Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik OP Anfänger Frage


von Mathias U. (rittersport)


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Hallo,

Ich studiere zur Zeit Elektrotechnik und habe mich zuletzt im Studium 
mit Operationsverstärkern beschäftigt. In der Theorie kann ich diese nun 
berechnen und mit ihnen umgehen. In der Praxis jedoch leider nicht :D

Ich habe mir also einen OP (NE5532P) gekauft und wollte mit zwei 
Widerständen einen simplen U/U Verstärker aufbauen.
Mein Ziel ist es, die Spannung einer IR Photodiode zu verstärken. Daher 
dachte ich mir brauche ich auch keine Symmetrische Betriebsspannung für 
meinen OP.

Ich betreibe ihn also mit einer 9V Batterie.

Ich möchte nun einen Verstärkungsfaktor von 500 haben, da die Photodiode 
mir beleuchtet etwa 10mV liefert und ich als Ausgangsspannung gerne 5V 
hätte. Ich wähle also für R1 499kOhm und für R2 1kOhm.
Nun habe ich das Problem, dass auch ohne das überhaupt eine 
Eingangsspannung anliegt (Es liegt nicht daran, dass die Photodiode 
irgendwelches Fremdlicht empfängt, ich habe sie auch komplett entfernt), 
ich eine Ausgangsspannung von 8,4 V erhalte. Ich frage mich nun 
verzweifelt warum?
So bringt mir das ganze natürlich nichts...

Ich muss dazu sagen, dass es das erste Mal ist, dass ich mich abseits 
der Theorie mit einem OP beschäftige. Leider kommt das praktische 
innerhalb meines Studiums sehr kurz.

Liebe Grüße,
Mathias

von Dietrich L. (dietrichl)


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Du hast 2 Probleme:

1. Wenn der + Eingang offen ist, entsteht dort eine (unkontrollierte) 
Spannung (der Biasstrom muss ja irgenwo hinfließen).
Du brauchst also einen Widerstand nach GND.

2. Der gewählte Verstärker ist kein Rail-to-Rail-Typ. Die 
Eingangsspannung muss 2..3V Abstand von den Versorgungsspannungen haben 
(Common-mode input-voltage range).
Du brauchst also 2 Versorgungsspannungen oder eine R2R-OpAmp, z.B. einen 
TS912.

Gruß Dietrich

von David (Gast)


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Hallo,
liegt der Eingang auf Masse?
David

von Ayk N. (ayk-ohm)


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Wenn du den + Eingang des OP auf den - Pol der Batterie legst, wirst du 
etwa 2V am Ausgang bekommen.

von Yalu X. (yalu) (Moderator)


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Sicher hast du noch eine zweite 9V-Batterie herumliegen. Damit kannst du
die Schaltung wie im Anhang gezeigt versorgen, und du kommst weder mit
der Eingangs- noch mit der Ausgangsspannung in die Nähe der Versorgungs-
spannungsgrenzen. Die Eingangsspannung bewegt sich also innerhalb des
"Common-Mode Input-Voltage Range" und die Ausgangsspannung innerhalb des
"Maximum Peak-to-Peak Output-Voltage Swing" (diese Begriffe findest du
im Datenblatt).

Du wirst jetzt aber feststellen, dass der Opamp noch weitere Probleme
mit sich bringt: Die tatsächliche Ausgangsspannung weicht unabhängig von
der Eingangsspannung immer um einen konstanten Betrag vom theoretischen
Wert ab. In der Simulation ist sie etwa 250mV zu hoch. Die Ursache dafür
liegt in der "Input Offset Voltage" (beim NE5532 typisch 0,5mV), die
sich zur Eingangsspannung addiert und daher ebenso um den Faktor 500
verstärkt wird. Diese Offsetspannung kann positiv oder negativ sein.

von Mathias U. (rittersport)


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Vielen Dank für eure Hilfe.
Es liegt anscheinend wirklich daran, dass er kein R2R OP ist. Diesen 
Begriff habe ich gerade leider das erste Mal gehört, worüber ich mich 
gerade wieder ärgere, warum so etwas in der Vorlesung nicht mal erwähnt 
wird... Naja auf jeden Fall weiß ich jetzt, dass es da Unterschiede gibt 
und das dank euch! :)

Mit Symmetrischer Betriebsspannung bin ich im Leerlauf nun weit genug 
von der Betriebsspannung entfernt und es funktioniert wie gewollt. Nur 
dass ich eben eigentlich keine 2 Spannungsquellen für den Betrieb wollte 
- aber nun gut da muss ich mir wohl nochmal einen anderen OP kaufen.

