Forum: Ausbildung, Studium & Beruf Entwickler in kleiner Firma


von Hubert (Gast)


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Hallo,

habe als ganz erfolgreicher Elektronikentwickler von einer grossen Firma 
(dort war ich mehr als zehn Jahre) in eine sehr kleine Firma gewechselt. 
Warum macht man das? Na ja, irgendwann hat man halt mal den Eindruck, 
dass man was Neues machen müsste und vorallem aus den trägen Betrieb im 
grossen Laden raus will um dynamischer arbeiten zu können.
Anfangs war auch alles toll, Entwicklungen liefen gut auch konnte ich 
sicher nochmal viel dazu lernen. Doch nach einer Weile wurde im klarer, 
dass viele Sachen nicht mit rechten Dingen zugehen. Kunden werden nicht 
haltbare Versprechen gemacht, Projekttermin werden ohne Absprache mit 
der Entwicklung dem Kunden kommuniziert, Produkte werden in unreifem 
Zustand an den Kunden rausgeschickt. Ist ja klar, dass die Probleme die 
damit früher oder später auftreten den Entwickler gelinde gesagt 
unglücklich machen.
Ich will hier nicht zu einer Jammerarie ansetzen. Mich interessiert 
einfach ob es hier ähnliche Erfahrungen gibt, oder ob ich da eher in 
unglückliche Umstände geraten bin.

Grüße

von wern (Gast)


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Hallo!

Hubert schrieb:
> Ich will hier nicht zu einer Jammerarie ansetzen.

Das klingt eher nach ernstzunehmenden Problemen, was du schreibst.


Schon mal mit den Verantwortlichen über die bestehenden Probleme 
gesprochen (ink. Lösungsvorschlag)?


Kannst du dich eventuell selbstständig machen und die unzufrieden 
gewordenen Kunden auf eigene Rechnung weiterbetreuen?

von H. J. (Gast)


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Deine beschriebenen Probleme treffen bei großen Firmen genauso zu. 
Vielleicht hast du bei deiner ehemaligen großen Firma nur Glück gehabt, 
dass es nicht so war.

von Ich (Gast)


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Hubert schrieb:
> Doch nach einer Weile wurde im klarer,
> dass viele Sachen nicht mit rechten Dingen zugehen. Kunden werden nicht
> haltbare Versprechen gemacht, Projekttermin werden ohne Absprache mit
> der Entwicklung dem Kunden kommuniziert, Produkte werden in unreifem
> Zustand an den Kunden rausgeschickt. Ist ja klar, dass die Probleme die
> damit früher oder später auftreten den Entwickler gelinde gesagt
> unglücklich machen.

Du hast über 10 Jahre Erfahrung auf diesem Gebiet, du weißt also wie es 
läuft.
Klar läuft nicht immer alles zu 100%, es gibt Schwierigkeiten, es hapert 
an der Kommunikation, ....

Unreife Produkte, also Bananenversion - reift beim Kunden..
http://www.youtube.com/watch?v=1fS0OMmUWC0

wern schrieb:
> Schon mal mit den Verantwortlichen über die bestehenden Probleme
> gesprochen (ink. Lösungsvorschlag)?

Das ist der erste Schritt.

Wenn das nicht zielführend ist, nach etwas anderem umschauen.

von Hubert (Gast)


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... tja, verantwortlich ist die Geschäftsleitung (ohne 
Ingenieur-Kompetenz), die einfach hauptsächlich Geld verdienen will. 
Wenn man da auf die Bremse tritt, dann kommt man eigentlich gleich in 
die Spielverderber-Ecke, ganz egal ob erfahren oder nicht. Man soll das 
einfach etwas lockerer sehen ....
Aber danke für die Ideen!

von Chris D. (myfairtux) (Moderator) Benutzerseite


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Hallo Hubert,

wie H.J. schon schrieb, trifft man dieses:

> Kunden werden nicht
> haltbare Versprechen gemacht, Projekttermin werden ohne Absprache mit
> der Entwicklung dem Kunden kommuniziert, Produkte werden in unreifem
> Zustand an den Kunden rausgeschickt. Ist ja klar, dass die Probleme die
> damit früher oder später auftreten den Entwickler gelinde gesagt
> unglücklich machen.

