Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik RC Hochpass vor Instrumentenverstärker


von Dirk (Gast)


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Hallo,

ich verstehe die Problematik bei der Dimensionierung des RC Hochpasses 
vor einem Instrumentenverstärker nicht so ganz.

1. Er soll niederfrequente Anteile unterdrücken, da er die Differenz 
einer Wechselspannung an einer Brückenschaltung messen soll. Hier 
dimensioniere ich R und C eben so, dass nach meiner Grenzfrequenz.

2. "Input Ground return": Es muss für die korrekte Funktion des 
Instrumentenverstärkers sowieso nach dem Kondensator ein Widerstand 
gegen Masse integriert werden. Warum genau?

Viele Grüße
Dirk

von Dieter W. (dds5)


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Dirk schrieb:
> 2. "Input Ground return": Es muss für die korrekte Funktion des
> Instrumentenverstärkers sowieso nach dem Kondensator ein Widerstand
> gegen Masse integriert werden. Warum genau?

Weil der Verstärker einen Eingangsruhestrom (bias current) benötigt, das 
ist der Basis- bzw Gate(Leck)strom der Transistoren in der 
Eingangsstufe.

Wenn der Gleichstrompfad am Eingang durch einen Kondensator unterbrochen 
wird, ist die DC-Verstärkung gleich der Leerlaufverstärkung und der 
Verstärker steuert voll positiv oder negativ durch.

von Kai K. (klaas)


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>Hier dimensioniere ich R und C eben so, dass nach meiner Grenzfrequenz.

Da Toleranzen der Rs und Cs an beiden Eingängen die 
Gleichtaktunterdrückung drastisch verschlechtern bis völlig ruinieren 
können, nimmst du hochstabile Rs und Cs mit möglichst kleiner Toleranz 
und legst, um den Einfluß der Hochpässe weiter zu minimieren, die 
Grenzfrequenz der RC-Hochpässe erheblich tiefer als die untere 
Grenzfrequenz deiner Signalverarbeitung.

>Warum genau?

Weil aus den Eingängen immer zumindest Leckströme fließen, die über 
einen Pfad nach Masse abgeleitet werden müssen. Sonst fließen sie in die 
Caps, bis die Eingangsspannungen irgenwann ins Nirwarna abdriften.

von Dirk (Gast)


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Jetzt noch eine Frage zur Dimensionierung:

Grenzfrequenz: Große Kondensatoren erlauben niedrigere Grenzfrequenzen 
und kleinere Widerstände. Die Grenzfrequenz sollte möglichst gering 
sein.
Hier werden laut dem Instrumentation amplifier guide von Analog Devices 
Elektrolytkondensatoren empfohlen. Hier
muss man aber auch wieder aufpassen, dass der Wechselspannungsanteil, 
nicht zu einem Vorzeichenwechsel des Potentials führt.

Was habt ihr für Erfahreungen gemacht? Nehmt ihr Elkos?

Denn kleinere Kondensatoren benötigen größere Widerstände, was

1. zu höherem Widerstandsrauschen und
2. zu einem größeren Spannungsunterschied führt: Eine Variation von der 
beiden Widerständen führt bei gleichem Strom an beiden Eingängen zu 
einer Differenzspannung.

Das spricht doch alles dafür, dass man

1. Möglichst große Kondensatoren (Elkos)
2. Möglichst kleine Widerstände

von Ulrich (Gast)


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Es hängt halt sehr von der interessanten Frequenz ab. Bei höheren 
Frequenzen kann man gut Folienkondensatoren nehmen, ggf. geht es ja auch 
schon darum 50 Hz zu unterdrücken.

Das Rauschen der Widerstände ist nicht so kritisch wie es auch den 
ersten Blick scheint, denn bei der Nutzfrequenz hat der der Kondensator 
die niedrigere Impedanz und teilt das Rauschen runter, um etwa den 
Faktor den die Grenzfrequenz niedriger ist als die Nutzfrequenz. Die 
Frage ist da mehr wie klein darf der Kondensator sein. Bei gegebenen 
Kondensator gibt ein größerer Widerstand weniger Rauschen im 
Nutzbereich.

