Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Kann man Gitarrentonabnehmer entdämpfen?


von der_fünfte_Beatle_:O) (Gast)


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Hallo,

HF-Schwingkreise lassen sich ja bekanntermaßen entdämpfen und erhalten 
so eine besonders ausgeprägte Resonanzspitze (siehe z.B. sog. 
Audion-Schaltungen mit Rückkopplungsregler).

Analog müsste es auch möglich sein, den elektromagnetischen Tonabnehmer 
einer E-Gitarre oder eines E-Basses zu entdämpfen!?!
Die daraus resultierende Resonanzspitze müsste für einen besonders 
knackigen Sound sorgen.

Zur Erinnerung:
ein elektromagnetischer Tonabnehmer besteht unter anderem aus einer 
Spule mit einer parasitären Kapazität, einem ohmschen Widerstand 
(Drahtwiderstand) und meist einem parallel geschalteten Lastkondensator, 
der die Eigenresonanz des Tonabnehmers auf die gewünschte Frequenz 
bringt.
Durch die parasitären Verluste handelt es sich bei einem realen 
Tonabnehmer um einen mehr oder weniger stark bedämpften Schwingkreis.

Eine Entdämpfung könnte also interessante Klangverbesserungen bringen, 
zumal Tonabnehmer mit großen Resonanzspitzen meist teurer sind als 
solche mit kleinen Resonanzspitzen (einfacher und billiger zu 
produzieren, dünnerer Draht etc.).

Vielleicht hat es sogar schon mal jemand ausprobiert?!

Ich bin allerdings nicht ganz sicher, ob hier möglicherweise doch 
irgendwo ein Denkfehler steckt, warum es so eventuell doch nicht 
funktioniert.
Bei HF-Schwingkreisen ist das Signal ja meist AM-moduliert... und beim 
Tonabnehmer???

von Michael K. (charles_b)


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Wo tauchen eigentlich die Saiten der Gitarre bei deiner Beschreibung 
auf, die zum einen ja irgendwie mit dem Tonabnehmer zusammenarbeiten 
müssen und zum anderen sicherlich die frequenzbestimmenden Elemente sind 
- nicht die Tonabnehmer selbst.

von der_fünfte_Beatle_:O) (Gast)


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Michael K-punkt schrieb:
> Wo tauchen eigentlich die Saiten der Gitarre bei deiner Beschreibung
> auf, die zum einen ja irgendwie mit dem Tonabnehmer zusammenarbeiten
> müssen und zum anderen sicherlich die frequenzbestimmenden Elemente sind
> - nicht die Tonabnehmer selbst.

In der Spule sind Magnete untergebracht. Die schwingenden Seiten 
induzieren eine Spannung.

Die Seiten bestimmen den Grundton. Wie die Obertöne zur Geltung kommen, 
hängt von der Resonanzfrequens des Tonabnehmers ab...


http://de.wikipedia.org/wiki/Tonabnehmer#Elektromagnetische_Tonabnehmer

von der_fünfte_Beatle_:O) (Gast)


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der_fünfte_Beatle_:O) schrieb:
> Resonanzfrequens

Resonanzfrequenz!

:O)

von Michael K. (charles_b)


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der_fünfte_Beatle_:O) schrieb:

> Die Seiten bestimmen den Grundton. Wie die Obertöne zur Geltung kommen,
> hängt von der Resonanzfrequens des Tonabnehmers ab...

Wenn der Tonabnehmer ne Resonanzfrequenz hat, dann spielen also 
Saitentöne in der Nähe dieser Resonanzfrequenz besonders laut?

von Matthias S. (Firma: matzetronics) (mschoeldgen)


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Selbst wenn es dir gelingt, eine deutliche Resonanzüberhöhung auf einer 
Frequenz zu kriegen, werden alle anderen Frequenzanteile dadurch 
deutlicher leiser, die Gitarre wird muffig und hat kein Volumen mehr.
Das beste, was du tun kannst, sind Pickups einzubauen, die deiner 
Klangvorstellung entsprechen (Single Coil, Humbucker, oder die neuen 
Single String Dinger) und das Pick möglichst hochohmig abzugreifen und 
zu verstärken.
Evtl. kann dir auch ein kleiner parametrischer EQ helfen, sowas gibts 
zum Einbau auch direkt in die Gitarre. EMG fällt mir gerade ein, nur das 
die  Batterien zum Frühstück essen.

von der_fünfte_Beatle_:O) (Gast)


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Matthias Sch. schrieb:
> Evtl. kann dir auch ein kleiner parametrischer EQ helfen

Sowas habe ich längst, stärkere Resonanzerhöhungen klingen alles andere 
als muffig, der Klang ist eher lebendig (hängt aber auch von der 
gewählten Resonanzfrequenz ab).

Daher auch die Idee mit der Entdämpfung.

Merkwürdig, dass man nirgendwo etwas dazu findet, die Idee liegt ja auf 
der Hand.



Michael K-punkt schrieb:
> Wenn der Tonabnehmer ne Resonanzfrequenz hat, dann spielen also
> Saitentöne in der Nähe dieser Resonanzfrequenz besonders laut?

