Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Aufgabe Spannungsverstärker Grenzfrequenz Biasstrom


von Physikus4211 (Gast)


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Hallo liebes Forum,

ich stecke momentan mitten in der Klausurvorbereitung und wollte zur 
Übung eine alte Klausur rechnen. Dabei bin ich auf eine Aufgabe 
gestoßen, die ich teilweise nicht lösen kann. Deshalb hoffe ich nun, 
hier Hilfe zu finden.
Aufgabe: Gegeben sei ein invertierender Spannungsverstärker mit 
folgenden Werten:
Open loop Frequenz 150 Hz

Nun setzt sich die Aufgabe aus mehreren Unterpunkten zusammen.
… d) Eingangsspannung sei 0 V, Ausgangsspannung sei ungleich 0 V. Welche 
Maßnahme und wie groß ist sie?
e) Wie groß sind die Biasströme nach dieser Maßnahme?
f) Wie groß ist die Grenzfrequenz der Schaltung?

Ansatz zu d): Ich habe mir gedacht, dass dort die Berechnung eines 
Parallelwiderstandes gefordert ist. Dieser wäre meiner Meinung nach
Ansatz zu e): Ich habe gar keine Idee wie man da rangehen soll.
Ansatz zu f): die Grenzfrequenz ist dort, wo die Verstärkung auf Wurzel2 
abgesunken ist. Dies habe ich in die Formel zur Bestimmung der 
Verstärkung eingesetzt und wollte nach der Grenzfrequenz umstellen, 
allerdings ohne Erfolg.

Vielleicht kann mir ja jemand Lösungsansätze geben und mir mitteilen, ob 
ich schon auf dem richtigen Weg bin.
Vielen Dank schonmal!

von ArnoR (Gast)


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> d) Eingangsspannung sei 0 V, Ausgangsspannung sei ungleich 0 V. Welche
> Maßnahme und wie groß ist sie?

Woher kommt wohl die Abweichung? Vom Biasstrom. Der fließt an den 
Eingängen durch verschiedene Widerstände und erzeugt dadurch eine 
Offsetspannung. Was macht man also?

> e) Wie groß sind die Biasströme nach dieser Maßnahme?

Die Biasströme sind eine Eigenschaft des OPV, also sind sie vor und nach 
der Maßnahme d) wie groß?


> Open loop Frequenz f0=150 Hz, V0=5*10^4
> f) Wie groß ist die Grenzfrequenz der Schaltung?

Die Transitfrequenz der Schaltung ist ft=f0*V0 bzw. ft=fg*V. Die 
Schaltung hat welche Verstärkung? Und wie groß ist daher die 
Grenzfrequenz fg?

von Yalu X. (yalu) (Moderator)


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ArnoR schrieb:
> Die Transitfrequenz der Schaltung ist ft=f0*V0 bzw. ft=fg*V.

Vorsicht: Da es hier um die invertierende Verstärkerschaltung geht, muss
die zweite Gleichung ft=fg*(V+1) lauten.

von ArnoR (Gast)


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> Vorsicht: Da es hier um die invertierende Verstärkerschaltung geht, muss
> die zweite Gleichung ft=fg*(V+1) lauten.

Na da würde mich aber mal die Begründung interessieren, wieso der 
invertierende Verstärker eine kleinere Grenzfrequenz als der 
nichtinvertierende haben soll.

von Yalu X. (yalu) (Moderator)


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ArnoR schrieb:
> Na da würde mich aber mal die Begründung interessieren, wieso der
> invertierende Verstärker eine kleinere Grenzfrequenz als der
> nichtinvertierende haben soll.

Huch? Dass diese Frage ausgerechnet von dir kommt, wundert mich schon
etwas. Vielleicht haben wir uns aber auch einfach nur missverstanden.

Allgemein ist die Grenzfrequenz eines gegengekoppelten Opamps

  fg = ft · k

wobei k der Gegenkopplungsfaktor ist. Dieser berechnet sich nach der
Spannungsteilerformel zu

  k = R2 / (R1 + R2)

wobei R1 der Widerstand zwischen Ausgang und invertierendem Eingang ist.

