Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Isolationswächter im E-Auto


von M. N. (marco2228)


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Hallo zusammen,

ich bin gerade dabei einen Mazda MX-5 auf Elektroantrieb umzubauen.
Die ersten Runden bin ich bereits gefahren und es scheinen alle 
Planungen soweit aufzugehen.

Das HV-Netz (330V) ist quasi als IT-Netz ausgeführt, die Masse ist also 
nicht am Chassis aufgelegt.
Nun möchte ich einen Isolationswächter einbauen, der meldet, wenn ein 
Isolationsfehler auftritt. Sei es an den Leitungen oder durch 
Kohlenstaub des Reihenschlussmotors.

Hat jemand eine Idee, wo man einen passenden Iso-Wächter bekommt? Bei 
Bender gibt es einen, der allerdings direkt wieder 400 Euro kostet.

Für die, die es interessiert, hier die URL zu dem Blog, den ich vor 
kurzem zu dem Umbau angelegt habe: http://elektroumbau.blogspot.de

Gruß

Marco

: Verschoben durch Admin
von rcc (Gast)


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Bender hat sich allerdings schon sehr oft bewährt, nicht billig aber 
sehr sehr gut.

von maveric00 (Gast)


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Hallo,

kurze Pessimisten-Rückfrage: Hast Du vor, das Auto straßentauglich zu 
bekommen, also eine Einzelabnahme davon machen zu lassen?

Dann gehört doch noch etwas mehr zu dem Sicherheitskonzept als ein 
Isolationswächter - hast Du Dich schon einmal mit der ISO 26262 
beschäftigt? Auch wenn dieses Auto als Prototyp nicht direkt im Scope 
der ISO ist, so gibt sie zumindest einen Anhalt, woran alles gedacht 
werden sollte (und wenn man sich nicht an die ISO halten möchte, so muss 
man dann doch die IEC61508 erfüllen). Ist allerdings ein Haufen Zeugs...

Schöne Grüße,
Martin

von M. N. (marco2228)


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maveric00 schrieb:
> Hallo,
>
> kurze Pessimisten-Rückfrage: Hast Du vor, das Auto straßentauglich zu
> bekommen, also eine Einzelabnahme davon machen zu lassen?
>
> Dann gehört doch noch etwas mehr zu dem Sicherheitskonzept als ein
> Isolationswächter - hast Du Dich schon einmal mit der ISO 26262
> beschäftigt? Auch wenn dieses Auto als Prototyp nicht direkt im Scope
> der ISO ist, so gibt sie zumindest einen Anhalt, woran alles gedacht
> werden sollte (und wenn man sich nicht an die ISO halten möchte, so muss
> man dann doch die IEC61508 erfüllen). Ist allerdings ein Haufen Zeugs...
>
> Schöne Grüße,
> Martin

Ja, genau. Es sind schon noch einige Sachen außer dem Iso-Wächter (der 
eigentlich nur optional ist, aber bei 330V definitiv Sinn macht) zu 
beachten.
Der Wagen läuft zwar schon, aber so ziemlich alle Arbeiten, die die 
Abnahme angehen, müssen noch durchgeführt werden.

von Jens (Gast)


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Hallo Marco,

schönes Projekt. Schau mal bei WoKa 
(http://www.woka-elektronik.com/produkte/isolationsueberwachung.html) 
vorbei. Ich habe diese IsoWächter jetzt schon in mehreren Projekten 
verbaut.

Gruß Jens

von M. N. (marco2228)


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Hallo Jens,

danke für den Hinweis. Ich werde mal anfragen, was die kosten sollen.
Sonst werde ich mir wohl das IR155-320x von Bender gönnen.

Gruß
Marco

von amateur (Gast)


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Isolationswächter habe ich bisher nur im OP-Bereich von Krankenhäusern 
"getroffen".
Unabhängig davon ob ein solcher nötig ist: Kannst Du dessen 
Anforderungen überhaupt einhalten? Z.B. bei Regen?

von M. N. (marco2228)


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amateur schrieb:
> Isolationswächter habe ich bisher nur im OP-Bereich von Krankenhäusern
> "getroffen".
> Unabhängig davon ob ein solcher nötig ist: Kannst Du dessen
> Anforderungen überhaupt einhalten? Z.B. bei Regen?

