Hi,
mich würde interessieren, ob hier ähnliche Erfahrungen zu
Geldverschwendung in Konzernen gibt.
Ich bin an Standort A angestellt. Das Projekt, für das ich von Tag 1 an
arbeite, befindet sich an Standort B. Meine Reisezeit zählt als
Arbeitszeit, die Reisekosten werden voll übernommen. Zusätzlich gibt es
pro Tag Verpflegungskosten. In der Summe sind es etwa 60€ / Tag an
reinen Reisekosten , die für die Reiserei ausgegeben werden. Ich bin
nicht der einzige, bei dem es der Fall ist.
Ich habe keine besonders extravagante Kenntnisse, halt n Diplom in
Informatik und ca 4 Jahre BE. Es gibt aber auch Kollegen auf
Junior-Stellen, die genauso im Zug sitzen.
Warum wird das so gemacht? Ich kann mir nicht vorstellen, dass es so
schwer ist, einen Softwareentwickler in Java zu finden. Vor Allem nicht
in einer großen Stadt (Bonn).
Wie sind eure Erfahrungen?
Warum? Weil sie es können.
Ein Konzern hat eine unheimlich hohe Produktivität, weil er sich
meistens durch relativ wenige Massenprodukte finanziert ("Cash Cows").
Die Einkaufsmacht ist außerdem enorm, man kann die Preise stark drücken
und eine unheimlich hohe Marge erzielen. Da kann man sich einen enormen
Wasserkopf und Geldverschwendung in den indirekten Bereichen leisten.
Einen Sinn braucht man nicht dahinter suchen, den gibt es wohl meistens
nicht.
Aber wenn man sich überlegt, dass das nicht der einzige Bereich sein
wird, in dem das so gehandhabt wird, gäbe es eine Menge
Optimierungspotential.
Die BWL Haie müssten da doch enorm Sparpotential sehen und sich
profilieren können. Irgendwie verstehe ich nicht, dass es keiner macht
Zwei Gründe:
- Die 60 EUR sind für dich gefühlt enorme Kosten. Für den Konzern sind
sie ein Klacks. Ein Prof von mir mit eigener Firma hat mal gesagt, pro
Ingenieur koste eine Entwicklungsabteilung rund 600 EUR / Arbeitstag. Da
sind 60 EUR nicht mehr soo viel, zumal...
- ...die Kosten der Entwicklung in einem grossen Konzern gegenüber dem
Umsatz und den Kosten bei Problemen immer noch klein sind. Bei
integrierten Schaltungen z.B. gilt die Faustregel, dass eine
Überschreitung der Entwicklungskosten um 100% den Profit um 4%
schmälert, während eine Verspätung am Markt von 6 Monaten den Profit
halbiert. Jetzt kannst du dir selbst denken, wie unbedeutend die
Entwicklungskosten sind. Viel wichtiger ist, dass es läuft. Wenn also
die Entwicklung nur ein klein wenig besser wird, so gibt man gerne viel
mehr Geld aus.
Ohne weitere Informationen zu kennen ist das schwer zu sagen.
Wie lange dauern solche Projekte?
Welche Aufgaben sind es?
Ein Bewerbungsprozess ist meist mit hohen Kosten verbunden.
Zu den direkten Kosten der Bewerbungsphase kommen noch Einarbeitungszeit
etc.
Die neue Person muss ersteinmal angelernt werden, muss die Prozesse
kennenlernen etc.
Vorher greift man dann zu externen Dienstleistern die so etwas machen.
Aber dann braucht man auch wieder Personen die die Arbeit überwachen
etc.
Das ist wahrscheinlich schon so gerechnet, dass es als das billigste und
optimalste aussieht. Die Zahlen werden schon stimmen, auch wenn sie mit
gesunden Menschenverstand nicht erklärbar sind.
Davon abgesehen kann man Entwicklungsleistung nicht wirklich messen. Ob
du nun zwei Stunden im Zug sitzt oder zwei Stunden konzentriert
entwickelst sieht ein BWLer gar nicht.
Meine Erfahrung: Such keinen Sinn hinter solchen Dingen. Ändern wirst du
es sowieso nicht. Wenn du damit nicht leben kannst, bist du wohl kein
Konzernmensch. Was durchaus nachvollziehbar ist. Ich wollte so etwas
auch nicht auf Dauer durchhalten.
