die mir ein sehr gutes Abitur einbrachten, tja, und dann die 
Resulate im Schaukasten:

Von fünf Prüfungen am Ende des 1. Studienjahres, viermal ne 5, einmal ne 
4. Schockwellen im Matrikel, fast alle wurden so erwischt. Jetzt war von 
seiten der Uni demonstriert worden: Bewegt euch, oder ihr fliegt.

Für mich schlimm: Die 5 in Informatik und die 4 in Mathe, meinem besten 
Fach. ;-) Informatik ist so langweilig und sinnlos gewesen, ein C++ 
-Programmierkurs für geeks, vorbei am typischen Studenten. Später 
irgendwie trotzdem dieses unliebsame Fach bestanden.

Das 2. Studienjahr wurde noch intensiver. Mathematik 2, Theoretische 
Elektrotechnik, Grundlagen der Etechnik 3, Physik 3, Technische Mechanik 
für Elektrotechniker et cetera, et cetera. Diesmal mehr oder weniger 
widerwillig ne halbwegs gute Prüfungsvorbereitung gemacht, und am Ende 
der Prüfungsperiode des 4. Semesters hatte ich die Pflichtprüfungen alle 
bestanden und die Außenstände des katastrophalen 1. Jahres abgesehen von 
einem Fach beseitigt. Die fehlende Leistung holte ich außer der Reihe in 
den Semesterferien nach.


Jetzt glaubten wir dummerweise den Behauptungen, daß es im Hauptstudium 
angenehmer würde. Weit gefehlt. :-(
Das 3. Studienjahr sollte sich als die arbeitsintensivste und 
schwierigste Phase erweisen. Die Mathematikausbildung sorgte in Mathe 3 
(Tensoren, Funktionalanaysis und Variationsrechnung für Ingenieure, 
Grundlagen der Distributionen- und Operatorentheorie) und in Numerischer 
Mathematik (Numerik partieller Differentialgleichungen, klassische 
Verfahren, KRYLOW-Unterraumverfahren, Finite-Elemente-Methode, 
Finite-Differenzenmethode, Momentenmethode usw. usw.) für extremen 
Alkoholkonsum und wiederkehrende verzweifelte Saufabende. In den Fächern 
der Vertiefungsrichtung mußten mehr Laborpraktika pro Woche besucht und 
damit mehr Protokolle angefertigt werden, als im Grundstudium, so daß 
die Freizeit gegen ein Minimum strebte.

Der Stoff veränderte sich. Nicht mehr generalistisch über das ganze Feld 
der Elektrotechnik, sondern substantieller Tiefgang auf dem Feld, das 
man als Vertiefungsrichtung hörte. Grundlagen wurden vorausgesetzt und 
nur noch schnell rekapituliert, wenn es klemmte. Die Mathematisierung 
war stark, vor allem elektrische Maschinen und die physikalischen 
Grundlagen der anderen Teilgebiete Leistungselektronik und 
Hochspannungstechnik (Entladungsphysik, Gewitterphysik- und Blitzschutz, 
Leistungshalbleiter usw. usw.).

Im 4. Studienjahr entspannte sich die Situation. Wir fühlten uns vor 
allem im 8. Semester wie im Urlaub. Weniger "work load", Studium 
generale, und Zeit zur freien Gestaltung, z.B. um selbstgewählte 
Vorlesungen zu besuchen. Man konnte das Wissen super sacken lassen und 
in Ruhe ein Thema für die Studienarbeit suchen.

Im Anschluß kam das Praxissemester, das ich im Ausland verbrachte, die 
Diplomarbeit, und mehrere Rumhängphasen am See und auf dem Campus. ;-)


Während die meisten im Grundstudium schlechte Noten hatten, mich 
eingeschlossen, und ihr Vordiplom trotz großen Aufwandes mit ner 4 
abschlossen, kriegte man im Hauptstudium endlich bessere Noten. Statt 
schriftlicher Prüfungen und antipädagogischer Benotungspraktiken, wurden 
die Fächer im Hauptstudium mündlich abgeschlossen. Mündliche Prüfungen 
sind bekannterweise schwerer als schriftliche, allerdings abgesehen von 
Einzelfällen fair. Die künstliche Verschärfung der Notenskala kam zu den 
Akten und eine 1 war eine 1, eine 2 war eine 2 usw. usw. (Im 
Grundstudium wurde der Brotkorb so aufgehangen, daß eine "sehr gute" 
Leistung eine 3 und eine "gute" Leistung eine 4 einbrachte.)




