Forum: Ausbildung, Studium & Beruf Job Informationstechnik - "Linux Kenntnisse", was heißt das eigentlich?


von Detrok (Gast)


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Hallo alle zusammen !

studiere gerade im 2 Semester Informationstechnik und hätte da mal eine 
Frage. Ich schaue öfters mal nach Stellenanzeigen und lese dort hin und 
wieder "Linux Kenntnisse wünschenswert", "gute Linux Kenntnisse" etc... 
Es handelt sich dabei um Stellen aus dem embedded Bereich.

Jetzt frage ich mich allerdings, was mit den sog. Linux Kenntnissen 
eigentlich gemeint ist. Klar, letztendlich können mir das nur die 
Arbeitgeber beantworten, aber es muss ja eine grobe Richtung geben weil 
es dort einfach selbstverständlich aufgelistet ist wie beispielsweise 
weitere Fremdsprachenkenntnisse.

Ich würde mich nämlich gerne auch noch etwas mit Linux im embedded 
Bereich beschäftigen. Allerdings weiß ich nicht, wo ich da ansetzen soll 
(mir fehlt einfach der Weitblick). Habe ich die letzten Wochen mit dem 
Gnublin beschäftigt, mal den Kernel kompiliert, einen Webserver drauf 
laufen lassen etc... Aber das ist ja sicherlich nicht das, was mit 
"Linux Kenntnissen" im Beruf gemeint ist ? Oder doch?

Sicherlich weiß jemand mehr.

Lg

von Rolf (Gast)


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Du kannst Zertifikate für Linux-Kenntnisse erwerben: LPIC-1, LPIC-2 und 
LPIC-3. Mit dem 1er hast du etwas auf dem Papier, was Deine
Grundkenntnisse nachweist. Allerdings kosten die Prüfungen Geld. Wenn es 
dir wichtig ist, einen schriftlichen Nachweis zu haben, mach den LPIC-1. 
Viele Firmen wissen aber gar nicht, was LPI überhaupt ist.

Wenn Du dir Linux-Wissen im Embeddedbereich aneignen willst, kauf Dir 
sowas wie ein Pandaboard oder ein Rasperry PI (oder wie das Ding auch 
heisst) - wenn es denn geliefert wird - oder ein Beagelboard und spiel 
mit allem möglichen rum. Angesagt ist da z.B. Android auf dem 
Pandaboard. Abboniere die Pandaboard-Mailingliste und werde schlauer. 
Die geringsten Kosten wird wahrscheinlich ein Rasperry PI verursachen. 
Aber ob da so angesagte Sachen wie Android drauf laufen, weiss ich 
nicht.

In Deine Bewerbung schreibst Du dann rein LPIC-1 und tiefer gehende 
embedded Linuxkenntnisse durch Arbeit mit dem Pandaboard und xxxx 
Distribution und ... .  Dann hast Du schon mal bessere Chancen.

von autofill (Gast)


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So was bedeutet normalerweise, dass erwartet wird, dass du deinen Knopf 
von deinem Arsch unterscheiden kannst, wenn du vor einem Linux sitzt. 
Dass du weder in Panik ausbrichst, noch stundenlange Diskussion vom Zaun 
brichst, warum der Haufen Scheisse, der Windows genannt wird, so viel 
besser ist, oder dass das Leben ohne iDreck nicht lebenswert ist. Dass 
du alle Operationen, die man beim täglichen Arbeiten mit einem Computer 
so braucht, ausführen kannst, ohne alle fünf Minuten deinen Kollegen mit 
Fragen wie "wie kopiere ich eine Datei?" auf die Nerven gehst. Dass du 
ein einfaches Shellskript hin bekommst und die gängigsten Programme 
kennst und weisst, wie du an Detailinformationen über sie ran kommst. 
Dass du das, was du nicht weisst dir in ein paar Sekunden ohne die 
Dramaqueen zu spielen schnell selber drauf schaffst.

Ich habe im Job gerade mit einer "Linuxspezialistin" zu tun, die keine 
dieser Anforderungen erfüllt. Spass geht anders.

von Christian B. (casandro)


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Full ACK an autofill, wobei man natürlich bedenken muss, dass es solche 
Leute für jedes Betriebssystem gibt. Mir liefen da bislang aber deutlich 
mehr Leute aus dem Windows-Bereich über den Weg.

von alter sack (Gast)


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Damit ist einfach der tägliche Umgang mit dem System gemeint, wenn es um 
den Embeddedbereich geht eben noch Entwicklung, Tools ... weniger 
LPIC-1/2/3, das sind Adminzertifikate.

