Hallo zusammen, eine vielleicht etwas komisch anmutende Frage... Ich habe desöfteren erlebt, dass Kleinstunternehmen/Selbständige oft in der "wir"-Form sprechen, obwohl eigentlich komplett ersichtlich ist, dass das Unternehmen aus genau einer Person besteht. Nämlich dieser Selbständigen. Gehört es also zum guten Ton bzw. wirkt es etwa professioneller, wenn ein Ein-Mann-Betrieb von "Unser Unternehmen" oder "wir sind für sie da" spricht, anstatt von "mein Unternehmen und "ich bin für sie da"? Ist es eine Knigge der Selbständigen? Danke und Gruß
Wie würde es denn klingen wenn der Chef immer sagen würde "habe ich super gemacht" und das Team aussenvor lässt?
Im Plural hat man immer einen (virtuellen) Schuldigen, wenn was schief läuft.
Das machen Erpresser auch um ihrer Forderung mehr Gewicht zu verleihen. Mein ehemaliger Chef sprach auch gerne im "wir". Z.B. so: Das müssen wir dann am Wochenende fertig machen, das heißt primär Sie!
(Fast) jeder Selbständige hat jemanden, der im Hintergrund z.B. die Buchhaltung, Bestellung, Rechnungswesen und Telefondienst macht. Also Sachen, die, wenn sie gut laufen, niemandem groß auffallen. im anderen Fall schon. Auch bei vielen 1-Mann-Firmen ist also das wir durchaus angemessen.
Das wir wird bei Unternehmen immer nach außen verwendet. Alles andere klingt unprofessionell. Außerdem handelt es sich ja häufig um GmbHs, die ja tatsächlich aus mehreren (juristischen) Personen bestehen (Angestellter und eben die GmbH).
Als Selbstaendiger ist man haeufig in einem Netzwerk eingebettet. Hat also durchaus Resourcen um von "wir" zu reden.
Selbständiger schrieb: > Das ist der pluralis majestatis. Der Pluralis Majestatis findet im geschäftlich – höflichen Schriftverkehr keine Anwendung. Denn der Autor würde damit seine eigene Position ganz weit über der des Empfängers ansiedeln, was im Geschäftsleben gar nicht gut ankommt. Wenn hier 'wir' anstelle von 'ich' verwendet wird, so deutet das meist auf den Pluralis Modestiae hin, also den Bescheidenheitsplural, der die eigene Person nicht in den Vordergrund stellt. Dieser Plural wird übrigens im englischsprachigen geschäftlichen Schriftverkehr so gut wie immer benutzt.
@ nnl Endlich einmal ein sinnvoller Beitrag in diesem Forum - manchmal war mir das "wir" schon peinlich, weil es mir wie ein leichter Anflug von Größenwahn vorkam. Jetzt kann ich es wieder ohne Gewissensbisse benutzen.
Man kann uebertreiben. Wenn ein Firmenchef von "wir" redet, bedeutet das ueblicherweise die Angestellten muessen ran. Wenn der Selbststaendige von "wir" redet, bedeutet das er muss selbst ran.
Viktor N. schrieb: > Man kann uebertreiben. Wenn ein Firmenchef von "wir" redet, bedeutet das > ueblicherweise die Angestellten muessen ran. Wenn der Selbststaendige > von "wir" redet, bedeutet das er muss selbst ran. Nicht ganz. Wenn der Selbstständige von "wir" redet, dann muss er mindestens für zwei arbeiten.
Wie bescheuert hört es sich denn an, wenn man "ich biete Ihnen folgendes an"? Klingt irgendwie nach hozontalem Gewerbe. Auch wenn man ein Einzelunternehmer ist, ist man ja ein Firma. Dem Kunden dürfte die Anzahl an Mitarbeitern oder Kompanions ziemlich egal sein. nnl schrieb: > Wenn hier 'wir' anstelle von 'ich' verwendet wird, so deutet das meist > auf den Pluralis Modestiae hin, also den Bescheidenheitsplural, der die > eigene Person nicht in den Vordergrund stellt. Richtig.
STK500-Besitzer schrieb: > Wie bescheuert hört es sich denn an, wenn man "ich biete Ihnen folgendes > an"? Kommt völlig darauf an, was du anbietest. Wenn du Experte mit einem gewissen Ruf bist, dann ist das "ich" besser als das "wir". Du willst ja z.B. vom renommierten Dr. X behandelt werden, nicht von irgend jemandem aus dem "wir" seiner Praxis. Du willst von Starkoch Y bekocht werden, nicht vom "wir" seines Küchenpersonals, das Y am betreffenden Abend vielleicht nichtmal enthält. Das gilt für alle Bereiche, wo die Leistung stark mit den speziellen Fähigkeiten einer Person verknüpft ist.
P. M. schrieb: > Kommt völlig darauf an, was du anbietest. Wenn du Experte mit einem > gewissen Ruf bist, dann ist das "ich" besser als das "wir". Du willst ja > z.B. vom renommierten Dr. X behandelt werden, nicht von irgend jemandem > aus dem "wir" seiner Praxis. Du willst von Starkoch Y bekocht werden, > nicht vom "wir" seines Küchenpersonals, das Y am betreffenden Abend > vielleicht nichtmal enthält. Das gilt für alle Bereiche, wo die Leistung > stark mit den speziellen Fähigkeiten einer Person verknüpft ist. Der Dr. X macht also alles alleine? Er ist nicht in der Lage, triviale Dinge zu deligieren? Macht für micht keinen guten Eindruck. Als Kunde ist mir ein "wir" angenehmer, da ich davon ausgehen kann (können sollte), dass bei einem Ausfall des einen, jemand anders seinen Job weiter machen kann.
