Eine kleine Geschichte wie man heute anscheinend versucht Ingenieure in den tollen Westen zu holen: Ich: Student, Anfang 2012 auf der Suche nach einer Abschlussarbeit in einem Unternehmen. Gewünschter Tätigkeitsbereich: Hardwareentw. für Embedded-Krimskrams, prakt. Erfahrung: 8/16/32bit'er Programmierung, Ein wenig Gebastel und Minijob als Entwickler für örtl. Ingenieurbüro. Insges. ganz schicker Lebenslauf. Studiumsnoten über Durchschn. Ca. im Januar meldete sich auf meine Online-Bewerbung hin, ein recht stattliches Unternehmen mit Sitz Hamburg(Niederlassung) aus der Luftfahrtindustrie für Airbus usw.(Aeroooo*hust*). Telefoninterview geführt, ich lehnte nach deren Projektbeschreibung und noch vor meiner Präsentation ab, weil langweiliges Recherche-Thema (etwa Sicherheit/Anwendbarkeit gewisser Leuchtmittel). Sie bedauertes das, weil sie mir dann kein weiteres Thema anbieten können. Tat mir dann ein bischen leid, schließlich saßen da 3 gutbezahlte Leute 15 min völlig umsonst rum. Anderes super Unternehmen in Sachsen gefunden. Angenommen. Mitte Mai kommt eine Mail aus anfänglich unseriös scheinender Quelle, ich sollte mein Bewerbungsprofil überarbeiten wenn ich noch Interesse hätte. Es stellte sich heraus, das war anscheinend der Personaldienstleister o.ä. der erstgenannten Klitsche. Gesagt, getan und um 1 Uhr morgens das Ding umgeschrieben, weil ich ja nun keine Abschlussarbeit sondern inzwischen bald einen richtigen Job suchte. Vor 2 Wochen klingelt das Telefon um ca. 20 Uhr(!). Es meldet sich eine Frauenstimme mit deutlichem französ. Akzent: "Ähhhiii Herr XXXX Sie sind noch auf der Suche nach einer Gelegenheit?" Ich war baff. Nach ca. 1 min schnallte ich, dass es um einen Job geht. Nach weiteren 5min Gespräch, stellte sich raus es ist wieder diese Firma (inzw. gesplittet) und möchte wieder ein Telefoninterview. Dann viel der Dame auch ein, sich überhaupt mal vorzustellen und sich für die Uhrzeit zu entschuldigen und sie sagte Sie sei Business Managerin (guck einer an). Als ich ihr klar machte, dass ich inzwischen kein Interesse mehr habe und Aussichten auf einen Job in Sachsen habe, wusste Sie anscheinend garnicht mehr wie ihr geschieht. Sie betonte anschließend ca. 3 mal, dass diese "Gelegenheit" in Hannover wäre und ob ich wirklich in Sachsen arbeiten wollen würde. Und Sie sagte noch einmal den Firmennamen. Dann hat sie ganz traurig das Gespräch beendet, als ich wollte das meine persönl. Daten bitte gelöscht werden. Leute, was bitte ist denn hier los? Hat schon mal jemand so ein obstruses recruiting-Gespräch geführt? Hallo die Frau hat studiert, in Ihren Jobsbezeichung steht etwas mit Managedings und sie weiß nicht was Job/Arbeit auf deutsch heißt und stellt sich nichtmal vor? Das habe ich selbst in einem Kurs in meinem ET-Studium gelernt. Und verflucht warum bilden sich diese Mio/Mrd €-Umsatz Konzerne immer ein in Ihrem Unternehmen will doch unbedingt jeder arbeiten müssen. Und Firmen/Niederlassungen/Jobs im Osten taugen sowieso nix? Ist das wirklich Stand of the art heute? Zum Glück bin ich nicht mehr wirklich auf der Suche nach einer "Gelegenheit".
Martin S. schrieb: > Und verflucht warum bilden sich diese Mio/Mrd €-Umsatz Konzerne immer > ein in Ihrem Unternehmen will doch unbedingt jeder arbeiten müssen. Dann lies doch mal hier im Forum. Alle Jobs unter Konzern sind quasi drittklassig. Das bekommen neatürlich auch die Firmen mit. Zumal auch die Zahl der Bewerbungen, die jährlich bei den Konzernen jenseits von gut und böse sind. Ich hatte letztens was über Siemens gelesen, die hatten über 100000 Bewerbungen / Jahr. Die können massiv auswählen und nehmen natürlich nur die BEsten. > Und Firmen/Niederlassungen/Jobs im Osten taugen sowieso nix? Das trifft insbesondere beim Gehalt bei sehr vielen Firmen und auch Konzernen zu. Vielleicht mit Ausnahme von Dresden und Berlin.