Die Toleranzen der Widerstände sind recht klein - das Problem ist eher 
der Offsetstrom, also das der Ruhestrom an beiden Eingängen nicht gleich 
ist, und dann auch noch von der Temperatur abhängt. Einen kleinen Rest 
an Gleichspannung kann der Verstärker in der Regel noch Tollerieren und 
man kann den dann hinter dem Verstärker filtern - auch bei 100 facher 
Verstärker wäre etwa 10 mV am Eingang meist noch kein Problem und das 
Erlaubt schon Widerstände von 1 MOhm bei 10 nA Offsetstrom. Bei 
Verstärkern mit FET Eingängen darf der Widerstand noch größer sein.

Bei niedrigen Frequenzen für das Nutzsignal stellt sich eher die Frage 
ob man den Hochpass überhaupt braucht. Da muss man dann auch noch auf 
1/f Rauschen usw. achten.

von Kai K. (klaas)


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>Hier werden laut dem Instrumentation amplifier guide von Analog Devices
>Elektrolytkondensatoren empfohlen.

Wo "hier"? Wir kennen weder deinen Chip noch deine Anwendung. Es ist 
also unmöglich, festzustellen, ob Elkos eine gute Wahl sind.

>Hier muss man aber auch wieder aufpassen, dass der
>Wechselspannungsanteil, nicht zu einem Vorzeichenwechsel des Potentials
>führt.

Jetzt wird es völlig abenteuerlich. Wir kennen auch deinen 
Wechselspannungsanteil nicht. Erwartest du irgendeine konkrete Anwort??

von Dirk (Gast)


Angehängte Dateien:

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Als Anhang habe ich mal Ergebnisse einer Simulation mit LTSpice 
angefügt.

Es ist eine Brückenschaltung zur Messung der induktiven Spannung die 
durch die Spule in der Brücke erzeugt wird.

Die Spule besitzt eine parasitären ohmschen Widerstand von 2 Ohm. Die 
Brückenwiderstände sind so dimensioniert, dass im Gleichstromfall
die Brücke abgeglichen ist. Bei Anlegen einer Wechselspannung verstimmt 
die Spule aufgrunder der induktiven Spannung die Brücke, sodass eine 
Brückenspannung (V(n004-V(n011)) messbar ist. Die Potentiale an den 
beiden Brückenklemmen V(n004) und V(n011) bewegen sich wie im Ergebnis 
der transienten Simulation zu sehen zwischen -80mV und 80mV.

Daher sollten doch wohl besser Folienkondensatoren für den Hochpass 
verwendet werden oder?

Ich möchte die Differenz zwischen den Potentialen messen.

Den Hochpass vor dem InAmp zum Verstärken der Differenzspannung habe ich 
jetzt mal für eine Grenzfrequenz von 10Hz ausgelegt.

In diesen InAmp-guide von Analog Devices wird empfohlen, zwischen den 
Ports 1 und 4 des InAmps einen Widerstand in der Hoehe von 1/10 der 
Widerstände des Hochpasses zu integrieren, um die Schaltung
tolleranter gegenüber Bauteiltoleranzen zu machen.

Die Differenzspannung an der Brücke möchte ich nun mit einem 
Instrumentenverstärker verstärken. Das verstärkte Signal möchte ich mit 
einem Osziloskop messen. Bei dem Tektronix TDS1000B beträgt die untere 
Grenze des Messbereichs 2mV/div. Wenn mein Signal also 20mV groß ist, 
beginnt der interessante Messbereich. Das sind etwa 5kHz (siehe Signal 
V(n009) nach dem Instrumentenverstärker im Ergebnis WheatstoneAC) Mit 
steigender Frequenz steigt die induktive Spannung auch noch weiter an.

Wäre die Dimensionierung des Hochpasses so machbar? Oder könnte ich die 
Grenzfrequenz des Hochpasses noch wieter hochsetzten, wie z.B. 100Hz, 
weil der Nutzfrequenzbereich erst bei 5kHz beginnt?

von Kai K. (klaas)


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Warum verwendest du überhaupt eine Brücke?

von Dirk (Gast)


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Der Widerstand R4 der Brücke ist verstimmbar. Unter Gleichstrom beträgt 
die Brückenspannung dann 0v. Unter Wechselstrom wird aber nun zusätzlich 
die Spannung U=-L*di/dt induziert. Diese Spannung verstimmt die Brücke 
und ist als Brückenspannung messbar.

Die Brücke ist sozusuagen eine Filterschaltung für die Messung der 
induktiven Spannung. Wie könnte man dieses Herausfiltern denn sonst 
realisieren?

von Kai K. (klaas)


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>Die Brücke ist sozusuagen eine Filterschaltung für die Messung der
>induktiven Spannung. Wie könnte man dieses Herausfiltern denn sonst
>realisieren?