Also keine Panik, einfach damit beschäftigen, dann hast du die 
geforderten Kenntnisse.
In den Läden wo ich bisher zu tun hatte waren die "Linuxexperten" dort 
ziemliche Pfeifen. Genaugenommen waren es Windowsexperten die den 
Debianserver hoch und runterfahren konnten, ein paar Kürzel auswendig 
drauf hatten aber ansonsten keinen Plan von gar nix. Dazu kam das 
überhebliche Gebrabbel das sie in den einschlägigen Foren aufgeschnappt 
hatten um ihr mangelhaftes Wissen mit einer Profiaura aufzuschmücken. 
Sowas fällt dann halt schnell auf wenn sie auf jemanden stossen der 
schon fast 20 Jahre mit Unix arbeitet und entwickelt.

von (prx) A. K. (prx)


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Man muss sich wohl auch nicht unbedingt gleich ins Embedded Linux 
stürzen. PC-Linuxe tun es für den Anfang auch, ggf. in einer virtuellen 
Maschine, um ein Gespür dafür zu entwickeln. Aber dann eben nicht mit 
Ubuntus DAU-Desktop Unity, sondern mit einem Kommandozeilen-System auf 
irgendeiner Debian Basis ohne zentralem vereinheitlichem 
Konfigurationstool (wie etwa Suses Yast).

von Chris D. (myfairtux) (Moderator) Benutzerseite


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A. K. schrieb:
> Aber dann eben nicht mit
> Ubuntus DAU-Desktop Unity, sondern mit einem Kommandozeilen-System auf
> irgendeiner Debian Basis ohne zentralem vereinheitlichem
> Konfigurationstool (wie etwa Suses Yast).

Wobei man da fairerweise sagen muss, dass man unter Ubuntu natürlich 
auch alles per Kommandozeile machen kann (aptitude usw.).
Er kann also durchaus auch Ubuntu wählen und sich dann tiefer 
einarbeiten.

Ubuntu ist meiner Meinung nach für Anfänger besser geeignet - es hakt 
weniger bei der Installation.
Die Unity-Oberfläche gefällt mir (nach anfänglich großer Skepsis, gebe 
ich zu ;-) mittlerweile richtig gut. Ist aber natürlich Geschmackssache 
- dafür hat man unter Linux ja die Auswahl :-)

Also für den OP: mit Ubuntu kann man alles machen, was man auch mit 
Debian machen kann (ist ja derselbe Unterbau).

Am besten lernt man den Umgang mit Linux, indem man es wirklich mal 
installiert und sich dann "zwingt", damit zu arbeiten.

Und irgendwann öffnet man ein Terminal und schließt es nie wieder ;-)

Zu den Linuxkenntnissen: ich denke auch, dass damit der Umgang gemeint 
ist. Man sollte also einen Überblick über das System haben, wissen wo 
man Konfigurationsdateien findet und wie man die gängigsten modifiziert, 
die Rechtevergabe sollte man kennen, ebenso die wichtigsten Programme 
und auch Shell-Befehle. Solche Dinge eben.
Kaum jemand wird von Dir einen Kerneltreiber erwarten (wobei das 
wirklich Spaß macht) :-)

Chris D.

von Georg A. (georga)


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Wenn das im Bereich Embedded ist, sollten die Kenntnisse aber schon 
etwas über die Shell hinausgehen. Also in etwa: Wie läuft der 
Bootvorgang aus einem Flash, typische Bootloader(fallstricke), was muss 
wo und warum im Flash liegen, MTD&Co, etc. Je nach System kann man schon 
ziemlich viel Zeit damit verbringen, so ein System "from Scratch" zum 
Booten zu bekommen. Insb. wenn es eine neue Platform ist...

Das wichtigste in dem Bereich ist Neugier und Spieltrieb. Anlesen und 
durchklicken reicht nicht, wenn man das System so gut verstehen will, 
dass man bei Problemen auch einen Plan hat, sie zu finden und zu 
fixen...

von Mark B. (markbrandis)


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Detrok schrieb:
> Jetzt frage ich mich allerdings, was mit den sog. Linux Kenntnissen
> eigentlich gemeint ist.