Resümee
Der Peak ist definitiv das 3. Studienjahr gewesen. Danach wurde es 
lockerer bzw. man konzentrierte seine Aufmerksamkeit auf bestimmte 
Sachen. Das Praxissemester oder die Diplomarbeit sind schließlich kein 
Herumlungern gewesen, aber es geht dort anders zu.



Tschö

von Matthias (Gast)


Lesenswert?

Dipl.- Gott schrieb:
> Mündliche Prüfungen sind bekannterweise schwerer als schriftliche,

Seit wann denn das ? Bei uns an der Uni haben einige Studenten die 
Fächer im Hauptstudium explizit danach ausgesucht, daß die Prüfung bloß 
mündlich stattfindet.
Einem Professor fällt das Erteilen schlechter Noten vis-a-vis viel 
schwerer als unter eine anonyme Klausur eine '4,0' zu krizeln !

von Paul (Gast)


Lesenswert?

Die Studienpläne und ECTS-Punkte sind so ausgearbeitet, daß ein 
durchschnittlicher Student eine Gesamtarbeitswoche von 40h hat. Das hat 
die KMK so vorgegeben. Also mal locker. Andere gehen 40h malochen, Du 
gehst 40 h studieren.

von MaWin (Gast)


Lesenswert?

Beim Malocher sind die Fahrzeiten zur Arbeit nicht drin,
beim Studenten die Zeiten die er zuhause lernt.

Der eine hat's halt weiter zur Arbeit weil er im Grünen wohnt,
und der andere lernt halt mehr zuhause weil er's nicht gleich begriffen 
hart.

von Zero V. (Firma: Angestellter/Freelancer) (gnd)


Lesenswert?

Das negativste am ganzen E-Technik Studium ist der enorme Zeitaufwand, 
der in die Vorbereitung und Nachbereitung von Protokollen zu 
Laboren/Praktika fließt.
Hatte ein Semester mal 41 CP erwirtschaftet und dabei 21 Praktika mit 
dazugehörigen Protokollen zu bearbeiten.
Folglich hatte ich 0 Freizeit.
Im Gegensatz zur Erwerbung der Prüfungszulassung waren die Prüfungen 
human gehalten.



Was haltet ihr von Protokollen zu Laborpraktika?

von studi (Gast)


Lesenswert?

James Bonddraht schrieb:
> Was haltet ihr von Protokollen zu Laborpraktika?

Nichts, weil an so ziemlich jeder FH/Uni irgendwo bereits fertige 
Protokolle durch die Gegend geistern :-).
Außerdem empfand ich das viele Praktikas einfach nichts bringen für das 
Verständnis.

von Chris (Gast)


Lesenswert?

Geschenkt bekommt man das Studium nicht aber ich fands in den höheren 
Semestern etwas entspannter. Gründe dafür sind, dass in den ersten 3 
Semester richtig durchgesiebt wurde und halt die trockenen Grundlagen 
erläutert wurden. Wenn es dann später in die Anwendung geht wirds m.M. 
auch etwas einfacher. Das beste Beispiel sind da für mich die 
Galois-Felder. In der höheren Mathematik hatte ich damit richtig 
Probleme aber in der Anwendung in der Codierungstheorie viel mir das 
relativ leicht, vor allem so Sachen wie die DFT in Galois-Feld 2^n

von Marx W. (Gast)


Lesenswert?

studi schrieb:
> Außerdem empfand ich das viele Praktikas einfach nichts bringen für das
>
> Verständnis.

Stimmt, ist schon blöd. Da hat man Versuche zu fahren, und muß wg. 
Zeitdruck GUTENBERGEN!

von al3ko (Gast)


Lesenswert?

