Forum: Ausbildung, Studium & Beruf Teach First, Master und das Alter


von Frank M. (aktenasche)


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servus,

ich stehe nach 8 semestrigen FH studium nachrichtentechnik vor dem 
abschluss. habe davor 2 semester an der uni etechnik studiert, 1 
semester nichts, davor zivildienst und einmal sitzengeblieben. d.h. ich 
werde 26 jahre und 11 monate sein, wenn ich das abschlusszeugnis in der 
hand halte.

nun will ich 2 sachen machen:

- master mit auslandsaufenthalt und evtl doppelabschluss (2 jahre)
- teachfirst: an schulen in sozialen brennpunkten unterrichten und 
aushelfen (2 jahre fix). einen artikel darüber habe ich erst sonntag 
gelesen, die idee ist also relativ frisch. http://www.teachfirst.de/

nun sind das zusammen 4 jahre, d.h. ich würde erst mit 31 ins 
berufsleben einsteigen. mir persönlich ist es eigentlich ziemlich egal, 
da es mir die erfahrung wert ist. nüchtern betrachtet ist es halt doch 
schon ein hohes alter, wenn man bedenkt dass einige masterabsolventen 
mit 23 oder 24 fertig sind. zudem meiner meinung nach in den nächsten 
jahren mit einer ingenieurschwemme zu rechnen ist. ob der 
fachkräftemangel humbug ist, naja, da bin ich mir selber nicht ganz 
sicher.

was meint ihr? was sollte ich zuerst machen? master oder teachfirst? 
oder doch nur eins von beiden?

von Michael S. (technicans)


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Frank Meier schrieb:
> was sollte ich zuerst machen?

Erst mal Klein/Großschreibung lernen, denn daran mangelt es noch.

Zu deiner Frage: Solche Extratouren hören sich zwar schön an, nur
was versprichst du dir davon? Such dir doch erst mal eine attraktive
Stelle und stoße deine Hörner ab. Jetzt ist der Arbeitsmarkt noch
günstig und wer weiß wie lange noch. Wenn du nur bei einer Chaotentruppe
landest, kannste dich immer noch anders entscheiden, vor allem wenn
das mit der Schwemme wirklich kommt. Vielleicht steckt da auch gar
nichts dahinter. Ob Master ja oder nein bin ich unschlüssig ob es
dafür eigentlich nicht schon zu spät ist und man sollte nicht unnötig
Lebenszeit vergeuden, denn man hat nur das eine. Meine Meinung.

Frank Meier schrieb:
> - teachfirst: an schulen in sozialen brennpunkten unterrichten und
> aushelfen (2 jahre fix). einen artikel darüber habe ich erst sonntag
> gelesen, die idee ist also relativ frisch. http://www.teachfirst.de/

Wenn deine berufliche Zielsetzung die Bildung ist, wäre das sicher
ne gute Sache. Für die Industrie wird man das wohl kaum gebrauchen
können. Allein deiner sozialen Kompetenz verleiht es mehr Glanz.

von MutterIstDieBeste (Gast)


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Nunja...was ich da raus lese ist, das er das Teach First für sich machen 
möchte und nicht für irgendwelche Arbeitgeber.

Ich kann dir dabei nicht helfen. Könnte ich vielleicht in zwei Jahren. 
Da bin ich dann nämlich auch 30 und steige dann erst ins Berufsleben 
ein. Bist also nicht alleine :-)

von Stefan (Gast)


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Wenn Du nicht unbedingt arbeiten musst, dann lass dir Zeit. Da der 
Master Standard ist, solltest Du ihn machen. Vor dem 30. Lebensjahr 
stemmst Du in der Wirtschaft sowieso nichts, weil man von Dir erwartet, 
altersbedingt für lau zu arbeiten. Mach also was du willst. Lerne bei 
Deiner Auslandsaktivität womöglich noch eine Fremdsprache, dann hebst Du 
dich von den Schwachmarken, die "keine Lebenszeit verloren haben", 
deutlich ab.
btw.: Arbeitszeit ist verlorene Lebenszeit
S.

von Michael S. (technicans)


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MutterIstDieBeste schrieb:
> nicht für irgendwelche Arbeitgeber.

Wozu lernt man denn überhaupt was? Doch nur für die Arbeitgeber, oder?
Egal ob es fremde Arbeitgeber oder der eigene später Familienbetrieb
ist. Time is Money. Tempus fugit.

von Wolfgang H. (Gast)


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Hi, Frank,

> was meint ihr? was sollte ich zuerst machen?

Man solle immer aus der Sicht des anderen jurisdiktieren, sagte schon 
Friedrich der Große. (oder so ähnlich.)

Was erwartet der spätere potenzielle Arbeitgeber von Dir?
Einen Lehrer für soziale Brennpunkte im Ausland?
Wenn ja, dann wäre Deine Entscheidung klar.

Wenn nicht, dann auch.

Ciao
Wolfgang Horn

von Axel L. (axel_5)


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Aus dem, was du erzählst, kann man messerscharf folgern, dass Du den 
Hintern nicht hochbekommen hast. Das wird mit so einem Sonderweg nicht 
besser werden.

