Forum: Platinen Das Thermal- Paradoxon.


von Tobias (Gast)


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Hallo allerseits,
Grade entsteht hier ein Layout, mit einem 7805 Derivat im D2Pack 
Gehäuse.
Wenn ich dieses möglicht gut kühlen will, mach' ich eine grosse Fläche 
ohne Thermals, aber dann kann (auch im Ofen) nicht mehr gut löten.
Mache ich Thermals, dann kann ich zwar gut löten, aber die grosse 
Kühlfläche macht wenig(er) Sinn.
Aus meiner Sicht kommt es auf dasselbe raus:
Entweder eine grössere Kühlfläche mit Thermals oder eine kleinere ohne 
Thermals. Das ergibt beim Löten und beim Betrieb denselben Wärmefluss, 
also kann ich die Thermals ja gleich lassen und einfach kleinere Flächen 
nehmen, oder?
Danke vielmal für eure Anregungen!

von Timmo H. (masterfx)


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Tobias schrieb:
> Wenn ich dieses möglicht gut kühlen will, mach' ich eine grosse Fläche
> ohne Thermals, aber dann kann (auch im Ofen) nicht mehr gut löten.
Warum nicht?  Wird doch alles gleich warm. Irgendwann fängt das schon an 
zu fließen. Was meinst du warum andere das auch im Reflow-Prozess löten 
können?
Ich habe die schon Problemlos mit einer Heißluftlötstation gelötet.

Halte dich einfach das die Appnotes (Thermal Design Guide) vom 
Hersteller und dann ist gut. Meist ist ja einfach nur eine Batterie an 
Durchkontaktierungen zur Unterseite, wo dann der Großteil der Kühlfläche 
ist. Die kann man dann auch noch wunderbar mit dem Lötkolben von unten 
brutzeln.

Über welche Verlustleistung reden wir hier überhaupt?

von g457 (Gast)


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> aber dann kann (auch im Ofen) nicht mehr gut löten.

Dann hast Du einen kaputten Ofen (Lösung: eine funktionierenden 
beschaffen) oder einen kaputten Lötkolben (Lösung: einen 
funktionierenden beschaffen). Oder Du hast noch Verbesserungspotential 
in der Nutzung selbiger ;-)

HTH

von Martin S. (sirnails)


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Tobias schrieb:
> Wenn ich dieses möglicht gut kühlen will, mach' ich eine grosse Fläche
> ohne Thermals, aber dann kann (auch im Ofen) nicht mehr gut löten.
> Mache ich Thermals, dann kann ich zwar gut löten, aber die grosse
> Kühlfläche macht wenig(er) Sinn.

Wenn an dem so wäre, wären dann Thermals nicht total hinfällig?

Timmo H. schrieb:
> Über welche Verlustleistung reden wir hier überhaupt?

Na maximal 25W duck und weg

von Markus R. (maggus)


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Was verstehst du unter "Thermals"? Thermal vias oder Aussparungen 
zwischen Pad und Kupferfläche auf der Bestückungsseite.

Thermal vias: Da kann es beim Löten im Ofen Probleme geben, wenn die 
vias unter dem Pad sind, da das Zinn durch die vias fließt. Bei 
manueller Bestückung sollte es kein Problem geben, leistungsstarker 
Lötkolben vorausgesetzt.

Aussparungen auf der Bestückungsseite: Würde ich nicht machen, lieber 
volle Kupferfläche und mit leistungsstarkem Lötkolben löten. Beim Löten 
im Ofen sowieso kein Problem.

von Tobias (Gast)


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Danke. Aktuell reden wir über 0.5 Watt. Es geht mir aber eher 
grundsätzlich um Thermals. In welchen Fällen sind diese dann nicht 
hinfällig?

von Tobias (Gast)


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Gemeint sind hier die Aussparungen auf der Kupferfläche.

von Martin S. (sirnails)


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Tobias schrieb:
> Danke. Aktuell reden wir über 0.5 Watt. Es geht mir aber eher
> grundsätzlich um Thermals. In welchen Fällen sind diese dann nicht
> hinfällig?

Thermals sind nicht hinfällig - so sollen Wärme ableiten. Wenn das 
Thermal Design (ob mit thermischen Durchkontaktierungen oder ohne) nach 
dem Datenblatt umgesetzt, dann wird man bei entsprechender Kühlfläche 
weder das eine noch das andere gut löten können, da ja in beiden Fällen 
die Wärme "optimal" abgeführt wird. Wäre an dem nicht so, könnte man 
sich die Thermals sparen.

