Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik ESD-Schutz für GND?


von Alex D. (alex01100100)


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Hallo zusammen,

zum Schutz von Eingängen vor ES-Entladungen gibt es ja diverse 
Schutzbeschaltungen, wie z.B. den TPD2E001.
Diese ganzen Beschaltungen sind ja dafür gedacht, I/O-Ports vor ESD zu 
schützen.

Nun meine Frage. Wie sieht es denn mit Vcc / Gnd aus? Wie schützt man 
diese Eingänge denn vor ESD-Problemen?

Konkret: Ich habe hier ein Gerät, bei dem ich mit einer > 4kV 
ESD-Entladung an Gnd einen ADC abschießen kann...

Über Antworten würde ich mich sehr freuen!

Grüße
Alex

von oszi40 (Gast)


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Alex D. schrieb:
> Vcc / Gnd aus? Wie schützt man
> diese Eingänge denn vor ESD-Problemen?

z.B. durch sinnvolle Konstuktion, geeignete Masseführung, 
Opferbauelemente... Falls Dein Gerät zufällig an die Oberleitung der 
Eisenbahn kommt, bleibt sowieso nur ein Häufchen Asche.

von Reinhard Kern (Gast)


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Alex D. schrieb:
> Nun meine Frage. Wie sieht es denn mit Vcc / Gnd aus?

Das wird ja als erstes und wichtigstes geschützt - z.B. mit Filtern und 
Suppressor-Dioden. Sonst kannst du dir den Schutz der Eingänge gleich 
sparen.

Gruss Reinhard

von mse2 (Gast)


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Alex D. schrieb:

> Nun meine Frage. Wie sieht es denn mit Vcc / Gnd aus? Wie schützt man
> diese Eingänge denn vor ESD-Problemen?
>
> Konkret: Ich habe hier ein Gerät, bei dem ich mit einer > 4kV
> ESD-Entladung an Gnd einen ADC abschießen kann...

Ohne Einzelheiten zu kennen und wenn die betroffene GND-Leitung/Fläche 
nicht vor Berührung zu schützen ist, würde ich lapidar sagen:

indem Du durch entsprechende Schutzbeschaltung dafür sorgst, dass alle 
an den empfindlichen Bautein angschlossenen Leitungen den 
Potentialsprung von GND entsprechend mitmachen, so dass keine zu hohe 
Differenz zwischen GND und einem dieser Eingänge steht.

von Alex D. (alex01100100)


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@oszi40: Das ist relativ unrealistisch.

@ Reinhard Kern:
Meinst du bspw. längs-L an die Vcc und Gnd-Eingänge?
Und wie genau würdest du die Surpressordioden verschalten, um Vcc und 
Gnd zu "schützen"?

@mse2:
Ja, Vcc und Gnd muss nach außen geführt werden. Da geht kein Weg dran 
vorbei. Es muss auch berührt werden können. Was meinst du mit 
"entsprechender Schutzbeschaltung" genau? Um diese Beschaltung gehts mir 
ja :)

Danke,
Alex

von Max (Gast)


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VCC und GND sind normalerweise recht unempfindlich gegen ESD; Du hast ja 
bei jedem IC Abblockkondensatoren, die vom ESD nur wenig aufgeladen 
werden.

Eine Transzorbdiode über dem Speisungseingang könnte noch einen 
zusätzlichen Schutz gegen ESD (und auch Verpolung) bieten.

Durch ungeschicktes Layout ist eine ESD Empfindlichkeit der Schaltung 
möglich, deshalb eine möglichst durchgehende GND Fläche layouten.

Die Signaleingänge müssen durch ESD Schutzelemente (z.B 0603 Varistoren) 
direkt an den Signaleingängen auf das PCB nach Erde abgeleitet werden, 
nicht erst innerhalb vom PCB.

Innerhalb des PCB's sollte kein Strom infolge ESD fliessen können; weil 
dadurch Potentialunterschiede auftreten können, die wie ein 
Eingangssignal wirken.

Reset Inputs von IC's können sehr empfindlich auf ESD Pulse reagieren; 
deshalb nur kurze Reset Leitungen und diese direkt am IC mit einem 1n 
gegen GND abblocken. Möglichst niederohmige Pullup/down Widerstände 
verwenden, insbesonders bei Inputs zum Einstellen von Betriebsmodi und 
Reset etc.

von Reinhard Kern (Gast)


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Alex D. schrieb:
> Meinst du bspw. längs-L an die Vcc und Gnd-Eingänge?
> Und wie genau würdest du die Surpressordioden verschalten, um Vcc und
> Gnd zu "schützen"?

Für die Versorgungsspannung(en) ist vor allem ein Netz-Eingangsfilter 
wichtig. Und Suppressordioden gibt es speziell für 
Versorgungsspannungen, die werden einfach direkt an z.B. +5V und GND 
angeschlossen und können z.B. (1,5KExxx) 1500 A aufnehmen, bei 
Überlastung schliessen sie den Eingang endgültig kurz.

Dann müssen sie ausgewechselt werden, aber der Rest hat überlebt.