Dankeschön! :)

von Dietrich L. (dietrichl)


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Mathias U. schrieb:
> worüber ich mich
> gerade wieder ärgere, warum so etwas in der Vorlesung nicht mal erwähnt
> wird...

Es gilt halt /immer/: der OP-Amp funktioniert nur in den im Datenblatt 
angegebenen Spannungsbereichen.
Das betrifft die Versorgungsspannung(en), die Spannungen an den 
Eingängen und der Ausgangsspannung. Und das gilt genauso für so genannte 
Rail-to-Rail Op-Amps.

Der Begriff "Rail-to-Rail" ist eher ein Marketingbegriff und muss in 
diesem Zusammenhang nach Datenblatt genau interpretiert werden:
- Bei einigen OP-Amps gehen die Eingänge nur bis an die eine oder die 
andere Versorgungsspannung heran. Oder vielleicht auch nur fast.
- Bei einigen OP-Amps gehen die Eingänge bis an beide 
Versorgungsspannungen heran.
- Bei einigen OP-Amps gehen die Eingänge auch über die 
Versorgungsspannungen hinaus.
Das gleiche gilt für die Ausgänge, wobei natürlicher von Prinzip her 
kein OP-Amp bis ganz an die Versorgungsspannung heran gehen kann.

Also:
Auch wenn der Op-Amp den Namen "Rail-to-Rail" hat, ist das Problem noch 
nicht gelöst - man muss immer im Detail kontrollieren, ob er die 
speziell benötigten Anforderungen auch wirklich erfüllt.

Gruß Dietrich

von Mathias U. (rittersport)


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Hallo Dietrich,

Vielen Dank für deine Mühe, deine Beiträge helfen mir auf jeden Fall 
weiter die Dinge besser zu verstehen.

Natürlich ist mir auch klar, dass ein Bauteil stets nur im Rahmen seiner 
Spezifikationen korrekt arbeiten kann. Mein Hauptproblem ist im Moment 
bei den meisten praktischen Anwendungen die Abseits der theoretischen 
Berechnung liegen, dass ich bei den Datenblättern oftmals nciht genau 
verstehe für welche Eigenschaften die jeweiligen Spannungs und 
Stromgmerkmale stehen. Obwohl ich dem englischen sehr gewappnet bin, 
kenne ich oftmals keine guten Übersetzungen bzw. häufig gibt es auch 
mehrere und ich weiß sie nicht so gut in den Kontext einzuordnen. Ein 
großes Manko das ich an meinem Studium sehe,ist das wir jede Kleinigkeit 
zu berechnen lernen aber es uns niemand zeigt wie es in der Praxis 
aussieht. Im Rahmen meines Studiums habe ich bisher maximal zweimal 
innerhalb von vier Semestern in der Universität ein Datenblatt gesehen. 
Erklärt wurden diese dann nicht, wir benötigten ledeglich eine Variable 
für eine Tutoriumsaufgabe. Ich versuche sie mir immer nur privat zuhause 
anzuschauen und hab kein Plan was nun für welche Eigenschaft steht.
Es würde mich wirklich sehr freuen, wenn ihr mir noch mehr helfen 
könntet, dies alles besser zu verstehen.
Konkret habe ich z.B. nun keinen blassen Schimmer, wo ich in dem 
Datenblatt die Grenzwerte finden kann die mich interessieren. So dass 
ich mir einen OP raussuchen könnte, der meinen Anforderungen entspricht. 
Welche Variable steht für welche Eigenschaft des OP's?

