Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Wie Opamp-Integrator für schnelle Signale?


von Christoph (Gast)


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Hallo Forum,

wie macht man den Opamp-Integrator in der Standard-Schaltung fit für 
kurze Pulse?
Der Puls, den ich integrieren moechte hat eine Hoehe von typ. 0.5V und 
eine Breite von ca. 200ns -- das ganze in etwa rechteckig (was das 
Problem in meinen Augen noch verschaerft).

Gibt es da Tricks oder muss man einen sehr schnellen Opamp (mit all den 
damit verbundenen Schwierigkeiten) nehmen? Oder geht das gar nicht?

Viele Gruesse
Christoph

: Verschoben durch Moderator
von Jens G. (jensig)


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200ns geht doch sicher noch mit einem mittelschnellen OPV, ich sage mal 
50-100MHz oder so, ohne daß der Fehler zu große wird an den 
Impulsflanken

von Christoph (Gast)


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Das habe ich jetzt mal mit LTSpice simuliert. Ich habe verschiedene 
Opamps ausprobiert mit einem 0.1us/1V Puls.

Der LT1215 (23MHz GBW, 30V/us Slew Rate) und der LT1361 (50MHz, 800V/us) 
bringen ziemlich aehnliche Ergebnisse.

Ist eigentlich GBW oder Slew Rate hier wichtiger?

Viele Gruesse
Christoph

von Christoph (Gast)


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Nachtrag: Verstehe ich das richtig?
Das Problem beim Integrator mit Step Function am Eingang ist doch, dass 
er den "-" Eingang moeglichst schnell auf 0V zurueckbringen muss. Das 
heisst er muss den Strom, der durch den Eingangswiderstand fliest mit 
Strom durch den Kondensator kompensieren.

Bei grossen C's duerfte dass doch primaer kein Slew Rate Problem sein 
(ausser beim Einschwingen). Natuerlich hat man dann auch nur sehr kleine 
Signal-Amplituden...

von Jens G. (jensig)


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>Der LT1215 (23MHz GBW, 30V/us Slew Rate) und der LT1361 (50MHz, 800V/us)
>bringen ziemlich aehnliche Ergebnisse.

Die Unterschiede werden sich sicherlich auch nur an den Flanken des 
Impulses zeigen, wo der OPV evtl. nicht schnell genug das Integrieren 
einleitet

>Ist eigentlich GBW oder Slew Rate hier wichtiger?

Eigentlich nur GBW, damit er schnell die neue Situation begreift ;-)
SR dagegen ist unwichtig, weil die vorrangig von der Endstufe bestimmt 
wird. Und die Endstufe muß ja nicht schnell hoch oder runter gehen (es 
sei denn, Du willst innerhalb vom µs oder gar ns die volle Höhe 
durchintegrieren).

von Yalu X. (yalu) (Moderator)


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Was ist das Ziel?

Soll das Ausgangssignal des Integrierers zu jedem Zeitpunkt während
der 100ns dauernden Impulse möglichst exakt den Wert der (theoretischen)
Integralfunktion wiedergeben?

Oder ist der zeitliche Verlauf des Ausgangssignals zweitrangig, und es
genügt, wenn kurze Zeit nach jedem Impulse die (dann konstante) Aus-
gangsspannung dem Integral des Impulses entspricht?

Im zweiten Fall sind die Anforderungen an den Opamp bei gleicher gefor-
derter Genauigkeit wesentlich geringer.

Christoph schrieb:
> Ist eigentlich GBW oder Slew Rate hier wichtiger?

Das hängt von der Zeitkonstante des Integrierers ab. Wenn die Slew-Rate
größer als der Quotient aus Eingangsspannung und Zeitkonstante ist,
stellt sie keinen begrenzenden Faktor dar. Die Qualität des Integrierers
hängt dann nur noch von der GBW ab.

von Christoph (Gast)


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> Eigentlich nur GBW, damit er schnell die neue Situation begreift ;-)
> SR dagegen ist unwichtig, weil die vorrangig von der Endstufe bestimmt
> wird. Und die Endstufe muß ja nicht schnell hoch oder runter gehen (es
> sei denn, Du willst innerhalb vom µs oder gar ns die volle Höhe
> durchintegrieren).

Da hast Du recht! Somit eine Frage, wie man den Kondensator waehlt. Wenn 
der Integrator bei typ. Signal <1V Spannungsanstieg macht, dann pass das 
denke ich. Der Rest ist dann ja langsam.

von Christoph (Gast)


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@Yalu X.:

Was waehrend des Pulses passiert ist nicht so wichtig. Wichtig ist, dass 
am Ende moeglichst genau das richtige rauskommt.

Wie Du schreibst, sind dann die Anforderungen an den Opamp viel 
geringer. Ich hab meine Simulationen auch mal mit dem LT1001 gemacht. 
Mit dem Teil kommt man erstaunlich weit, aber nicht weit genug :-)

Viele Gruesse
Christoph

von ArnoR (Gast)


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> SR dagegen ist unwichtig, weil die vorrangig von der Endstufe bestimmt
> wird.