Du könntest die Meßfrequrenz kräftig erhöhen, bis der induktive 
Spannungsabfall dominiert. Du könntest auch einen gewissen 
Spannungsabfall am 2R Widerstand zulassen. Solange du uns aber nicht 
sagst, wozu du den Spannungsabfall an einer 200nH Induktivität messen 
willst, kann man nichts konkreteres sagen.

Mir ist etliches in deiner Anwendung nicht klar. Warum willst du 
beispielsweise überhaupt einen Hochpaß verwenden? Geh doch direkt mit 
dem AD8221 an die Brücke.

von Dirk (Gast)


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Ich möchte damit die Magnetisierungskurve den Eisenkerns in der Spule 
messen: Durch die sinusförmige Anregung der Brücke wird ja eine 
sinusförmige magnetische Feldstärke hervorgerufen.

Genaugenommen erzeugt der Strom erzeugt einen magnetischen Fluss Phi. 
Und die Sinus-förmige Änderung des magnetischen Flusses erzeugt eine 
Selbstinduktionspannung, die ich eben messen möchte: U_ind=-d(phi)/dt.

Durch die Integrieren der messbaren Selbstinduktionsspannung erhalte ich 
den magnetischen Fluss phi.

Da ich den Strom also die magnetische Feldstärke kenne, kann ich dann 
die Magnetisierungskennlinie Phi=f(I) darstellen.

Kai Klaas schrieb:
> Mir ist etliches in deiner Anwendung nicht klar. Warum willst du
>
> beispielsweise überhaupt einen Hochpaß verwenden? Geh doch direkt mit
>
> dem AD8221 an die Brücke.

Bin leider kein Experte in Sachen Schaltungsentwicklung..

von Kai K. (klaas)


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>Bin leider kein Experte in Sachen Schaltungsentwicklung..

Das Hochpaß-Beispiel aus dem Datenblatt soll nur veranschaulichen, daß 
man immer einen Gleichstrompfad von den Eingängen des AD8221 nach Masse 
vorsehen muß. Dafür hat man drei Beispiele gegeben, die 
Übertragerankopplung, den Temperatursensor ohne Massebezug und die 
AC-Ankopplung mittels Caps. Alles Anwendungen, in denen man zusätzlich 
für Gleichstrompfade nach Masse sorgen muß. In deiner Anwendung hast du 
aber schon die Gleichstrompfade nach Masse, nämlich direkt in der 
Brücke.

Einen Hochpaß an den Eingängen nimmt man eigentlich nur, wenn man 
zusätzlich einen Gleichstrom durch die Brücke schickt und der 
Gleichstromabgleich der Brücke sich so stark verstimmen kann, daß der 
nachfolgende Verstärker übersteuern würde. Dann trennst du DC einfach ab 
und verstärkst nur AC.

von Dirk (Gast)


Angehängte Dateien:

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Okay, dann lasse ich den Hochpass heraus.

Dann habe ich noch eine Frage zum Thema Kondensator am Ausgang des 
Instrumtenverstärkers.

Zum Abgleichen der Brücke verwende ich eine Gleichspannung. Wenn ich 
einen Kondensator an den Ausgang anschließen würde, dann könnte ich 
diese Gleichspannung ja gar nicht mehr messen.

Nach dem Abgleichen betreibe ich die Brücke aber mit einer sinusförmigen 
Wechselspannung. In diesem Betrieb möchte ich aber, dass das Signal 
möglichst gleichspannungsfrei ist. In der Simulation besitzt das Signal 
wirklich noch einen Offset, wenn ich keinen Kondensator am Ausgang habe.

Könnte ich das dann nicht so machen, dass ich das Oszilloskop auf AC 
coupled einstelle und den Kondensator weglasse?

von Kai K. (klaas)


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>Könnte ich das dann nicht so machen, dass ich das Oszilloskop auf AC
>coupled einstelle und den Kondensator weglasse?

Klar, probiers aus.

Einen AD8221 bei 5kHz mit Verstärkung 500 zu betreiben, ist allerdings 
ein wenig grenzwärtig.

von Dirk (Gast)


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Kai Klaas schrieb:
> Einen AD8221 bei 5kHz mit Verstärkung 500 zu betreiben, ist allerdings
>
> ein wenig grenzwärtig.