Jens schrieb: > Zumal auch > die Zahl der Bewerbungen, die jährlich bei den Konzernen jenseits von > gut und böse sind. Ich hatte letztens was über Siemens gelesen, die > hatten über 100000 Bewerbungen / Jahr. Die können massiv auswählen und > nehmen natürlich nur die BEsten. Das wird die Summe aller Bewerbungen sein - einschließlich aller H4-Pflichtbewerbungen. Die Zahl der ernstzunehmenden Bewerbungen auf einzelne Entwicklerstellen wird deutlich geringer sein. Martin S. schrieb: > Ist das wirklich Stand of the art heute? Erscheint fast normal. Ich hatte die Festanstellung aufgegeben um mir etwas interessanteres zu suchen und bin in der Zwischenzeit als Selbständiger gut über die Runden gekommen. Am Telefon habe ich das dem Anrufer von der Zeitarbeitsfirma auch so gesagt, einschließlich dem dezenten Hinweis, dass ich nur an einer richtigen Arbeitsstelle interessiert bin und seine Angebote auch deutlich von meinen Vorstellungen abweichen. Das war schon zuviel für den. Hat mir noch mit dem Zuzug von Arbeitskräften aus dem Osten gedroht und er würde mich auf eine schwarze Liste setzen. Da kriege ich nie wieder Arbeit. Das ging noch ein paar Minuten weiter und seine Drohungen mit einer pechschwarzen Zukunft immer wilder. Am Ende habe ich ihm dann gesagt was ich für ein Auto fahre, dass ich mir ein zweites davon in bar kaufen könnte und wie meine Altersvorsorge aussieht. Mit dem Ergebnis, dass er mir mit fast versagender Stimme vorwirft ich würde ihn anlügen und noch sehen was ich davon hätte. Richtig abgedreht - und der muß vor nicht allzu langer Zeit ein Ingenieursstudium abgeschlossen haben - zumindest laut seiner E-Mail Signatur. Eine Dame aus dem gleichen Milieu war gegen Ende des Gesprächs so verzweifelt, daß sie mir Name und Adresse eines suchenden Unternehmens gegeben hatte und aber noch darauf hinwies, daß es furchtbar unfair sei, wenn ich mich direkt auf deren Anzeige melden würde. Und ich hätte ja soviele Vorteile, wenn ich über die Agentur angestellt wäre. Ich habe das unter Kollegen einmal angesprochen und es scheint fast so eine Entwicklung der letzten zwei Jahre zu sein.
Das liegt daran, dass mittlerweile Unternehmen Prämien bezahlen für die Vermittlung von Fachkräften. Bei meiner ehemaligen Firma hätte man als Mitarbeiter eine Prämie von 2500€ bekommen. Bei meiner jetzigen Firma sogar bis zu 4200€ zzgl. 900€, wenn es sich um eine Frau handelt! Unternehemen beauftragen sogar Personalvermittler mit der Suche. Diese bekommen dann eine Provision von 25%. Zumindest ist das bei Progressive so.
Martin S. schrieb: > Ist das wirklich Stand of the art heute? Du hast ja keine Ahnung, das ist nur die Spitze des Eisbergs. Lars schrieb: > Das war schon zuviel für den. Hat mir noch mit > dem Zuzug von Arbeitskräften aus dem Osten gedroht und er würde mich auf > eine schwarze Liste setzen. Da kriege ich nie wieder Arbeit. Das haben die wirklich gesagt? Hört sich an, als wäre es eine Angelegenheit für die Staatsanwaltschaft mit dem Deliktschwerpunkt: Arbeitsmarkt-Mafia. Lars schrieb: > Eine Dame aus dem gleichen Milieu... Hm, wenn ich solche Worte höre, egal in welchem ansonsten seriösen Zusammenhang, muss ich immer an was ganz anderes mit roten Lampen denken. Lars schrieb: > Und ich hätte ja > soviele Vorteile, wenn ich über die Agentur angestellt wäre. Die Vorteile der Agentur mal ganz außen vor? Lars schrieb: > Ich habe das unter Kollegen einmal angesprochen und es scheint fast so > eine Entwicklung der letzten zwei Jahre zu sein. Ja, wenn der Markt boomt, dann aber richtig und wenn die Ware fehlt, werden Kaufleute richtig kreativ. So ne doofe Zicke hatte ich auch mal, aber der hab ich aber was erzählt. Die hatte dann richtige Schuldgefühle. In jedem Fall sollte man sich von solchen Zuhältern fernhalten, solange da nichts substanzielles von denen auf den Tisch kommt.