In meinem Bachelor FH damals musste ich lediglich 2 Wochen vor 
Klausurenphase pauken. Das Semester über konnte ich gechillt Parties 
machen, zum Sport gehen, Playstation spielen etc. Noten war dennoch 
okay, 2.3 im Schnitt.

Und das kontinuierlich vom 1. bis 6. Semester. Im 7. Semester war dann 
die Bachelorarbeit dran.


Gruß

von irkngdwer (Gast)


Lesenswert?

E-Technikstudium war nie leicht und wird auch nicht leicht werden. Man 
testet auch die Stressresistenz der Leute aus, schließlich wirds im Job 
nicht wesentlich anders. Beiss die Zähne zusammen und tu dein Bestes. 
Außerdem ist Mut zur Lücke eine bewährte Strategie.

von Wilhelm F. (Gast)


Lesenswert?

stefan gruber schrieb:

> Ich bin gespannt auf Antworten von Leuten mit diesbezüglicher Erfahrung.
> Wie war es bei euch?

Der Kracher war bei mir das Grundstudium. Dort befinden sich auch die 
Aussiebfächer wie Mathe, Physik und TET.

Manchmal gab es Extreme, daß man in den Semesterferien eine Woche 
Physiklabor hatte, jeden Tag bis früh nachmittags ein Versuch, danach in 
kleinen Gruppen bis abends um 22 Uhr die Ausarbeitung, die der Prof. auf 
jeden Fall am Folgetag haben wollte. Wohl eine Art künstlich gemachter 
Arbeitsstreß.

Mancher Prof. ließ auch grundsätzlich nur Samstags Klausuren schreiben, 
und teils in den Semesterferien.

Wer aber mal ins Hauptstudium gelangte, dem passiert nicht mehr all zu 
viel. OK, wer z.B. Automatisierung machte, der mußte sich noch mal tief 
mit Regelungstechnik befassen. Ich mochte Regelungstechnik überhaupt 
nicht, tat mir damit furchtbar schwer, erwähne es deshalb mal. Dafür 
hatte ich Schwerpunkte wie Mikroelektronik, Schaltungsdesign, 
Simulation, Digitaltechnik, µC, wo sich wiederum manch eingefleischter 
Regelungstechniker ins Knie schoß. Nicht jedem liegt jedes Fachgebiet. 
Hinterher ist nicht jeder durch jeden ersetzbar. Man ist irgendwo etwas 
spezialisiert, und hat anderswo Lücken. Anders geht es bei der enormen 
Wissensvielfalt und Wissensmengen auch gar nicht.

Wenn man sich für 1-2 Fachgebiete richtig interessiert, und sie gut 
beherrscht, dann ist das auch schon die halbe Miete. Besser, als wenn 
man alles beherrschen will, aber nichts richtig kann. Ich werde also 
niemals ein guter Automatisierer werden, komme was wolle. Ist aber auch 
egal.

von Dipl.- G. (hipot)


Lesenswert?

Matthias schrieb:
> Dipl.- Gott schrieb:
>> Mündliche Prüfungen sind bekannterweise schwerer als schriftliche,
>
> Seit wann denn das ? Bei uns an der Uni haben einige Studenten die
> Fächer im Hauptstudium explizit danach ausgesucht, daß die Prüfung bloß
> mündlich stattfindet.
> Einem Professor fällt das Erteilen schlechter Noten vis-a-vis viel
> schwerer als unter eine anonyme Klausur eine '4,0' zu krizeln !

Ganz einfach.
Schriftliche Prüfungen lassen sich detailliert vorbereiten.
Technik: Auswendiglernen. Vor allem aber: jemanden kennen, der alte 
Klausuren beschaffen kann. Ich bin im Studium einer der Exoten gewesen, 
die relativ weit umgezogen sind und in der Studienstadt absolut 
niemanden kannten und daher keinerlei Kontakte zu hilfreichen Leuten 
hatte. Das korrelierte direkt und ziemlich extrem mit den Noten, die ich 
im Grundstudium bekam.

