Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Was zeichnet einen OpAmp für Audiosignalverarbeitung aus?


von Paul H. (powl)


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Hi,

bei Anwendungen in denen Audiosignale verarbeitet werden ist ja immer 
wieder von Audio-OpAmps die Rede, also OpAmps die besonders tauglich für 
Signale dieser Gattung sind. Aber was zeichnet einen OpAmp denn nun 
genau als für dieses Anwendungsgebiet besonders Tauglich aus?

Ich mein.. Audiosignale sind Signale mit geringer Signalamplitude von 
vielleicht 2-4V und Frequenzen unter 20kHz. Das sollte doch eigentlich 
jeder 0815-OpAmp problemlos verarbeiten können. Welche technischen Daten 
eines OpAmps sind hier besonders relevant?

Was genau kann ein OpAmp dazu beitragen, das Signal zu verfälschen.

Ich bin auf den Gedanken gekommen da ich gerade ein Filter entwerde, bei 
dem 8 OpAmps im Signalweg liegen.

lg

von Tom K. (ez81)


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Mal so aus dem Kopf:
· Das Verstärkungs-Bandbreite-Produkt sollten so hoch sein, dass bei 
20kHz noch genug Gegenkopplung übrigbleibt. Besonders bei Filtern 
höherer Ordnung kann einen das beißen.
· Die Slew-Rate muss für den benötigten Pegel bei 20 kHz ausreichen.
· Die Verzerrung sollte sich in Grenzen halten. Der LM358/324 z.B. hat 
eine Klasse-B-Ausgangsstufe, die Übernahme-Verzerrungen (crossover 
distortion) produziert.
· Das Rauschen sollte niedrig genug für die Anwendung sein.

Hier hat jemand eine Menge Audio-Opamps vermessen: 
http://www.sg-acoustics.ch/analogue_audio/ic_opamps/

von MaWin (Gast)


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Niedrigen Klirrfaktor, niedriges Rauschen deswegen passende 
Eingangsimpedanz zu den ca. 10k des Audiolinepegels.

Also LME49990

LM324 taugt beispielsweise nichts weil die Ausgangsstufe 
Übernahmeverzerrungen hat wegen fehlendem Ruhestrom.
TL074 ist eher schlecht weil sein Rauschminimum eher über 100k liegt.

Audio-OpAmps müssen kein single supply können, keinen niedrigen Drift 
haben, nicht rasend schnell sein aber trotzdem schnell um dem 
Audiosignal genau folgen zu können.

Also taugt ein NE5534 nicht als Messverstärker, nicht um Signale nah an 
Masse zu verstärken, nicht als Elektrometerverstärker.

von Kai K. (klaas)


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>Ich mein.. Audiosignale sind Signale mit geringer Signalamplitude von
>vielleicht 2-4V und Frequenzen unter 20kHz. Das sollte doch eigentlich
>jeder 0815-OpAmp problemlos verarbeiten können.

Niedriger Klirrfaktor ist ausschlaggebend. Dazu ist oft eine 
Ausgangsstufe in Klasse-AB nötig, durch die reichlich Ruhestrom fließt. 
Gute Audio-OPamps haben deshalb gerne eine leicht erhöhte 
Ruhestromaufnahme. Bei all zu billigen OPamps erzeugt die Ausgangsstufe 
Übernahmeverzerrungen, wie Mawin schon ausführte (siehe Anhang).

Dann sollte ein Opamp Lasten bis 2k herab treiben können, ohne daß seine 
Eigenschaften spürbar schlechter werden. Für den professionellen Bereich 
sollte ein OPamp sogar locker Lasten bis 600R herab treiben können.

Ein guter Audio-Opamp sollte sehr rauscharm sein, weil sich das Rauschen 
im Signalweg immer weiter addiert.

Linearität erzeugt ein Opamp immer auch mit Gegenkopplung. Deshalb 
braucht ein guter Audio-OPamp immer auch eine kräftige 
Verstärkungsreserve von Faktor 10...100 bei der höchsten Frequenz. Eine 
Unity-Gain-Bandwidth von 200kHz...2MHz ist daher das Minimum. Wird vom 
Audio-Opamp auch noch eine Verstärkung gefordert, dann muß die UGB sogar 
noch weit höher liegen. Für eine Verstärkung von Faktor 10 ist deshalb 
eine UGB von 2...20MHz zu fordern.

>TL074 ist eher schlecht weil sein Rauschminimum eher über 100k liegt.

18nV/SQRT(Hz) entspricht dem Rauschen eines 20k Widerstands.

Gute Audio-Opamps waren früher der NE5532 und für hochpegelige Signale 
der TL072. Heute gibt es unzählige OPamps, die diese Teile übertreffen, 
allerdings aber auch deutlich teurer sind.

von Harald W. (wilhelms)


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MaWin schrieb:

> TL074 ist eher schlecht weil sein Rauschminimum eher über 100k liegt.

Damit wäre er ja gut als Verstärker für einen Kristalltonabnehmer/
Kristallmikrofon geeignet. Aber wer hat heutzutage soetwas noch...
Gruss
Harald

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