Forum: Mikrocontroller und Digitale Elektronik Unglaublich hohe Stromdichte?


von Manu3l (Gast)


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Hallo zusammen!

Habe hier einen kleinen Motor liegen welcher einen Lackdrahtdurchmesser 
von 0,075mm hat. Damit verträgt er im Betrieb einen Strom von 0,2A!

Das würde eine unglaublich hohe Stromdichte ergeben:
Laut IEC 60317
dA ~ 0,075 mm -> A = 0,003117 mm^2 (Kupferquerschnitt)

J = 64 A

Das "widerspricht" allem was ich so über maximale Stromdichten gefunden 
habe. Wie dimensioniert man sowas mit diesen Leitequerschnitten selbst?

von Sven B. (scummos)


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Stromdichten misst man nicht in Ampere... auch ansonsten komme ich auf 
45 A/mm².

Und wo ist die Quelle dafür, dass das nicht geht? Klingt für mich 
erstmal einigermaßen okay. ;)

von Manu3l (Gast)


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Das mit den Ampere für die Stromdichte ist natürlich Quatsch!

Aber wie kommst du auf 45 A/mm^2 ? Nicht das ich mich da auch noch 
vertan habe...

> Und wo ist die Quelle dafür
Habe hier im Forum und sonst in der Literatur immer nur von 3-5A/mm^2 
oder mal maximal 10 A/mm^2 gelesen.
Bsp Elektronik-Kompendium:
http://www.elektronik-kompendium.de/sites/grd/0501191.htm

Denke auch das das sehr konservative Werte sind aber doch um einige 
Faktoren und dem hier verlangten.

von Manu3l (Gast)


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...einige Faktoren UNTER dem hier verlangten.

von Sven B. (scummos)


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Hm, ich rechne 0.2/(pi*(0.075/2)**2) = 45.3.
Ansonsten hast du Recht, das ist viel gegenüber dem, was auf der Seite 
angegeben ist. Bei Wikipedia steht auch 6A/mm².

Hast du mal nachgemessen, was tatsächlich durchfließt?

Unter Umständen ist vielleicht der Draht kurz genug, sodass die Wärme 
gut abfließen kann und man deshalb den sonstigen Maximalstrom 
überschreiten kann?

Die 6A/mm² stehen bei Wiki übrigens als ... naja, Richtlinie, der 
Schmelzstrom, also der, der das Kupfer zum Schmelzen bringen würde, ist 
irgendwie 3000A/mm², also viel höher.

von Harald W. (wilhelms)


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Sven B. schrieb:
> Stromdichten misst man nicht in Ampere... auch ansonsten komme ich auf
> 45 A/mm².
>
> Und wo ist die Quelle dafür, dass das nicht geht? Klingt für mich
> erstmal einigermaßen okay. ;)

Ich denke, bei Bonddrähten von ICs wird man ähnlich hohe Werte haben.
Gruss
Harald

von Thomas (Gast)


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Bei Stromdichten geht es vor allem um zwei Dinge:
1. Spannungsabfall auf der Leitung
2. Thermische Überlastung der Leitung

1.
Hängt auch von der Länge ab und dürfte hier keine Rolle spielen.

2.
Ist sehr abhängig von der Verlegung, also wie gut die Wärme abgeführt 
werden kann.
Eine mehradrige, isolierte Leitung unter Putz kann weniger als eine frei 
verlegte Einzelader.
Hier haben wir als Isolierung eine sehr dünne Lackschicht die zwar 
Spannung, aber kaum Wärme isoliert.
Außerdem ist der Draht direkt auf einen Kühlkörper (den Läufer) 
gewickelt.
Die Rotation wird zusätzlich noch für gute Lüftung sorgen.

Alles OK, denke ich.

von eProfi (Gast)


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Außerdem teilt sich der Strom im Kollektor auf zwei Pfade auf.
Durch die Bewegung und das umliegende Metall wird der Draht gekühlt.

von Uwe B. (Firma: TU Darmstadt) (uwebonnes)


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Die 6 A/mm2 gelten fuer dicke Draehte und dichte Packung. Um so duenner 
der Draht um so besser das Verhaeltnis von waermeabgebender Oberflaeche 
zu waermeerzeugenden Querschnitt.

von Stefan N. (stefan_n)


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Thermisch ist doch das Verhältnis zwischen Strom und Querschnittsumfang 
interessant, oder? Wärme wird doch nur über die Oberfläche abgegeben und 
nicht über die Querschnittsfläche.

von Bernhard S. (b_spitzer)


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Noch ein anderes Gebiet, wo es dem Starkstromer den Atem verschlägt...
Digitales IC in "Stone-Age-Technology". Also 5V, 10µm Strukturbreite 
(Faktor 500 zu aktuellen ICs). Mit einem Ausgangspin der 20mA auf einer 
Leiterbahn mit 20µm Breite und 2µm Dicke treibt kommt man auf "schlappe" 
500A/mm². Dabei hat man ein E-Feld zwischen 2 Leiterbahnen (10µm 
Abstand) von 500000V/m...

von Stimmy (Gast)


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Bei sehr kurzen Leitungen darf die Stromdichte auch recht gewaltig 
werden ohne dass gleich was wegschmilzt...