Der nichtinvertierenden Verstärker hat eine Verstärkung von

  V = 1 + R1 / R2

Damit ist

  k = 1 / V

Beim invertierenden Verstärker hingegen ist

  V = - R1 / R2

also

  k = 1 / (-V + 1) = 1 / (|V| + 1)

Der Opamp "sieht" nicht die Verstärkung, sondern nur den Gegenkopplungs-
faktor. Deswegen kann ein Opamp, der gerade noch "unity-gain-stable"
ist, in invertierender Konfiguration auch mit Verstärkungen, die
betragsmäßig kleiner 1 sind, stabil betrieben werden.

von ArnoR (Gast)


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> Beim invertierenden Verstärker hingegen ist
>
>   V = - R1 / R2
>
> also
>
>   k = 1 / (1 - V) = 1 / (|V| + 1)

Du hast dabei den Vorwärtsteilerfaktor des invertierenden Verstärkers 
übersehen. Die Verstärkung beim invertierenden ergibt sich (im Gegensatz 
zum nichtinvertierenden) nicht nur durch den Rückkoppelfaktor.

Der Rückkoppelfaktor des invertierenden Verstärkers ist gleich dem des 
nichtinvertierenden Verstärkers. Das muss auch so sein, da bei Ue=0 
beide Schaltungen vollkommen identisch sind. Daher ist auch die 
Bandbreite gleich.

Bildquelle: Tietze/Schenk, Halbleiter-Schaltungstechnik

von Yalu X. (yalu) (Moderator)


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ArnoR schrieb:
> Du hast dabei den Vorwärtsteilerfaktor des invertierenden Verstärkers
> übersehen.

Der spielt bei der Betrachtung der Bandbreite keine Rolle.


Deine Aussage 1:
> Die Verstärkung beim invertierenden ergibt sich (im Gegensatz
> zum nichtinvertierenden) nicht nur durch den Rückkoppelfaktor.

Zustimmung.

Deine Aussage 2:
> Der Rückkoppelfaktor des invertierenden Verstärkers ist gleich dem des
> nichtinvertierenden Verstärkers. Das muss auch so sein, da bei Ue=0
> beide Schaltungen vollkommen identisch sind. Daher ist auch die
> Bandbreite gleich.

Zustimmung.

Aussage 1 und 2 zusammengefasst:
1
gleiche Bandbreite <=> gleicher Rückkoppelfaktor <=> ungleiche Verstärkung

oder alles negiert und umgedreht:
1
gleiche Verstärkung <=> ungleicher Rückkoppelfaktor <=> ungleiche Bandbreite

Das "gleich" und "ungleich" bezieht sich dabei immer auf den Vergleich
zwischen invertierendem und nichtinvertierendem Verstärker.

ArnoR schrieb:
> Na da würde mich aber mal die Begründung interessieren, wieso der
> invertierende Verstärker eine kleinere Grenzfrequenz als der
> nichtinvertierende haben soll.

Du hast die Begründung gerade selber geliefert.

: Wiederhergestellt durch Moderator
von ArnoR (Gast)


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> ... Du hast die Begründung gerade selber geliefert.

Ohje, wie peinlich. Du hast natürlich recht. Manchmal sieht man den Wald 
vor lauter Bäumen nicht :-(

von Yalu X. (yalu) (Moderator)


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ArnoR schrieb:
> Ohje, wie peinlich. Du hast natürlich recht. Manchmal sieht man den Wald
> vor lauter Bäumen nicht :-(

Freut mich, dass das auch dir mal passiert ;-)

Ach Mist, jetzt wollte ich das Ganze gerade noch visuell belegen, was
jetzt natürlich nicht mehr nötig ist.

Ich tu's trotzdem, damit die Arbeit nicht ganz umsonst war :)
Vielleicht lernt ja sonst noch jemand etwas davon:

Hier ist ein Beispiel für den Unterschied der Frequenzgänge des
invertierenden und nichtinvertierenden Verstärkers bei betragsmäßig
gleichem Verstärkungsfaktor.

Die Widerstände sind so dimensioniert, dass für den invertierenden
Verstärker V=-2 und für invertierenden Verstärker V=+2 ist. Beide haben
also eine DC-Verstärkung von 6dB, wegen R4≠R2 aber einen unterschied-
lichen Gegenkopplungsfaktor Beide Opamps haben eine GBW von 6MHz.

Wie man schön sehen kann, ist die Grenzfrequenz des nichtinvertierenden
Verstärkers 6MHz/2=3MHz, die des invertierenden Verstärkers jedoch nur
6MHz/(2+1)=2MHz.

von Physikus4211 (Gast)


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Zuerst einmal Danke für die schnellen und ausführlichen Antworten. Nun 
würde mich aber noch interessieren, ob es möglich ist die Biasströme mit 
den gegebenen Größen auszurechnen? Und wenn ja, wie? Im Skript habe ich 
dazu nichts gefunden.

Über erneute Antworten würde ich mich freuen.

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