Mündliche Prüfungen hingegen lassen das Pendel zugunsten von Typen wie 
mich ausschlagen. Nicht Auswendiglernen, sondern Verstehen des Stoffes, 
Systemwissen, Denken und Erklären in Zusammenhängen, Eloquenz und 
präzise Kommunikation haben Erfolg. Auswendiglernen bewahrt einen 
höchstens vor der 5, doch in 90 Minuten, teilweise 120 Minuten 
wissenschaftlichen Gespräches überlebt kein Auswendiglerner, wenn der 
Prof nicht besoffen in der Ecke liegt. Zumindest war das bei uns so, daß 
die ganzen bienenfleißigen Kommilitonen solide Noten bekamen, jedoch nie 
herausragende.

Die Vorbereitung auf solche Prüfungen erfordert echtes Studieren und muß 
über das Grundgerüst von Vorlesung, Übung und Praktika hinausgehen, denn 
der Prof wird Fragen stellen, die man im Selbststudium klären muß. Das 
diente häufig zum Festlegen der Grenze zwischen ner 1 und ner 2. Lernen 
wie in der Schule und stumpfe Wiederholung von dem, was einem vorgesetzt 
wurde, oder blindwütiges Rechnen hunderter Beispiele half nicht mehr.

Mündliche Prüfungen sind diesbezüglich bei uns schwerer gewesen. Man 
konnte der Person des Professors nicht entkommen, mußte den Stoff besser 
beherrschen, konnte andererseits kein Opfer mehr werden von ungünstigen 
Aufgaben. Schriftliche Prüfungen sind Glücksspiel. Bestens vorbereitet 
kann man katastrophal untergehen, ohne daß der wahre Wissensstand 
abgebildet wird.



Ich hatte selbstverständlich auch schlechte mündliche Prüfungen, weil 
der Professor sich wie die Axt im Walde benahm. Aus diesem Grund verlor 
ich  ein ganzes Jahr, denn es hagelte Fünfen und dementsprechend 
Wiederholungsprüfungen. Der Normalfall war das aber nicht. Insgesamt 
gesehen gerieten die Auswendiglerner, die im Grundstudium bessere Noten 
hatten, im Hauptstudium in Schwierigkeiten, und die Leute, die im 
Grundstudium - wie ich - auf Kriegsfuß mit diesem oktroyierten 
Auswendiglernen standen, bekamen signifikant bessere Noten im 
Hauptstudium. Ebenfalls wurde die Streuung der Prüfungsleistungen 
geringer. Im Grundstudium schwankten die Noten häufig von einem Extrem 
ins andere, obschon man sich gleich gut vorbereitet hatte. Im 
Hauptstudium erhielten die inhaltlich guten Leute konstant gute Noten, 
während die ehemaligen Siegertypen des Auswendiglernens durch die Bank 
weg befriedigende bis solide Ergebnisse erzielten.

Ergo: Mündliche Prüfungen sind schwerer, aber fairer, und daher 
aussagekräftiger.


.

von Vollintelligenter (Gast)


Lesenswert?

Dipl.- Gott schrieb:
...

Naja, dazu muss man aber schon sagen, dass du irgendwo im Osten 
"studiert" hast - das Niveau ist dort ja zwangsläufig deutlich 
niedriger. Eine Verallgemeinerung deiner Erfahrung ist daher nur 
eingeschränkt möglich.

In deinen künftigen Posts solltest du daher ausdrücklich auf deine 
Herkunft hinweisen, so dass man deine Aussagen entsprechend einordnen 
kann.

von al3ko (Gast)


Lesenswert?

Meine Erfahrung:
Schriftliche Prüfungen waren bei uns berechenbarer. Bei uns gab es in 
der Studentenverbindung einen Klausurenpool mit Altklausuren. Und genau 
deswegen konnte ich das ganze Semester rumpimmeln und nichts machen, 
weil ich die Altklausuren 2 Wochen vor der Prüfung auswendig lernte und 
dann stets gute Noten bekam. Das lag daran, dass die Professoren bei uns 
faul sind und ihre Klausuren lediglich aus Altklausuren zusammenwürfeln.

Entsprechend wenig Ahnung hatte ich nach meinem Abschluss.