Viele IC-Hersteller geben sich mit einer großen Massefläche unter dem 
Chip zufrieden (z.B. VNH2SP30), gerade Class D Verstärker ICs der hohen 
Leistungsklasse wollen allerdings unterm Chip tausende Thermals haben, 
weil eine Massefläche zu wenig Wärme abführt und man die Kontaktierungen 
auch als Kontakt benutzt.

von Tobias (Gast)


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Natürlich befolge ich jeweils die Layout guidelines der Hersteller - 
aber ich versteh' immer noch nicht ganz, wo der Unterschied liegt 
zwischen einem Pad mit Thermals (ich meine hier die Aussparungen im 
Kupfer und nicht die Durchkontaktierungen) und einem entsprechend 
kleineren Pad. Physikalisch sehe ich keinen Unterschied in Bezug auf den 
thermischen Übergangswiderstand und damit auf das Kühlen des Chips im 
Betrieb oder beim Löten. Gerne würde ich das aber verstehen.

von Markus R. (maggus)


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Tobias schrieb:
> Physikalisch sehe ich keinen Unterschied in Bezug auf den
> thermischen Übergangswiderstand

Theoretisch vielleicht nicht. Wenn ich mir aber die Thermals als 
(übertrieben) dünn vorstelle, ist deren Wärmewiderstand irgendwann so 
hoch, dass auch eine noch so große Kühlfläche nichtsmehr bringt.
Prinzipiell gilt hier doch folgendes: Was sich "leicht" (also mit wenig 
Leistung) löten lässt, leitet auch die Wärme schlecht. Daher meine 
Empfehlung, lass die Thermals weg und löte mit mehr Leistung (oder heiz 
die Platine vor, etc.).

von Reinhard Kern (Gast)


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Markus R. schrieb:
> ist deren Wärmewiderstand irgendwann so
> hoch, dass auch eine noch so große Kühlfläche nichtsmehr bringt.

Die meisten Datenblätter geben daher an, dass Kühlflächen > 1 
Quadratzoll für die Katz sind, jedenfalls bei normalen LP. Mit 
Dickkupfer kann man das (teuer) ändern.

Aussparungen sind wohl nur da, um das Löten zu verbessern, von der 
Wärmeleitfähigkeit her ist eine Vollfläche immer ideal.

Gruss Reinhard

von Tobias (Gast)


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Eben.., darum frag' ich mich, wo ich überhaupt Thermals einbauen sollte. 
Klar, Datenblätter der Hersteller konsultieren und genau so umsetzen, 
wenn die das empfehlen, aber ich möcht's verstehen.  :-)
Wenn ich einen SMD Widerstand einseitig an die Schirmung häng', dann 
machen Thermals sicher Sinn, unter anderem wegen dem Grabstein-Effekt.
Bei Kühlung aber kann ich mir kein Szenario vorstellen, wo es Sinn 
macht, Thermals einzusetzen.

von Arc N. (arc)


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Tobias schrieb:
> Eben.., darum frag' ich mich, wo ich überhaupt Thermals einbauen sollte.
> Klar, Datenblätter der Hersteller konsultieren und genau so umsetzen,
> wenn die das empfehlen, aber ich möcht's verstehen.  :-)
> Wenn ich einen SMD Widerstand einseitig an die Schirmung häng', dann
> machen Thermals sicher Sinn, unter anderem wegen dem Grabstein-Effekt.
> Bei Kühlung aber kann ich mir kein Szenario vorstellen, wo es Sinn
> macht, Thermals einzusetzen.

Mit Thermal-Via werden sowohl die zur schlechteren Wärmeübertragung 
eingesetzten "Via-Formen", als auch die zur Verbesserung der 
Wärmeübertragung eingesetzten Vias bezeichnet...

von Arc N. (arc)


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Zum Rechnen...
quer: theta = L / (K W t), senkrecht: theta = t / (K W L)
Für ein Via: theta = L / (K Pi (D1^2 - D2^2) / 4)
L = Länge des Wegs, W = Breite, t = Höhe, K = Wärmeleitfähigkeit

K_Kupfer = 355 W/(m K)
K_FR4 = 0.25 W/(m K)
K_SnAgCu ~ 58 W/(m K)

von Reinhard Kern (Gast)


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Hallo,

hier werden 2 Sachen als thermals wild durcheinandergeworfen:

thermal relief: ein Bauteil-Pad wird von der Fläche gleichen Potentials 
getrennt und nur durch relativ schmale Stege verbunden - das geschieht 
hauptsächlich zur Verbesserung des Lötens, z.B. um Grabstein-Effekte zu 
vermeiden, auch bei Handlötung lässt sich so ein Pad besser löten, weil 
die Wärmeableitung geringer ist.

thermal via: dienen zur Wärmeübertragung auf die andere Seite der 
Leiterplatte, was natürlich nur sinnvoll ist, wenn sie dort abgeführt 
werden kann, z.B. durch eine Kupferfläche.

