Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Isolation von Leitern unter Hochspannung


von schemus (Gast)


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Hallo,

im Rahmen der Vorbereitung eines Projektes, habe ich Fragen zur 
Isolierung von Hochspannungsleitungen im Gerätebau.

Es geht um Spannungen von 40 bis 70 kV und folgende Punkte sind von 
Interesse:

- Kann ich eine Gerätebuchse für den Anschluss des Kabels zur ext. 
Hochspannungssonde einsetzen oder sollte ich das eher fest im Gerät 
installieren?

- Gibt es Buchsen-Stecker-Kombis, welche bis zu 70 kV sicher verkraften?

- last but not least, wie kann ich das Hochspannungskabel im Gerät 
zwischen Flyback und Buchse zuverlässig isolieren? Ich möchte das Kabel 
nicht ohne weitere Maßnahmen in der Luft hängen lassen. Gerade der 
Übergang auf die Gerätebuchse scheint prädesteniert zu sein für 
Funkenüberschläge, die mittelfristig zur Zerstörung der Buchse führen.

- Ließe sich an diesen Stellen Kunstharz, 2k-Harze oder vielleicht 
Trafoöl zur besseren Isolierung sinnvoll einsetzen?

Viele Grüße!

von MaWin (Gast)


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In dieser Kiste sind +75kV und -75kV,
nach den Spannungsvervielfachern (beide schwarze Kisten)
die vom Hochspannungstrafo versorgt werden
http://www.youtube.com/watch?v=Q4ffx5eX39E&feature=youtu.be

Öl, keine Stecker.

von Falk B. (falk)


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@  schemus (Gast)

>- Kann ich eine Gerätebuchse für den Anschluss des Kabels zur ext.
>Hochspannungssonde einsetzen

Ja.

>oder sollte ich das eher fest im Gerät installieren?

Geht auch.

>- Gibt es Buchsen-Stecker-Kombis, welche bis zu 70 kV sicher verkraften?

Ja, sind aber nicht gerade klein, so um die 30cm lang.

>- last but not least, wie kann ich das Hochspannungskabel im Gerät
>zwischen Flyback und Buchse zuverlässig isolieren?

Nimm passendes HV-Kabeln, gibt es bis 100kV Nennspannung ++.

>nicht ohne weitere Maßnahmen in der Luft hängen lassen.

;-)

>Gerade der
>Übergang auf die Gerätebuchse scheint prädesteniert zu sein für
>Funkenüberschläge, die mittelfristig zur Zerstörung der Buchse führen.

Nicht nur der.

>- Ließe sich an diesen Stellen Kunstharz, 2k-Harze oder vielleicht
>Trafoöl zur besseren Isolierung sinnvoll einsetzen?

Das MUSST du. Denn bei 70kV braucht man ca. 28cm Kriechweg.

von b35 (Gast)


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Es geht auch mit etwas weniger Abstand, Faustregel 100kV - 10cm, wir 
bauen so. Die Oberflächen "so glatt" wie möglich, daran denken daß nicht 
die Spannung das wirkende ist sondern die Feldstärke (keine Spitzen / 
Kanten, immer schön runden), also die Geometrie entscheidet.
Echte HS Steckverbinder sind teuer, die Hersteller aus unserer Branche 
machen sie alle selbst, und das erstaunlich einfach (Drehbank, Fräse ist 
halt notwendig).
Labyrinte verlängern die Kriechwege, Rizinusöl (reines, aus der 
Apotheke) ist hervorragend geieignet Isolierstrecken zu festigen 
(reduziert / verhindert Gleitenladungen, Korona). Wird auch von uns 
verwendet.
Als Trafoöl kenne ich Shell Diala in 20/50 l Gebinden.
HS Leitungen (intern im Gerät geht auch fast normales Koax*, nur die 
Innenseele ohne Mantel) zu vertretbaren Preisen, auch in kleinen Mengen, 
gibt es z. B. bei Schnier Elektrostatik.

*Zum fixieren kann dünne "Plastik-Kordel" dienen. An die mit der Zeit 
kommende Feuchtigkeit (Betauung) denken.

von schemus (Gast)


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Ja super! Vielen Dank für die Anregungen. Wir werden das in Vorbereitung 
des Projektes mal durchsprechen.