Ne ändern will ich das auch gar nicht - mir ist das auch im Grunde egal,
was die anstellen ;) Ich finde es nur interessant.
A.R.
Ich kenne jetzt nur das "eigene" Projekt. Es ist ein "Forschungsprojekt"
im automotive Bereich, was noch keine Kunden hat. Dh mit Umsatz bzw
Gewinn wird erst in Zukunft gerechnet. Laufzeit ist schon lang - also
wie ich mitbekommen habe, planen die bis 2016 und drüber hinaus
Den Angestellten im Konzern kann so eine Sache sicherlich egal sein.
Aber als Investor ist man auf jedes Prozent mehr Rendite aus. Entweder
sie sehen es nicht oder sie wollen es nicht sehen. Es kann natürlich
auch - wie schon von anderen hier geschrieben - die optimale Lösung
sein, alles andere wäre zu unsicher oder auch nicht günstiger.
m32 schrieb:> Ich habe keine besonders extravagante Kenntnisse, halt n Diplom in> Informatik und ca 4 Jahre BE. Es gibt aber auch Kollegen auf> Junior-Stellen, die genauso im Zug sitzen.>> Warum wird das so gemacht? Ich kann mir nicht vorstellen, dass es so> schwer ist, einen Softwareentwickler in Java zu finden. Vor Allem nicht> in einer großen Stadt (Bonn).>> Wie sind eure Erfahrungen?
Peanuts ! da kenne ich ganz andere Projekte, wo Leute ( Fachseite, aber
auch Ings, Informatiker ) aus ganz Deutschland teils her geflogen wurden
am Dienstag, Donnerstag wieder zurück. Übernachtung pro Tag knapp 100
Euro + Verpflegungspauschale + Flug bzw. Zug oder km Pauschale fürs
Auto.
Das Projekt lief ca. 2 Jahre, ca. 30 Leute waren dabei beteiligt. Einige
Leute von einer Spezialfirma, die sehr gefragt sind, kosten als
Entwicklungsing ca. 2000 Euro pro Tag inkl. Reisekosten. Deren
Projektleiter liegt bei fast 3000 Euro am Tag. Da sind pro Tag gerechnet
einige hundert Euro Reisekosten inkl. Hotel gar nichts.
was Geldverschwendung angeht, hab ich ganz andere Geschichten. SW
Projekte die mit mehreren hundert Mio Euro an die Wand gefahren und
anschließend eingestellt wurden, aufgrund von einfachsten
Planungsfehlern und obwohl man genauso ein Standardprodukt hätte
einkaufen können für viel weniger.
Geh' mal davon aus, dass Dein Projekt auch mal irgendwann zu Ende geht.
Dann schau' Dich in Deinem Kollegenkreis um, wer denn die Arschkarte in
diesem System gezogen hat und stell Dir dann mal vor was bei deinem
nächsten Projekt auf Dich zukommt.
Solche Zustände entstehen immer im Umfeld von: Was ist machbar, was ist
zumutbar und was ist finanzierbar?
Ist der letzte Punkt dann nicht erfüllt, so wundere Dich nicht, wenn Du
demnächst feststellst was outsourcing bedeutet. So etwas zieht sich
manchmal hin, da viele Firmen ihre Verträge einhalten – auch wenn damit
Minus gemacht wird.
Hi, m32,
"Suboptimierung" ist wohl der häufigste Grund für Verschwendung:
1. Jeder Entscheider entscheidet, wie er nach seinen lokalen Vorgaben
soll.
2. Aber würde jeder im Sinne des Ganzen denken, könnten alle noch ne
Menge Geld sparen.
Ciao
Wolfgang Horn
m32 schrieb:> Ich bin an Standort A angestellt. Das Projekt, für das ich von Tag 1 an>> arbeite, befindet sich an Standort B. Meine Reisezeit zählt als>> Arbeitszeit, die Reisekosten werden voll übernommen. Zusätzlich gibt es>> pro Tag Verpflegungskosten. In der Summe sind es etwa 60€ / Tag an>> reinen Reisekosten , die für die Reiserei ausgegeben werden. Ich bin>> nicht der einzige, bei dem es der Fall ist.
Was mekkerst du?