Die beiden haben nichts miteinander zu tun, thermal reliefs sollen die 
Wärmeableitung verringern, thermal vias sollen die Wärmeableitung 
verbessern.

Eine Strukturierung der Cu-Fläche unter dem Wärmeableit-Pad eines 
SMD-Bauteils ist nochmal was ganz anderes und dient dazu den Lötprozess 
zu optimieren, z.B. damit das aufgedruckte Lot nicht wild in der Gegend 
herumfliessen kann.

Gruss Reinhard

von Tobias (Gast)


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Danke für die Klärung.
Thermal reliefs waren gemeint. Ist also pro Kolben und gegen 
Grabstein...

von Martin S. (sirnails)


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Reinhard Kern schrieb:
> Reinhard Kern

Danke, ich bin dem Missverständnis auch aufgesessen. Wieder etwas 
gelernt.

von Carsten S. (dg3ycs)


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Tobias schrieb:
> Eben.., darum frag' ich mich, wo ich überhaupt Thermals einbauen sollte.
> Klar, Datenblätter der Hersteller konsultieren und genau so umsetzen,
> wenn die das empfehlen, aber ich möcht's verstehen.  :-)
> Wenn ich einen SMD Widerstand einseitig an die Schirmung häng', dann
> machen Thermals sicher Sinn, unter anderem wegen dem Grabstein-Effekt.
> Bei Kühlung aber kann ich mir kein Szenario vorstellen, wo es Sinn
> macht, Thermals einzusetzen.

Die Thermal Reliefs sind in allererster Linie wie ja auch schon 
geschrieben dazu gedacht die Lötbarkeit zu verbessern, diese 
Verbesserung der Lötbarkeit betrifft nun aber auch, den wahrscheinlich 
in fast jeder Schaltung überwiegenden teil, der Bauteile die KEINE 
nennenswerte VErlustleistung abführen müssen, wo also die 
Gehäuseoberfläche als Kühlfläche völlig ausreichend ist.

Wenn man also Probleme mit der Lötbarkeit hat bzw. befürchtet machen 
diese Maßnahmen an all diesen Bauteilen definitiv Sinn.

Bei Bauteilen die eine erweiterte Kühlung einfordern ist es hingegen 
nicht mehr so ganz eindeutig. Auf jeden Fall Bedarf es einer 
sorgfältigen Abwägung. Aber auch hier KANN es Sinn machen.

Da diese ThermalReliefs eine stelle mit erhöhtem Wärmewiderstand 
darstellen kann nur eine begrenzte Wärmeleistung darüber abgeführt 
werden was prinzipiell ja bei einer Kühlung kontraproduktiv scheint.

Bei näherer Betrachtung aber wird man feststellen das auch bei Bauteilen 
die "Kühlung" durch Kupferflächen einfordern die zu erwartende 
Verlustleistung oft weit geringer als die Heizleistung des Lötkolbens 
ist.
Wenn man will und vorrausgesetzt der Unterschied Bauteilverlustleistung 
zu Lötkolbenleistung ist groß genug, dann könnte man also diese Thermals 
so berechnen das die Bauteiltemperatur bei einem Layout mit Thermal 
Reliefs nur minimal über der bei einem Layout ohne diese liegt da der 
Übergangswiderstand für die Verlustwärme noch ausreichend klein ist - 
das Lötkolbenlöten aber trotzdem deutlich erleichtert ist weil ber der 
massiven Wärmeleistung der Übergangswiderstand wieder groß genug ist um 
einen massiven Temperaturabfall über dem Thermal Relief zu erzeugen.
(Das ganze kann man sich auch recht gut analog zum Ohmschen Gesetz 
vorsstellen)

Wenn man aber kann ist der einfachste Weg bei Bauteilen die passive 
Kühlung über die Platine einfordern auf die Thermals zu verzichten...

Gruß
Carsten

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