Wenn du mal mit deinem Studium Geld verdienen willst, solltest Du also 
so langsam mal fertig werden und nicht noch irgendwelche Sondertouren 
machen.

Und ja, Du wirst langsam etwas alt für einen Absolventen. Das ist ok, 
wenn Du Dir die Zeit mit sinnvollen (im Sinne der Arbeitgeber) Dingen 
verbracht hast, aber Sitzenbleiben, ein Semester Auszeit und zwei Jahre 
rumdaddeln gehören definitiv nicht dazu.

Arbeitgeber finden das zwar toll, wenn sie in Talk Shows sitzen, aber 
nicht bei Leuten, die sich bei ihnen bewerben. Eine Ausnahme sind 
24-Jährige Absolventen, die die Zeit dafür gefunden haben, weil sie in 
der Schule zwei Klassen übersprungen haben, aber dazu zählst Du 
offensichtlich nicht.

Sorry, wenn das jetzt etwas hart rüberkommt, aber Du wolltest eine 
Meinung.

Gruss
Axel

von Industrie (Gast)


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Du lebst nicht, um irgendwelchen inkompetenten Personaler zu gefallen, 
das schon mal vorab.

Arbeiten in der Industrie scheint für manche Experten hier das 
Nonplusultra zu sein. Meiner Meinung nach ist das nicht so.

Natürlich musst du aufpassen, dass deine bewerbungen später akzeptiert 
werden, es sei denn, du bist jetzt schon finanziell unabhängig.

Alter 31 beim einstieg ist etwas hoch, aber auch nicht sehr dramatisch, 
es kommt auf das gesamtpaket deiner person an (was hast du vorher 
gemacht?) und darauf an, in welchem bereich du einsteigen willst.

Warum machst du nicht erst einmal Teach First und den Master 
nebenberuflich nach dem berufsstart? Dann wärst Du erst 29 beim 
einstieg. Ein nebenberuflicher Master ist auf jeden fall zu stemmen, 
auch ohne riesengroße entbehrungen.

Möglicherweise entscheidest du dich nach der erfahrung als lehrer für 
einen anderen weg.

von Günther (Gast)


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Wolfgang Horn schrieb:
> Man solle immer aus der Sicht des anderen jurisdiktieren, sagte schon
> Friedrich der Große. (oder so ähnlich.)

Ja klar, bestimmt. Bla.

Axel Laufenberg schrieb:
> Aus dem, was du erzählst, kann man messerscharf folgern, dass Du den
> Hintern nicht hochbekommen hast. Das wird mit so einem Sonderweg nicht
> besser werden.

Naja, FH Diplom mit 26 geht noch.

Axel Laufenberg schrieb:
> Eine Ausnahme sind
> 24-Jährige Absolventen, die die Zeit dafür gefunden haben, weil sie in
> der Schule zwei Klassen übersprungen haben, aber dazu zählst Du
> offensichtlich nicht.

Und was biten die Unternehmen dem Megaüberflieger an? Eine Stelle als 
Entwickler bei einem Mittelständler in der Provinz mit 39k ?

von becherleer masseur (Gast)


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Frank Meier schrieb:
> was meint ihr? was sollte ich zuerst machen? master oder teachfirst?
Erst den Master, dann kannste immer noch solche Bespassungsprogramme wie 
teachfirst absolvieren, speziell dieses ist eher für bwler und co von 
Eliteunis gedacht damit der verwöhnte Filius mal live die Brut vom Pöbel 
zu Gesicht bekommt, die/den er sonst nur vom TV oder Hörensagen kennt.
Speziell Teachfirst ist in dieser Hinsicht delikat, da müsste ich jetzt 
weiter ausholen aber davon würde ich die Finger lassen. Arbeite irgendwo 
nebenher als Nachhilfskraft da haste das selbe und steig parallel in den 
Job ein. Wenn da nach deinem Masterabschluss eine zu grosse Lücke klafft 
und du das mit diesen Nächstenliebeprogrammen begründest sieht das eher 
so aus als hättest du in der Zeit nichts gefunden und wärst ein fauler 
Apfel, speziell in Deutschland.

von Joachim D. (Firma: JDCC) (scheppertreiber)


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Mache das wir dir gefällt. Stromlinienförmigen Mainstream gibt es
genug. Nur tote Fische schwimmen mit dem Strom.

von Lasst mich A. (ich_bin_durch)


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Ich kann nur von mir reden, nach 2 Jahren Fachabstinenz weiß ich 
nichtmal mehr die Grundkenntnisse. Und dann willst du noch einen Job der 
an dein Studienfach anlehnt?

Welche Gründe hast du überhaupt das Teachfirst zu machen? Mache dir die 
Gründe bewusst und versuche Alternativen zu finden. Wenn du unterrichten 
willst kannst du Nachhilfe geben, wenn du anderen einfach nur helfen 
willst, dann mache ein Ehrenamt irgendwo. Das nur als Beispiel, weil 2 
Jahre zu verplämpern ist nicht wirklich effektiv.