Bis dann...

von Falk B. (falk)


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@  b35 (Gast)

>Es geht auch mit etwas weniger Abstand, Faustregel 100kV - 10cm,

Suizidmaschinen?

An einen 100kV Elektrode würde ich nicht 10cm nah rangehen, will ja 
keine Corana in der Nase haben.

Ausserdem muss man deutlich zwischen

Luftstrecke für Durchschlag
Kriechstrecke
Sicherheitsabstand

unterscheiden.

Ich kenn die Normwerte jetzt nicht, aber 100kV sind da eher 100-150cm 
Sicherheitsabstand gefragt, eher noch mehr.

>Echte HS Steckverbinder sind teuer, die Hersteller aus unserer Branche
>machen sie alle selbst, und das erstaunlich einfach (Drehbank, Fräse ist
>halt notwendig).

Sowas gibt es fertig zu kaufen, soooo dolle ist die Technik oft nicht.

von Carsten H. (blaubaer77)


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Soweit ich mich richtig erinnere, ist der Sicherheitsabstand in
110 kV-Anlagen 3 Meter. Beim Öffnen von Trennern entstehen auf jeden 
Fall Funken, die länger sind wie 10 cm.

Gruß Carsten...

von b35 (Gast)


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Die Angaben beziehen sich auf Elektrostatik Anwendungen und auf das 
Innere der Geräte. Die Quellen von denen ich spreche sind frei 
berührbar, aber energiebegrenzt auf 0.24mJ (60nC) bei Gasen, 2mJ (200nC) 
bei Stäuben bzw. bei möglicher Personengefährdung auf 350mJ (50uC). Bei 
erstern kribbelt es, bei den zweiten wird gezuckt, bei den dritten langt 
niemand zweimal hin, sondern flucht, pinkelt ein wenig in die Hose und 
überlegt sich den Job doch zu wechseln.

Bei "heißen" und offenen 100kV im HS-Schaltfeld / Umspannwerk gehe ich 
keine 10m ran, isolierte 50kV im Elektrogerät kann man -wer mag- aus 
50cm anschauen (aber nicht anfassen). Wer hierzu in diesem Forum für 
diese Anwendungen Fragen stellen muß ist fehl am Platz, nicht geeignet 
damit umzugehen.

Eure Rückfragen / Anmerkungen sind sehr gut, ich bin (etwas blind) von 
unserem Equipment ausgegangen. Der "Gerätebau" von schemus kann 
natürlich alles beinhalten, von der E-Fliegenklatsche bis zur SF6 
Schaltanlage.

von Harald W. (wilhelms)


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schemus schrieb:

> - Gibt es Buchsen-Stecker-Kombis, welche bis zu 70 kV sicher verkraften?

Wenn sie diese Spannung nur übertragen sollen, ist das noch kein
Problem. Wenn Du sie unter Spannung trennen willst, ist das schwierig
bis unmöglich. Im Laborbereich werden solche Spannungen gern durch
Koax-Kabel mit aussen Masse geführt. Dann braucht man keine grossen
Sicherheitsabstände einzukalkulieren.
Gruss
Harald

von schemus (Gast)


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b35 schrieb:
> Der "Gerätebau" von schemus kann
> natürlich alles beinhalten, von der E-Fliegenklatsche bis zur SF6
> Schaltanlage.

Ja, so etwas mehr als Fliegenklatsche ist es, was aus dem Gerät kommen 
wird. Hätte ich sicher dazuschreiben sollen. Beim aktuellen Gerät 
"knuspert" es  wenn man anpackt, es sind aber keine ernsthaften Probleme 
zu erwarten.

Die Stecker-Buchsen-Kombi soll nicht getrennt werden wenn Spannung 
anliegt. Mit einem anderen Gerät ist es aber immer wieder vorgekommen, 
dass die Kombi sich im Laufe der Zeit verabschiedet hat, weil sich 
Kriechwege gebildet und in die Kunststoffisolatoren regelrecht 
eingebrannt haben. Immerhin kommen da schon hochwertige (und sauteure) 
Verbinder von LEMO zum Einsatz und die scheinen aber unterdimensioniert 
zu sein.

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