Sämtliche Verbidungen des HV-Netzes sind entweder gut isoliert oder 
gekapselt und damit auch IP-XXD (Drahtsicher) im Fahrgast- und Laderaum 
bzw. IP-XXB (Berührungssicher) im Restfahrzeug.
Wirklich das einzige meiner Meinung nach den Iso Wächter auslösen kann 
ist evtl. Kohlenstaub des Reihenschlussmotors oder eine defekte Leitung.

von amateur (Gast)


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Auto, Elektromotor u.s.w. klingt irgendwie nach Metall. Da drängt sich 
der Gedanke an die gute, alte Erdung auf. Kohlenstaub im Bereich vom 
Kollektor ist nur bei einem Kunststoffgehäuse gefährlich. Sonst reicht 
ein viel billigerer FI.
P.S. Kollektormotor?!?

von amateur (Gast)


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Sorry, ich meine natürlich einen Allstrom FI;-)

von zoggl (Gast)


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ja, aber die sind so selten mit 200 A und einer trennfähigkeit von 10kA 
bei 300VDC. die möglichkeit den FI nur als Hilfsschalter einzusetzten 
wie es manchmal gemacht wird halte ich für pfusch.

ansonsten ja, im medizienbereich gibt es auch isowächter, die sind zum 
teil DC fähig. das gehäuse ist ein graus, aber mit etwas gebastel sicher 
kein großer aufwand.

eien andere quelle halbwegs passender geräte ist die solarindustrie:
http://www.awag.ch/ekat/page_de/awagmg_n_080400_1.html

Erdung nur bei konduktivem laden, sonst nur potentialausgleich im 
fahrzeug

Schau, ob du den bender über eine uni beziehen kannst, da ist noch luft 
nach unten...

bei geringeren spannungen und AC Motor wäre auch der isolierte curtis 
controller eine alternative gewesen, der hat die funktionalität bereits 
dabei.

von peterguy (Gast)


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> Wirklich das einzige meiner Meinung nach den Iso Wächter auslösen kann
> ist evtl. Kohlenstaub des Reihenschlussmotors oder eine defekte Leitung.

Der Isolationswiderstand kann durch viele Faktoren heruntergesetzt 
werden:
+ Temperatureinflüsse (zu hoher Strom, Schlechter Kontakt, ...)
+ Luftfeuchtigkeit/Wassereintritt
+ Machanische Verletzung des Isolators
+ Chemische Verletzung des isolators
+ Kriechstrecken über ausgelaufene Betriebsmittel

Wir verwenden meines Wissens nach die Bender Isowächter in unseren EV 
umbauten.
Hast Du Dir schon eine Strategie ausgedacht was passieren soll wenn der 
Isowächter ein Problem während der Fahrt findet?

von M. N. (marco2228)


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peterguy schrieb:
>> Wirklich das einzige meiner Meinung nach den Iso Wächter auslösen kann
>> ist evtl. Kohlenstaub des Reihenschlussmotors oder eine defekte Leitung.
>
> Der Isolationswiderstand kann durch viele Faktoren heruntergesetzt
> werden:
> + Temperatureinflüsse (zu hoher Strom, Schlechter Kontakt, ...)
> + Luftfeuchtigkeit/Wassereintritt
> + Machanische Verletzung des Isolators
> + Chemische Verletzung des isolators
> + Kriechstrecken über ausgelaufene Betriebsmittel
>
> Wir verwenden meines Wissens nach die Bender Isowächter in unseren EV
> umbauten.
> Hast Du Dir schon eine Strategie ausgedacht was passieren soll wenn der
> Isowächter ein Problem während der Fahrt findet?

Danke für die Antwort.
Ich würde den Fehler über ein akustisches Signal oder eine Anzeige 
ausgeben.

Wie habt ihr das geregelt?

von rcc (Gast)


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maveric00 schrieb:
> Dann gehört doch noch etwas mehr zu dem Sicherheitskonzept als ein
> Isolationswächter - hast Du Dich schon einmal mit der ISO 26262
> beschäftigt? Auch wenn dieses Auto als Prototyp nicht direkt im Scope
> der ISO ist, so gibt sie zumindest einen Anhalt, woran alles gedacht
> werden sollte (und wenn man sich nicht an die ISO halten möchte, so muss
> man dann doch die IEC61508 erfüllen). Ist allerdings ein Haufen Zeugs...

ISO 262622 und IEC61508 sind relevant wenn man entsprechende Fahrzeuge 
verkaufen möchte, nicht für Privatumbauer.
ECE R100 ist da schon eher zu beachten.

von M. N. (marco2228)


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rcc schrieb:
> maveric00 schrieb:
>> Dann gehört doch noch etwas mehr zu dem Sicherheitskonzept als ein
>> Isolationswächter - hast Du Dich schon einmal mit der ISO 26262
>> beschäftigt? Auch wenn dieses Auto als Prototyp nicht direkt im Scope
>> der ISO ist, so gibt sie zumindest einen Anhalt, woran alles gedacht
>> werden sollte (und wenn man sich nicht an die ISO halten möchte, so muss
>> man dann doch die IEC61508 erfüllen). Ist allerdings ein Haufen Zeugs...
>
> ISO 262622 und IEC61508 sind relevant wenn man entsprechende Fahrzeuge
> verkaufen möchte, nicht für Privatumbauer.
> ECE R100 ist da schon eher zu beachten.