Weshalb? Wegen der Gleichtaktunterdrückung, die bei hohen Frequenzen 
niegrieger wird?

von Kai K. (klaas)


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Wenn du Figure 16 des Datenblatts

http://www.analog.com/static/imported-files/data_sheets/AD8221.pdf

zu einem Bode Plot ergänzt

http://en.wikipedia.org/wiki/Bode_plot

erkennst du, daß sich bei Gain=100 eine Grenzfrequenz von rund 100kHz 
ergibt und bei Gain=1000 10kHz. Interpoliert man das intuitiv, erhält 
man für Gain=500 eine Grenzfrequenz von rund 20kHz. Das ist nur um den 
Faktor 4 größer als deine Signalfrequenz von 5kHz. Wünschenswert wäre 
aber ein Faktor von 10, besser noch 20. Ist die Verstärkungsreserve 
nämlich zu gering, leidet die Signalverarbeitung, weil einmal die nicht 
linearen Verzerrungen zu groß werden können, andereseits aber auch die 
Temperaturstabilität des Verstärkungsfaktors darunter leiden kann.

von Dirk (Gast)


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Kai Klaas schrieb:
> Ist die Verstärkungsreserve
>
> nämlich zu gering, leidet die Signalverarbeitung, weil einmal die nicht
>
> linearen Verzerrungen zu groß werden können

Ja, ..in meiner Anwendung darf der Verstäker das Signal möglichst gar 
nicht verzerren, da ich ja die induktive Spannung des Spulenkerns messen 
möchte, die durch die nichtlineare Hysteresekurve des Spulenkerns 
beschrieben wird. Die nichtlinearen Anteile (harmonischen Vielfachen) im 
Spektrum müssen also erhalten bleiben und möglichst ungedämpft sein.

von Dirk (Gast)


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Aber meines Wissen ist der AD8221 doch der Instrumentenverstärker mit 
dem größten Frequenzbereich, oder?

von Kai K. (klaas)


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>Aber meines Wissen ist der AD8221 doch der Instrumentenverstärker mit
>dem größten Frequenzbereich, oder?

Deswegen hat der ja trotzdem irgendwo eine Grenze...

Eine Verstärkungsreserve von Faktor 10 ist das absolute Minimum. Wenn du 
das nicht umsetzt, wird die Schaltung eine Fehlkonstruktion!

Hänge doch einfach noch eine weitere OPamp-Verstärkerstufe an den 
Ausgang des AD8221, der mit Faktor 5 verstärkt und stelle den AD8221 auf 
eine Verstärkung von Faktor 100 ein. Eventuell ist sogar ein Stufung von 
Faktor 50 und Faktor 10 sinnvoll.

von Dirk (Gast)


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Verstehe ich prinzipiell so: Ein Instrumentenverstärker mit einer großen 
Verstärkung verzerrt das Signal bei höheren Frequenzen also. Daher 
stelle ich ihn mit einer sehr niedrigen Verstärkung ein.

Am Ausgang des Instrumentenverstärkers habe ich nun mein gewünschtes 
Differenzsignal der Brücke, was aufgrund der geringen Verstärkung wenig 
verzerrt ist. Dieses Differenz-Signal verstärke ich mit einem Opamp..

Wie war das noch, diese Opamps fangen doch auch gerne mal das Schwingen 
an, wenn man direkt an ihren Ausgang eine kapizitive Last (Messleitung) 
anhängt, oder?

von Kai K. (klaas)


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>Verstehe ich prinzipiell so: Ein Instrumentenverstärker mit einer großen
>Verstärkung verzerrt das Signal bei höheren Frequenzen also.

Das macht jeder Verstärker so, weil dann die Verstärkungsreserve 
schrumpft. Es ist ja gerade die Verstärkungsreserve, die es der 
Gegenkopplung erlaubt, Unlinearitäten auszuregeln.

>Wie war das noch, diese Opamps fangen doch auch gerne mal das Schwingen
>an, wenn man direkt an ihren Ausgang eine kapizitive Last (Messleitung)
>anhängt, oder?

Ja, weil die kapazitive Last mit dem endlichen (unsichtbaren) 
Ausgangswiderstand des Verstärkers eine Phasedrehung bewirkt, die ja 
dummerweise auch in der Gegenkopplung liegt. In die Gegenkopplung 
schleicht sich deshalb eine unerwünschte "phase lag", die ein Aufzehren 
der "phase margin" bewirkt.

Abhilfe schafft ein Serienwiderstand von 47...100R direkt am Ausgang des 
Verstärkers.

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