Falsch. Die SR wird bei OPVs mit Miller-Frequenzgangkorrektur vom Strom 
im Eingangsdifferenzverstärker bestimmt und nicht im geringsten von der 
Endstufe.

von Yalu X. (yalu) (Moderator)


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Christoph schrieb:
> Was waehrend des Pulses passiert ist nicht so wichtig. Wichtig ist, dass
> am Ende moeglichst genau das richtige rauskommt.

Dann kannst du prinzipiell einen schnellen Opamp durch einen langsameren
ersetzen, bspw. durch einen mit 1/10 der GBW, wenn du gleichzeitig die
Zeitkonstante R·C um den Faktor 10 vergößerst und das Ausgangssignal des
Integrierers mit einem weiteren Opamp um den Faktor 10 verstärkst. Das
Ausgangssignal geht dann dann nach dem Pulsende in beiden Fällen asymp-
totisch gegen den gleichen Wert, nur dass dies beim langsamen Opamp
länger dauert.

Man sollte es mit diesem Trick natürlich nicht übertreiben, da irgend-
wann das Ausgangssignal des Integrierers so klein wird, dass es im
Rauschen untergeht.

von Jens G. (jensig)


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@ArnoR (Gast)

>> SR dagegen ist unwichtig, weil die vorrangig von der Endstufe bestimmt
>> wird.

>Falsch. Die SR wird bei OPVs mit Miller-Frequenzgangkorrektur vom Strom
>im Eingangsdifferenzverstärker bestimmt und nicht im geringsten von der
>Endstufe.

Ok, dann erkläre mal, wie es zu diesem nichtlinearen Verhalten kommt. 
Selbst wenn der Ausgang vielleicht Upp=10V machen soll, spielt die 
Eingangsstufe mit vielleicht nur 100µV herum. Woran erkennt sie denn 
nun, daß sie plötzlich nicht mehr schneller arbeiten soll?
Miller-Kapazität bei solch geringen Spannungen hat doch nur linearen 
Einfluß.
Die Ausgangsstufe kann das besser erkennen, weil viel größerer Hub, wo 
auch die Treiberleistung dann an ihre Grenzen kommt

von ArnoR (Gast)


Angehängte Dateien:

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> Ok, dann erkläre mal...

Du hast eine seltsame Auffassung von der inneren Funktion des OPV. Im 
angehängten Bild die Erklärung für das Zustandekommen der 
SlewRate-Begrenzung.

Quelle: Tietze/schenk, Halbleiter-Schaltungstechnik, 12.Auflage

von Peter (Gast)


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Christoph schrieb:
> das ganze in etwa rechteckig (was das
> Problem in meinen Augen noch verschaerft).

Dann wäre das ja gar kein Problem. Das kannst Du ja mit einem Timer
triggern und softwaremäßig integrieren. Wenn es immer konstant 0.5V sind 
...

von Jens G. (jensig)


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@ArnoR
Ok, dann muß wohl das Dok., was ich da mal vor zig Jahren vor mir hatte, 
an der Stelle bißchen falsch gewesen sein. Da wurde das auf die 
begrenzte Slewrate der Endstufe zurückgeführt.

von Yalu X. (yalu) (Moderator)


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Jens G. schrieb:
> Da wurde das auf die begrenzte Slewrate der Endstufe zurückgeführt.

Bei der Endstufe kann ich mir höchstens vorstellen, dass die ein
Tiefpassverhalten hat. Dieses bildet im Freqenzgang des Opamp einen Pol
im höheren Frequenzbereich.

Aber die Slewrate ist ja eine harte Begrenzung der Anstiegsgeschwindig-
keit, die auf einfache Weise nur mit einer Kapazität erklärt werden
kann, die mit einem ebenfalls hart begrenzten Strom geladen wird.

Und diese Kapazität ist eben, wie von Arno geschrieben, die Miller-Kapa-
zität für die Frequenzkompensation. Der hart begrenzte Strom ist der
Ausgangsstrom des Eingangsdifferenzverstärkers, der nicht größer als der
(konstante) Querstrom des Differenzverstärkers werden kann.

D.h. immer dann, wenn der Eingangsverstärker übersteuert, bekommt man am
Ausgang den Effekt der Slewrate-Begrenzung zu sehen.

von Jens G. (jensig)


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>Bei der Endstufe kann ich mir höchstens vorstellen, dass die ein
>Tiefpassverhalten hat. Dieses bildet im Freqenzgang des Opamp einen Pol
>im höheren Frequenzbereich.

Ja logisch - irgendetwas tiefpassiges muß die schon haben, sonst hätte 
auch meine Theorie keinen Bestand gehabt.

>Aber die Slewrate ist ja eine harte Begrenzung der Anstiegsgeschwindig-
>keit, die auf einfache Weise nur mit einer Kapazität erklärt werden
>kann, die mit einem ebenfalls hart begrenzten Strom geladen wird.

So hatte ich es ja auch geschrieben. Nur eben halt auf die Entstufe 
bezogen.

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