Genau. Wobei aber in der aktuellen ECE R100 noch nichts zu den Lithium 
Akkus steht.

von zoggl (Gast)


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nunja, schau in die ECE R100 bei unterschreiten des minimalwertes +50% 
warnen, bei unterschreiten des minimalwertes abschalten.

recht einfach: je 10Mohm + kondensator von plus und minus auf masse und 
den strom messen. sobald es unsymetrisch, oder zu hoch wird warnen und 
auslösen.

zusätzlich solltest du an:
notaus
wartungsschalter
DC zwischenkreisentladung
denken

gut kommt bei der abnahme auch immer eine rettungskarte mit 
systemübersicht. damit bist du schon der überdrüber bastler

von maveric00 (Gast)


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Hallo,

rcc schrieb:
> ISO 262622 und IEC61508 sind relevant wenn man entsprechende Fahrzeuge
>
> verkaufen möchte, nicht für Privatumbauer.
>
> ECE R100 ist da schon eher zu beachten.

Naja, die ECE R100 gibt "nur" Bestimmungen zur Typzulassung (also auch 
nur für eine geplante Serienproduktion, ähnlich wie die ISO 26262), die 
zugrundeliegende ICE61508 jedoch "behandelt diejenigen Gesichtspunkte, 
die zu betrachten sind, wenn elektrische/elektronische/programmierbar 
elektronische Systeem (E/E/PES) zur Ausführung von Sicherheitsfunktionen 
eingesetzt werden".

"Eingesetzt" - nicht "verkauft". Damit ist sie - wenn keine 
übergeordnete Norm eingesetzt ist - bindend auch bei Basteleien zu 
berücksichtigen.

Sehr gut möglich, dass dies dem TÜV-Prüfer, der die Einzelabnahme machen 
soll, nicht wirklich bekannt ist (verlassen würde ich mich allerdings 
nicht darauf) - ziemlich sicher jedoch kann man davon ausgehen, dass 
ggf. ein Staatsanwalt (bei fahrlässiger Körperverletzung oder 
fahrlässiger Tötung) nach der Einhaltung der gängigen normativen 
Anforderungen fragen wird. Und da in der Norm auch ein 
Entwicklungsprozess beschrieben wird, kann man das nicht erst im Falle 
eines Unfalls nachholen.

Ich persönlich würde lieber die ISO 26262 also die IEC 61508 bei so 
einem Projekt umsetzen oder zumindest berücksichtigen wollen, da sie 
sich einfacher auf diesen Projektumfang zuschneiden lässt. Hauptsächlich 
geht es ja daraum, dass man sich systematisch Gedanken macht, wass alles 
schief laufen kann, welche Folgen das hat und wie man diese Folgen 
vermeiden kann.

Es kann zugegebenermaßen daran liegen, dass ich aktuell der Functional 
Safety Manager (nach ISO 26262) in meiner Firma bin, ich vorher 3 Jahre 
lang Gruppenleiter bei der Entwicklung eines Elektrofahrzeugs war und 
davor die funktionale Sicherheit nach der IEC61508 bei der 
Serienzulassung einer großen Antriebsstrangkomponente verantwortet habe, 
dass ich hier nicht so sehr auf das "Durchwurschteln" stehe.

Allerdings habe ich bei diesen Tätigkeiten gelernt, dass diese Normen - 
richtig angewendet - nur auf den ersten Blick ein Entwicklungshindernis 
darstellen. Hat man einmal alle Stufen durch, fällt einem im Rückblick 
auf, was man sonst alles vergessen hätte.

Konkret würde ich in dieser Art Projekt also zuerst einmal die 
Schnittstellen des Umbaus definieren und mir ansehen welche 
physikalischen Größen oder Informationen absichtlich oder unabsichtlich 
über diese Schnittstellen ausgetauscht werden können (Antriebsenergie, 
elektrische Energie, Hilfsenergien wie z.B. Bremskraftverstärker,....). 
Im Anschluss daran (das ist die Gefahren- und Risikoanalyse der 26262) 
würde ich mir überlegen, welche Fehlfunktionen dabei auftreten können 
(z.B. Wagen beschleunigt zu stark, Wagen bremst zu stark, elektrische 
Spannung liegt an Teilen an, wo sie nicht hingehört, Batterie wird 
falsch geladen und geht in den "thermal runaway",.............). Daraus 
kann ich ableiten wie ich das Fahrzeug dagegen absichere (Notaus, 
Isowächter, Batteriemanagementsystem, Abschaltpfade, Softwarefunktionen, 
Diagnose des Fahrpedals,...). Wenn diese dann auch noch implementiert 
werden und das alles dokumentiert ist, dann hat man vor dem TÜV und ggf. 
vor dem Gericht doch erheblich bessere Chancen.

Kostet vielleicht (bei so einem Bastelprojekt) ein paar Tage (zum 
Vergleich: Ersteeinführung der ISO26262 waren bei uns rund 10 
Mannjahre), kann einem aber im Ernstfall ein paar Jahre Freizeit (freie 
Zeit) mehr bringen.

Schöne Grüße,
Martin

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