Du hast es besser als 99% AN in D-land!
m32 schrieb:> mich würde interessieren, ob hier ähnliche Erfahrungen zu> Geldverschwendung in Konzernen gibt.
Das ist doch Pippifax!!!
Ich habe in den vergangenen 3.5 Jahren in 4 Projekten gearbeitet, bei
denen in allen 4 Fällen nichts herausgekommen ist:
2009: 12 Monate Mitwirkung in einem Projekt der AG mit dem grossen S:
Insgesamt 7 Mann ständig aktiv, weitere 15 teilweise Insgesamt wurden in
2 Jahren 25 Mannjahre und geschätzte 4Mio eingesetzt, um eine neue
Technologie zu entwickeln. Das ganze wurde Ende 2009 von Peter Löscher
eingestellt, um Geld zu sparen - obwohl alles perfekt funktionierte.
2010: Ein Projekt bei EADS, das vom deutschen Staat / der Bundeswehr
beauftragt war, wurde von mir und 4 weiteren Personen bis in Stufe 3
getrieben, wobei bereits 2 Jahre zuvor daran gearbeitet worden war.
Insgesamt wurde 14 Mannjahre = 1,8 Mio Euro investiert und Material für
> 1.5 MIO beschafft. Dann kam Guttenberg und hat es weggestrichen. Das
Projekt liegt nun auf Eis. Früher oder späater wird es eine andere Firma
machen und die Arbeit ist verloren.
2011: Ein grosser Konzern mit 7 Standorten in Deutschland, weiteren etwa
25 weltweit, transferiert ein Projekt von einem Standort zum anderen und
beschäftigt mehr neben 25 internen, mehr als 10 Externe, um sich in
Spezialhardware einzuarbeiten und diese samt Software zu übersiedeln.
Wie auch andere habe ich dazu jeweils 2x2 Monate im Ausland gearbeitet,
bei Rechungshöhen im Bereich 15k + zzgl 3k Reise- und Hotelkosten. Der
Transfer soll insgesamt fast 1 Mio Euro gekostet haben, wobei man sich
vorstellen kann, wie effektiv das ist, Knowhow in einen Externen
reinzuladen und dieses dann woanders zu entladen. Nachdem alle ihr
Knowhow entladen hatten und die neuen Mitarbeiter insturiert waren, die
Doku geschrieben und das Projekt beendet war, wurden alle Transferierer
entlassen oder umgesetzt und der neue Standort setzte das Projekt fort.
Gesamt kosten bis dato geschätzte 3 Mio Euro. 9 Monate danach wurde das
Projekt aber gestoppt, weil die Konzernspitze es in den USA machen
lassen will. Inzwischen habe ich gehört, dass wieder neue Transferierer
eingestellt wurden.
2012: Eine Firma lässt eine Sonderhardware entwickeln, für die ich die
Elektronik und Software für ein Modul mache. Nachdem meine Sachen
funktioneren, scheide ich aus dem Projekt aus. Kosten mit Material und
Platinen für den Prototypen rund 100.000. Die anderen Entwickler stellen
zum Herbst auch ihre Sachen fertig. Kosten für den Anlagenprototypen
geschätzte 1.5Mio und eine knappe Mio Arbeitskosten intern. Danach geht
es in die Phase2 und eine Kleinserie wurde aufgelegt. Gesamtinvestition
in das Projekt: Bisher 4,5 Mio Euro In der Jahresabschlussbilanz taucht
das Projekt mit Minus 5Mio auf, da es zum 31.12. eingestellt wurde.
Grund: Der zu erwartende Gewinn mit der Anlage ist zu gering, andere
Geschäftsbereiche sind produktiver. Jetzt suchen ein Entwicklungsleiter,
ein GB-Leiter und 2 Teamleiter neue Aufgaben / einen neuen Job.
In allen 4 Fällen, hätte man das Zeug einfach durchentwickeln und mit
Gewinn verkaufen können. Man will aber einfach in dem betreffenden Jahr
keine weiteren Kosten mehr haben und cancelled es einfach oder der zu
erwartende Gewinn ist zu klein -Y die Umsatzrendite stimmt nicht.