Gruss Reinhard

von Alex D. (alex01100100)


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Moin,

okay, da hab ich mich wohl etwas falsch ausgedrückt. Es geht mit nicht 
um den Eingang der Spannungsversorgung. Der ist gut gefiltert und 
geschützt.

Es geht um eine Eingangsbuchse, vergleichbar mit USB. Also einerseits 
Daten-I/Os, andererseits Vcc/Gnd quasi als Ausgang für die Peripherie.
Wenn ich auf diesen Port schieße, entsteht der o.g. Fehler.
Vcc/Gnd-Layer sind mit großflächigen Polygonen ausgestattet, die 
Datenpins mit ESD-Schutz...

von MiWi (Gast)


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Alex D. schrieb:
> Moin,
>
> okay, da hab ich mich wohl etwas falsch ausgedrückt. Es geht mit nicht
> um den Eingang der Spannungsversorgung. Der ist gut gefiltert und
> geschützt.
>
> Es geht um eine Eingangsbuchse, vergleichbar mit USB. Also einerseits
> Daten-I/Os, andererseits Vcc/Gnd quasi als Ausgang für die Peripherie.
> Wenn ich auf diesen Port schieße, entsteht der o.g. Fehler.
> Vcc/Gnd-Layer sind mit großflächigen Polygonen ausgestattet, die
> Datenpins mit ESD-Schutz...

Hm... dann wird wohl irgendwo eine Situation entstehen, mit der der Puls 
hinter den Filtern eingekoppelt wird. zB dadurch, daß das Gehäuse 
vollständig leitend ist, ein oder gar der gemeinsame Massepunkt auf der 
anderen Seite als die, von der eingekoppelt wird ist und durch den Puls 
"mitfloatet". Dann ergibt sich eine kapazitive Kopplung von 
ESD-Geschützem Bereich und ungeschützem Bereich. Bei den Transienten 
reichen schon pF an Koppelkapazität um durchaus destruktiv wirken zu 
können. Das ganze nennt sich "Groundlift".

iaW: ohne genaues Wissen zu dem mech. Aufbau ist das textmäßig eher 
schwierig zu erkennen, was die Ursache ist.

vielleicht hilfreich:
www.humerboard.at/ftkl/Design_Techniques_For_%20EMC.pdf


Grüße

MiWi

von oszi40 (Gast)


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Alex D. schrieb:
> Es geht um eine Eingangsbuchse, vergleichbar mit USB.

Dann wäge Aufwand und Nutzen ab. Eine leicht austauschbare 
"Opferbaugruppe" ist manchmal besser als eine dicke 
Crowbar-Konstruktion, die trotzdem nicht hilft. Im Zweifelsfall sind 
Optokoppler oder Glasfaser auch eine Lösung um böse Spannungen vom Rest 
fernzuhalten.

von Reinhard Kern (Gast)


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Alex D. schrieb:
> Vcc/Gnd-Layer sind mit großflächigen Polygonen ausgestattet

das reicht nicht oder ist je nach Ausführung sogar schädlich. 
Insbesondere GND-Flächen dürfen nirgends unterbrochen sein, das muss 
eine alles abdeckende geschlossene Fläche sein, gerade wenn es um EMV 
geht. Was nicht unmittelbar mit dieser Fläche verbunden ist hat im Sinne 
der EMV auch nicht GND-Potential.

Gruss Reinhard

von Jens (Gast)


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Bidirektionale Suppressordioden einfach von Eingang zu Masse, die haben 
natürlich alle eine Kapazität, die man, falls die Schaltung es braucht, 
beachten sollte.

Ich nehme die ganz kleinen von Darisus.de -- TSEDU + Wert. Lassen sich 
schwer löten, seitlich gehts aber. Die sind sehr gut + geringe Kap., 
habe kapazitive Schalter im Freien installiert, haben bisher alle 
Gewitter und aufgeladene Personen überstanden.

von Alex D. (alex01100100)


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@Oszi40: Leider kann es hier keine Opferbaugruppe geben. Der ADC ist ja 
quasi das Opfer - aber jeglicher Austausch zu viel.

@rk-elektronik: Ist quasi so, wie du es sagst.

@Jens: Was meinst du genau? Von welchem Eingang zu Masse, wenn ich die 
Masse schützen will?

von Purzel H. (hacky)


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Der 4kV  Puls kommt ja nur aus einer 20pF kapazitaet oder so. Dh mit 
einer 100nF Kapazitaet am Eingang hat die Spannung schon mal um den 
Faktor 5000 heruntergeteilt. Sofern man diese 100nF am Eingang haben 
kann. Die Bandbreite ist dann natuerlich auch nirgendwo mehr. Man solte 
sich di Pruefvorschriften achon genau reinziehen, und nicht in Panik 
erstarren. Meiner Wissens gilt der Burst test nur fuer 
Speisungseingaenge. Ich kann mich aber taeuschen. Falls man nun mehr 
Bandbreite braucht, als ein 100nF noch hergibt muss man eine besseren 
Konstruktion bringen. Das Problem der Ueberspannungsableiter wie 
Transil, ZDioden, Transzorb, Gasableiter, VDR sind die nicht ganz ideal 
steile Kennlinie. Dh man kann nicht 5V Nutzsignal und 5V clamp haben.

von oszi40 (Gast)


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Alex D. schrieb:
> @Oszi40: Leider kann es hier keine Opferbaugruppe geben. Der ADC ist ja
> quasi das Opfer - aber jeglicher Austausch zu viel.