Um den technischen Hintergrund hinter mein Vorhaben noch zu erweitern, 
möchte ich nochmal kurz mein Vorhaben zusammenfassen. :

Ich möchte mittels einer IR Diode Signale übertragen. Diese Signale 
sollen von einer IR Photodiode empfangen werden. Dies soll in einer 
möglichst sehr schnellen Frequenz in ständig folgenden "I/0" Zuständen 
geschehen.
Der OP soll mir hierbei dazu dienen, ebenfalls in der sehr hohen 
Frequenz die Spannung der Empfangsdiode zu verstärken.
Ein Oszilloskop habe ich zur Verfügung.

Hauptsächlich geht es mir bei diesem Projekt darum zu _verstehen_, wie 
und mit welchen Bauteilen ich so etwas am besten realisieren kann.

Ich habe mir einen "IR-Receiver LPT80A" bei Conrad bestellt. Ausserdem 
zwei "IR-LED HE-160AC". Auch bei diesen zwei Komponenten habe ich mir 
ersteinmal mehr oder weniger "auf gut Glück" etwas gekauft, was vom 
Namen her am meisten zutreffend für mich war. Die Datenblätter habe ich 
ebenfalls alle ausgedruckt, doch weiß auch hier nicht mit allen Strom- 
und Spannungsangaben umzugehen. Es scheint auf jeden Fall in sofern zu 
funktioneren, dass ich bei kleinen Tests etwa 10mV an der IR Photodiode 
im beleuchteten und etwa 3mV im unbeleuchtetem Zustand messen kann. 
Hierbei frage ich mich z.B. auch, ob es im Datenblatt Angaben gibt (und 
wo sie stehen/ wie sie heißen), in welchen Frequenzen die Bauteile 
arbeiten können und ob es besser und schlechter Geeignete gibt.

Vielen lieben Dank an all die lieben Leute die mir hier in diesem Forum 
bereits schon dabei helfen,

Mathias

von Yalu X. (yalu) (Moderator)


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Verstärker für Fotodetektoren werden meist als Transimpedanzverstärker
(TIA) ausgeführt, d.h. der Fotostrom wird in eine proportionale Spannung
umgesetzt:

  http://de.wikipedia.org/wiki/Transimpedanzverst%C3%A4rker

Bei diesem Verfahren kann die Spannung am Fotodetektor konstant gehalten
werden, weswegen sich dessen interne Kapazität weniger störend bemerkbar
macht, was wiederum die Grenzfrequenz der Schaltung deutlich erhöht.

Für erste Versuche kanns du deinen NE5532 nehmen und ihn an einer
9V-Batterie betreiben. Um das Problem der eingeschränkten Eingangs- und
Ausgangsspannungsbereiche zu umgehen und dem Fototransistor eine
positive Vorspannung zu geben, legst du den nichtinvertierenden Eingang
des Opamp nicht auf Masse (0V), sondern auf 2-3V, die du leicht mit
einem Spannungsteiler erzeugen kannst. Der Ruhepegel des Ausgangssignals
liegt dann ebenfalls bei diesen 2-3V. Die in der Schaltung im Wikipedia
gezeigte Stromquelle am Eingang ersetzt du durch den Fototransistor, und
zwar so, dass sein Emitter auf Masse liegt.

Damit kannst du für's erste mal etwas herumexperimentieren :)

von Udo S. (urschmitt)


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Kauf dir oder leihe dir einen Tietze und Schenk
http://www.tietze-schenk.de/
Das ist die Elektronik-Bibel neben "Art of Electronics" von 
Horowitz/Hill

Und lese dir die Kapitel über Operationsverstärker durch.

von Mathias U. (Gast)


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Vielen dank Yalu!

Meine Frage an dich Udo, werden in diesen Büchern die Datenblätter genau 
erklärt? Genau da liegt nämlich mein Problem. Ich weiß nicht genau 
welche Variablen welchen Eigenschaften zugehören.

Die eigentliche Theorie hinter den Operationsverstärkern sowie ihrer 
Berechnung in verschiedensten Schaltungen beherrsche ich bereits sehr 
gut durch mein Studium.

von Udo S. (urschmitt)


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Mathias U. schrieb:
> Meine Frage an dich Udo, werden in diesen Büchern die Datenblätter genau
> erklärt?

Die wichtigen werden, wenn ich mich richtig erinnere angesprochen. Es 
wird auch auf die Unterschiede idealer - realer Op eingegangen. Es 
werden allerdings nicht einzelne reale Ops und ihre Unterschiede 
besprochen.