Selbst hier an einer renommierten Uni betreiben ein paar wirklich talentierte Studenten eine Vermittlungsfirma. Keine Ahnung ob's rentiert, aber scheinbar ist das "Business"-Gehabe reizvoller als technisch etwas zu leisten. Selbst für Leute, die was können! Wenn aber nur noch "Business", managen, verwalten, vermitteln usw. cool ist, ja wer soll dann noch die echte Arbeit erledigen...? Entweder Wirtschaft und Gesellschaft kapieren (und honorieren, mit Geld und Ansehen) bald, dass die echten Fachleute eben doch die wahren Leistungsträger sind oder aber unsere Wirtschaft wird als Verwaltungsapparat enden, wo nur noch gemanagt aber nichts mehr gearbeitet wird. So wie damals im Kommunismus...
Tjaja, das Land der Dichter und Denker mutiert so langsam zum Land der Dichter und Consulter, traurig aber wahr.
das denke ich mir auch oft. Also das Leute die nur Papier oder Geld von A nach B schieben, teils sehr ungerechtfertigt hohe Provisionen dafür einstecken. Bestes Beispiel z.B. private Krankenversicherungen. Googelt mal nach MEG oder schaut euch youtube Videos dazu an. Die bekamen teilweise pro Neukunde bis zu 8000 Euro, wenn sie den an eine Versicherungsgesellschaft vermittelt haben. Das Geschäft dabei lief so : Kunde gibt seine Daten in einem Vergleichportal im Internet an, die Vermittlerfirma kauft den Datensatz und ruft ihn an und frägt ihn ob er Interesse hätte an einem unverbindlichen Preisvergleich. Beist der Kunde an, zahlt die Versicherung bis zu 8000 Euro. Mancher Vertreter der Firma MEG kam so auf ein Jahresbrutto von mehreren 100 tsd Euro + ggf. Luxusfirmenwagen. Wie gesagt, normale Vertreter, ohne Leitungsverantwortung. Auch interessant fand ich einen Bericht während der Krise 2009. Dort stand, dass Wirtschaftsprüfer teilweise unter Auftragsmangel leiden wegen der Krise und sich schon für 150 Euro die Stunde "verramschen" müssen. Warscheinlich auch noch + Spesen. Wenn man hier im Forum so liest was freiberufliche ET Ingenieure so kriegen, da wäre ein "verramschen für 150 Euro pro h" schon ein Traum. Hört man aber irgendwo die Werbetrommeln für den Beruf des WP Prüfers ? rein wegen dem Studensatz her müsste es ja dort einen Mangel geben und nicht an ET Ingenieuren. Achso, mittlerweile sind Stundensätzen von Wirtschaftsprüfern selbstverständlich deutlich höher als 150 Euro. Ok, um WP zu werden muss man einen Studienabschluss + 2 - 3 Jahre Assistententätigkeit + Lehrgang + Examen bestehen. Studienrichtung ist übrigens egal, allerdings werden natürlich eher BWLer genommen. In guten zeiten nehmen die fast jeden 2. der sich da als Assistent bewirbt. Wer dann gut ist, kann es in 3 Jahren zum examinierten Wirtschaftsprüfer schaffen. Man hat damit quasi eine Jobgarantie, geprüft werden muss immer, zur Not auch "nur" für 150 Euro die Stunde in der Krise. Angestellte WPs landen nach 10 Jahren ohne große Leistung mind bei 100 k. Mir sagte sogar mal jemand, wer da nur bei 80 k Brutto / Jahr liegt muss ein gewaltiger Underperformer sein. Achso, falls man das Examen nicht packt, geht man in die Industrie ins Rechnungswesen meist als Führungskraft. Selbst Examensversager sind da noch gefragte Kräfte !
Da gibts übrigens so was wie "Tales from the Interview", da kotzen sich Leute über Personaldienstleister und Ähnliches aus. http://thedailywtf.com/Series/Tales_from_the_Interview.aspx
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