überall an - das ist kaum von der Größe des Unternehmens abhängig.
In kleinen Unternehmen verspricht der Chef das Wunder, in größeren der 
Vertrieb ;-)

> Ich will hier nicht zu einer Jammerarie ansetzen. Mich interessiert
> einfach ob es hier ähnliche Erfahrungen gibt, oder ob ich da eher in
> unglückliche Umstände geraten bin.

Ich denke, das sind unglückliche Umstände. Du schriebst ja auch, dass 
anfangs alles in Ordnung war.

Vielleicht noch ein Tipp: such Dir ein Unternehmen, das weniger 
Kundenaufträge als vielmehr eigene Produkte entwickelt. Meiner Erfahrung 
nach wird da deutlich sorgsamer und auch mit weniger Zeitdruck 
entwickelt.

Ich (+1 Mitarbeiter) habe mittlerweile praktisch nur noch eigene 
Produkte, die ganz ohne Zieltermin entwickelt werden: sie sind fertig, 
wenn sie fertig sind. Und sie werden auch erst dann angekündigt und 
verkauft.
Und wenn wir merken, dass wir noch vier Wochen benötigen, dann ist das 
eben so.

Fremdaufträge werden überhaupt nur noch angenommen, wenn sie uns 
interessieren.

Natürlich gibt es auch bei solchen Unternehmen schwarze Schafe - aber 
meiner Beobachtung nach deutlich weniger als bei den reinen 
Dienstleistern. Man identifiziert sich mit einem eigenen Produkt, der 
eigenen Marke einfach viel mehr. Wenn man da Mist produziert, dann fällt 
das direkt auf einen selbst zurück und es ist eben nicht nur der eine 
Kunde, den man vielleicht verliert.

von Ulrich S. (voodoofrei)


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Hubert schrieb:
> Projekttermin werden ohne Absprache mit der Entwicklung dem Kunden kommuniziert

Bestätige den Termin doch einfach für ein dir passendes Datum und schau, 
was passiert.

von Hubert (Gast)


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Das ganze geht um Hardware/Firmware, mache beides. Tatsächlich ist der 
Laden sehr diktatorisch organisiert und das hat in einer kleinen Firma 
eine ganz andere Dimension als in einer grossen, so ist zumindest meine 
Wahrnehmung. Eigentlich hatte ich mir das Gegenteil erhofft. Hier wird 
wesentlich eher stramm gestanden wenn der Chef was will. Insgesamt ist 
das Niveau auch nicht so hoch wie in einem grossen Betrieb, so dass die 
Mitarbeiter vielleicht nicht so reich an Alternativen sind.
Wenn man wie vorgeschlagen einen Termin nicht bestätigt, dann wird das 
eigentlich mehr oder weniger ignoriert (man wird dann tendentiell bei 
Meetings eher mal nicht mehr eingeladen), ab dem vorgegebenen Termin 
wird dann penetrant nachgefragt. Eigentlich ist man entweder gezwungen 
etwas hinzupfuschen so gut es eben geht oder wirklich ganz schnell in 
der Ecke zu stehen.
Na ja, wie ebenfalls vorgeschlagen ist man natürlich, wenn reden nicht 
hilft, frei zu gehen. Das ist vielleicht etwas leichter gesagt als 
getan, da man sich ja doch auf allerlei eingelassen hat und auch nicht 
so recht wahr haben will, dass es so komisch läuft. Deshalb wollte ich 
das auch hier nochmal diskutieren. Allerdings wird es wohl darauf 
hinauslaufen und unter der "spätes Lehrgeld" verbucht werden.
Danke jedenfalls für die Kommentare soweit .....

von Ulrich S. (voodoofrei)


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Wenn du deine Kollegen nicht dazu bringst so elementare Dinge wie 
Projekttermine nicht mir dir abzusprechen, wird das weitere Arbeiten 
sehr schmerzhaft werden. (Ich gehe mal davon aus, dass du 
verantwortlich gemacht wirst, wenn es nicht klappt).

von Triple Y (Gast)


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Hubert schrieb:
> Doch nach einer Weile wurde im klarer,
> dass viele Sachen nicht mit rechten Dingen zugehen. Kunden werden nicht
> haltbare Versprechen gemacht, Projekttermin werden ohne Absprache mit
> der Entwicklung dem Kunden kommuniziert, Produkte werden in unreifem
> Zustand an den Kunden rausgeschickt.