Über die interessanten Unterschiede bist du noch gar nicht gestolpert. 
Ich sage nur Verstärkungs-Bandbreiten Produkt.
Ich kenne nur den Tietze Schenk, und das ist auch schon länger her, aber 
er lohnt sich.
Den gibt es x fach in jeder Uni Bibliothek, leih ihn dir mal aus.

von Ra B. (kienerii)


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Im Tietze-Schenk sind in etwa 100 Seiten für den Operationsverstärker. 
Hier mal ein Ausschnitt aus dem Inhaltsverzeichnis:

5 Operationsverstärker 479
5.1 Übersicht 479
5.1.1 Operationsverstärker-Typen 481
5.1.2 Prinzip der Gegenkopplung 484
5.2 Der normale Operationsverstärker (VV-OPV) 489
5.2.1 Das Prinzip 490
5.2.2 Universalverstärker 493
5.2.3 Betriebsspannungen 495
5.2.4 Single-Supply-Verstärker 497
5.2.5 Rail-to-Rail-Verstärker 499
5.2.6 Breitband-Operationsverstärker 504
5.2.7 Frequenzgang-Korrektur 509
5.2.8 Parameter von Operationsverstärkern 525
5.3 Der Transkonduktanz-Verstärker (VC-OPV) 545
5.3.1 Innerer Aufbau 545
5.3.2 Typische Anwendung 548
5.4 Der Transimpedanz-Verstärker (CV-OPV) 549
5.4.1 Innerer Aufbau 549
5.4.2 Frequenzverhalten 553
5.4.3 Typische Anwendungen 557
5.5 Der Strom-Verstärker (CC-OPV) 558
5.5.1 Innerer Aufbau 558
5.5.2 Typische Anwendung 561
5.6 Vergleich 571
5.6.1 Praktischer Einsatz 578
5.6.2 Typen 581

Praktisch ist, dass im Buch mit vielen "Variablen" gearbeitet wird, die 
man auch hin und wieder in den Datenblättern findet.

Ich habe dir eine persönliche Nachricht zukommen lassen, in der ein paar 
PDFs bezüglich OPs enthalten sind. Ich will das vorerst nicht hier 
veröffentlichen, da ich nicht genau weiß, woher ich diese PDFs habe und 
wie das Datenschutzrechtlich aussieht.

von Mathias U. (rittersport)


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Vielen vielen Dank! :)

von Yalu X. (yalu) (Moderator)


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Ja, der T&S stellt den Opamp schon recht ausführlich dar. Insbesondere
der interne Aufbau und die Funktionsweise werden detailliert
beschrieben. Dadurch versteht man besser, woher die ganzen Kenngrößen
wie Verstärkung-Bandbreite-Produkt, Leistungsbandbreite, Slew-rate,
Eingangsruhestrom usw. kommen, warum ein Rail-to-Rail-Typ einen größeren
Eingangs- und Ausgangsspannungsbereich hat als ein gewöhnlicher Opamp.
Es werden auch üble Eigenschaften wie Phase-Reversal erklärt, über das
du vor allem beim Einsatz älterer Opamp-Typen früher oder später
stolpern wirst, es wird gezeigt, wie man das Rauschen eines Verstärkers
aus den Datenblattangaben und der externen Beschaltung berechnet u.v.m.

Sollte der T&S deinen Wissensdurst noch nicht vollständig löschen,
dann geht es hier weiter:

  http://www.ti.com/lit/an/slod006b/slod006b.pdf

Wenn du die 464 Seiten durchgelesen und komplett verstanden hast, macht
dir in Sachen Opamps kaum einer deiner Profs noch etwas vor ;-)

Dabei ist dieses Buch eigentlich gut verständlich geschrieben.

Noch nicht genug?

Auch die Konkurrenz lässt sich auch nicht lumpen: Von Analog Devices
gibt sogar 970 Seiten zu dem Thema, wahlweise als Papier oder PDF:

  http://www.analog.com/library/analogDialogue/archives/39-05/op_amp_applications_handbook.html

Hat Linear Technology eigentlich auch so etwas (vielleicht auf 1500
Seiten), oder arbeiten die noch daran?

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