Nun im Master TU mit ausschließlich mündlichen Prüfungen und 
Hausarbeiten muss ich mich ganz anders mit der Materie 
auseinandersetzen. Die mündlichen Prüfungen fielen mir wesentlich 
leichter. Denn es war keine Frage-Antwort Stunde, sondern viel mehr ein 
Vortrag zu einer Problemstellung. Natürlich wurden uns die Themengebiete 
genannt, so dass wir unsere Präsentationen vorbereiten konnten. Nach 
unserer Präsentation wurden dann abschließend Fragen gestellt. Wenn ich 
etwas in meiner Präsentation ausgelassen habe, was die aber hören 
wollten, sprachen sie mich darauf an und ich musste denen das erklären. 
Oder sie fragten mich nach, was passieren würde, wenn man einen anderen 
Ansatz verfolgen würde und womit man rechnen könnte/müsste.

Bei unseren mündlichen Noten ging es wirklich um Verständnis und wer die 
Problematik/Thematik verstanden hat, bekam eine gute Note.


Ich war nie ein Freund von sturem Auswendig lernen bzw. auswendig 
gelernte Formeln in den Taschenrechner eintippen und die Note des Moduls 
hängt einzig und allein davon ab, wie gut man seinen Taschenrechner 
beherrscht. Das ist keine Ingenieurskunst in meinen Augen. Insofern kann 
ich mündliche Prüfungen nur jedem ans Herz legen und würde mir wünschen, 
dass das an jeder FH/Uni so gemacht werden würde.

von Dipl.- G. (hipot)


Lesenswert?

al3ko schrieb:

> Schriftliche Prüfungen waren bei uns berechenbarer. Bei uns gab es in
> der Studentenverbindung einen Klausurenpool mit Altklausuren.

Siehste, das gab es bei uns nicht, denn die Professoren und Assis 
achteten peinlich genau drauf, daß keine Prüfungsaufgaben den 
Prüfungsraum verließen. Dragonische Strafen erwarteten einen bei 
Verstoß. Aufgaben- und Klausurenpools konnten so effektiv unterdrückt 
werden. Des weiteren ist die Fachschaft ein lahmer Haufen gewesen und 
hätte so etwas ohnehin nicht in Gang gebracht. Die Jahrgänge 
kommunizierten untereinander wenig, weil jeder mit sich beschäftigt war.

Den entscheidenden Vorteil brachte das Vitamin B zwischen den 
Einheimischen. Die kannten sich und redeten. Ich blieb außen vor als 
Zugezogener, so daß meine fachlich angemessene Vorbereitung immer 
höchstens per Zufall zu den Aufgaben paßte. :-(( Deswegen gab es diese 
extremen Schwankungen der Noten.


> Die mündlichen Prüfungen fielen mir wesentlich
> leichter. Denn es war keine Frage-Antwort Stunde, sondern viel mehr ein
> Vortrag zu einer Problemstellung.
>
> wurden uns die Themengebiete genannt, so dass wir unsere Präsentationen
> vorbereiten konnten.
> Nach unserer Präsentation wurden dann abschließend Fragen gestellt. Wenn
> ich etwas in meiner Präsentation ausgelassen habe, was die aber hören
> wollten, sprachen sie mich darauf an und ich musste denen das erklären.
> Oder sie fragten mich nach, was passieren würde, wenn man einen anderen
> Ansatz verfolgen würde und womit man rechnen könnte/müsste.

Das sind keine mündliche Prüfungen im eigentlichen Sinne wie das 
wissenschaftliche Gespräch oder das Rigorosum, sondern das ist mehr eine 
Verteidigung wie die Diplomverteidigung oder die Disputation. Trotzdem 
immer noch besser und näher am Können des Studenten dran als 
schriftliche Prüfungen.


> wie gut man seinen Taschenrechner
> beherrscht. Das ist keine Ingenieurskunst in meinen Augen. Insofern kann
> ich mündliche Prüfungen nur jedem ans Herz legen und würde mir wünschen,
> dass das an jeder FH/Uni so gemacht werden würde.

full ack


Tschö

Bitte melde dich an um einen Beitrag zu schreiben. Anmeldung ist kostenlos und dauert nur eine Minute.
Bestehender Account
Schon ein Account bei Google/GoogleMail? Keine Anmeldung erforderlich!
Mit Google-Account einloggen
Noch kein Account? Hier anmelden.