Das kenne ich auch von ganz großen Konzernen, die sich nach außen mit 
nicht zu geringem "Selbstvertrauen" (man kann es auch Arroganz nennen) 
als Technologieführer und besonders zuverlässig präsentieren.

von Purzel H. (hacky)


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>Kunden werden nicht haltbare Versprechen gemacht
>Projekttermin werden ohne Absprache mit der Entwicklung
dem Kunden kommuniziert,
>Produkte werden in unreifem Zustand an den Kunden rausgeschickt.

Das ist leider ueberall absolut Standard, auch in groesseren bis ganz 
grossen Unternehmungen.
Man kann sich's einrichten. Speziell als Alleinentwickler hat man da 
Moeglichkeiten.
-Auf das absolut unmoegliche Auslieferdatum geht(!) man in die Ferien.
-An Sitzungen mit diesen Leuten, die gegenueber dem Kunden unmoegliche 
Termine abmachen nimmt man nicht teil.

von EGS_TI (Gast)


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Hubert schrieb:
> Das ganze geht um Hardware/Firmware, mache beides. Tatsächlich ist der
> Laden sehr diktatorisch organisiert und das hat in einer kleinen Firma
> eine ganz andere Dimension als in einer grossen, so ist zumindest meine
> Wahrnehmung. Eigentlich hatte ich mir das Gegenteil erhofft. Hier wird
> wesentlich eher stramm gestanden wenn der Chef was will. Insgesamt ist
> das Niveau auch nicht so hoch wie in einem grossen Betrieb, so dass die
> Mitarbeiter vielleicht nicht so reich an Alternativen sind.
> Wenn man wie vorgeschlagen einen Termin nicht bestätigt, dann wird das
> eigentlich mehr oder weniger ignoriert (man wird dann tendentiell bei
> Meetings eher mal nicht mehr eingeladen), ab dem vorgegebenen Termin
> wird dann penetrant nachgefragt. Eigentlich ist man entweder gezwungen
> etwas hinzupfuschen so gut es eben geht oder wirklich ganz schnell in
> der Ecke zu stehen.
> Na ja, wie ebenfalls vorgeschlagen ist man natürlich, wenn reden nicht
> hilft, frei zu gehen. Das ist vielleicht etwas leichter gesagt als
> getan, da man sich ja doch auf allerlei eingelassen hat und auch nicht
> so recht wahr haben will, dass es so komisch läuft. Deshalb wollte ich
> das auch hier nochmal diskutieren. Allerdings wird es wohl darauf
> hinauslaufen und unter der "spätes Lehrgeld" verbucht werden.
> Danke jedenfalls für die Kommentare soweit .....

Läuft meiner Ansicht nach bei uns GENAUSO... GENAU SO.
Hahaha... sone Scheiße.

von Hubert (Gast)


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Ulrich S. schrieb:
> Wenn du deine Kollegen nicht dazu bringst so elementare Dinge wie
> Projekttermine nicht mir dir abzusprechen, wird das weitere Arbeiten
> sehr schmerzhaft werden. (Ich gehe mal davon aus, dass du
> verantwortlich gemacht wirst, wenn es nicht klappt).