Nach meinen bisherigen Erkenntnissen geht alles kaputt, was von draußen 
kommt. Daher wäre es sinnvoll, die Baugruppe so zu konstruieren, daß sie 
jede eingewiesene Putzfrau nach Anleitung einfach tauschen kann. Einen 
ADC wird keiner vor Ort einlöten wollen. Besser ist natürlich wenn alles 
robust genug ist.


Siebzehn und Fuenfzehn schrieb:
> Der 4kV  Puls kommt ja nur aus einer 20pF kapazitaet oder so. Dh mit
> einer 100nF Kapazitaet am Eingang hat die Spannung schon mal um den
> Faktor 5000 heruntergeteilt.

Den Analog-Digital-Umsetzer mit 20pF am Eingang zu beschalten und 100nF 
gegen Masse? Da wird im normalen Betrieb nicht viel ankommen?

von Kai K. (klaas)


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>Über Antworten würde ich mich sehr freuen!

Schaltplan? Layout? Aufbau? Ohne diese Details läßt sich nichts 
Vernünftiges sagen.

von mse2 (Gast)


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oszi40 schrieb:

> Nach meinen bisherigen Erkenntnissen geht alles kaputt, was von draußen
> kommt.
Stimmt!

> Daher wäre es sinnvoll, die Baugruppe so zu konstruieren, daß sie
> jede eingewiesene Putzfrau nach Anleitung einfach tauschen kann. Einen
> ADC wird keiner vor Ort einlöten wollen. Besser ist natürlich wenn alles
> robust genug ist.
Besser wäre es. Geht aber nicht, wenn die Baugruppe nicht in einem 
Gehäuse sitzt sondern 'die Putzfrau' die Platine in die Hand nimmt.

von mse2 (Gast)


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Kai Klaas schrieb:
>>Über Antworten würde ich mich sehr freuen!
>
> Schaltplan? Layout? Aufbau? Ohne diese Details läßt sich nichts
> Vernünftiges sagen.
Stimmt auch, trotzdem:

Alex D. schrieb:
> @Jens: Was meinst du genau? Von welchem Eingang zu Masse, wenn ich die
> Masse schützen will?
Von jedem Eingang, der irgendwie beschaltet ist, zu Masse.
Was heißt überhaupt 'Masse schützen'? Geht nicht, wenn jemand da 
anfassen kann. Du kannst dann bestenfalls verhindern, dass sich das 
Potential der Masse zu weit von den Potentialen der anderen Leitungen 
entfernt, die mit dem empfindlichen Baustein verbunden sind.

von oszi40 (Gast)


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mse2 schrieb:
> Was heißt überhaupt 'Masse schützen'? Geht nicht, wenn jemand da

Evtl. drückt Alex sich nur schlecht aus? Die MasseVerbindung sollte 
immer ZUERST Kontakt bekommen (dann erst die Signalleitungen) und 
ZULETZT unterbrochen werden. Beispiel USB-Stecker-Aufbau! Damit 
verhindert man schon die gröbsten Sünden beim Anstecken. Gegen 
Überspannung muß natürlich ein elektrisch eleganter Aufbau gefunden 
werden. Normalerweise könnte dazu auch ein Applikationshinweis im 
Datenblatt zu finden sein.

von Der Rächer der Transistormorde (Gast)


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Alex D. schrieb:
> Konkret: Ich habe hier ein Gerät, bei dem ich mit einer > 4kV
> ESD-Entladung an Gnd einen ADC abschießen kann...

Deiner ESD Entladung ist es ziemlich egal wo Sie in das Gerät 
einschlägt. Sie ballert auf ihrem Weg in Richtung zweiter Pol des 
Entladegerätes alles kaputt was ihr im Weg steht.


Schutzmaßnahmen dagegen sind abhängig vom Einsatz.
U.B.

- Schirmung
- Kondensator / Ableiter gegen Erde (das ist nicht GND)
- Widerstand in die externe Masseleitung nach Außen (wenn möglich)
- Induktivität dito.
- Galvanische Trennung des ADC's

Das kann man dann alles wunderbar mixen.


Schirmung und Ableiter möglichst nah am Stecker nach draußen.
Entwickler wollen immer alles auf der Leiterplatte machen. Aber ob es 
sinnvoll ist die ESD Energie mit großen Masseflächen auch noch 
einzuladen durch die gesamte Platine zu ballern halt ich für 
"diskussionswürdig".

von Reinhard Kern (Gast)


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Der Rächer der Transistormorde schrieb:
> Entwickler wollen immer alles auf der Leiterplatte machen.

Willst du die Schutzkomponenten für jeden Ein/Ausgang fliegend 
verdrahten? Dann sieht dein Gerät aus wie ein Volksempfänger-Radio aus 
Kriegszeiten.

Gruss Reinhard

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