Randerscheinung in 2011 - ein Projekt, in dem auch ich fast gelandet
wäre: Ein Konzern verlagert einen ganzen Standort 150km westwärts von
Stuttgart nach Rastatt, um die Entwicklung und Produktion zu
konzentrieren. Dabei gehen 400 Arbeitsplätze verloren, am neuen Standort
entstehen 450 neue, was werbewirksam als Erweiterung verkauft wird,
obwohl ein Drittel davon in einem neuen Bereich entstehen, den es am
alten nicht gab. Tatsächlich arbeiten also nur noch 300 in dem alten
Bereich am neuen Standort. Von denen sind gut 100 Leute neu, denn nur
etwa die Hälfte der 400 ist mitgegangen. Von den 200, die ausgeschieden
sind, waren fast die Hälfte Ingenieure und damit fast alle
Knowhowträger. Auch dort wurden Transferierer eingesetzt, was genau so
toll geklppt hat.
Man investiert, um Knowhow zu verlagern und zu vernichten, und dies nur,
um auf elegante Art einen Standort zu schliessen.
Irgendwie muss sich das alles rechnen.
Siehe Bosch Solarabteilung, was die versucht haben aufzuziehen und jetzt
mal gehörig abschmiert. Wobei man sagen muss, dass die Investition an
sich schon super war, nur Solar ist eben nur ein weiteres
Bankenrenditenmodell, und wenn die Rendite schmilzt will auch normale
Mensch keine Solaranlage mehr auf dem Dach haben.
m32 schrieb:> In der Summe sind es etwa 60€ / Tag an> reinen Reisekosten , die für die Reiserei ausgegeben werden. Ich bin> nicht der einzige, bei dem es der Fall ist.
Beim großen S. war es auch mal üblich von Erlangen per Flieger nach
Ddorf zu düsen, dann wurde derjenige abgeholt, führte ein kurzes
Gespräch und düste am gleichen Tag wiedr zurück.
Manche waren dort in Erlangen eingestellt und arbeiteten jahrelang in
NRW, Unterkunftspauschale+Auslöse (voll versteuert) wurden
weiterbezahlt.
Julius schrieb:> Der ganz normale Wahnsinn!!
Mitarbeiter erscheinen nur zur Arbeit, wenn sie knappen Lohn im
Verhältnis zu den Warenpreisen bekommen. In dem Moment machen sie viele
Überstunden und es entsteht Rendite. Bei hohem Lohn baut sich jeder MA
ein Haus und setzt sich zur Ruhe. Zuerst versuchten die Chefs das Geld
selbst einzunehmen. Es kam zu Neid und zu Tresor-Raub. Weil der
Überschuss immer weiter steigt, haben sie 2005 die Mehrwertsteuer
erhöht. Dicke VWL-Rente für Staats-Hengste aber auch dort scheint der
Puffer langsam voll zu sein. Schließlich macht der Staat ja nach
heimlicher Absprache mit dem Banken Schulden, um den Banken Zinsen
zukommen zu lassen. Aber ach: Bei dem Geldüberschuss sind die Zinsen auf
NULL gesunken. Leiharbeit ist auch so eine Verschwendung: Die Hälfte des
Lohnes landet als Erlös bei der Leihfirma. Geht auch nicht mehr so
glatt, weil die Leihfirma ja einen Tarif hat und die
Freiberufler-Stundensätze gesunken sind. Dann eben die Energieförderung.
Weil zuviel Strom da ist, gibt es in Thüringen einen
Stromleitungsabschnitt, bei dem sich die Leitungen auf 210°C erhitzen.
Dr. med. Rösler als Heizarzt. Die ganze Energie (auch Geldüberschuss)
wird jetzt einfach mit diesem riesigen Lastwiderstand vernichtet, als
/dev/null sozusagen.
<Die Reiseausgaben sind die Verschwendung.
Würde die Firma jemanden direkt in Bonn einstellen, würden diese Kosten
wegfallen.>
Das ist doch für eine Großfirma Pinatz.
Es ist doch so, die großen Bosse wollen am Ende des Tages eine bestimmte
Rendite einfahren. So lange das passt, ist alles ok. Da interessier es
keinen wo welche Mitarbeiter beschäftigt werden und wie lang die
Anreisen etc. dauern. Für jede Abteilung gibt es ein Budget, werden die
Budgets gekürzt, erfolgen Maßnahmen, dann könnte auch jemand aus Bonn
eingestellt werden, wenn die Arbeit nur in Bonn zu verrichten ist.