Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Frage Bootstrap Kondensatoren bei Halbbrücken ICs


von jonz d. (rhandymarsh)


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Hallo zusammen,

Ich möchte mehrere Mosfet Halbbrücken schalten (für einen EC Motor, 
allerdings keine 3-Phasenkonfiguration) und habe dabei noch ein 
Verständnisproblem betreffend den Bootstrap Schaltungen der Driver ICs.

Als beispiel habe ich mal den LTC4446 genommen, der meinen Anforderungen 
entsprechen müsste. Insgesamt habe ich 12 Halbbrücken zwischen denen die 
Motorspulen liegen, das bild oben ist auf eine dieser Halbbrücken 
reduziert.

Jetzt zum eigentlichen Problem:

Zwischen dem durchschalten des LOW-Fets (also dem laden des bootstrap 
kondensators) und dem durchschalten des HIGH-Fets habe ich eine 
Drehzahlabhängige Totzeit, die bis in den ms-bereich gehen kann (beim 
anlaufen des Motors). Ich habe nun die Sorge, dass sich der 
Bootstrap-Kondensator in dieser Totzeit durch Leckströme entläd und der 
High-Side Fet nichtmehr Schaltet.Habt ihr Erfahrungen ob eine solche 
Totzeit kritisch sein kann?

Außerdem habe ich noch ein Verständnisproblem mit der PWM Ansteuerung 
des ICs:Was ist der Unterschied bezogen auf das 
Bootstrap-Kondensatorverhalten, wenn ich den HighSide Input am IC 
(Befehl vom uC zum schalten des Mosfets) mit einer PWM oder einer 
konstanten DC Spannung versorge?

Meine bisherige annahme:

Mit PWM: Der Mosfet schaltet synchron zum Logikeingang des Driver ICs 
und der Bootstrap Kondensator entläd sich langsam pro Schaltperiode der 
PWM,da die Gatekapatzität jedes mal neu geladen werden muss.

Ohne PWM: Der Mosfet schaltet durchgehend durch, bis sich der 
Kondensator durch Leckströme oder sonstige Verluste entladen hat oder 
das logiksignal abgenommen wird.
Jetzt frage ich mich allerdings, warum bei den meisten ICs mit 
bootstrap-kondensatoren nur PWMs bis 80-90% möglich sind und keine 100% 
(das wäre ja der fall mit der konstanten spannungsversorgung am 
Logikeingang).

Die einfachste Lösung wäre für mich, einfach einen IC mit integrierter 
Ladungspumpe zu nehmen, aber da bin ich bisher noch nicht fündig 
geworden (die meisten ICs können meine 60V Mosfetspannung bzw. die 
resultierende höhere "Bootstrap"-Spannung nicht ab).Wenn jemand einen 
brauchbaren IC kennt, nur her mit dem Link!

Ein weiterer Punkt zu dem ich noch nicht schlauer werden konnte, ist die 
hohe PWM frequenz, die bei den meisten nutzern teiweise bis mehrere 
hundert khz geht. Das erscheint mir nicht sinnvoll, weil bei jedem 
schaltvorgang des Mosfets ja  Verluste erzeugt werden. Daher wäre es ja 
nur sinnvoll eine PWM mit möglichst geringer Frequenz zu nutzen. Zu 
meiner Anwendung kann ich sagen, dass über die Brücken Ströme von bis zu 
200A fließen werden. Kann mir hier jemand eine Begründung für die hohen 
frequenzen geben?

Ich bin übrigens schon seit wochen auf der Suche für die Antwort auf 
meine Fragen und habe schon x Datenblätter durchgelesen, ich hoffe dass 
mir hier jemand weiterhelfen kann. Wenn ich den vorgang nicht verstehe, 
möchte ich natürlich ungern auf Risiko eine Schaltung aufbauen,die dann 
nacher nich funktioniert. Also danke schonmal fürs fleißige Lesen und 
mitmachen!

Gruß
Jonas

von Falk B. (falk)


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@  jonz dump (rhandymarsh)

>kondensators) und dem durchschalten des HIGH-Fets habe ich eine
>Drehzahlabhängige Totzeit, die bis in den ms-bereich gehen kann (beim
>anlaufen des Motors).

Ganz schön viel.

>High-Side Fet nichtmehr Schaltet.Habt ihr Erfahrungen ob eine solche
>Totzeit kritisch sein kann?

Sicher, eben wenn sich der Bootstrapkondensator zu weit entlädt. Dem 
kann man aber durch Parallelschaltung von Elko + Keramik-C entgegen 
wirken.

>Meine bisherige annahme:

Stimmt soweit.

>Jetzt frage ich mich allerdings, warum bei den meisten ICs mit
>bootstrap-kondensatoren nur PWMs bis 80-90% möglich sind und keine 100%
>(das wäre ja der fall mit der konstanten spannungsversorgung am
>Logikeingang).

Eben weil sich der Bootstrap-Kondensator irgendwann entladen hat und der 
FET nicht mehr eingeschaltet bleiben kann, auch wenn dein Logikeingang 
das so will.