Genau das ist es. Wenn es dann nicht klappt heisst es nämlich man hätte 
wohl nicht sorgfältig genug gearbeitet und notwendige Tests nicht 
gemacht. An die Terminvorgaben mag niemand mehr erinnert werde (da 
heisst es dann: wir wollen uns nicht über die Vergangenheit unterhalten 
sondern nach vorn blicken). Aber wie man so liesst scheint das ja doch 
ein verbreitetes Problem zu sein.

von Rudi Radlos (Gast)


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Hubert schrieb:
> An die Terminvorgaben mag niemand mehr erinnert werden (da

Es ist der Job eines Verkäufers auch noch die eigene Schwiegermutter zu 
verkaufen. Daß dabei das Blaue vom Himmel versprochen wird, kann 
durchaus passieren WENN der Verkäufer zu wenig mit dem Entwickler 
spricht oder umgekehrt. Lass Dir den Spaß am Entwickeln nicht verderben! 
Lobe Deine Ware und erkläre dem Verkäufer was gut geht und was viel 
Aufwand macht. Dann wird auch er erkennen wo man leichter das Geld 
verdienen kann.

von cppler (Gast)


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Rudi Radlos schrieb:
> Daß dabei das Blaue vom Himmel versprochen wird, kann
> durchaus passieren WENN der Verkäufer zu wenig mit dem Entwickler
> spricht oder umgekehrt.

Du hast einen "Vertriebi" noch nie live erlebt bzw. warst mal als 
"Kandidat" dafür vorgesehen.
Da geht es NICHT um den Kunden, NICHT um das Produkt, sondern 
AUSSCHLIESSLICH um den UMSATZ=VERKAUF !
Ohne passende Umsätze bist Du als Vertriebi schnell mal auf'm 
Zahnfleisch finanziell, da das alles vom VERKAUF abhängig ist.
Und wenn der Umsatz nicht den Erwartungen der Geschäftsführung 
entspricht innerhalb der Frist gekündigt oder es werden außerordentliche 
Kündigungsmöglichkeiten direkt gesucht ...
Bist Du als Vertriebi mit'm Umsatz im "grünen" Bereich darfst und sollst 
Du Dir dann die Mädels mit'm passenden Bändchen nehmen, samt dem Salz 
durch die Nase ...
Und genau dasselbe Prinzip gibt's bei den "Bankstern", weshalb wir 
demnächst wieder mal das "10000 jährige Reich" ausschreien können m(
KOTZ

von Purzel H. (hacky)


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>>-Auf das absolut unmoegliche Auslieferdatum geht(!) man in die Ferien.
>>-An Sitzungen mit diesen Leuten, die gegenueber dem Kunden unmoegliche
>>Termine abmachen nimmt man nicht teil.

>Das ist eben der Nachteil von kleinen Läden die von einem Patriarchen
>geführt werden. Da ist man ständig in der Schusslinie, im Worst-case
>sogar Abschusslinie.

Wenn "man" das Projekt ist, sind sind alle sehr froh wenn man wieder 
zurueckkommt. Dann steht ploetzlich ein ganz grosser Blumenstrauss auf 
dem Tisch.

von Rudi Radlos (Gast)


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cppler schrieb:
> Da geht es NICHT um den Kunden, NICHT um das Produkt, sondern
> AUSSCHLIESSLICH um den UMSATZ=VERKAUF !

Dann hat man Dir erst die Hälfte erklärt! Es nützt nix, viel UMSATZ zu 
haben wenn man dabei keine Geld verdient. UMSATZ ist noch lange nicht 
GEWINN!

Wenn Du bei 10 Cent Gewinn noch 3 Dienstreisen wegen irgendwelcher 
Nachfragen machen mußt, wäre das peinlich. Deshalb ist ein guter Draht 
zum Entwickler Gold wert.

von horst (Gast)


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cppler schrieb:
> Da geht es NICHT um den Kunden, NICHT um das Produkt, sondern
> AUSSCHLIESSLICH um den UMSATZ=VERKAUF !
> Ohne passende Umsätze bist Du als Vertriebi schnell mal auf'm
> Zahnfleisch finanziell, da das alles vom VERKAUF abhängig ist.

Bei Versicherungen ist das vielleicht so. In der Technik gibts auch 
Datenblätter. Da gehts meist um die optimale Lösung (preiswert und 
technisch sauber). Ein Verkäufer der da was verspricht, was nicht geht, 
hat das letzte Mal dort verkauft.
Die einzige Ausnahme sind dann wohl spezifische Sonderlösungen.

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