Wenn die Hochschule an der Du studierst etwas taugt, dann werdet Ihr es 
früher oder später auch mit einem der vielen Linux- bzw. Unix-Derivate 
zu tun bekommen. Zum Beispiel in der Vorlesung über Betriebssysteme, 
bzw. in dem Praktikum zur Vorlesung.

von Gerd E. (robberknight)


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Meine Meinung:

- fit auf der Shell sein, kleine Shellskripte schreiben
- Compiler, Linker, make, autoconf bedienen, mit den Fehlermeldungen was 
anfangen zu wissen, Pfade fixen, Libs nachinstallieren etc.
- Systemstart verstehen und anpassen: Kernel, initramfs, init-system 
(sysv, systemd), initialisieren von Basisdiensten wie z.B. 
Netzwerkconfig

Bei all dem gibt es natürlich Unterschiede zwischen den Distributionen, 
sowohl im Desktop- als auch im Embedded-Bereich. Schön wäre es 
natürlich, wenn Du hier etwas Überblick über die verschiedenen 
Möglichkeiten und Varianten hast. Also für Problem x konfigurier ich 
mein Netz mit NetworkManager, für y lieber mit dhcpcd und für z lieber 
mit ipconfig.

Was dann im Embedded-Bereich eigentlich immer relevant ist, ist der 
Umgang mit Crosscompiler-Umgebungen, den Toolchains. Kriegt man oft von 
nem Hersteller als riesige Sammlung von Makefiles und Shellskripten. Je 
nach Anbieter und Komplexität der Anforderungen kann es etwas dauern bis 
Du daraus nen bootbares Demosystem bekommst.

Wenn Du was lernen willst dann nimm keinen Raspberry Pi oder Panda - das 
ist von der Community schon viel zu gut dokumentiert und vereinfacht. 
Das entspricht kaum der Realität im Arbeitsalltag. Schau Dir z.B. mal 
eher die OpenWRT-Teile an und compilier Dir dort die Sachen selber und 
mach nen paar Anpassungen. Bei den vielen verschiedenen Plattformen und 
Modellen kriegst Du eher nen Gefühl was im Embedded-Bereich so los ist.

von testtest (Gast)


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Unterschied zwischen Kernel und RFS, Bootloader anpassen, Crosscompiler 
aufsetzen, Treiber anpassen/erstellen etc. Wenns dumm läuft ein Support 
Package erstellen und dafür Endsupport leisten dürfen.

Das lernt man nicht wenn man nur Ubuntu aufm PC installiert.

von Lothar M. (Firma: Titel) (lkmiller) (Moderator) Benutzerseite


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Leute, bitte sachlich bleiben. Klar, dass bei Linux die Emotionen 
hochkochen, ist ja auch ein schnuckeliger Pinguin...

von Georg A. (georga)


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> ist ja auch ein schnuckeliger Pinguin...

Das ist ja das tolle am Pinguin-Dünger. Er stinkt zwar manchmal und die 
Hände muss man sich auch dreckig machen, aber dafür wächst alles mit 
Höchstgeschwindigkeit. ;)

Das Interessante (aber auch das Problem) von Linux ist IMO, dass es 
eigentlich auf so ziemlich allem läuft, was so gerade noch eine 32Bit 
CPU ist. Es braucht nicht mal eine MMU (uCLinux). Das führt aber zu 
einer sehr starken Diversität der Systeme, das fängt schon beim Booten 
an.

Bei anwendungsspezifischen Prozessoren gibt es zwar oft etwas, was ein 
fertiges Image produziert, aber meistens ist das Buildsystem ziemlich 
verhunzt. Das Schönste, was mir bislang untergekommen ist, war ein 
STB-Chip von Conexant. Das Ding hat nur alles nur dann richtig 
compiliert, wenn man ca. 8 Verzeichnisse unterhalb des Topdirectories 
ein Shellscript aufruft...

von Info (Gast)


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Zumindest ein solides Verständnis und grundlegene Kenntnisse sollte 
wirklich jeder MINT-Student haben. Den Rest kann man sich dann rel. 
schnell beibringen und ist vom AG abhängig.

Es gibt aber immer noch Leute, die absolute Berührungsängste haben mit 
Betriebssystemen, die nicht von MS kommen bzw. nicht von x.

Dann gibt es Leute, die zu einem Lager gehören wollen (MS, OSx, Debian, 
...) und als "Fanboys" bezeichnet werden können - das ist genauso 
unprofessionell.

Am Ende sollte man objektiv entscheiden, welche Lösung zu dem Problem am 
besten passt.

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