>Die einfachste Lösung wäre für mich, einfach einen IC mit integrierter
>Ladungspumpe zu nehmen,

Wenn du einen hast. Oder man nimmt eine galvanisch getrennte 
Spannungsversorgung, die braucht man dann aber für jeden Kanal getrennt. 
Und die Koppelkapazität zur Masse sollte auch sehr klein sein, ich sag 
mal 100pF und weniger.

>hohe PWM frequenz, die bei den meisten nutzern teiweise bis mehrere
>hundert khz geht.

Alles eine Frage der Anwendung. Und bisweilen vollkommen übertrieben, so 
ala "ich bin LEDphil, unter 1kHz falcken meine LEDs" ;-)

> Das erscheint mir nicht sinnvoll, weil bei jedem
>schaltvorgang des Mosfets ja  Verluste erzeugt werden. Daher wäre es ja
>nur sinnvoll eine PWM mit möglichst geringer Frequenz zu nutzen.

Ja.

>200A fließen werden. Kann mir hier jemand eine Begründung für die hohen
>frequenzen geben?

U.A. auch, um die LC-Filter klein zu halten.

von jonz d. (rhandymarsh)


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Danke für die Antwort!
Ich bin übrigens fündig geworden. der A3942 von AllegroMS könnte meinen 
Anforderungen entsprechen. Ist zwar nur ein High side Treiber, aber das 
sollte kein Problem sein. Der IC hat eine integrierte Ladungspumpe und 
kann meine 60V und auch die resultiernde "Boot"-Spannung von ca. 72 
gerad noch so.Ist aber schon extrem an der Grenze. Irgendwie ist bei 
allen Mosfet Treibern bei 60V schluss.
Vielleicht sollte ich mich mal bei IGBT Treibern umsehen....

von Gregor B. (Gast)


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Hallo, schau mal hier:

http://www.ti.com/lit/an/slva444/slva444.pdf

Da wird erklärt, wie man sich eine Ladungspumpe für eine Bootsrap-Stufe 
baut, um 100% Einschaltdauer für den High-Side-Schalter zu realisieren. 
Besteht aus einem NE555 mit ein bißchen Gedöns drumherum.

von Noti (Gast)


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Eventuell Hilfreich bei der Auslegung einer Bootstrap-Versorgung falls 
die Variante mit der integrierten Ladungspumpe nicht klappt:
- TI: SLVA444: Providing Continuous Gate Drive Using a Charge Pump
- Fairchild: AN-9052: Design Guide for Selection of Bootstrap Components
- Fairchild: AN-6076: Design an Application Guide of Bootstrap 
Circuit...

von jonz d. (rhandymarsh)


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Danke,
die Möglichkeiten einer externen Ladungspumpe sind mir bereits bekannt. 
Ich hätte vielleicht angeben sollen, dass ich diese Lösungen möglichst 
vermeiden will, da mein Platz auf der Platine sehr knapp ist und auch 
bauteile über 5mm höhe (die meisten DC\DC wandler mit galvanischer 
trennung sind so) nicht passen.
ich habe noch etwas interessantes gefunden:
http://www.hvlabs.com/files/HIP4081application.pdf
hier ist , wie ich auf die schnelle gelesen hab, auch eine ladungspumpe 
integriert und kann hoch bis 80V (nur so für die Nachwelt, falls mal 
einer das gleiche Problem wie ich haben sollt)....

von Gregor B. (Gast)


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Oder ADUM5230 oder ADUM6132.
Da kannst du dann auch 700V zwischen High- und Low-Side haben...

von Gerd E. (robberknight)


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Hallo Falk,

Falk Brunner schrieb:
> Wenn du einen hast. Oder man nimmt eine galvanisch getrennte
> Spannungsversorgung, die braucht man dann aber für jeden Kanal getrennt.
> Und die Koppelkapazität zur Masse sollte auch sehr klein sein, ich sag
> mal 100pF und weniger.

Warum ist die Koppelkapazität zur Masse in diesem Fall so wichtig?

Wie sieht es mit den gängigen isolierenden DC/DC Wandlern (Traco und 
Konsorten) aus? Ist da nicht normal zwischen den beiden isolierten 
Seiten nen Kondensator zur Verringerung der Störungen drin? - der würde 
ja genau diese Anforderung verletzen.

Gruß,

Gerd

von Falk B. (falk)


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@  Gerd E. (robberknight)

>> Spannungsversorgung, die braucht man dann aber für jeden Kanal getrennt.
>> Und die Koppelkapazität zur Masse sollte auch sehr klein sein, ich sag
>> mal 100pF und weniger.

>Warum ist die Koppelkapazität zur Masse in diesem Fall so wichtig?

Weil die bei jedem Schaltvorgang umgeladen werden muss.

>Wie sieht es mit den gängigen isolierenden DC/DC Wandlern (Traco und
>Konsorten) aus? Ist da nicht normal zwischen den beiden isolierten
>Seiten nen Kondensator zur Verringerung der Störungen drin?

Nein, da gibt es Verschiedene.

> - der würde
>ja genau diese Anforderung verletzen.

Ja.

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