Der MOSFET IRF1404 hat z.B. ein TO220-Gehäuse und nur 3,5 mOhm Rds.
Lt. Datenblatt darf man ihn mit max. 75A belasten weil das Gehäuse nicht 
mehr verträgt.

Die Pins haben einen Querschnitt von ca. 0,65 mm². Bei 75A ergibt das 
stolze 115 A/mm² Stromdichte...

Wenn ich mich nicht verrechnet habe entstehen dann an jedem Pin 0,15 
Watt Verlustleistung pro Millimeter Länge - es ist also sinnvoll die 
Pins so kurz wie möglich zu halten und so nah wie möglich am Gehäuse auf 
viel dickere Leitungen überzugehen.

von Harald W. (wilhelms)


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Stimmy schrieb:

> Die Pins haben einen Querschnitt von ca. 0,65 mm². Bei 75A ergibt das
> stolze 115 A/mm² Stromdichte...

Und welchen Querschnitt haben die Bonddrähte? Sicherlich deutlich
weniger.
Gruss
Harald

von Andreas D. (rackandboneman)


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Abgesehen von der Kühlung is es innerhalb eines Motors auch ziemlich 
egal wenn die Wicklung Temperaturen von 90 Grad oder so hat solang das 
Isoliermaterial das mitmacht, und wie schon gesagt wurde ist Kühlung 
sichergestellt so dass es bei den 90 Grad bleibt. Bei einem Verlegekabel 
muss man ganz anders dimensionieren, da man davon ausgehen muss dass 
jemand nicht glücklich wäre wenn er es anfasst und es 90 Grad heiss 
ist... oder dass es jemand mit anderen solchen Kabeln die ebenso heiss 
werden zusammenpackt, oder in gut wärmeisolierende Steinwolle 
einwickelt.... Ebensowenig kann man es sich bei dem Kabel leisten dass 
es bei zu erwartenden Überströmen im Fehlerfall dann nicht 90 sondern 
300 Grad heiss wird bevor es die Sicherung interessiert und irgendetwas 
in Brand steckt.

von Falk B. (falk)


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@  Bernhard Spitzer (b_spitzer)

>Noch ein anderes Gebiet, wo es dem Starkstromer den Atem verschlägt...
>Digitales IC in "Stone-Age-Technology". Also 5V, 10µm Strukturbreite
>(Faktor 500 zu aktuellen ICs). Mit einem Ausgangspin der 20mA auf einer
>Leiterbahn mit 20µm Breite und 2µm Dicke treibt kommt man auf "schlappe"
>500A/mm². Dabei hat man ein E-Feld zwischen 2 Leiterbahnen (10µm
>Abstand) von 500000V/m...

Ja, das ist schon beachtlich. Aber wie bereits gesagt, das Problem ist 
schlicht das Verhältnis Kühlung über Oberfläche des Leiters zu 
wärmeerzeugendem Volumen.

Oberfläche Zylinder:

Wärmeleistung im Leiter

Wärmedichte auf der Oberfläche:

D.h. Die Problematik der Kühlung geht mit d^3 ein! Das erklärt, warum 
sehr dünne Leiter hohe Stromdichten vertragen, weil die Kühlfläche im 
Verhältnis sehr groß ist. Und warum große Trafos mit durchfließendem Öl 
gekühlt werden müssen.

P S Vielleicht kann man ja Kernfusion erreichen, indem man einen 
austreichend dicken Kupferzylinder bestromt ;-)

von Manu3l (Gast)


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Erstmal danke für alle Antworten!

@Sven B. gut ich hatte schon gedacht, ich hätte mich verrechnet. Du hast 
Die Lackdicke unterschlagen. D'rum hatte ich den effektiven 
Kupferquerschnitt mit angegeben.

Eine Messung hat ergeben, dass der Draht obiger Dicke bei 1,4A 
Gleichstrom durchglüht. Was bedeutet, dass ich auf der "sehr" sicheren 
Seite bin und das ganze im Motorfall ja auch noch "gepulst" wird.

Außerdem habe ich aus anderer Quelle, das 16A bei 0,25 
Bonddrahtdurchmesser durchaus "im Rahmen" sind (Nur um mal eine Weitere 
Größe in den Raum zu stellen).

Tabellen scheint es für diese Dinge und Größen wirklich nicht zu geben 
und Werte müssen wohl mit nicht geringem Aufwand für jede Anwendung neu 
berechnet werden.

Da mir wohl für eine genaue Berechnung noch weitere Kennwerte und 
entsprechendes Formelwissen fehlen, orientiere ich mich vorerst an 
meiner Messung plus entsprechendem Sicherheitsfaktor.

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