Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Verstehe Analogeingang des MCP3901 nicht


von Tim K. (Gast)


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Hallo,

ich würde gerne das Leistungsmessungs-IC MCP3901 von Microchip benutzen.
Der hat eine interne Referenz von 2,37 V, aber nur einen 
Eingangsspannungsbereich von +-1 V (Seite 4). Kam mir schon komisch vor. 
Warum kleiner als die Referenz und wie kommt der mit negativen 
Spannungen klar?
Wenn man drei Zeilen weiterschaut steht da "Differential Input Voltage 
Range" und der liegt bei +-500mV (Gain ist bei mir immer 1).
Weil mir nicht klar war ob er jetzt +-0,5 V oder +-1 V kann habe ich es 
getestet und habe festgestellt der ADC hat seinen Endwert bei +- 800mV.

Jetzt bin ich völlig verwirrt.

Hat jemand einen Hinweis?

http://ww1.microchip.com/downloads/en/DeviceDoc/22192d.pdf

von Raimund R. (corvuscorax)


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Du musst unterscheiden zwischen den Absolutwerten der Spannungen (und 
gegen was sie gemessen werden) und der max. mögl. differentiellen(!) 
Spannung an den Eingängen.
Laut DB ist es korrekt zu sagen, dass die diff. Eingangsspannung max. 
die ±500mV dividiert durch den GAIN-Faktor betragen kann. Dieser 
Dynamikumfang von 1V wird dann mit der entsprechenden Auflösung des ADC 
(16/24 Bit) gemessen.
Nun kommt ein möglicher DC-Offset ins Spiel, den der Differenzverstärker 
am Eingang zu subtrahieren versucht. Um dies aber tun zu können, darf 
weder der CHn+ noch der CHn- Eingang gewisse Spannungslimits 
überschreiten - und genau das sind die Angaben unter "Analog Input 
Absolute Voltage on ...", die alle gegen AGND gemessen sind - eben diese 
'ominösen' "Min: -1V" und "Max +1V".
Folglich, um mal ein Beispiel zu zeigen, kann der DC-Offset (eine 
Spannung die sowohl dem [+]- als auch dem [-]-Signal unterliegt) des 
analogen Eingangssignales +500mV betragen und der ADC kann immer noch 
die korrekte Differenz zwischen CHn+ und CHn- bilden, da sich sowohl der 
[+]- und [-]-Eingang im Bereich von 0V...+1V 'bewegt'.
Laut DB ist es nun sogar so, das absolut gesehen (also gegen AGND 
gemessen) bis zu ±6V an den Eingängen anliegen dürfen ohne das der Chip 
Schaden nimmt, aber der Differenzverstärker außerhalb der Spezifikation 
betrieben wird und somit u.a. die Linearität stark leiden wird.

von Tim K. (Gast)


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Das habe ich soweit verstanden, aber warum muss ich dann +- 800mV 
anlegen um den Endanschlag des ADC zu sehen?
Und ich komme auch nicht bis +-1V, alles über 800mV in beide Richtungen 
wird bei mir nicht mehr gemessen.

von Raimund R. (corvuscorax)


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Tim K. schrieb:
> Das habe ich soweit verstanden, aber warum muss ich dann +- 800mV
> anlegen um den Endanschlag des ADC zu sehen?

Laut Chapter 5.3.2 ist der Sättigungspunkt des Delta-Sigma-Modulators 
bei Vref/3 erreicht, was bei 2,37V für die interne Vref eben genau die 
von Dir ermittelten ±800mV entspricht. Sein spezifizierter 
differentieller Eingangsspannungsbereich geht aber nur bis ±500mV.

> Und ich komme auch nicht bis +-1V, alles über 800mV in beide Richtungen
> wird bei mir nicht mehr gemessen.

Wozu auch?! Du musst zwingend zwischen den garantierten Grenzwerten und 
den durch externe Beschaltung bzw. interne Programmierung eingestellten 
Werten/Messbereichen/... unterscheiden. Bis ±1V könntest Du nur dann 
messen, wenn Vref erhöht würde - also folglich nur dann, wenn Du von 
extern eine andere Vref mit etwas höherer Spannung anlegst (also eine 
mit mind. 3V).

von Tim K. (Gast)


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Der Hinweis mit Kapitel 5.3.2 war gut.
Das heisst aber auch andersrum dass ich bei +-500mV nicht die volle 
Auflösung habe.

Auf 1V kann man meiner Meinung nach nie hochkommen, denn die Referenz 
ist nur bis 2,9 V erlaubt.

Hast du das Teil schon eingesetzt?
Bei +-500mV und 24 Bit kommt man auf eine Auflösung von ca. 60nV.
Das ist schwer unter Kontrolle zu bekommen denke ich, oder?

von Raimund R. (corvuscorax)


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Tim K. schrieb:
> Der Hinweis mit Kapitel 5.3.2 war gut.
> Das heisst aber auch andersrum dass ich bei +-500mV nicht die volle
> Auflösung habe.

Ein bisschen 'Overhead' ist eigentlich nie schlecht, die vollen 24 Bit 
als ENOB (E_ffective N_umber O_f B_its) zu erhalten wäre doch ein wenig 
illusorisch.

> Auf 1V kann man meiner Meinung nach nie hochkommen, denn die Referenz
> ist nur bis 2,9 V erlaubt.

Stimmt auffallend - hatte ich aber nicht explizit im Datenblatt 
nachgelesen. Damit ist und bleibt also ein diff. 
Eingangsspannungsbereich von ±1V unmöglich (zumindest mit diesem Chip).

> Hast du das Teil schon eingesetzt?

Nein.

> Bei +-500mV und 24 Bit kommt man auf eine Auflösung von ca. 60nV.
> Das ist schwer unter Kontrolle zu bekommen denke ich, oder?

Kommt ganz darauf an!
In diesen Spannungsbereichen sind bereits die Thermospannungen (der 
verwendeten unterschiedlichen Materialien, die mal eben einige Dekaden 
über den 60nV liegen) bei der Verdrahtung (Platine-Kontaktierung-Kabel, 
usw.) nicht zu vernachlässigen. Absolute Genauigkeit zu erreichen wird 
deshalb in der Tat schon sehr schwierig. Wenn man die Temperatur 
aller(!) bei der Messung involvierten Komponenten doch nur konstant 
halten könnte ...
Dazu zählt halt auch Kabel, Kontaktstellen, die aktiven und passiven 
Bauteile, etc., etc., etc.
Relativ gesehen kann man allerdings schon Tendenzen messen (denn dafür 
ist die 'Sensibilität' gefragt und mit 24 Bit ausreichend hoch genug), 
solange diese nur schneller sind als die Temp.-Drift der Messschaltung.
Meinem Kunstbegriff für solche Messgeräte lautet schlicht und einfach 
"Präzision-Schätzeisen". ;-)

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