Btw:
Die Fachkräfteschwäme aufgrund der doppelten Abijahrgänge gibt es nur in 
Deutschland. Wenn du auf der ganzen Welt arbeiten willst kannst du einen 
lokalen Überschuss in Deutschland leicht herausfiltern.

von Peter D. (fellow)


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Hallo Frank,

ich war selbst Fellow bei Teach First Deutschland und habe die letzten 2 
Jahre an einer Schule im sozialen Brennpunkt gearbeitet.

Vorab ein paar Infos zu mir, damit du weist, wer hier schreibt:
Mein Lebenslauf sah so aus, dass ich mein Abi gemacht hatte, dann auch 
Zivi und im Anschluss habe ich Physik auf Diplom studiert. Mit 
Auslandssemester hatte ich dafür genau 6 Jahre gebraucht und war mit 26 
Jahren (& 9 Monaten) fertig. Anschließend hatte ich bei Teach First 
angefangen, wobei ich im Oktober 2009 meinen Uni-Abschluss gemacht hatte 
und im Frühjahr 2010 dann erst mit Teach First angefangen hatte.
Nach den 2 Jahren Teach First arbeite ich jetzt (seit 2 Monaten) in der 
Industrie als Messtechniker. Ich bin jetzt 29 Jahre alt, bzw. werde in 
einem Monat 30.

Zu deiner Frage: Master oder Teach First habe ich folgende Meinung:
Ich finde es spricht nichts dagegen beides zu machen. zuerst Teach 
First, dann den Master. Ich hatte viele Fellow-Kollegen, die nach ihrem 
Bachelor zuerst Teach First gemacht haben und anschließend jetzt noch 
einen Master draufsetzen. Manche haben ihre Berufswahl nach ihrer 
Erfahrung an der Schule auch komplett geändert und sind im 
Bildungssektor geblieben, weil sie durch ihre Zeit an der Schule Feuer 
gefangen haben.

Welches Alter du hast, wenn du in die Industrie gehst ist meiner 
Erfahrung nach weniger wichtig. Viel wichtiger für die Industrie ist es, 
welche Fachkompetenzen und Erfahrungen du mitbringst. Als 
Nachrichtentechniker wirst du da aber ganz sicherlich kein Problem haben 
mit 31 adäquate Stellen zu finden. Und wenn du erstmal in der Industrie 
verankert bist, wirst du solche Erfahrungen wie bei Teach First nicht 
mehr machen können.

Ich muss 'Industrie (Gast)' auch rechtgeben, dass du deinen Lebenslauf 
nicht für Personaler lebst sondern für dich selbst. Mache also das, 
wobei du dich wohlfühlst und wo du denkst, dass es passt. Und habe ruhig 
Mut auch mal vom Mainstream abzuweichen. Ich bin der vollen Überzeugung, 
dass unsere Gesellschaft nur funktionieren kann, wenn Menschen auch mal 
den Mum haben, sich nicht nur von materiellen Sicherheiten leiten zu 
lassen.

Ich für meinen Teil habe durch den Einsatz bei Teach First einiges an 
Lebenserfahrung mitnehmen können und habe Einblicke in die Gesellschaft 
bekommen, die ich anderweitig nie hätte bekommen können. Mich hat der 
Einsatz an meiner Schule sehr positiv geprägt und ich bin froh, dass ich 
damals nach meinem Abschluss nicht direkt in die Industrie gegangen bin.

Also Mut zur Lücke!

von Mischmasch (Gast)


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Als 31jähriger Absolvent (Bachelor/Master) würdest du beim meinem 
Arbeitgeber keinen Job bekommen. Als 31jähriger mit ein paar Jahren (5 
Jahre) fachlich relevanter Berufserfahrung schon. Als 31jähriger, 
frisch promovierter Dr. hättest du bei uns auch noch Chancen, wenn wir 
gerade einen Dr. bräuchten und du in der richtigen Fachrichtung 
promoviert hättest.

Sogar als "nur" 27jähriger Bachelor Absolvent ohne Berufserfahrung 
hättest du bei uns schon arge Probleme einen Job zu bekommen. Acht, neun 
Jahre (16, 18 Semester) nach Schulabschluss erst einen Bachelor 
zusammenbekommen haben sieht nicht nach zielstrebig, talentiert und 
motiviert aus. Da müsste die Abschlussnote und jede Fachnoten 1,x 
sein, mit x <= 3. Was bei der Vorgeschichte eher nicht zu vermuten ist.

Irgend ein Trallala wie Teach First würde dir bei uns schon gar keine 
Bonuspunkte einbringen. Im Gegenteil. Spät fertig geworden und dann noch 
fachfremd rumgehangen, will der überhaupt ein Ingenieur sein? Will der 
überhaupt ernsthaft arbeiten?

Wenn dir Leute so einen Scheiß wie "Mut zur Lücke" erzählen, dann wollen 
sie dich entweder verarschen oder haben von der Realität einfach keine 
Ahnung. Im Englischen gibt es diesen schönen Spruch: When you find 
yourself in a hole, stop digging. Vielleicht solltest du langsam mit dem 
Graben aufhören.

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