Gutti hätte die wir-Form in seiner Dr-Arbeit verwenden sollen. Damit hätte er seinen Ghostwriter mit eingeschlossen.
P. M. schrieb: > Das gilt für alle Bereiche, wo die Leistung > stark mit den speziellen Fähigkeiten einer Person verknüpft ist. So ist es mir (als 'ich') auch deutlich lieber, mein Gegenüber sagt mir: "Ich kümmere mich darum" als dass sich von "wir" darum gekümmert wird. Beim Ich weiß ich, woran ich bin, beim Wir kann u.U. auch garkeine Antwort kommen oder fachlich sehr bescheiden ausfallen.
Wutbürger schrieb: > Der Ausdruck "wir" ist bei einem Einzelunternehmer schizophren. Sehen wir jetzt nicht so streng. Im Schriftwechsel sieht ein "ich" aber auch nicht so gut aus. Vorschlag: Texte so formulieren, dass das ich oder das wir nicht so ins Auge stehen. Beispiel: Ich bin im Urlaub = Zwischen dann und dann bleibt die Firma XYZ wg. Urlaub geschlossen.
Hallervorden hat den Begriff "Ich-AG" mal so beschrieben, er ist sein eigener Arbeitgeber und einziger Angestellter (der stellt immer so unverschämte Lohnforderungen). Das wären dann zwei.
STK500-Besitzer schrieb: > P. M. schrieb: >> Kommt völlig darauf an, was du anbietest. Wenn du Experte mit einem >> gewissen Ruf bist, dann ist das "ich" besser als das "wir". Du willst ja >> z.B. vom renommierten Dr. X behandelt werden, nicht von irgend jemandem >> aus dem "wir" seiner Praxis. Du willst von Starkoch Y bekocht werden, >> nicht vom "wir" seines Küchenpersonals, das Y am betreffenden Abend >> vielleicht nichtmal enthält. Das gilt für alle Bereiche, wo die Leistung >> stark mit den speziellen Fähigkeiten einer Person verknüpft ist. > > Der Dr. X macht also alles alleine? Er ist nicht in der Lage, triviale > Dinge zu deligieren? Macht für micht keinen guten Eindruck. "Wir" heisst in diesem Fall: Irgend jemand aus dem Team wird die Leistung erbringen. Positiv gesehen heisst das für dich, dass du dich nicht darum sorgen musst, wer es tut oder was geschieht, wenn die Person ausfällt. Negativ gesehen heisst es, dass du vielleicht gar nicht vom renommierten Dr. X behandelt wirst, sondern von einem Assistenten. Wenn du aber Dr. X oder Musiker Y oder Starkoch Z haben willst, dann willst du genau ihn. Also zeigt er am besten mit der "ich"-Formulierung an, dass tatsächlich er die Leistung erbringen wird.
Interessantes Thema. " Ich mache das Angebot bis morgen fertig" " Wir tun Alles, damit die Anlage morgen läuft" ( Kleinstbetrieb mit 3 MA ) " Leider rufen sie außerhalb der Geschäftszeit an, was kann ich für sie tun? " ( Nachts 1.30 h !) Ich glaube das " wir " gehört auch zum Umgang mit den Mit- arbeitern. Niemand ist allein auf dieser Welt.
Bernd Funk schrieb: > " Leider rufen sie außerhalb der Geschäftszeit an, was kann ich > für sie tun? " ( Nachts 1.30 h !) Eine Salami-Pizza und eine große Cola light. ;) SCNR
Das Gegenteil wäre das Behörden-Ich, also im Namen des Behördenleiters, in dessen Auftrag man handelt, in der Ich-Form schreiben. "Das Verfahren gegen Sie wegen Tankbetrugs habe ich eingestellt" wobei "ich" nicht der Sachbearbeiter ist, der das Schreiben verfasst hat, sondern der Staatsanwalt. Käme von einem Privatunternehmen wohl etwas schräg.
Bernd Funk schrieb: > " Ich mache das Angebot bis morgen fertig" > " Wir tun Alles, damit die Anlage morgen läuft" > ( Kleinstbetrieb mit 3 MA ) > " Leider rufen sie außerhalb der Geschäftszeit an, was kann ich > für sie tun? " ( Nachts 1.30 h !) > Ich glaube das " wir " gehört auch zum Umgang mit den Mit- > arbeitern. Niemand ist allein auf dieser Welt. Man muss wohl auch den Zusammenhang unterscheiden: Bei schriftlicher Korrespondenz ist das "wir" oder eine noch etwas weniger personenbezogene Aussage angebracht. Bei persönlichem Kontakt und je nach Kunde wird es personenbezogener, da es für Kunden wichtig ist, möglichst nur einen (kompetenten) Ansprechpartner zu haben. Bei Artzpraxen ist es ja häufig so, dass die Arzthelferin im Namen des Herrn Dr. spricht (man möge mir die Geschlechterwahl verzeihen, da sie sich aus meiner persönlichen Statistik ergeben hat). Auch beim Steuerberater-Büro ist es ähnlich. Wenn man vom "wir" in einer Firma spricht, dann setzt man sich mit den Kollegen/Mitarbeitern gleich, auch wenn man selber der Chef ist. Das zeigt, dass man Vertrauen zu seinen Mitarbeitern hat. Wenn man das "ich" in den Vordergrund stellt, dann hat man nur einen Haufen Lakaien unter sich...
um den Thread etwas zu erweitern: ganz_ _schimm finde ich das "man" anstelle das "ich". Das schiebt dann den "Personenbezug" auf "die ganze Welt" bzw. auf nieMANd.
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