Ja! Ohne eine solche Resonanzstelle (also mit einem linearen 
Frequenzgang) klingt eine E-Klampfe völlig leblos.

Hier sieht man eine typische Resonanzkurve für ein Pickup:
http://www.schaedla.org/public/500_250.gif

von Kai K. (klaas)


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>Merkwürdig, dass man nirgendwo etwas dazu findet, die Idee liegt ja auf
>der Hand.

Wurde bereits in epischer Tiefe diskutiert:

http://www.amazon.de/Gitarren--Elektronik-I-Elektro--Gitarren/dp/377240278X/ref=sr_1_3?s=books&ie=UTF8&qid=1349458474&sr=1-3

Eine leichte Resonanz von sagen wir mal 3...6dB zwischen 3...4,5kHz, je 
nach Tonabnehmer und Gitarre, ist durchaus klangbereichernd. Eine 
stärkere Resonanz klingt aber auf Dauer eher lästig.

von Michael K. (charles_b)


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Eben, weil man ja wohl alle Töne irgendwie gleich laut hören möchte.

Klar wird man das System nach unten und oben begrenzen - aber das ist 
für mich keine "Resonanzüberhöhung".

Im übrigen: Erst heißt es, die Resonanzüberhöhung sorge für den tollen 
Klang, dann soll sie aber entdämpft werden. Was denn nun?

von Michael K. (charles_b)


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der_fünfte_Beatle_:O) schrieb:

> Hier sieht man eine typische Resonanzkurve für ein Pickup:
> http://www.schaedla.org/public/500_250.gif

Ich würd sagen, das isn Frequenzgang, keine Resonanzkurve. Dass so ein 
Frequenzverlauf sinnvoll ist würde ich voll unterschreiben.

Ich dachte, du willst ne RICHTIGE Resonanz einbauen. Also maximale 
Intensität z. B. bei 440 Hz. Und bei 430 Hz / 450 Hz schon 12 dB 
weniger. So was dürfte Sch... klingen.

von der_fünfte_Beatle_:O) (Gast)


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Michael K-punkt schrieb:
> Ich dachte, du willst ne RICHTIGE Resonanz einbauen. Also maximale
> Intensität z. B. bei 440 Hz. Und bei 430 Hz / 450 Hz schon 12 dB
> weniger. So was dürfte Sch... klingen.

Nein, nur bei Pickups mit mäßiger Resonanz (z.B. wegen der Verwendung 
des Herstellers von zu dünnem Draht aus Kostengründen) den 
Resonanzhöcker etwas aufpeppen.

:O)

von der_fünfte_Beatle_:O) (Gast)


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Michael K-punkt schrieb:
> Eben, weil man ja wohl alle Töne irgendwie gleich laut hören möchte.

Bei HiFi-Lautsprechern ja, bei Musikinstrumenten in der Regel nicht, 
dort sind die unterschiedlichsten Resonanzen gefragt. Überleg mal, warum 
ein Kontrabass anders als eine Geige klingt... sein Korpus hat völlig 
andere Resonanzbereiche.

von Kai K. (klaas)



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>Überleg mal, warum ein Kontrabass anders als eine Geige klingt... sein
>Korpus hat völlig andere Resonanzbereiche.

Aber das sind Gehäuseresonanzen und die haben mit der Resonanz des 
Tonabnehmers eher weniger zu tun.

Der Tonabnehmer verhält sich mit der Kabekapazität des Gitarrenkabels 
wie ein Tiefpaß zweiter Ordnung mit Resonanzüberhöhung. Bei 5...6m sind 
das rund 700pF. Der Tonabnehmer selbst bringt eine Induktivität im 
H-Bereich mit und einen Wicklungswiderstand im 10k-Bereich. Entscheidend 
für die Bedämpfung ist aber vor allem die angeschlossene ohmsche Last, 
bestehend aus Lautstärkepoti und Klangregelpoti(s) in der Gitarre und 
dem Eingangswiderstand des Verstärkers. Hier hat man überlichwerweise 
rund 100k Gesamtwiderstand.

Läßt man die Klangregelung weg, die sowie nur den Klang dumpf macht, 
ersetzt man das 250k-Lautstärkepoti durch eine 500k-Version und achtet 
auf rund 1M Eingangswiderstand beim Verstärker, kann man die ohmsche 
Belastung deutlich senken und man ist dann mit rund 300k dabei.

Im Anhang sind ein paar Simulationen zu sehen. Simuliert wird hier der 
Single-Coil-Tonabnehmer von Fender, wie er in der Strato eingesetzt wird 
und der Humbucker-Tonabnehmer von Fender. Man erkennt, daß der 
Resonanzpeak im Frequenzgang durchaus vergrößert werden kann. Klanglich 
ist das aber nicht unbedingt vorteilhaft, weil ein zu großer Peak 
durchaus auch stören kann und auf die Dauer lästig klingt.

Nochmals: Ein leichter Peak von 3...6dB ist vorteilhaft und bringt den 
Tonabnehmer erst richtig zum "Klingen", aber zuviel des Guten klingt auf 
die Dauer lästig und langweilig.

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